Archiv für Juli 3rd, 2010

Schlampenschlamperei mit Curry

Früher spielte man in Kindergärten ein Spiel, das sich “Stille Post” nannte: Die Kinder saßen im Stuhlkreis, eines dachte sich ein Wort oder einen Satz aus und sagte dies seinem Nebenmann ins Ohr. Der sagte nun das, was er verstanden zu haben glaubte, seinem Nebenmann weiter und so ging es der Reihe nach, bis am Ende irgendwas mit “Scheiße” oder “Arsch” rauskam.

Dieses Spiel nennt man heute “Boulevardjournalismus” und es funktioniert zum Beispiel so:

Das Model Adrianne Curry, Siegerin der ersten Staffel von “America’s Next Topmodel”, hat auf Twitter ein Foto veröffentlicht, das sie unbekleidet unter der Dusche zeigt.

Das Klatschblog “Promipranger” berichtete zeigte das Foto, das Blogger “Pottschalk” mit einer seiner üblichen sexistischen Ausführungen ergänzte:

Kann man mit sowas eigentlich Geld verdienen? Wovon bestreitet Adrianne Curry eigentlich ihren Lebensunterhalt? Vor kurzem hat sie ihre Playboy-Ausgabe mit persönlicher Widmung auf Ebay angeboten. Startpreis “49 Dollar!” Der Pottschalk glaubt kaum, dass jemand soviel Geld für etwas bezahlt, was sie uns fast täglich kostenlos auf die Nase bindet. Auf das Gekritzel von Frau Curry kann ich jedenfalls verzichten, wobei der Pottschalk fast mitgeboten hätte, aber nur damit sie ihm diese ganz spezielle Widmung schreibt:” Adrianne Curry – From your favorite Slut on Twitter…”

Um den letzten Satz noch mal aufzudröseln: Der Blogger hätte sich die Widmung “Adrianne Curry – From your favorite Slut on Twitter…” gewünscht.

Auftritt Boulevardjournalisten! Die Website der Schweizer Gratiszeitung “20 Minuten” ließ sich zu folgender Zusammenfassung des Sachverhalts hinreißen:

Ein deutscher Blog machte uns letzthin auf ein eBay-Angebot aufmerksam: Eine “Playboy”-Ausgabe mit persönlicher Widmung; Startpreis 49 Dollar! Welchen Endpreis das Exemplar erzielte, wissen wir nicht. Der Wortlaut der Widmung kennen wir aber: “Adrianne Curry, von eurer Lieblings-Schlampe auf Twitter!”

Die Überschrift der Nicht-Meldung über das getwitterte Nacktfoto sah natürlich so aus:

Adrianne Curry: "Von eurer Lieblings-Twitter-Schlampe"

Und gerade als die Geschichte in Internet-Zeiteinheiten gerechnet eine halbe Ewigkeit her war, stolperte Bild.de darüber:

Lässt sich mit dieser Karriere Geld verdienen?

Das Schweizer Blatt “20min” weiß von einer “Ebay”-Auktion zu berichten. Dort hatte die geschäftstüchtige Adrianne Curry einen signierten “Playboy”, in dem sie (schon wieder) nackt zu bestaunen ist, eingestellt. Startpreis: 49 US-Dollar (ca. 40 Euro).

Die Widmung lautete: “Adrianne Curry, euer Lieblings-Luder auf Twitter!”

Der Rest ist klar:

Adrianne Curry (27): Gestatten: Ich bin das größte "Twitter"-Luder!

Sie war "America

Mit “Scheiße” und “Arsch” war’s irgendwie lustiger.

Nachtrag, 4. Juli: 20minuten.ch hat den Artikel offline genommen — bei Bild.de ist noch alles wie gehabt.

Pumaten auf den Augen

Nach dieser Geschichte gestern haben wir uns gefragt, ob die bei “Spiegel Online” eigentlich die Bilder vorher sehen, die sie in ihren Bildergalerien veröffentlichen und betexten.

Heute wissen wir mehr: Nein, sie sehen die Bilder nicht.

Das Halbfinale wird von Teams von Puma, nämlich Uruguay und...
Bildtext: “Das Halbfinale wird von Teams von Puma, nämlich Uruguay und…”

... Holland komplettiert.
Bildtext: “… Holland komplettiert.”

“Puma”. Und das, wo man auf dem Foto der niederländischen Mannschaft mehr als 20 Nike-Swooshs zählen kann.

Mit Dank an Conny Sch. und Ardian S.

Nachtrag, 23.35 Uhr: “Spiegel Online” nennt jetzt Nike als Ausrüster der Elftal und ergänzt:

(Anm. d. Red.: Die Bildunterschrift dieses Fotos hat ursprünglich Puma als Hersteller der Schuhe der Niederländer genannt. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.)