Archiv für Oktober, 2008

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1. Oscar Bronner im Interview
(falter.at, Armin Thurnher)
“Er hat Österreich mit den Magazinen ‘trend’ und ‘profil’ verändert. Jetzt wird sein ‘Standard’ zwanzig. Der Journalist, Maler und Zeitungsgründer Oscar Bronner über sein Wirken und Schaffen in Wien und New York.”

2. “Die Gefährdung der Öffentlichkeit durch entbettete Medien”
(nzz.ch, Kurt Imhof)
“Erst im neoliberalen Gesellschaftsmodell erfolgte im Rahmen der Globalisierung der Wirtschaft und des Zerfalls der Parteimilieus die Entbettung der Medien von ihren sozialen Bindungen. Diese Entwicklung wird zum entscheidenden Faktor der Zerstörung der Balance zwischen Öffentlichkeit und Privatheit. Die Entbettung der Medien machte sie zu reinen Renditeunternehmen.”

3. “Der Fall Jürgen Emig”
(faz.net, Michael Hanfeld)
Grosses Dossier von faz.net zum Bestechungsskandal um den ehemaligen Sportchef des Hessischen Rundfunks: “Emig muss wegen Untreue und Bestechlichkeit für zwei Jahre und acht Monate ins Gefängnis. Über einen Zeitraum von fünf Jahren hinweg hatte er, wie das Gericht festhält, 440.000 Euro in die eigene Tasche gewirtschaftet, dabei sei ein Schaden von mindestens 285.000 Euro für den HR entstanden.”

4. “Ausreden fürs Ausziehen”
(einestages.spiegel.de, Benjamin Maack)
“Einfach blank ziehen ging gar nicht: Weil sexuelle Stimulation lange Zeit als Vorstufe zur Geisteskrankheit galt, mussten die Männermagazin-Pioniere erfinderisch sein. Als Kunstmagazin oder FKK-Postille getarnt, brachten sie ihre Hefte an den Mann – dabei ging es auch vor über hundert Jahren nur um eines.”

5. “Artisten im Wirklichkeitszirkus”
(freitag.de, Katrin Schuster)
“Sarah Kuttner, Charlotte Roche und Stefan Raab heißen drei von denen, die keine Journalisten sind, aber oftmals die interessanteren Fragen stellen; die auch keine Schauspieler sind, obwohl der Umgang mit der Kamera ein durchweg lockerer, gleichsam unbewusster ist.”

6. “Warum ich nicht mehr Lehrer bin”
(dasmagazin.ch, Martin Beglinger)
“An dieser Stelle soll nur ein einziger Lehrer zu Wort kommen: ein 35-jähriger Sekundarlehrer, den wir hier Bernhard Lorenz nennen. Der Mann will anonym bleiben. Aber umso offener redet er darüber, warum er seinen Beruf, den er im Grunde so liebt, nach sechs Jahren aufgegeben hat. Und warum so viele seiner Kolleginnen und Kollegen frustriert in der Schule zurückbleiben.”

Symbolfoto LV

Ein britisches Service-Unternehmen, das bei Autounfällen hilft, hat offenbar die Ergebnisse einer Studie veröffentlicht, die einen Zusammenhang zwischen der Häufigkeit von Verkehrsunfällen und dem Sternzeichen der Unfallbeteiligten herstellt. (In den vergangenen Jahren haben dasselbe u.a. auch schon ein britisches Fuhrparkverwaltungsunternehmen, ein australischer Finanzdienst und sonstwer gemacht; ein Online-Versichungsmakler bietet sogar ein Buch und eine Website zum Thema an.) Aber natürlich — obwohl wahrscheinlich wissenschaftlicher Mumpitz — wird die PR-Meldung auch diesmal von zahlreichen Medien weiterverbreitet. Auch von Bild.de. Ist doch witzig!

Und nun zu etwas ganz anderem, weniger witzigem:

Am Nachmittag des 9. Juni dieses Jahres, also vor ca. vier Monaten, bog ein blauer Opel Astra in Scharbeutz bei Lübeck in eine Bundesstraße. Die 25-jährige Fahrerin übersah dabei einen von links kommenden Lastwagen, der den PKW auf der Fahrerseite rammte und quer über die Fahrbahn schleuderte. Das Auto stürzte eine fünf Meter tiefe Böschung hinunter und überschlug sich; die Fahrerin wurde im Auto eingeklemmt, erlitt lebensgefährliche Verletzungen, musste mit dem Rettungshubschrauber ins Krankenhaus geflogen und dort in ein künstliches Koma versetzt werden. Zwei Wochen später berichtete die “B.Z.”, die junge Frau liege weiterhin im Koma, die Ärzte seien aber zuversichtlich, dass sie überlebe…

Der tragische Unfall ist deshalb so gut dokumentiert, weil auf dem Beifahrersitz des Wagens ein populärer Schriftsteller saß, der weniger schwer verletzt wurde, und viele Medien berichteten (“Bild” schrieb damals “Horror-Crash”) — nur: Was hat das jetzt alles mit der “Unfall-Astrologie”-Meldung auf Bild.de zu tun?

Nun. Die Bild.de-Redaktion hat sich entschieden, die alberne Meldung nicht mit irgendeinem harmlosen Auffahrunfall o.ä. zu bebildern und anzuteasern, sondern dafür (vermutlich auch zur Freude der Betroffenen oder Freude und Verwandten) kurzerhand ein Foto des total zerbeulten Autowracks vom “Horror-Crash” in Scharbeutz aus dem Archiv geholt.

Mit Dank an Stefanie für den Hinweis.

Dr. House schockt Bild.de

Und was meinen die Leute von Bild.de, wenn sie von einem “Schock-Geständnis” sprechen? Dass der britische Schauspieler zum Beispiel sechs Jahre nach dem Londoner “Evening Standard” drei Jahre nach der britischen “Times” und ein Jahr nach dem australischen “Daily Telegraph” nun auch der “Bild”-Schwesterzeitschrift “Bild der Frau” verriet, was seit elf Monaten auch in der deutschen Wikipedia steht: dass er an Depressionen leidet.

Mit Dank an Jens D., Moritz S. und Balin.

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1. “Das Blogismus-Problem”
(weltwoche.ch, Kurt W. Zimmermann)
Nach der Verbravung der Journalisten macht Kurt W. Zimmermann nun auch eine Verbravung der Blogger aus: “Das Netz ist mittlerweile so politisch korrekt wie die Leserbriefe im Lokalblatt. Sogar die Blogs, die früheren ungezogenen Kinder des Netzes, übertreffen sich inzwischen an gebremster Zivilisiertheit und unverbindlicher Banalität.” Während dieses neuartige “Verlinken” im Artikel in einem von drei Fällen tatsächlich klappt, verwechselt Zimmermann den Drudge Report mit der nicht sehr aktiven Website drudgeblog.com.

2. “Journalismus 2.0 – Welche Skills sind heute gefragt?”
(cyberwriter.twoday.net)
“Was muss ein Journalist heute beherrschen um im Internet-Umfeld bestehen zu können?”

3. “Die Psychotherapeuten der Ostdeutschen”
(sueddeutsche.de, Renate Meinhof)
“‘Die Menschen wollen doch einen Rest von Selbstwertgefühl’: Super Illu ist Marktführer im Osten, weil man dort das zwanghaft Coole nicht mag.”

4. “Herr Beck, übernehmen Sie!”
(merkur.de, Thomas Vesting, 25.09.2008)
“Durch das Internet haben sie sich grundlegend verändert. Auf dem Stand von vorgestern ist dagegen die öffentliche Kontrolle von Fernsehen & Co. Was der Rundfunkpolitiker jetzt anpacken muss, ist eine zeitgemäße Medienregulierung.”

5. “Deutsche, kauft Hunde!”
(zeit.de, Harald Martenstein)
“Aus Anlass der aktuellen Wirtschaftskrise möchte ich pauschal eine Berufsgruppe kritisieren. Ich möchte mir neue Feinde machen. Der von mir kritisierte Berufszweig heißt ‘Wirtschaftsjournalist’.”

6. “Bloggen als Therapie”
(stefan-niggemeier.de)
Medienjournalist Stefan Niggemeier wendet die “Nichtkommunikationsstrategie” an, als er im Flugzeug überraschend auf Tita von Hardenberg trifft, über die er “ganz gemein” geschrieben hatte. Um das nur im Ansatz traumatische Erlebnis zu verarbeiten, schreibt er, naheliegend, einen Blogeintrag.

Politik mit Gimmick

"Ypsilanti trickst weiter -- Sie kann es einfach nicht lassen: Tricksilanti, Ypsilanti!"

Ach ja? Und worin ihre Trickserei besteht, weiß “Bild”-Kommentator Einar Koch auch nicht:

"Auf dem Weg zur Macht in Wiesbaden trickst sich Hessens SPD-Chefin Andrea Ypsilanti weiter durch – möglichst unbemerkt im Windschatten von Bankenkrise und CSU-Chaos."

Aha. “Möglichst unbemerkt” dann aber wohl im Sinne von: unter den Augen der Öffentlichkeit.

Denn nachdem vor etwas mehr als zwei Monaten bekannt wurde, dass die hessische SPD ein zweites Mal versuchen wollen könnte, Andrea Ypsilanti zur Ministerpräsidentin wählen zu lassen, wurden die Vorbereitungen (Verschiebung des SPD-Parteitags auf die Zeit nach der Bayernwahl, für Anfang Oktober geplante Koalitionsverhandlungen mit den Grünen, möglicher Wahltermin im November, der Ruf nach Probeabstimmungen im Vorfeld und schließlich die gestrigen Probeabstimmungen selbst) minutiös verfolgt und von Politik und Medien — auch von “Bild” — öffentlich diskutiert.

Aber vermutlich traut “Bild” ihrer Tricksilanti, der alten Lügilanti, sogar zu, dass sie für ein bisschen Windschatten den Kollaps von CSU und internationaler Finanzwelt selbst eingefädelt hat.

“Bild” will Bewährung aufheben

Eigentlich hätte ein bisschen gesunder Menschenverstand schon ausgereicht, um zu bemerken, dass hier etwas nicht stimmen konnte:

"Neue Anschuldigungen - Staatsanwalt will Bewährung aufheben"

Knast-Boxer droht schon wieder Haft
(…) Der Schweriner Oberstaatsanwalt Hans-Christian Pick (64) will Brähmer wieder hinter Gittern sehen! Pick zu BILD: “Wir haben beim Landgericht Schwerin den Antrag auf Aufhebung der Bewährung gestellt.” Grund: Es gibt neue Anschuldigungen in der Bewährungszeit, die am vergangenen Sonntag abgelaufen wäre.

Das schrieb “Bild” am 16. September, und es geht um den sogenannten “Knast-Boxer” Jürgen Brähmer, der im Dezember 2002 wegen gefährlicher Körperverletzung und Fahrerflucht zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden war und 2005 auf Bewährung entlassen wurde. Nun besteht der Verdacht, er habe in einer Disko einer Frau ins Gesicht geschlagen.

Und wenn stimmen würde, was “Bild” in dem Zusammenhang schrieb, müsste man sich wohl ernsthafte Sorgen machen. Denn das würde bedeuten, dass offenbar für Brähmer ein rechtsstaatliches Grundprinzip nicht gilt: die Unschuldsvermutung.

Entsprechend muss “Bild” heute Brähmers Gegendarstellung abdrucken, aus der deutlich wird, dass der Staatsanwalt nicht mal eben Leute “hinter Gitter” schickt* aufgrund von unbewiesenen Anschuldigungen – auch nicht, wenn sie auf Bewährung sind:

"Gegendarstellung"
Sie haben im Zusammenhang mit meinem geplanten WM-Kampf gegen Garay geschrieben: “Gut möglich, dass diese WM platzt… Der Schweriner Oberstaatsanwalt Hans-Christian Pick … will Brähmer wieder hinter Gittern sehen!” Pick zu BILD: “Wir haben beim Landgericht Schwerin den Antrag auf Aufhebung der Bewährung gestellt.” Das ist falsch. Weder gibt es diesen Antrag noch hat Herr Pick das gesagt. (…)

Die Gegendarstellung endet mit dem Hinweis der Redaktion:

"Herr Brähmer hat Recht"

“Bild” hingegen hat es damit bekanntlich nicht so.

*) Wenn ein Straftäter sich in der Bewährungszeit nichts zuschulden kommen lässt, wird ihm die Reststrafe (die bis dahin zur Bewährung ausgesetzt war) gemäß Paragraph 56g Strafgesetzbuch erlassen. Die Entscheidung darüber trifft das Gericht. Im Fall Brähmer hat die Staatsanwaltschaft offenbar den Antrag gestellt, über diesen Straferlass erst dann zu entscheiden, wenn die Vorwürfe gegen Brähmer geklärt sind.

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1. Susan Grant, Online-Chefin von CNN, im Interview
(focus.de, Frank Fleschner)
“Journalismus ist ein Geschäft. Guter Journalismus ist ein gutes Geschäft. Darauf konzentrieren wir uns. Mit dieser Strategie hat cnn.com schon das Platzen der ersten Dotcom-Blase im Jahr 2000 überlebt.”

2. “Sarkozy plant ‘Medienchampions'”
(ftd.de, Hans-Hermann Nikolei)
“Zeitungen hinweggefegt durch das Internet, TV-Sender, die taumeln. Dieses Horrorszenario entwirft Frankreichs Präsident. Sein Gegenmittel: Der Staat soll helfen, ‘internationale Medienchampions’ zu schaffen. Kritiker meinen: Das hilft vor allem Sarkozys Freunden. Und ihm selbst.”

3. “Vom Ende des Fernsehens”
(handelsblatt.com, Joachim Hofer und Hans-Peter Siebenhaar)
“Die Zukunft der Fernsehbranche ist ungewiss. Zwar sitzen die Bundesbürger im Schnitt immer noch satte 225 Minuten am Tag vor der Mattscheibe, doch vor allem junge Menschen meiden den Fernseher zunehmend. Weniger Zuschauer, weniger Werbung und ein immer beliebteres Konkurrenzmedium – ist Fernsehen ein Auslaufmodell?”

4. “Der Ehrabschneider von Panama”
(medienspiegel.ch, Daniel Weber)
“Im Internet geht man nicht besonders pfleglich mit dem Copyright um. Oft gar nicht in böser Absicht: Heute hat ja jeder eine Website, und warum sollte er da nicht mit Copy & Paste draufpappen, was ihm für seine Zwecke interessant erscheint? Das passiert auch mit ‘NZZ Folio’-Artikeln.”

5. Interview mit Joscha Sauer
(stern.de, Markus Wanzeck)
Der Macher von nichtlustig.de erzählt im Gespräch, dass er in den schwierigen Zeiten, als er neu in Berlin war und die Abnehmer seiner Cartoons pleite gingen, erst Cornflakes mit Milch und dann Cornflakes mit Wasser essen musste.

6. “Ist Gewalt doch die Lösung?”
(zeit.de, Harald Martenstein, Video, 2:05 Minuten)
“Was kann man gegen die Bildungskrise machen? Harald Martenstein erzählt die Erfolgsgeschichte der Neuköllner Rütli-Schule.”

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