Archiv für Oktober 29th, 2008

“Bild” verzockt sich bei Gebührenerhöhung

"Wilde Zockereien: Stadtkämmerer verliert 3 Millionen Euro Steuergeld - Dafür werden jetzt die städtischen Gebühren hochgeschraubt…"
Gier macht blind: Beim bankrotten Bankhaus Lehman Brothers hat Münchens Stadtkämmerer Ernst Wolowicz insgesamt drei Millionen Euro verzockt.

Das Steuergeld ist futsch. Zum “Ausgleich” werden die Münchner kräftig gemolken. Die städtischen Gebühren steigen zum Januar 2009 auf breiter Front.

So steht’s heute in der “Bild”-Zeitung (Münchner Ausgabe). Und 3 Millionen Euro sind ja auch eine Menge Geld. Jedenfalls für die meisten Menschen. Gemessen am Haushalt einer Stadt wie München jedoch, sind 3 Millionen Euro gar nicht mal so viel. Wie man uns bei der Stadtkämmerei sagt, betrügen die Finanzanlagen der Stadt insgesamt “rund 2,6 Milliarden Euro”, die Zinserträge sollen 2008 etwa bei 80 Millionen Euro liegen.

Vor allem aber sei bereits 2005 das 4. Haushaltssicherungskonzept beschlossen worden, das Grundlage für die jetzt in Kraft tretenden Gebührenerhöhungen sei. Das steht so auch im Beschluss des Kreisverwaltungsausschusses von gestern, in dem die Gebührenerhöhungen im Einzelnen aufgeführt sind.

Zu dem von “Bild” behaupteten Zusammenhang zwischen den “verzockten” 3 Millionen und den jetzigen Gebührenerhöhungen sagt die Stadtkämmerei entsprechend:

“Das ist völlig absurd.”

Und tatsächlich stellt nicht mal einmal der “CSU-Rathauschef Josef Schmid”, der in “Bild” über die “flächendeckende, unausgewogene Gebührenerhöhung” “schimpft”, diesen Zusammenhang her. Sein Büro teilt uns mit:

“Diese Aussage stand in keinem Zusammenhang mit städtischen Finanzverlusten im Rahmen der Banken- und Finanzkrise.”

Mit Dank an Rainer S. für den sachdienlichen Hinweis.

Bild.de stürmt für transfermarkt.de

Vor einem Monat hat die Axel-Springer-AG die Mehrheit an der Fußball-Community transfermarkt.de übernommen. Damit ist Bild.de jetzt eine Halbschwester von transfermarkt.de — und kann mit der ganz eigenen Unbekümmertheit helfen, der Seite neue Leser zuzuführen.

Heute zum Beispiel findet sich im Sport-Ressort von Bild.de folgender redaktioneller Hinweis:

Transfermarkt.de / Gerücht des Tages: Ibisevic zu Juve? In der Gerüchteküche bei transfermarkt.de wird heiß diskutiert: Wechselt Hoffenheims Stürmer-Star Vedad Ibisevic zu Juventus Turin? mehr ...

Ein Klick auf das Wort “mehr” führt aber nicht, wie sonst, zu einer Bild.de-Meldung, sondern direkt in die “Gerüchteküche” von transfermarkt.de.

Aber es ist nur ein Gerücht, dass es sich bei dem möglichen Wechsel von Vedad Ibisevic zu Juventus Turin um das “Gerücht des Tages” handelt. Wenn überhaupt, dann das des gestrigen Tages. Die Diskussion ist zudem weniger “heiß” als lau, und die Wahrscheinlichkeit, dass die Meldung stimmt, wird auf transfermarkt.de aktuell gerade einmal mit fünf Prozent angegeben.

Aber solche Details stehen sicher nach Ansicht von Bild.de nur einer erfolgreichen Werbung für das neue Springer-Angebot im Wege.

Mit Dank an Jan.

6 vor 9

1. “Wo sind all die Beiträge hin?”
(heise.de/tp/blogs, Bettina Winsemann)
“Die Debatte um das ‘digitale Vergessen’ ist weiterhin eine der grundlegenden Debatten rund um das Thema Daten(schutz/speicherung/löschung). Ein Beispiel hierfür ist die geplante Löschung der Forenbeiträge, die älter als 2 Jahre sind, bei Heise Online.”

2. “Kündigt WAZ die Agentur dpa?”
(ruhrbarone.de, David Schraven)
“Es gibt ein neues heißes Gerücht in der Ruhrstadt. Und zwar scheint es, als plane Ulrich Reitz, Chefredakteur der WAZ, die Nachrichtenagentur dpa zu kündigen. Das zumindest wird in den Fluren der dpa geflüstert.”

3. “Die große Verkrampfung”
(miriammeckel.de)
Miriam Meckel über schiefgegangenen Mid-Risk-Journalismus, ein “Vabanquespiel”: “Journalismus ist manchmal ein Spiel, in dem man alles auf eine Karte setzen kann. Tut man das, ohne die anderen Mitspieler zu beobachten, ist man womöglich schnell auf der Seite der Verlierer. Darin unterscheiden sich Medien- und Finanzwelt gar nicht so sehr.”

4. “Cooler Journalismus ohne Tiefgang”
(stoehlker.ch/weblog)
Klaus J. Stöhlker hat das schweizer Branchenmagazin “persönlich” gelesen und zieht folgendes Fazit über den Chefredakteur: “Matthias Ackeret liefert Gefälligkeits-Journalismus, ganz wie bei Christoph Blocher.”. Eine neue Haltung ist das nicht, schon vor einem Jahr hat Stöhlker Ackeret per Zeigefinger gemahnt.

5. “PR Online (2)”
(coffeeandtv.de, Lukas)
Der Onine-Auftritt der Rheinischen Post, RP Online, stellt eine Pressemitteilung für einen Reiseveranstalter inkl. Telefonnummer als kaum veränderten redaktionellen Inhalt online (“Beratung und Buchung erfolgen sieben Tage die Woche von 8 bis 22 Uhr unter 0180 5/70 20 70* für Aldi Nord und 0180 5/70 30 70* für Aldi Süd durch Urlaubsexperten”). Darauf hingewiesen, stellen die Verantwortlichen den Text offline.

6. Marc Andreessen im Interview
(portfolio.com, Kevin Maney)
Internetpionier Marc Andreessen empfiehlt der New York Times per sofort die Printausgabe einzustellen: “Shut off the print edition right now. You’ve got to play offense.”