Archiv für Oktober 27th, 2008

Schluck! Wird der Dax ein Chinese?

Alles ist möglich, denkt sich der wirtschaftliche Laie in diesen Tagen angesichts der diversen Hiobsbotschaften, und wenn er die “Bild”-Zeitung liest, hat er seit Freitag noch einen konkreten Albtraum: Womöglich fallen all unsere schönen Konzerne jetzt in die Hände der Chinesen!

“So billig sind deutsche Konzerne jetzt zu kaufen”, schrieb das Blatt neben eine Übersicht über die eingebrochenen Marktkapitalisierungen der Dax-Unternehmen, fragte: “Was bedeutet das für die Unternehmen?” und antwortete:

Niedrige Aktienkurse bedeuten, dass ausländische Großinvestoren unsere Top-Konzerne zum Schnäppchenpreis kaufen könnten.

Allein der vor einem Jahr gegründete chinesische Staatsfonds China Investment Corporation verwaltet umgerechnet 1,5 Billionen Euro, könnte also locker alle deutschen Großkonzerne auf einen Schlag schlucken!

Aber keine Sorge: Ganz so “locker” geht das nicht. Der Staatsfonds CIC wurde von der chinesischen Regierung mit 200 Milliarden Dollar ausgestattet — also etwa einem Zehntel der von “Bild” genannten Summe. “Bild” scheint den Fonds mit der chinesischen Währungsreserve verwechselt zu haben, deren rund 1,5 Billionen Euro überwiegend in fest verzinsten amerikanischen Staatsanleihen ruhen und keineswegs zum Aufkauf deutscher Konzerne eingesetzt werden können.

Bislang hat der chinesische Staatsfonds knapp 70 Milliarden Dollar in China und rund 15 Milliarden Dollar in den USA ausgegeben. Selbst wenn sich die CIC-Manager gegen alle Pläne entschließen würden, ihr gesamtes restliches Vermögen von rund 115 Milliarden Dollar in deutsche Konzerne zu investieren, kämen sie nicht weit.

Mit großem Dank an Christoph G.!

BILDisch für Fortgeschrittene (3)

Angesichts der folgenden Geschichte denkt der unbefangene “Bild”-Leser womöglich, es gäbe Neuigkeiten im Mordfall Michelle:

"Nach Mordfall Michelle: Polizei zeigt 3. Phantom-Bild"

Aber das wäre ein Irrtum. Zum besseren Verständnis dessen, was die “Bild”-Zeitung heute eigentlich mit ihrer “Michelle”-Meldung sagen will, haben wir die relevanten Textstellen (siehe Ziffern) mal entsprechend übersetzt:

 1  Die Dachzeile “Nach Mordfall Michelle” bedeutet, dass es zwar einen zeitlichen Zusammenhang (siehe auch Punkt 2) zwischen der Veröffentlichung der drei abgebildeten Phantombilder und dem Mordfall Michelle gibt, jedoch keinen inhaltlichen. Wie uns ein Sprecher der Leipziger Polizei sagt, stehen die Fälle “nach unseren gegenwärtigen Erkenntnissen nicht in einem Zusammenhang mit dem Fall Michelle”.

 2  “Bild” schreibt hier: Seit dem Fall Michelle “veröffentlichten die Ermittler zwei Phantombilder von Sextätern (…). Jetzt gibt es eine neue Täterzeichnung – diesmal zu einem Fall vom 10. Juni.” Das bedeutet, dass das älteste der drei Phantombilder, die “Bild” meint und abdruckt, vor dem Fall Michelle von der Polizei veröffentlicht wurde. Nach dem Fall Michelle hatte lediglich die “Bild”-Zeitung selbst es noch einmal veröffentlicht (wir berichteten) – zum Missfallen der Polizei.

 3  “Bild” schreibt: “Die Polizei prüft weiter, ob einer der Fälle mit dem Mord an Michelle zu tun haben könnte.” Die Polizei selbst drückt das etwas anders aus. Wie uns der Sprecher sagt, könne man einen Zusammenhang “nicht ausschließen”. Nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand jedoch… siehe Punkt 1.

Mit Dank an Andreas S. für den Hinweis.

6 vor 9

1. “25 Jahre ‘c’t'”
(faz.net, Michael Spehr)
Die Frankfurter Allgemeine lobt die “Heilige Schrift” der sogenannten Computerfreaks aus dem Heise-Verlag über alle Massen: “Sie heischt nicht nach Sensationen (selbst wenn sie mit zahlreichen Enthüllungsgeschichten großes Aufsehen erregte), sie bietet in einem gesetzten, nüchternen und damit sehr lesefreudigen Layout vor allem viel Text, und sie verzichtet bei der Vorstellung von neuen Produkten auf die neuerdings üblichen Fotostrecken mit Bikini-Mädels.”

2. “Jörg Haiders anderes Leben”
(profil.at, Herbert Lackner)
Jörg Haider soll seine Bi-Sexualität zwar nicht ausgeplaudert, aber auch nie verheimlicht haben. Die Medien wüssten nun nach seinem Tod nicht, wie damit umgehen, da sie nie genau nachgefragt hätten: “Ernsthafte Recherchen hatte kaum ein Blatt angestellt”, denn “die Innenpolitik-Journalisten hatten ohnehin keine große Lust, sich die mühsame Recherche in irgendwelchen ‘Szenelokalen’ anzutun.”

3. “‘New York Times’ in Not! Das Geld geht aus!”
(meedia.de, Dirk Manthey)
“Nur noch 46 Millionen Dollar Cash sollen laut Insidern in der Kasse der New York Times Group sein. Das ist nicht viel für einen Konzern mit rund drei Milliarden Dollar Umsatz.”

4. “SZ wirft aus Glashaus mit Max Mosley auf ‘Bild'”
(bildblog.de)
Ein gewisser “Kai D.” gibt dem Bildblog Anstoss für die Story, dass die Süddeutsche Zeitung darüber berichtet, dass Max Mosley Bild verklagt, ohne aber zu erwähnen, dass ihr selbst das Gleiche widerfahren ist. Chefredakteur Hans Werner Kilz bestätigt das nachträglich: “Natürlich hätte man das in einen SZ-Artikel reinschreiben können oder sollen, wenn es zu diesem Zeitpunkt schon feststand.”

5. “Vor und hinter den Kulissen von ‘TV Total'”
(stefan-niggemeier.de)
Stefan Niggemeier durfte sein neues Buch bei Stefan Raab, den er schon seit über zehn Jahren kennt, vorstellen. Er berichtet ausführlich über seinen bereits zweiten Auftritt in der Sendung “TV Total”.

6. “Stefan Raab an unlikely TV star”
(variety.com, Erik Kirschbaum)
“ProSieben host set to become international mogul.”