Die amerikanische Internetseite “Regret the Error”, die sich auf Berichtigungen in den Medien spezialisiert hat, wählt in ihrem Jahresrückblick immer die “Korrektur des Jahres”. Gewinner in diesem Jahr ist die britische Zeitung “The Sun” mit folgender Klarstellung und Entschuldigung:
Nach unserem Artikel über die Geburtstagsfeiern von Prinzessin Eugenie sind wir gebeten worden, darauf hinzuweisen, dass die Party die ganze Zeit von Erwachsenen beaufsichtigt wurde und dass zwar ein bisschen Unordnung am Ende des Abends weggeräumt wurde, es aber keine Schäden an Möbeln gab, keine Zecher in die Schlafzimmer hechteten, um betrunken miteinander rumzumachen, und es unkorrekt war, das Haus als verwüstet zu beschreiben.
Wir freuen uns, dies klarstellen zu können, und bedauern jedweden Kummer, den unser Bericht verursacht hat.
(Übersetzung von uns.)
Dabei war der ursprüngliche Artikel durchaus detailliert und farbenfroh und beschrieb, wie minderjährige Gäste besoffen ohnmächtig wurden, alles vollkotzten und Zigaretten auf den Möbel ausdrückten.
Schöne Korrektur in der “Sun” jedenfalls. Und warum steht das hier alles? Ach ja.
Iran: Neues Gesetz zur Kontrolle des Internet
(telepolis.de, Thomas Pany)
Es sollen sich alle Iraner, die einen Blog oder eine Webseite betreiben, binnen zwei Monaten auf der Regierungswebseite Samendehi mit Namen und Adresse registrieren.
Lebenslänglich Bloggen?
(basicthinking.de)
Robert Basic fragt sich, ob er lebenslänglich bloggen muss.
Weblogs am Wendepunkt
(ftd.de, Björn Maatz)
Weblogs haben sich innerhalb weniger Jahre als fester Bestandteil der Web 2.0-Generation etabliert – Blogs wie BoingBoing gewinnen immer mehr Zulauf. Doch das Phänomen erreicht in diesem Jahr seinen Höhepunkt, prophezeien die Analysten des Beratungsunternehmens Gartner.
Strick, Falltür und – Schnitt
(taz.de, Bettina Gaus)
Auch seriöse Medien wie der Sender BBC zeigten Ausschnitte der Hinrichtung des Despoten Saddam Hussein. Nur die Sekunde des Todes nicht. Dem westlichen Wertesystem scheint das zu entsprechen.
Google gewinnt mit Print
(spiegel.de)
Für Zeitungsverleger werden die Zeiten immer schwerer. Zuerst hat das Internet ihnen den Markt verdorben, weil es schneller ist – nun droht es, den Anzeigenmarkt zu verderben. Weil das Schalten von Werbung übers Netz so einfach ist.
Wrabetz lässt ORF-Auge wieder auferstehen
(diepresse.com)
ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz will den “öffentlich-rechtlichen Mehrwert” steigern. Er setzt sich für eine schnelle Neubesetzung des Stiftungsrates ein – und am Küniglberg prangt wieder das ORF-Auge.
So, dann räumen wir schnell noch ein wenig Gerümpel weg, das vom letzten Jahr liegengeblieben ist.
Die “neue Fun-Sportart” Zorbing beispielsweise, die Bild.de jetzt in Neuseeland entdeckt hat — nur zehn Jahre und zweieinhalb Monate, nachdem die “Bild am Sonntag” sie entdeckt hat und am 13. Oktober 1996 groß darüber berichtete.
Nicht zu vergessen auch dieses Foto vom “Handy mit Musikplayer”, das Apple möglicherweise in diesem Jahr herausbringen will. Das Projekt sei “streng geheim” schreibt Bild.de richtig, zeigt aber schon ein Foto vom “Hersteller”…
…in Wahrheit ist es eines von vielen Fakes, oder freundlicher: von vielen künstlerischen Impressionen, wie das sagenumwobene Ding aussehen könnte.
Dann war da noch der Skandal, der es am 28. Dezember auf die Seite 1 der “Bild”-Zeitung schaffte (siehe Ausriss): Mandy, eine der Sängerinnen der Popgruppe Monrose, soll sich in einer Kontaktbörse registriert haben, obwohl sie einen Freund hat und selbst in der Anzeige schrieb: “Ich mag es nicht, wenn man seine Freunde hintergeht.” Was “Bild” “übersah”: Das Profil ist alt, seit 3.1.2006 war keine Aktivität mehr feststellbar. Und wann hat Mandy ihren Freund kennengelernt? Silvester 2005/06.
Und schließlich noch ein “Bild”-Höhepunkt zum Jahreswechsel:
Auf einer 1999 hergestellten Porzellandose ist neben dem World Trade Center eine Passagiermaschine zu sehen (siehe Ausriss unten). “Es scheint”, staunt “Bild”, “als steuere sie die Türme an. Fast genau so, wie es geschah!”
Tja. Was könnte dahinter stecken? “Bild” weiß es nicht, neigt aber zu der These, dass sich die Attentäter des 11. September 2001 von Deutschland aus mit Hilfe der Keksdose “eine geheime Botschaft” zuschickten. Noch einmal: dass sich die Attentäter des 11. September 2001 von Deutschland aus mit Hilfe der Keksdose “eine geheime Botschaft” zuschickten.
Falls es so war, haben sich die Terroristen allerdings entgegen der ursprünglichen Keksdosenplanung dann doch entschieden, den Anflug nicht schon hinter dem Eiffelturm über Big Ben zu beginnen.
Danke an Martin M., Reinhard B., Alexander S., Malte L., Matthias R., Mathias K., Till V., Andy S., Cay D., Tobias G., Andreas R. und das redblog!
Vergangenen Sonntag berichtete die “BamS” über den angeblich “dreistesten Supermarkt Deutschlands”. Es handelte sich dabei um eine Stralsunder “Plus”-Filiale, die “drei Tage vor Neujahr” schon 19 Prozent Mehrwertsteuer kassiert habe (siehe Ausriss). Das Blatt behauptete:
BamS liegen mehrere Kassenbons von Kunden des Supermarktes vor, auf denen schon Produkte mit 19 Prozent Mehrwertsteuer verkauft wurden.
Und natürlich bildete die “Bams” auch einen dieser Kassenbons ab:
Wie gut zu erkennen ist, wird die Mehrwertsteuer da tatsächlich mit 19 Prozent angegeben und macht 42 Cent aus. Allerdings macht das die “Plus”-Filiale keineswegs zum “dreistesten Supermarkt Deutschlands”, sondern allenfalls zum dümmsten. Denn, so eine “Plus”-Sprecherin zu BILDblog:
“Es handelte sich dabei um einen Computerfehler. Die Kunden hatten dadurch allerdings keinen Nachteil, weil die Preise gleich geblieben sind. Und Sie werden auch den ganzen Januar über immer noch dieselben Preise zahlen, wie 2006.”
Die “Plus”-Filiale in Stralsund hat also lediglich eine zu hohe Mehrwertsteuer ausgewiesen, und die Kunden haben so viel bezahlt wie immer.
Dies ist die veränderte Fassung eines früheren BILDblog-Beitrags, bei dem wir uns leider verrechnet hatten. Wir bitten das zu entschuldigen.
Angst am Dovenfleet
(taz.de, Tom Schimmeck)
Was ist bloß aus dem “Sturmgeschütz der Demokratie” geworden? Aus jener publizistischen Waffe, die “Der Spiegel” heißt und am 4. Januar vor sechzig Jahren erstmals erschien? Deren Enthüllungen man genoss. Und die Coolness, die das Blatt verströmte. Der Hausbesuch eines Ehemaligen. (Weitere Artikel des taz-Dossiers zum Spiegelhier.)
Das Netz des Hasses
(sueddeutsche.de, Lars-Marten Nagel)
Weil die Daten von Sexualstraftätern in den USA öffentlich gemacht werden, entstand eine besondere Form des Journalismus: Reporter überwachen mit Hilfe von Computern Kriminelle, die ihre Strafe bereits abgesessen haben.
www.bedrohte-woerter.de
(welt.de, Hendrik Werner)
Augenweide, Berserker, Conférencier: Wie eine Schriftstellerinitiative mit Hilfe der interessierten Öffentlichkeit deutsche Wörter vor dem Aussterben retten will (Website).
Prost Schwestern!
(nzz.ch, Gunhild Kübler)
Vor 30 Jahren erschien die erste Ausgabe von Alice Schwarzers feministischer Monatszeitschrift «Emma». Inzwischen «sind wir Kanzlerin».
Interview: ?Wir ringen mit den Heuschrecken?
(profil.at, Herbert Lackner)
Der neue ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz über den Konkurrenzkampf gegen die Privaten, seine Neudefinition der ?Quote? und die Pläne für das Programm.
Wer D singt, muss auch E singen
(dradio.de, Matthias Sträßner)
Der neue Tagesausklang im Deutschlandfunk verbindet Deutschlandlied und Europahymne.
Bild.de berichtete jüngst wieder über Britney Spears und behauptete:
Klickt man jedoch auf den “(wir berichteten)”-Link, gelangt man zwar zu einem anderen Bild.de-Artikel. Darin ist allerdings nirgends die Rede davon, dass die sturzbetrunkene Spears aus einer Bar in Los Angeles geflogen sei. Vielmehr ist (auch anderen Medienberichten zufolge) in der Bar etwas aus Spears geflogen… Aber bevor wir hier ins Detail gehen (“Ekel-Alarm!!!”), halten wir lieber fest, dass offenbar nicht einmal Bild.de-Mitarbeiter Bild.de-Meldungen lesen. Immerhin.
geheim:(1.) der “Bild”-Zeitung erst seit Kurzem bekannt; (2.) der “Bild”-Zeitung und ihren Lesern schon länger bekannt; (3.) weltweit lange bekannt; (4.) irgendwas mit Hitler; (5.) öffentlich; (6.) falsch; (7.) öffentlich und von “Bild” gefälscht; (8.) von “Bild” bis heute nicht verstanden; (9.) von “Bild” aus anderen Zeitungen abgeschrieben. (Zitiert aus dem großen BILDblog-“Bild”-Wörterbuch)
Beginnen wir also das neue Jahr mit einem Quiz und fragen: Wie geheim ist eigentlich “Merkels Geheimurlaub”, dem die “Bild am Sonntag” in ihrer aktuellen Ausgabe fast die komplette letzte Seite widmete (siehe Ausriss)?
A: streng geheim B: nicht geheim
Glaubt man dem “BamS”-Kolumnisten Martin S. Lambeck, lautet die Antwort selbstverständlich: A. Denn laut Martin S. Lambeck “entdeckte” die “BamS” Merkel im “streng geheimen Winterurlaub” im schweizerischen Pontresina (bei St. Moritz) beim Verlassen des Hotels “Schweizerhof”.
Richtig ist aber natürlich Antwort B.
Denn nachdem beispielsweise die “NZZ” bereits vor einem Jahr berichtet hatte, dass Merkel “seit Jahren regelmässig im Viersternehotel ‘Schweizerhof’ in Pontresina” logiere, und die Nachrichtenagentur dpa noch zwei Tage vor Erscheinen der aktuellen “BamS” ganz nebenbei vermeldete, dass sich Merkel “in ihrem Urlaubsort in der Gegend von St. Moritz” aufhalte, müssen wir unseren eingangs zitierten “Bild”-Wörterbuch-Eintrag wohl leider um eine zehnte Bedeutung erweitern:
geheim:(1.) der “Bild”-Zeitung erst seit Kurzem bekannt; (2.) der “Bild”-Zeitung und ihren Lesern schon länger bekannt; (3.) weltweit lange bekannt; (4.) irgendwas mit Hitler; (5.) öffentlich; (6.) falsch; (7.) öffentlich und von “Bild” gefälscht; (8.) von “Bild” bis heute nicht verstanden; (9.) von “Bild” aus anderen Zeitungen abgeschrieben; (10.) privat.