Archiv für Dezember 2nd, 2007

Die halbe Wahrheit über “Bauer sucht Frau”

Am Samstag schrieb “Bild”-Kolumnistin Evelyn Holst darüber, “was Männer wirklich besser können — und was nicht”, denn:

“Was sie [die Männer] überhaupt nicht können, ist gut und glaubwürdig zu lügen.”

Nun ja. Unmittelbar neben Holsts “Lügen”-Kolumne jedenfalls wurde am Samstag ausgebreitet, was “Bild” schon auf der Titelseite angekündigt hatte:

"Die Wahrheit über Bauer sucht Frau"

(…) In “Bauer sucht Frau” steckt in Wahrheit ganz viel Mist! BILD liegt exklusiv der geheime Vertrag vor, den die Mitwirkenden unterschreiben müssen — und enthüllt, wie in der Sendung geschwindelt wird.

Ein gutes halbes Dutzend “Schwindel” hat die erfolglose “Bild” in der erfolgreichen RTL-Doku-Soap entdeckt bzw. derart schlecht und unglaubwürdig zusammengestoppelt, dass sich die Produktionsfirma MME zum Widerspruch veranlasst sieht.

So stimme u.a.* nicht, wenn “Bild” behauptet,

  • die Kandidatinnen dürften den Hof des Bauern nicht verlassen, wann sie wollen, sondern verpflichteten sich vertraglich, mindestens drei Tage auf dem Hof zu bleiben.

    (Laut MME gibt es dafür, dass beispielsweise Kandidatin Beate den Bauern Bernhard bereits nach weniger als drei Tagen wieder verlassen hat, nicht nur Millionen Zuschauer als Zeugen; ein vorzeitiges Ausscheiden sei zudem “mit keinerlei Sanktionen oder Strafen” verbunden.)

  • die Kandidatinnen machten nicht nur mit, weil sie die große Liebe suchen, sondern bekämen pro Drehtag 150 Euro.

    (Laut MME kann das Geld keine Motivation für die Teilnahme gewesen sein, weil die Kandidatinnen erst nach ihrer Bewerbung über die Aufwandsentschädigung informiert wurden.)

  • die Kandidatinnen entschieden nicht selbst, welchen Bauern sie treffen: “Bianca (26) hatte sich für Bauer Andi beworben. Weil der aber schon so viele Bewerbungen hatte, wurde sie einfach Bauer Markus zugewiesen, den sie gar nicht mochte”, so “Bild”.

    (Laut MME widerspricht Kandidatin Bianca dieser Behauptung vehement: “Das stimmt nicht, was in BILD steht. Ich habe mich für Bauer Markus und nie für Bauer Andi beworben!”)

*) Ehrlich gesagt: Es gibt noch weitere zweifelhalfte “Bild”-“Wahrheiten” (und eine hatte “Bild” drei Tage zuvor ohnehin selbst schon mal enthüllt gefunden). Weil aber beispielsweise die “Wahrheit” über das Hundebaby Bella den Glauben an “Bauer sucht Frau” ebensowenig erschüttern dürfte, wie die Wahrheit über Bella den Glauben an “Bild”, sparen wir uns das. Deshalb nur soviel: No animals have been harmed, Bella geht’s gut!

Kommen wir lieber zurück zu Evelyn Holst:

“Dass Männer nicht lügen können, kann manchmal niedlich sein. (…) Manchmal ist es allerdings nur frech und dämlich.”

Auch das stimmt schließlich nur so halb: Verfasst wurde die “Wahrheit über ‘Bauer sucht Frau'” für “Bild” nämlich von Bettina Lüke und Nicole Richter.

Kurz korrigiert (444)


Selbst, wenn es genau so in einem Text des Bild.de-Kolumnisten Heiko Roloff steht, ist es doch mehr als unwahrscheinlich, dass Hillary Clinton bezüglich ihrer Haltung gegenüber illegalen Einwanderern “eine 360-Grad-Wende” vollzogen hat.

Mit Dank an Axel M., Jan und Philip W.

Nachtrag, 3.12.2007: Inzwischen hat Bild.de eine 180-Grad-Wende vollzogen.

medienlese.com – der Wochenrückblick

Keine Krähen, Abgang verpasst, Geld von Belgien, Schleichwerbung.

Der Schweizer Textkünstler Christoph Geiser (“kein morgen | kein wind | keine krähen | in den ästen | wartet laub | den mond | vergass ich | zwischen den gittern wächst | frost | die steine waren noch warm | als ich starb”, Zuger Tagblatt, 2. Juni 1971) blitzte vor dem Presserat ab mit einer Beschwerde gegen einen Artikel aus dem inzwischen eingestellten Facts. Die implizite Unterstellung, er benütze seine sexuelle Orientierung zur Beschaffung von Fördermitteln, entbehre jeglicher tatsächlichen Grundlage. Der Text von Daniel Arnet nannte sich “Die Subventionskünstler” und nannte die Schweizer Literaturförderung ein dunkles Kapitel. Wer ein Gesuch schreiben könne und Modethemen verwurste, habe alle Chancen, Steuergelder abzusahnen. Talent brauche es kaum.

Der Ringier-Verlag baute einige wenige Stellen ab (“Es besteht ein grosszügiger Sozialplan. Wenn immer möglich werden den Betroffenen intern Stellen angeboten.”) und will ab Februar nicht mehr mit dem Karikaturisten des hauseigenen Boulevardblatts Blick zusammenarbeiten. Der “geniale”, aber “schon beim Tagi völlig überbezahlte Nico mit seinen horrenden Lohnforderungen” habe “wohl den Abgang verpasst” (persoenlich.com Kommentare).

Read On…