Archiv für April 13th, 2007

Nichtschwimmer

"Steuer-Irrsinn: So schwimmt der Staat im Geld!"Es ist schon etwas unlogisch, dass “Bild” zur heutigen Titelgeschichte auf Seite 2 die Überschrift gewählt hat “So schwimmt der Staat im Geld” (siehe Ausriss). Andererseits stellt “Bild” im Text nämlich fest, dass Bund, Länder und Gemeinden “auf Schulden von insgesamt 1500 Mrd. Euro” sitzen und dass die Bundesregierung “für ihren Teil allein” im Jahr 2006 “38 Mrd. Euro Zinsen zahlen” musste, “Tendenz steigend”. Aber Schwamm drüber.

Kümmern wir uns um die Spalte, die überschrieben ist: “Diese Länder machen es uns vor”. Dort heißt es einleitend:

Nur Nachbarland Belgien (55,4 %) verlangt mehr Steuern und Abgaben von seinen Bürgern als Deutschland (52,5 %).

Das ist so nicht ganz korrekt. Zwar stimmen die Zahlen, die “Bild” von der OECD hat (und die natürlich nur OECD-Staaten berücksichtigen), aber sie gelten nicht etwa für den Durchschnittsbürger, sondern nur für kinderlose Singles mit dem Einkommen eines durchschnittlichen Arbeiters.* Und davon abgesehen liegt die Staatsverschuldung Großbritanniens, anders als “Bild” schreibt, natürlich nicht bei 46 Milliarden Euro. Das wäre wirklich beeindruckend. Tatsächlich hat Großbritannien aber Schulden in Höhe von rund 572 Milliarden Pfund (ca. 840 Milliarden Euro).

*) Vergleicht man zum Beispiel verheiratete Paare mit zwei Kindern und nur einem Einkommen, so verlangen laut OECD (pdf) neben Belgien (40,1 %) noch Österreich (36,9 %), die Niederlande (37 %), Finnland (38 %), Ungarn (39,8 %), Griechenland (41,5 %), Schweden (41,8 %), Frankreich (42 %), Polen (42,2 %) und die Türkei (42,8 %) “mehr Steuern und Abgaben” von ihren “Bürgern” als Deutschland (36,2 %).

Mit Dank an Udo G. und Markus K. für den sachdienlichen Hinweis.

Totgesagte leben länger

In einem taiwanesischen Zoo wurde unlängst einem Tierarzt der linke Unterarm von einem Krokodil abgebissen und im Krankenhaus anschließend wieder angenäht. “Bild” berichtet darüber heute auf der Titelseite (siehe Ausriss) und schreibt:

Tierpfleger eilten zur Hilfe, erschossen das Krokodil, retteten den Arm (BILD berichtete).

Und es stimmt: “BILD berichtete”. In der gestrigen Ausgabe hieß es dazu:

Pfleger eilten zu Hilfe,
erschossen das Tier.

Und unmittelbar neben einem Foto des Krokodils stand zudem:

Das erschossene Krokodil
hat den abgebissenen Arm
noch im Maul.

Allerdings wird eine falsche Tatsachenbehauptung ja dadurch nicht weniger falsch, dass sie auch gestern schon in “Bild” stand (und auch heute noch bei Bild.de* oder stern.de* steht). Im Gegenteil: Während es gestern noch widersprüchliche Angaben über den Gesundheitszustand des Krokodils gegeben hatte (Version A: Das Tier wurde erschossen. Version B: Es wurden zwei Schüsse abgegeben, die das Tier zwar erschreckten, aber unverletzt ließen), ist inzwischen offenbar klar: Das Krokodil ist wohlauf und sogar eine Attraktion des betroffenen Zoos geworden.

Nur nicht in “Bild”, der großen Zeitung mit Korrekturspalte: Da ist das Reptil heute noch genau so mausetot, wie gestern “berichtet”.

Mit Dank (dann doch) an Thomas L., Michael M. und Patrick.

*) Nachtrag, 14.4.2007: Mit etwas Verspätung haben nun zumindest Bild.de und stern.de die Behauptung, das Krokodil sei “erschossen” worden, ersatzlos gestrichen.

6 vor 9

Die Animatoren der Debatte
(werbewoche.ch, Jürg Altwegg)
Das Schreckgespenst von den Medien ohne Journalisten geht um, auch in Frankreich. Nie war ihre Rolle im Wahlkampf so unbedeutend wie diesmal.

Braucht die Presse Blogger?
(nzz.ch, ras.)
Blogger sind bekanntlich AAA – arm, allein und avantgardistisch. Sie arbeiten für Gotteslohn und sind mit dem stillen Glück zufrieden, sich an der Speerspitze des medialen Fortschritts zu wähnen.

“Zeit, mit Inhalten Geld zu verdienen”
(futurezone.orf.at, Patrick Dax)
Unter dem Motto “Cash from Chaos” wurde bei der Berliner Blogger-Konferenz re:publica das Thema Geldverdienen mit Weblogs diskutiert. Kontroversen blieben dabei weitgehend aus.

Schreiben – bis zu zwölf Stunden am Tag
(spiegel.de, Helmut Merschmann)
Auf der “re:publica”-Konferenz in Berlin treffen sich 700 Blogger – und widerlegen ein paar Vorurteile. Zum Beispiel schreiben keineswegs nur Männer: Zwei Drittel der deutschsprachigen Blogger sind Frauen.

Leben im Netz, Treffen in der Wirklichkeit
(tagesschau.de, Fiete Stegers)
Bei dieser Konferenz ist keiner der Referenten beleidigt, wenn sich im Publikum jeder Dritte mehr seinem Laptop auf seinen Knien als der allgemeinen Diskussion zu widmet. Hunderte Blogger kamen zur “re:publica”-Konferenz, die in einem Kulturzentrum im Herzen Berlins stattfindet: Die dreitägige Veranstaltung ist das erste große Klassentreffen, eine Bestandsaufnahme und Ideenschmiede der Szene.

Rücktritt vom Rücktrittskommentar
(blattkritik.ch)