Archiv für März, 2007

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?Würde es nicht wieder machen?
(datum.at, Klaus Stimeder)
Arpad Hagyo, Chronikreporter der Tageszeitung ?Österreich?, über die Idee, einen Geiselnehmer zu interviewen und die Kritik an seinen Recherchemethoden (hier das Interview auf youtube.com mit dem Geiselnehmer).

Revolution im Äther
(nzzfolio.ch, Daniel Weber und Reto U. Schneider)
Machen sich die Hörer ihr Programm lieber selber? Ist der Computer der beste Musikredaktor? Wie kann man mit Radio künftig noch Geld verdienen? Es diskutieren:Walter Rüegg, Direktor von Radio DRS; Jürg Bachmann, Geschäftsführer von Radio Energy Zürich; Michael Breidenbrücker, Internetradiopionier.

«Virtueller Sex mit Tieren ist strafbar»
(netzeitung.de, Bodo Mrozek)
Pornographie im Second Life beschäftigt auch die Staatsanwälte. «Wer dort einen Swingerclub aufsucht, kann bestraft werden», sagt Anwalt Stephan Mathé.

AP: We ignored Paris Hilton
(cnn.com)
Wie die Nachrichtenagentur AP entschied, mal für eine Woche Paris Hilton zu ignorieren.

Mörderjagd mit MySpace und YouTube
(spiegel.de)
Polizisten in den USA und Kanada entdecken das Web 2.0 als Fahndungsplattform. Auf MySpace hat ein Serien-Bankräuber jetzt eine eigene Profilseite – auf YouTube wird mit Überwachungsvideos nach Mördern und Dieben gefahndet.

Der singende Präsident
(taz.de, Gerhard Dilger)
Mit “Aló Presidente” ist der venezolanische Regierungschef jetzt bis zu fünfmal pro Woche auf Sendung. Auch sonst überwiegt im Fernsehen die Propaganda.

Genug gerettet

Wir haben zwar nur noch 13 Jahre, um die Erde zu retten (siehe “Bild” vom 23.2.). Aber “Bild” hält nicht mal 14 Tage durch und titelt heute:

"Wir sollen nicht mal mehr in Urlaub fliegen!"

Und wer ist Schuld? Unsere Politiker natürlich, die sich mit immer neuen Vorschlägen zur Rettung der Erde überschlagen! So jedenfalls steht’s heute in “Bild”:

Jetzt überschlagen sich unsere Politiker mit immer neuen Vorschlägen zur Rettung der Erde! Aber sind alle auch wirklich sinnvoll?

Umweltexperten und Spitzenpolitiker aller Parteien plädieren für mehr Urlaub in Deutschland – statt Flugreisen in alle Welt. Im Klartext: Wir sollen auf Mallorca verzichten!

(…) DOCH RETTE ICH WIRKLICH DIE ERDE, WENN ICH NICHT MEHR IN DEN URLAUB FLIEGE?

(…) Der Flugverkehr verursacht laut Touristikbranche gerade mal ein Prozent des weltweiten Ölverbrauchs.

Aha! In letzter Zeit las sich das noch ganz anders. Da überschlug sich “Bild” mit immer neuen Vorschlägen zur Rettung der Erde (siehe hier, hier und hier) und u.a. mit diesem:

"Auf häufige Flugreisen verzichten (pumpen Abgase direkt in die Atmosphäre)" - "Die Flüge müssen weltweit eingeschränkt werden" - "Flugreisen umplanen: Weniger Flugreisen (dafür lieber länger vor ort bleiben) oder Touren im Deutschland (möglichst mit dem Zug)"

Vermutlich bastelt man bei “Bild” schon emsig an einer großen “Klima-Wut”-Kampagne.

6 vor 9

Wiederholungstäter III
(stefan-niggemeier.de)
Es muss eine Berufskrankheit sein. Journalisten können nicht über Blogs schreiben, ohne sie um den Faktor 30 zu klein zu machen. Der neueste Fall trägt die Überschrift ?Das Ende des Blogging-Wahns? ? und natürlich hätte man da schon aufhören sollen zu lesen.

In Tom Buhrows weicher Schale steckt ein harter Kern
(welt.de, Ulrike Simon)
Ulrich Wickert hat ihn zu seinem Nachfolger erkoren. Doch seit dem er an der Seite von Anne Will die Tagesthemen im Ersten Deutschen Fernsehen moderiert, wirkt der ?Neue” etwas blass und harmlos. Doch Vorsicht. In Buhrow steckt mehr, als man ahnt.

Auch Hängebacken sind erhältlich
(nzz.ch, Jenny Diski)
Die schöne, nicht so neue virtuelle Welt von «Second Life».

Vernetzte Freundschaften
(heute.de, Malte Borowiack)
Im Internet entstehen neue Formen sozialer Netzwerke.

Drei in einem
(berlinonline.de, Susanne Ehlerding)
Videojournalisten erkämpfen sich immer mehr Sendeplatz im Fernsehen.

Vater light
(taz.de, Frank Sandmann)
Um für ein Kind da zu sein, muss man nicht unbedingt Vater oder Mutter werden. Wie das geht? Der Bericht eines Mannes mit Kinderwunsch auf Teilzeitbasis.

Ihre Anschrift und Ihr Geld ist gefragt!

Die “Bild am Sonntag” möchte gerne meine Meinung wissen. Genauer: Die “Klima-Kommissarin” der Zeitung, Eva Goris, die mich (und mutmaßlich Millionen anderer “BamS”-Leser) deshalb in einer Beilage zur heutigen Ausgabe streng anschaut.

Was Frau Goris von mir wissen will, steht im Fragebogen im Inneren der Beilage. Ob ich für ein allgemeines Tempolimit auf deutschen Autobahnen bin, zum Beispiel. Oder ob der Klimawandel meiner Meinung “nach eine ernste Gefahr für den Planeten” ist. Bei einer der fünf Fragen kann man Frau Goris sogar mitteilen, dass sie sich ihr ganzes Klimakommissarinnentum an den Hut stecken kann:

Unter der Umfrage sind Name und Anschrift einzutragen, und die “Bild am Sonntag” weist darauf hin, dass diese Angaben “unbedingt erforderlich” sind. (“BamS”-Chefredakteur Claus Strunz versichert auf der gegenüberliegenden Seite, sie würden “natürlich streng vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergeleitet”.)

Aber wofür sind die Angaben “unbedingt erforderlich”? Um von der “Bild am Sonntag” bei der Erforschung der Lesermeinung zum Klimawandel berücksichtigt zu werden? Was macht die Zeitung mit meiner Adresse, wenn meine Antwort nicht eine der “111 schnellsten Fragebogen-Einsendungen” ist, die mit einem vermutlich thematisch passend gemeinten Geschenk belohnt wird: einem Regenschirm?

Ah, unter der Adresse kann ich noch etwas ankreuzen: Ob ich “zum Thema Klima auf dem Laufenden gehalten werden” möchte.

Und wenn ich das möchte? — Dann habe ich die “Bild am Sonntag” abonniert. Eine “praktische Wetteranzeige” gibt es gratis dazu.

Danke an Dennis K.!

Täuschend echt (2)

Vorige Woche tauschten Unbekannte in München die Werbe-Schlagzeilen in vielen “Bild”-Zeitungs-Kästen gegen selbstgemachte Alternativen aus.

Es scheint sich nicht um eine einmalige Aktion gehandelt zu haben: BILDblog-Leser Christoph P. entdeckte und fotografierte heute in der Münchner Innenstadt mehrere Verkaufskästen von “Bild” mit dem wenig attraktiven Werbehinweis: “Heut mal nix”.

In eigener Sache (BILDblog unerwünscht)

Zunächst das Kleingedruckte:

Der Nutzer verpflichtet sich, nicht gegen geltende Rechtsvorschriften und etwaige vertragliche Bestimmungen zu verstoßen. Er verpflichtet sich insbesondere dazu, daß etwaige von ihm verbreiteten Inhalte keine Rechte Dritter (z.B. Urheberrechte, Patent- und Markenrechte) verletzen, daß die geltenden Strafgesetze und Jugendschutzbestimmungen beachtet werden und daß keine rassistischen, pornographischen, obszönen, beleidigenden oder für Minderjährige ungeeigneten Inhalte verbreitet werden. (…) Bild.T-Online behält sich das Recht vor, eingesandte Inhalte nicht zu veröffentlichen. (…) Kommunikation über Meinung-live.de findet häufig in Echtzeit statt und wird von den Benutzern direkt auf www.meinung-live.de in einem der Foren (bzw. Chats) veröffentlicht. Eine redaktionelle Überprüfung dieser Echtzeit-Kommunikationsinhalte findet nicht statt, sodaß Bild.T-Online für diese Inhalte keine Haftung und Verantwortung übernimmt.
(Aus den AGB von meinung-live.de)

Zu dem umfänglichen Angebot von Bild.de gehört auch das kostenlose Sportforum meinung-live.de. Wie uns nun mehrere Leser mitteilen, ist die Erwähnung von BILDblog.de im Bild.de-Forum unerwünscht und wird ungefragt in “meinung-live.de” geändert, was gelegentlich zu seltsamen Meinungsäußerungen führt.

Auf Anfrage eines Nutzers von meinung-live.de antwortete der für zahlreiche BILDblog-Zensuren zuständige Moderator “alex190” (Lieblingsgetränk: “Zirndorfer Landbier”):

Nachdem BILDblog.de eine Seite gegen die “Bild”-Zeitung ist, wird der Link automatisch oder durch einen Moderator ersetzt. Die “Bild”-Zeitung besitzt und bezahlt dieses Forum und kann demnach dann auch erwarten, dass hier im Forum keine Inhalte sind, die gegen die “Bild”-Zeitung sind.
(Originaltext von uns sprachlich geglättet.)

P.S.: Hier kann man sich kostenlos bei meinung-live.de anmelden und z.B. in lustigen Experimenten ausprobieren, was passiert, wenn man versucht, auf BILDblog.de zu verlinken.

Mit Dank an Mark U. und mariche.

Kurz korrigiert (318)

Also, dass Waldemar Klein, wie man seit den Morgenstunden einer Fotobetextung auf Bild.de entnehmen kann, auch Ehrenpräsident von Eintracht Frankfurt sein soll, ist uns neu.

Mit Dank an Stephan N., Markus S. und Thorsten A.

Nachtrag, 16.15 Uhr: Nun ist Klein auch für Bild.de nicht mehr “Frankfurts Ehrenpräsident”.

neu  

Unverbesserlich

Im September 2004 rügte der Presserat die “Bild”-Zeitung wegen der Verletzung von Persönlichkeitsrechten. Unter der Überschrift “Sie ist die Mutter des toten Babys vom Gruselwald” hatte “Bild” zwei Monate zuvor über eine 15-Jährige berichtet, der vorgeworfen wurde, ihr neugeborenes Kind getötet zu haben. Illustriert hatte “Bild” den Artikel mit einem Foto des Mädchens, das zwar gepixelt war, nach Ansicht des Presserats “jedoch trotzdem eine Identifizierung zuließ”.

Heute nun berichtet “Bild” im Raum Rhein-Neckar unter der Überschrift “Das Horror-Geständnis der Todes-Mutter” über eine 24-Jährige, der vorgeworfen wird, ihr neugeborenes Kind in einer Plastiktüte im Gebüsch vor einem Krankenhaus abgelegt zu haben, wo es kurz darauf verstarb. (Die Polizei fahndete deshalb in den vergangenen Tagen intensiv nach der mutmaßlichen Kindsmutter und veröffentlichte sogar ein von einer Überwachungskamera gemachtes — und vorgestern natürlich auch von “Bild” gezeigtes — Fahndungsfoto der Frau, die sich gestern schließlich selbst stellte.) “Bild” nennt heute jedoch nicht nur ihre Haarfarbe, Statur und Nationalität sowie Wohnort und Lebenssituation, sondern illustriert den Artikel zudem mit einem großen Paparazzifoto (“die Mutter verlässt gerade das Amtsgericht Lampertheim”), das zwar mit einem schwarzen Balken über den Augen versehen ist…

… doch bereits damals, im September 2004, hatte der Presserat die “Bild”-Redaktion ausdrücklich daran erinnert, “dass Maßnahmen zur Anonymisierung einer Person auch wirksam sein müssen. So müssen Augenbalken soviel verdecken, dass eine Identifizierung über die nicht verdeckten Teile eines Gesichtes nicht möglich ist”.

Dem haben wir nichts hinzuzufügen.

Mit Dank an den Hinweisgeber.

Nachtrag, 8.3.2007: Die identifizierende Darstellung der “Todes-Mutter” hat für “Bild” offenbar Methode. Am 3. und 5. März sahen die entsprechenden “Bild”-Berichte, die weitere Details zum Lebensumfeld der Frau enthielten, so aus:

Mehr dazu hier.

6 vor 9

Bibel des Kapitalismus
(bilanz.ch, Erik Nolmans)
Das «Wall Street Journal» ist die wichtigste Wirtschaftszeitung der westlichen Welt. Ein Bericht aus dem Innern einer globalisierten Informationsmaschine.

Blogs als Modeerscheinung
(blogbar.de, Don Alphonso)
In den letzten Monaten habe ich einige interessante Gespräche mit Vertretern von Tageszeitungen und Zeitschriften geführt. Im Kern ging es um die altbekannten Fragen: Wann macht ein Blog Sinn? Wer kann das schreiben? Wie integriert man es in den Onlineauftritt? Wie finanziert es sich?

«Guten Morgen, ihr korrupten Politiker» (+)
(nzz.ch, ark.)
In Mali ist das Radio die wichtigste Informationsquelle, während die Presse unter anderem wegen des Analphabetismus in einer Krise steckt. Der Privatsender Kledu in der Hauptstadt Bamako sucht den Erfolg in der Nähe zum Hörer – ein Augenschein beim beliebten Radio.

Karl Lüönd
(werbewoche.ch, René Worni)
Der eigenwillige Publizist und einstige Verleger der ZüriWoche weiss um die Befindlichkeiten der Medienbranche. Als unbestechlicher Beobachter und Buchautor zum Thema sagt er im Gespräch mit René Worni, warum Tamedia Ressentiments provoziert, wie man in Problemzonen gutes Geld verdient und weshalb Transparenz bis auf die Unterhosen nur Vorteile bringt.

An der Denkschranke
(taz.de, Tobias Rapp)
Abrechnen mit den poplinken Kulturpessimisten der 90er-Jahre? Oder die weitere Zersplitterung der Musikindustrie beschreiben? Die neue “Spex” ist da – und schon geht der Streit um das Erbe weiter.

Google macht blind
(zuender.zeit.de, Stefan Mauer)
Wer das Internet durchsucht, nutzt Suchmaschinen und sonst nichts. Das ist, als würde man vom Bootsrand aus nach Tiefseefischen Ausschau halten.

“Bild”-Überschrift ging in die Hose

In Wien hatte am Dienstag ein mit einer Spielzeugpistole bewaffneter Mann eine Bawag-Bank überfallen, Geiseln genommen, mehrfach telefonisch mit der Polizei verhandelt, zwischenzeitlich Zigaretten und Cola geordert, nach mehreren Stunden aufgegeben und sich festnehmen lassen. Auch “Bild” berichtete darüber (siehe Ausriss):

"Hier hat sich ein Geisel-Gangster vor Angst in die Hose gemacht"

Und es stimmt: Der Täter hatte sich offenbar, kurz bevor er aufgab, “in die Hose gemacht” — jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach nicht “vor Angst”, wie “Bild” behauptet. Denn auch wenn man es kaum fassen kann: Arpad Hagyo, ein Journalist der Tageszeitung “Österreich”, hatte (laut Watchblog oesterreichblog.twoday.net “ohne Auftrag der Redaktion”) kurz vorm Ende der Geiselnahme in der Bankfiliale angerufen und ein ebenso absurdes wie umstrittenes Interview mit dem Geiselnehmer geführt (O-Ton: YouTube, Transkript: ZEITblog). Und darin klingt der Geiselnehmer nicht nur alles andere als ängstlich, er gibt zudem selbst einen deutlichen Hinweis, wie es zu dem großen nassen Fleck im Schritt kommen konnte. Wir zitieren — in hochdeutscher Übersetzung — die entscheidende Passage:

Geiselnehmer: (…) ich sag’ dir mal was, Märchenprinz: Ich hab’ weder Zigaretten gekriegt noch sonst was. Und jetzt werden wir nochmal anrufen, damit wir endlich aufs Klo gehen können. Denn das Klo ist abgesperrt.
Journalist: Wirklich? Wieso ist es abgesperrt?
Geiselnehmer: Na, weil es zu ist. (…)
Journalist: Ist das normal dort?
Geiselnehmer: Nein, das ist nicht normal.

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