Archiv für März 28th, 2007

Yan-Yan-Content

“Wegen Knut?” fragte “Bild” bereits gestern auf der Titelseite.

Denn just, nachdem der populäre Eisbär (wir berichteten) in einem Berliner Gehege der Öffentlichkeit präsentiert wurde, starb im selben Zoo die Pandabärin Yan Yan. Und “Bild” schrieb:

Noch wird über die Ursache gerätselt. Starb sie wegen Knut? War es der Stress durch die plötzlich täglich 30 000 Besucher, die kommen, um Knut zu sehen?

Und eine Antwort auf die vielen Fragen gab es auch. Eine Antwort, wie man sie vermutlich nur in “Bild” finden kann:

Die Todesursache — war es der Stress der letzten Tage? (…) BILD-Reporter hatten in den vergangenen Tagen beobachtet: “Viele Menschen, die wegen der langen Schlangen keinen Blick auf Knut werfen konnten, gingen dann zu Yan Yan. Sie wirkte verunsichert, verschüchtert.”

Wie die Obduktion ergab und der heutigen “Bild” zu entnehmen ist, hatte die Pandabärin einen “kleinen Lebertumor”, starb aber “offiziell an Herzstillstand!” (Bundes-Ausgabe) beziehungsweise “an einer Darmverstopfung, ihr Herz hörte einfach auf zu schlagen” (Ausgabe Berlin-Brandenburg). Oder noch genauer: “Durch die Verstopfung gelangten Darmgifte in die Blutbahn, griffen ihr Herz an” (“Zoobiologe Dr. Ragnar Kühne”). Beziehungsweise: “Durch eine Darmverstopfung wurden giftige Stoffe nicht ausgeschieden. Eine Blutvergiftung führte dann zum Herzversagen” (“Andreas Ochs vom Berliner Zoo”).

Keine Knutitis also, sondern Ileus — “ein unglücklicher Zufall”, wie es der Zoobiologe nennt.

Wie wenig diese Wahrheit der “Bild”-Zeitung gefällt, illustriert sie in folgenden Zeilen, die über dem Yan-Yan-Artikel stehen:

"Yan Yan erlag einem Darmverschluss und hatte einen Leber-Tumor! Oder starb sie
an Eifersucht auf den beliebten Knut?"

Wer “Bild” verstehen will, sollte dieses Satzpaar eine Weile auf sich wirken lassen.

Versacer bei Bild.de

(Wird fortgesetzt…)

Nachtrag, 18 Uhr:

Mit Dank an Hobbes, Andrea B., Sascha H., Michael M., Lisa H., Ingo F., Michael D., Lutz R. und Stefanie H.

6 vor 9

Blogs schweben nicht in einem luftleeren Raum innerhalb der Gesellschaft, in dem Geld keine Rolle spielt
(don.antville.org)
Als ich gegen Ende der 80er darüber nachdachte, wie und wo ich Texte veröffentlichen konnte, da war der Einstieg klar: man fing an für Fanzines zu schreiben. Ohne Geld, aber mit viel Enthusiasmus. Wenn man Glück hatte, dann konnte man auch mal ein paar CD oder Kinokritiken im örtlichen Stadtmagazin unterbringen. Fanzines waren die Blogs der 80er und frühen 90er Jahre. Man tauschte Geschichten aus, man bekämpfte sich auch mal, wenn es um Interviewtermine ging, aber insgesamt gesehen, war man sich einig, dass man nicht auf Dauer bei einem Fanzine schreiben wollte, weil man irgendwann ja auch mal Geld verdienen wollte.

Echolote in die Tiefen des Netzes
(perlentaucher.de, Thomas Rohde)
Seit dem vergangenen Herbst ist eine neue tägliche Online-Presseschau im Netz. Das ist eine gute Nachricht nicht nur für die Nutzer der neuen Seite, sondern auch für die von ihr ausgewerteten Medien. Wie der Perlentaucher mit seiner Feuilletonrundschau über die Kulturseiten der deutschsprachigen Qualitätszeitungen berichtet, widmet sich Ecolot.de den Wirtschaftsteilen der einschlägigen Zeitungen.

Wenn der Morgen mit Toni Mahoni beginnt (+)
(fr-online.de, Daland Segler)
Der starke Zug ins Internet: Die 40. Mainzer Tage der Fernsehkritik fragen nach dem “Wandel der Öffentlichkeit”.

Meinung ohne Gewähr
(tagesspiegel.de, Clemens Wergin)
Das Urteil des Bundesgerichtshofes macht Internetprovider für bei ihnen veröffentlichte Inhalte verantwortlich. Gegen Hasspropaganda im Netz wird das wenig ausrichten.

Auf der Fernbedienung schließlich auch Platz eins und zwei
(faz.net, Michael Hanfeld)
Sie sind nicht als Erste darauf gekommen, doch sie kommen als Erstes darauf, wie üblich Vorrang für sich einzufordern. Und zwar, ebenfalls wie üblich, von Gesetzes wegen: ARD und ZDF haben das Internet entdeckt und erkannt, dass sie um ihre Plätze fürchten müssen, um Platz eins und Platz zwei, wie sie es von der Fernbedienung her gewohnt sind.

Das Knutchen-Schema
(jungle-world.de, Elke Wittich)
Noch kriegt er das Fläschchen, aber bald wird der kleine Eisbär die Welt in »essbar« und »nicht essbar« einteilen. Menüvorschlag: die Familie Baring.