Anders als der Big Mac — und anders als Bild.de den Bild.de-Lesern erzählt — kommt das “US-amerikanische Wirtschaftsmagazin ‘The Economist’” bekanntlich nicht aus den USA, sondern seit über 160 Jahren aus Großbritannien.
Mit Dank an Tilman K. für den Hinweis.
Nachtrag, 26.6.2006, 9.30 Uhr: Guten Morgen. Bild.de hat den Fehler korrigiert.
Wir müssen noch mal kurz auf diese merkwürdige In-&-Out-Geschichte zurückkommen.
Dass “Bild” plötzlich dringend vor dem Nichtstun warnte und zum Lesen aufforderte, ist nämlich nicht mehr ganz so abwegig, wenn man weiß, von wem das empfohlene Buch stammt. Die Herausgeberin heißt Ulla Bohn, und bis vor einem Jahr stand sie noch im Impressum der “Bild”-Zeitung: als Kulturchefin.
Geschmacklos! Will “Bild” unseren Poldi kaputt machen?
Seit Tagen ist auf Bild.de folgender Witz aus der “Bild”-Zeitung zu lesen:
Poldi zu Schweini: “Sag mal, welches Datum haben wir heute?” Schweini: “Schau doch in die Tageszeitung!” — “Habe ich schon, aber die ist von gestern!”
Ungerührt verhöhnt die Boulevardzeitung unseren Stürmer als strohdummen Voll-Proll. Lustig ist das nicht. Man fragt sich: Will “Bild” Poldi kaputt machen?
BILDblog meint: “Bild” würde Größe zeigen, wenn sie Poldi nicht länger lächerlich macht und den “Witz” endlich aus dem Netz —
Halt! Stopp! Warganz anders: Es sind ja die Witze der ARD über Poldi, die “geschmacklos”, “nicht lustig” und ein “Skandal” sind, und bei denen man “Bild” sich fragt: Will die ARD Poldi kaputt machen, indem sie ihn als strohdumm hinstellt?
Apropos “strohdumm”: Bei “Bild” hat man einige der “Lukas’ Tagebuch”-Beiträge von Eins Live und You FM abgetippt, darunter diesen:
Zur Zeit dicke Luft im Hotel. Kein Wunder: Balle-Ballack und Totti Frings haben 40 Kalt-Buller gegessen und machen Rülpskonzert im Frühstücksraum. Die Vollidioten, ey!
Kalt-Buller??? Schlimm, wenn man als “Bild”-Mitarbeiter sogar Comedy schlimm finden muss, die man nicht einmal verstanden hat.
Richtig ist, dass Norbert Röttgen in der Kritik steht, weil er vom kommenden Jahr an sowohl Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) als auch Bundestagsabgeordneter für die CDU sein will.
Unwahrscheinlich ist aber, dass er nun auch noch SPD-Mann wird.
Nachtrag, 9.00 Uhr. Ah, nun heißt es bei Bild.de: “SPD über Röttgen”.
Die WM wird sehr viele Völker zusammen führen, denn es geht nicht nur um Kommerz, sondern auch darum, dass sich die Menschen annähern und besser kennen lernen.
Na, das ist mal ein schöner Gedanke. Der ecuadorianische Schamane Tzamarenda Naychapi hat ihn formuliert. In allen zwölf Stadien der Fußball-WM hat er eine Friedens- und Reinigungszeremonie vollzogen. Nach eigenen Worten, “um die gute Energie der Natur hierher zu bringen”.
Auf Einladung seines Landes besuchte er Deutschland, um uns seine Kultur näher zu bringen.
Auch ein schöner Gedanke. Aber damit das funktioniert, muss der Schamane natürlich auf Menschen treffen, die sich so eine fremde Kultur näherbringen lassen wollen. Bei “Bild” hat er sie nicht gefunden.
Es liegt nicht daran, dass “Bild” — was für eine vermeintlich christliche Zeitung eigentlich nahe läge — an den Zauber von Amuletten und Reinigungstänzen an sich nicht glaubte. Im Gegenteil: “Bild” pflegt einen ganz eigenen Okkultismus, einen Aberglauben an FlücheundVerwünschungen.
“Bild” glaubt, dass die Rituale des Schamanen wirken. Was “Bild” nicht glauben kann, ist, dass er es gut meinen könnte.
Wie abwegig, dass “Bild” sich von einem Fremden dessen Kultur “näher bringen lassen” könnte! Der Schamane sagt, sein Zauber sei nicht patriotisch: Er verbreite positive Energie, die für alle Mannschaften gelte. “Bild” dagegen behauptet einen direkten Zusammenhang zwischen den Ritualen und den erfolgreichen ersten Spielen Ecuadors und schreibt:
Unser letzter Gruppengegner Ecuador greift zu faulen Tricks, um erfolgreich zu sein. (…) Ein Schamane gegen Klinsi!
Die “Bild”-Zeitung hat einen “Hexer und Voodoo-Experten” aus Bremen als “Gegenzauberer” “gefunden”. Der erklärte, der Zauber des Schamanen (“ein raffinierter Bursche”) sei böse, er habe ihn aber “neutralisiert” und gleich mal bei der Gelegenheit die Beine der Gegner schwerer gemacht, damit die Deutschen gewinnen.
Nett. Da bringt die “Bild”-Zeitung den “Freunden”, die da zu Gast bei uns sind, gleich mal unsere ihre Kultur nahe.
Danke an Andreas G., Markus L., Joern H. und Tobias M.!
Eine geile Geschichte hat Bild.de da aufgetan. 250 japanische Pärchen hatten in einer Lagerhalle Sex miteinander, übten in Reih und Glied diverse Praktiken synchron aus. Und weil alles gefilmt wurde, kann Bild.de schöne Fotos davon zeigen.
Bild.de schreibt:
Äh, nein. Keine Kunst. Ein Porno.
Nein, keine neue Kunst-Sparte. Eine neue Porno-Sparte.
Nicht im Namen der Kunst. Im Namen der Pornographie!
Hä? Porno.
WEIL ES SICH UM EINEN POR-NO-FILM HANDELT! Mit dem Titel “500 Person Sex”. Produziert von der Firma “Soft On Demand”. Angekündigt mit den Worten: “Imagine going into a large room and see 500 people giving oral sex and screwing their brains out.” Kostenpflichtig im Netz herunterzuladen.
Über jedes Bild in der Galerie hat Bild.de den Satz geschrieben:
Soll er gar nicht. Er soll sich nur gut verkaufen. Darauf hätte auch Bild.de kommen können, denn auf einem der abgebildeten Fotos steht sogar noch der Name des Internet-Sex-Anbieters, von dem die Porno-Promo-Bilder stammen.
— Und wenn jetzt vielleicht jemand mal die Klimaanlage in den Bild.de-Büros reparieren könnte? Danke.
Vielen Dank auch an cocolo für den Hinweis.
Nachtrag, 21.17 Uhr. Na sowas: Bei Bild.de ist der Artikel spurlos verschwunden.
Nachtrag, 19.7.2006(mit Dank an Tamino G. für den Hinweis): Sooo “spurlos” hat Bild.de ihn offenbar doch nicht verschwinden lassen…
Manchmal würde es schon reichen, wenn “Bild” das Verb wissen nicht als Synonym benutzen würde für vermuten, ahnen, raten, schätzen, prognostizieren, einfach mal behaupten, gehört haben, für nicht unwahrscheinlich halten und nicht völlig ausschließen können.
…fragte die sächsische Ausgabe der “Bild”-Zeitung gestern. Ja, lautet die klare Antwort (übrigens z.B. auch zu Weihnachten und zum Frühjahrsputz, aber das steht so nicht in “Bild”). Und doch bleiben Fragen offen.
Etwa ob der Mann mit der Fahne nun Jens heißt oder Lars. Und ob er seinen Nachnamen lieber nur abgekürzt in der Zeitung gelesen hätte. Vor allem aber, wie es die Volkskammer der DDR geschafft hat, “schon” zehn Jahre nach ihrer Selbstauflösung die Entfernung der Flagge von allen öffentlichen Gebäuden anzuordnen:
Manchmal weiß es die “Bild”-Zeitung ganz genau. Am 14.1.2006 etwa schrieb sie:
“Das ist der Rotkohl-Killer
Er hat das Baby seiner Freundin zu Tode gefüttert
(…) Er preßte dem kleinen Justin (17 Monate) Rotkohl in den Mund. Löffel für Löffel. Immer mehr. So lange, bis das Kind keine Luft mehr bekam. Es starb später im Krankenhaus. Jetzt sehen wir zum ersten Mal das Gesicht des schrecklichen Rotkohl-Killers!
(…) Am ersten Weihnachtsfeiertag stopfte er den Kleinen so lange mit Rotkohl voll, bis der mit Atemnot ins Krankenhaus kam. (…)” (Link von uns.)
Es ist, als wäre “Bild” dabeigewesen, nicht wahr?
War “Bild” aber nicht. Zum Glück, wie man hinzufügen möchte. Denn sonst müsste sich die Zeitung jetzt vermutlich ebenso vor Gericht verantworten wie der angebliche “Rotkohl-Killer”. Dem nämlich wird von der Staatsanwaltschaft vieles, nicht aber das vorgeworfen, was “Bild” so detailliert zu berichten wusste. Er ist angeklagt wegen “Körperverletzung mit Todesfolge durch Unterlassen“, weil er nicht eingeschritten sei, als seine Lebensgefährtin das Kind mit dem Rotkohl misshandelt habe (wie z.B. heute.de — und ähnlich sogar Bild.de* — berichtet).
*) So richtig gelingt es aber auch Bild.de nicht, angemessen zu berichten: Während u.a. die Überschrift “Erstickten sie ihr Kind mit Rotkohl?” lautet und Bild.de sogar vor dem Begriff “mutmaßlich” nicht zurückschreckt, wird im dazugehörigen Teaser auf der Startseite aus der vor Gericht zu klärenden Frage wieder eine vorverurteilende Tatsachenbehauptung.