“Being H.I.V. does not mean that you have a.i.d.s.”
Kurzum: Andy Bell, der 1998 von seiner HIV-Infektion erfuhr, verweist ausdrücklich auf die Tatsache, dass HIV-positiv zu sein, nicht bedeutet, dass man AIDS hat — und Bild.de verweist anschließend ausdrücklich auf Andy Bells Aussage, behauptet aber trotzdem das Gegenteil? Ja.
Mit Dank an Alexander H. und Lutz K. für den Hinweis.
Nachtrag, zwei Stunden später:
Wie uns wirres.net soeben mitteilt, hat Bild.de die falsche Überschrift mittlerweile in “Andy Bell: Ich bin HIV-positiv” berichtigt.
Nachtrag, 17.12.04: (Für alle, die oben im Text auf den Bild.de-Link geklickt haben und daraufhin von Bild.de informiert wurden, dass die “Seite nicht verfügbar” sei)
Es handelt sich bei der zunächst verlinkten Bild.de-Adresse www.bild.t-online.de/…/erasure_saenger_aids.html nicht um einen Fehler unsererseits. Nein, Bild.de hat mittlerweile nicht nur die Überschrift, sondern sogar die Veröffentlichungsadresse in www.bild.t-online.de/…/erasure_saenger_hiv.html berichtigt.
schreibt “Bild” heute auf der Seite 1 über ihren Lotto-Aufmacher, und das stand als Überschrift bestimmt schon vor der Ziehung der Zahlen fest: Denn diese beiden Worte beschreiben doch irgendwie das Wesen einer jeden Lotto-Ziehung.
Jedenfalls hatte die Zeitung das Problem, angesichts des Rekord-Jackpots groß mit dem Thema Lotto aufmachen zu wollen, aber noch nicht zu wissen, ob jemand das Geld gewonnen hat. Sie rettete sich in die Haupt-Schlagzeile:
Was für blöde Lotto-Zahlen!
“Blöd” war für “Bild” an den Zahlen wohl vor allem, dass sie nicht im Geringsten mit dem übereinstimmten, was Uri Geller, “der Guru mit den übersinnlichen Kräften” (“Bild”) am Tag zuvor exklusiv in “Bild” vorhergesagt hatte. Er hatte den “Bild”-Lesern unter anderem “verraten”, dass die Elf eine “besonders starke Zahl” sei, in allen Variationen, auch als Quersumme. Vielleicht wusste Geller nicht, dass auch besonders starke Zahlen mal einen Tag Urlaub brauchen, vielleicht erholte sich die Elf am Mittwoch in der Südsee vom anstrengenden Alltag einer besonders starken Zahl — jedenfalls hat keine der gezogenen Zahlen irgendetwas mit der Elf zu tun, auch nicht multipliziert oder als Quersumme.
Geller hatte weiter den Ratschlag gegeben:
“Fixieren Sie heute um 11.11 Uhr und 11 Sekunden meine Augen in der Zeitung und schreien laut heraus: ‘Ich werde gewinnen! Diesmal bin ich es!'”
Das hat schon deshalb nicht funktioniert, weil alle, die daran glaubten, sicher, wie von Geller empfohlen, mindestens eine Zahl angekreuzt hatten, die so stark ist wie die Elf.
Jeder andere würde nach diesem Fiasko nun vielleicht an den “übersinnlichen Kräften” Gellers zweifeln; nicht aber “Bild”. “Bild” nennt ihn heute den “Magier der Zahlen” und lässt ihn “die verrückten Lottozahlen” “erklären”. (Jeder Mathematiker würde einem schlicht “erklären”, dass jede Zahlenkombination mit exakt der gleichen Wahrscheinlichkeit fällt, aber an Mathematik glauben natürlich nur Leute, die Geller abschätzig “Skeptiker” nennt.)
Geller “erklärt” also:
Ich bin nicht überrascht über die 34, 45 und 48. Zahlen in den oberen 30ern und in den 40ern kommen sehr oft vor.”
Ein Mathematiker würde auch hier einwenden, dass die Wahrscheinlichkeit, mit der eine Zahl bei der nächsten Ziehung fällt, nicht davon abhängt, wie oft sie bisher gefallen ist, aber tun wir einmal so, als hätte das irgendeine Relevanz, dann ist es trotzdem Quatsch: Wie man zum Beispiel hier nachlesen kann, gehören 34 und 45 zu den Zahlen, die bisher am seltensten gefallen sind.
“Überrascht” war Geller, dass die 6 gezogen wurde. Denn:
Die 6 steht normalerweise für Harmonie, Schönheit, Familie, Verantwortungsbewußtsein, Verständnis, Mitgefühl, Liebe, Heilkraft, Perfektionismus — aber auch für Eifersucht und Neid.
Im Grunde also für alles außer Rote Grütze, vierlagiges Recycling-Toilettenpapier und den Fährverkehr zwischen Helsinki und Tallinn. Und warum eine Zahl, die für Harmonie, Schönheit etc. steht, nicht als Lottozahl gezogen werden soll, lässt Geller völlig offen. Dafür sagt er über die “19”:
“19 ist wie 1 — nämlich 1 plus 9, die Null weggestrichen. Das ist eine kreative Zahl, eine Ego-Zahl. Sie signalisiert Unabhängigkeit, Originalität.”
Und hatte, was unsere mindestens genauso plausible Erklärung wäre, gerade Vertretungs-Dienst für die starke Zahl 11, die bekanntlich auf einer Südseeinsel ausspannte.
Natürlich darf Uri Geller sagen, glauben und “erklären”, was er will. Aber ebenso darf sich jede Zeitung selber entscheiden, welchen “Experten” sie gleich zwei Tage hintereinander anlässlich eines hohen Lotto-Jackpots zu Wort kommen lässt.
Hans Meyer, früher Fußball-Trainer bei Borussia Mönchengladbach und Hertha BSC, ist einer von wenigen, die sich getraut haben, sich gegen die Berichterstattung von “Bild” zu wehren. Der Berliner “Tagesspiegel” hat ein Interview mit ihm geführt. Meyer beschreibt darin, wie “Bild” regelmäßig Dinge aus dem Zusammenhang reiße und systematisch Angst verbreite:
“Und [die ‘Bild’-Leute] glauben, dass sie Trainer und Spieler gottgleich abstrafen könnten. Aber das Traurigste für mich ist, dass auch seriöse Blätter, solide und gute Journalisten, sogar Nachrichtenagenturen das abschreiben, was ‘Bild’ vorgibt – ohne noch einmal nachzufragen.” (…)
Welche Folgen hat diese Berichterstattung für die Wahrnehmung von Fußball?
“Sie führt dazu, dass die Leute fußballblöd werden. Das Fachliche spielt überhaupt keine Rolle. Genauso wenig wie das Normale. Sieger werden zu Titanen gemacht, Verlierer zu Versagern, die angeblich nicht kämpfen und nicht wollen. Neulich haben so genannte Fans Vaclav Sverkos von Borussia Mönchengladbach mit Bier begossen und bespuckt. Von da bis zur brutalen Gewalt ist es nur noch ein kleines Stückchen.”
Als die F.A.Z. vor einigen Tagen einen Reiseartikel über Lübeck mit Fotos aus Bremen illustrierte, war “Bild” das eine Meldung auf der ersten Seite in der Kategorie “Verlierer des Tages” wert.
Aber nun zu einem ganz anderen Thema.
Seit Tagen dominiert die Nachricht, dass Schauspielerin Uschi Glas einen neuen Freund hat, die Schlagzeilen von “Bild”. Die Zeitung scheint nicht die besten Kontakte zu haben; die ersten Fotos musste sie (wie gesagt) aus der Zeitschrift “Das Neue” nachdrucken, und das, was sie als “großes Exklusiv-Interview” ausgab, waren (wie gesagt) offensichtlich nur ein paar Brosamen, die neben einer großen Geschichte der “Bunten” übrig blieben.
Illustriert hat “Bild” das angebliche “Exklusiv”-Interview u.a. mit diesem Foto:
Im Goldrahmen steht:
Dieter Hermann eroberte das Herz von TV-Star Uschi Glas beim Golfen
Das mag sein. Nur ist der Mann auf dem Foto im Goldrahmen nicht Dieter Hermann (Foto). Es ist, wie das Haller Tagblatt herausgefunden hat, Alexander Erdland (Foto), der Vorstandsvorsitzende der Haller Bausparkasse.