Archiv für Juli 15th, 2004

Horizontal, unterirdisch

Sibel Kekilli hat vor dem Berliner Landgericht einen Prozess gegen “Bild” gewonnen. Wie der “Tagesspiegel” berichtet, hatte “Bild” einem Foto von ihr eine Denkblase hinzugefügt, in der stand: “Nie geraucht! Nie getrunken! Nur die paar Pornos…” “Bild” argumentierte, die Denkblase mache deutlich, dass es sich nicht um ein Zitat der Schauspielerin handele. Kekilli fand, das Gegenteil sei der Fall. Das Gericht auch. 

Dabei ist das Blatt doch so gründlich! Berichtet über den “Star und die Porno-Szene”, das “Film-Früchtchen”, das seine Sex-Erfahrung “im preisgekrönten Berlinale-Film gut verwenden konnte”, von dem sich Schwester und Eltern abwandten. Selbst im Bericht über ihren Triumph beim Deutschen Filmpreis vergißt “Bild” nicht den Hinweis, daß sie “ihre Karriere horizontal begann”. Ein “Bild”-Artikel, der ausführlich aus einem Interview Kekillis mit der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung” (FAS) zitiert, steht online unter der Adresse “…porno__diva__sibel…”. Darüber erscheinen je nach Tageszeit Sex-Werbebanner, mit denen Bild.de sein Geld verdient: 1, 2, 3 (Ausschnitte). Die Bild.T-Online-Suchmaschine wirft zum Stichwort “Kekilli” noch vor den redaktionellen Beiträgen zwei Links zu Sexshops aus, die mit Pornos mit Kekilli werben.

Diese Aussage Kekillis im FAS-Interview zitierte “Bild” nicht: “Die ‘Bild’-Zeitung sagt mir zum Beispiel: Wir wollen jetzt an deine Eltern ran. Aber wir können sie in Ruhe lassen, wenn du uns ein Interview gibst. Ich laß mich ganz bestimmt von denen nicht erpressen.

Die schlechten ins Kröpfchen

Potzblitz! Ute Kusch hatte sich was ganz besonderes einfallen lassen: Sie kam “in ihrer schwarzen Amtsrobe“, “schlicht-schön und sehr dezent” statt “schmink-schön und schmuck-behangen” wie Tatjana Gsell, die im übrigen ein weißes Kostüm anhatte. Es ging hier – das merkte “Bild” sofort – um ein “Duell zweier grundverschiedener Frauen”, um “Die schrille Witwe und die Aschenputtel-Richterin”:

Die bescheidene Richterin arbeitete neun Jahre lang als Staatsanwältin. Jetzt leitet sie an die 350 Verfahren im Jahr. Sie hat eine Tochter, arbeitet Teilzeit. Tatjana Gsell nennt sich selbst „Diplomkosmetikerin“. Sie ist Millionenerbin, muss nicht arbeiten.

Vielleicht handelte es sich aber auch bloß um einen Verhandlungstermin im Prozess gegen Gsell wegen Versicherungsbetrug.

P.S. Im Märchen siegt Aschenputtel.

…kann “Bild” sich noch erinnern. Rucke di guh.

Noch mehr Burger…

…auf der Titelseite von “Bild”: “Hier mampft McClement” steht neben dem Bild vom Wirtschaftsminister, der gerade in ein riesiges Bulettenbrötchen beißt. Im knappen Text dazu geht’s dann um einen (ziemlich PR-heischenden) “Besuch in der Berliner Filiale einer Hamburger-Kette“.

Bei der “Hamburger-Kette” handelte es sich übrigens um die Firma Burger King. Aber das ist in unmittelbarer Nähe zur bereits erwähnten Anzeige des mit “Bild” kooperierenden Konkurrenten McDonald’s womöglich eine eher unwichtige Information.

Steaks, Hirsebrei und Käsesahne

An diesem Donnerstag startet “Supersize me” in den deutschen Kinos.

“Einen Monat lang ernährte sich der schlanke, durchtrainierte Doku-Filmer Morgan Spurlock nur in einem US-Fast-Food-Restaurant. Danach wog er ein paar Kilo mehr und fühlte sich gesundheitlich als Wrack. Fragt sich, was geschehen wäre, wenn er einen Monat nur Steaks und Hirsebrei gefuttert hätte“…

…schreibt “Bild” im Kinotipp, druckt einen gelangweilten Smiley als Wertung dazu und lässt auf dem Titel weiter McDonald’s dafür werben, dass es dort außer Frühstück ja inzwischen auch “Bild” zu kaufen gibt. (Aber mit solchen Mätzchen ist das Boulevardblatt ja längst nicht mehr allein.)

In der “In/Out”-Liste steht derweil die Empfehlung: “Käsesahne mümmeln (jetzt sogar bei McDonald’s).”