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“Bild”-Mitarbeiter zu doof

“Bild” hat heute mal wieder sowas ähnliches wie Exklusiv-Informationen im Blatt. Und zwar in dieser Geschichte:

Im Text heißt es:

(…) jetzt mußte ein Superhund aus Kanada eingeflogen werden!

Und dann noch einmal in der Bildunterzeile:

Einer der 50 Bären, den Superhund “Raiku” (9) aus Kanada gestellt hat.

Das exklusive daran ist, dass Raiku angeblich aus Kanada kommen soll. Komisch eigentlich, denn sonst stimmen die “Bild”-Angaben über Raiku ziemlich genau mit denen überein, die ein finnischer Hundeführer auf seiner Internetseite hat. Und das Foto, das “Bild” zeigt und als dessen Quelle sie dpa angibt, findet sich auch auf der Internetseite desselben finnischen Hundeführers.

Ob es sich bei diesem Raiku um den handelt, der am Sonntag zum Suchtrupp gestoßen ist, wissen wir zwar nicht, es wäre aber durchaus möglich. Schließlich berichten auch andere Medien über einen finnischen Hund namens Raiku. Und manche schreiben sogar, dass sich mit Raikus Hundeführer nun ein weiterer Finne an der Suche nach “JJ1” beteiligt. Nur die Pannen-Truppe von “Bild” ist auf der falschen Fährte. Warum? Wir wissen es nicht, aber vielleicht wollte sie sich ja die Geschichte über zu doofe finnische Jäger nicht durch irgendwelche Fakten kaputt machen.

Mit Dank an Manfred W. für den sachdienlichen Hinweis.

Nachtrag, 22.05 Uhr: Zur Präzisierung: Der gestern zum Suchtrupp gestoßene Hund stammt nicht aus Kanada, sondern aus Finnland. Zumindest sein finnisches Herrchen wurde aber offenbar aus Kanada eingeflogen, möglicherweise inklusive Hund.

Peter Hahne denkt zu viel

Paul McCartney wird heute 64, und Peter Hahne hat sich dazu in der “Bild am Sonntag” mal ein paar “Gedanken am Sonntag” gemacht. Zum Beispiel diesen hier:

1967 stürmten die “Beatles” mit “When I’m Sixty-Four” weltweit die Hitparaden.

Leider falsch gedacht, Herr Hahne. Die “Beatles” haben “When I’m Sixty-Four” nämlich nie als Single veröffentlicht und deshalb auch nie die Hitparaden damit gestürmt. Nicht in Deutschland, nicht in Großbritannien, nicht in den USA und also schon gar nicht weltweit.

Schwer nachvollziehbar ist auch dieser Sonntags-Gedanke über Paul McCartney:

Ohne dieses verrückte Viertel jener legendären “Fab Four” hätten wir nicht Songs wie “All You Need Is Love” oder “Give Peace A Chance”.

Dabei wurde “All You Need Is Love” von John Lennon geschrieben, und McCartneys Anteil daran war wohl eher gering bis nicht vorhanden. Und wieso Hahne denkt, dass wir “Give Peace A Chance” ohne McCartney nicht hätten, ist gänzlich unklar. Das Lied ist ja nicht mal von den “Beatles”, sondern die erste SoloSingle von John Lennon. Ebensogut könnte man also sagen, ohne McCartney hätten wir den George-Harrison-Hit “Give Me Love (Give Me Peace on Earth)” nicht. Aber wahrscheinlich brauchte Hahne einfach zwei Songs, die Liebe und Frieden im Titel tragen, und das waren die ersten, an die er gedacht hat. Und so irgendwie hat er ja auch recht.

Mit Dank an Daniel T., Klaus S. und Philip W. für den Hinweis.

Nachtrag, 25.6.2006: Zumindest eine der Unstimmigkeiten aus Hahnes Text wird heute in der “Korrektur”-Rubrik der “BamS” korrigiert. Dort heißt es über “Give Peace a Chance”:

“Richtig ist, daß der Song nicht von den ‘Beatles’, sondern im Juli 1969 von John Lennon und seiner ‘Plasic Ono Band’ herausgebracht wurde.”

Kurz korrigiert (118-119)

Übrigens: Anders als Bild.de am Ende des Textes über die Gerry Weber Open schreibt, wäre ein Sieg beim morgigen Finale des Tennisturniers nicht Roger Federers 40. Sieg auf Rasen in Folge, sondern sein 41. Womit er immerhin tatsächlich Björn Borgs “Uraltrekord” einstellen würde.

Völlig daneben liegen die Leute von Bild.de allerdings, wenn sie über Federer schreiben:

Da würden sich die Veranstalter sicher freuen, wenn sie diese Summe alleine an den Sieger verteilen könnten. Tatsächlich ist jedoch das gesamte Turnier bloß mit 680.250 Euro dotiert, wie man auf der Internetseite des ATP nachlesen kann. Der Sieger erhält davon lediglich 96.000 Euro.

Mit Dank an Toni für den sachdienlichen Hinweis.

Nachtrag, 18.6., 0.09 Uhr: Der Tennisbeauftragte von Bild.de hat die Fehler mittlerweile korrigiert.

Die Wunderheiler vom Axel-Springer-Platz

“Bild” hat ein Wunder gesehen. Ein Babywunder:

Und es ist ohne Zweifel wundervoll, dass es dem Neffen von Ottfried Fischer wieder gut geht. Der inzwischen Einjährige war vor einem Jahr nach einer Hirnblutung ins Koma gefallen und nach rund vier Wochen wieder erwacht. Nach allem, was man weiß, in erster Linie aus “Bild” und “Bild am Sonntag”, war die Lage ursprünglich reichlich aussichtslos. Ganz so aussichtslos, wie “Bild” heute, fast ein Jahr später, schreibt, war sie damals aber mit Sicherheit nicht. Schon in der Unterzeile steht, “sein Neffe war hirntot”, und im Text dann:

Die furchtbare Diagnose: Hirntod!

Aha, Hirntod also. Die Bundesärztekammer, schreibt in ihren Richtlinien zur Feststellung des Hirntods folgendes:

Mit dem Hirntod ist naturwissenschaftlich-medizinisch der Tod des Menschen festgestellt.

Demnach wäre Fischers Neffe also von den Toten auferstanden, und man fragt sich, warum “Bild” dieses “Wunder” nicht auf der Titelseite bringt, sondern bloß im Innenteil.

Aber eigentlich weiß “Bild” ja selbst, dass Fischers Neffe nie hirntot war. Schließlich titelte sie schon am 20. Juni 2005: “Ottfried Fischers Neffe im Koma”. Und einen Tag später: “Mutter stillt ihr Koma-Baby jeden Tag”. Sie hatte sogar einen kleinen Kasten im Blatt, in dem ein Neurologe die Frage beantwortet, “Wie kann ein Kind trinken, das im Koma liegt?”:

“Bei einem sogenannten Wachkoma arbeitet der Hirnstamm normal, d.h. der Patient kann atmen, schlucken, sich bewegen. (…) Es besteht eine geringe Chance, daß sich Hirnschäden zurückbilden (…)”

So gesehen hatte “Bild” das Ganze am 11. Juli letzten Jahres schon mal besser zusammengefasst:

Mit Dank an Frank R. und Mike S. für den sachdienlichen Hinweis.

“Alberto” zum Hurrikan hochgeschrieben

Wir haben wirklich nicht die geringste Ahnung, wie Bild.de auf die Idee gekommen sein könnte, der Tropensturm “Alberto”, der sich auf die Küste Floridas zu bewegt, sei zum Hurrikan hochgestuft worden. Doch es steht dort. Und zwar mit heutigem Veröffentlichungsdatum und inklusive Teaser auf der News-Seite:

“Alberto” wurde nicht zum Hurrikan hochgestuft. Ganz im Gegenteil. Heute, um 12.00 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit (MESZ), gab das Nationale Hurrikan Zentrum der USA (NHC) eine Mitteilung heraus, in der u.a. dies steht:

Alberto’s chances of becoming a hurricane are evaporating.

Das heißt frei übersetzt: Die Chance, dass Alberto zum Hurrikan wird, wird zunehmend geringer. Und so steht es auch seit dem frühen Nachmittag in diversen OnlineMedien.

Nun gut, möglicherweise ist Bild.de mit der Aktualisierung ihrer Hurrikan-Meldung etwas spät dran. Und gestern war die Lage ja tatsächlich noch etwas ernster. Aber falsch war die Bild.de-Meldung von heute auch gestern schon. Ein Hurrikan war “Alberto” nämlich zu keiner Zeit. In einer Mitteilung des NHC von Montag, 17.00 Uhr MESZ hieß es lediglich:

Given the uncertainties in predicting intensity change we must now allow for the distinct possibility that Alberto could become a hurricane.

Es war also lediglich gut möglich, dass “Alberto” zu einem Hurrikan werden könnte, weshalb das NHC eine Hurrikan-Warnung herausgab, die übrigens auch um 23.00 Uhr MESZ noch aufrecht erhalten wurde, als die Intensität des Sturmes wieder nachgelassen hatte. Natürlich war auch in jener Mitteilung nicht die Rede davon, dass “Alberto” zum Hurrikan geworden sei. Und, soweit wir wissen, auch sonst nirgends – außer eben bei Bild.de.

P.S.: Übrigens: Die Geschwindigkeit von “Alberto”, die Bild.de mit “über 110 Kilometer pro Stunde” angibt, hat der Sturm wohl tatsächlich mal gehabt. Ein Hurrikan muss aber Windgeschwindigkeiten von mindestens 119 Kilometern pro Stunde erreichen, um als solcher klassifiziert zu werden.

Mit Dank an Christian N. für den sachdienlichen Hinweis.

Bunte Stofffetzen

Die deutsche Nationalflagge sieht bekanntlich so aus:

Na ja, jedenfalls so ähnlich. Genau genommen ist das natürlich nur ein Ausschnitt der deutschen Flagge. Aber was soll’s, so eine Nationalflagge ist ja bloß ein Stück bunter Stoff.

Bei Bild.de ist man offenbar tatsächlich dieser Auffassung und hat einfach mal die australische Flagge ein bisschen beschnitten (siehe Ausriss rechts). Deshalb fehlen halt ein paar Sterne auf “Australiens führendem nationalen Symbol”. Oder anders ausgedrückt: Es fehlt das dritte Element der aus drei Elementen bestehenden australischen Flagge, nämlich das Sternbild Kreuz des Südens.

Aber immerhin hat Bild.de bei Australien wenigstens grundsätzlich die richtige Flagge erwischt. Anders als bei England, äh, England:

Mit Dank an Wolfgang H. für den sachdienlichen Hinweis.

Nachtrag, 19.38 Uhr: Der diensthabende Flaggenkundler von Bild.de hat inzwischen kurz reingeschaut und die australische Flagge seitlich ein wenig gequetscht, so dass das Kreuz des Südens jetzt vollständig zu sehen ist. Außerdem hat er den Union Jack durch die englische Flagge ersetzt.

Streng verboten II

Es ist natürlich nicht völlig ausgeschlossen, dass “Bild” bei dem brasilianischen Fußballer Ronaldinho nachgefragt hat, ob sie so zwei bis drei Fotos seines Sohnes veröffentlichen darf. Oder bei der Mutter des Kleinen. Fotos davon, wie er so am Strand spielt, einen Ball in den Händen hält und ein wenig mit Mama herumtollt.

Genau genommen muss “Bild” sogar die Erlaubnis haben. Schließlich schrieb sie doch schon im August 2004, als sie die Nachrichtenagentur dpa dafür schalt, dass diese Fotos von Gerhard Schröders Adoptivkind verbreitet hatte:

Das Fotografieren von Minderjährigen ohne Zustimmung der Eltern ist (…) streng verboten.

Einerseits. Andererseits weist so einiges darauf hin, dass “Bild” das “süßeste WM-Geheimnis” ganz ohne die Zustimmung der Eltern enthüllte. Ja, sogar ohne deren Wissen. Die Fotos wurden nämlich offenbar aus recht großer Entfernung mit einem starken Teleobjektiv aufgenommen.

Und außerdem zitiert “Bild” selbst Ronaldinho folgendermaßen:

“Der Kleine soll nicht groß in der Öffentlichkeit stehen.”

Bei “Bild” steht der Kleine trotzdem groß in der Öffentlichkeit. Ziemlich groß sogar. Auf einer halben Zeitungsseite:

Mit Dank an Magnus G. und Hauke R. für den Hinweis.

“Bild” beschäftigt Volksverhetzer

Weil Hape Kerkeling in einem Buch verraten hat, dass er “nach einer spirituellen Sitzung glaubte, im 2. Weltkrieg erschossen worden zu sein”, begibt “Bild” sich heute ganzseitig auf Spurensuche — quasi aus wissenschaftlicher Sicht.

Na ja, jedem das Seine.

Womit wir auch schon beim Thema wären. “Bild” bietet nämlich auch, als Seite-1-Aufmacher, einen großen “BILD-Test” an, der die Frage beantworten soll, ob man schon mal gelebt habe:

Trutz Hardo, der mit bürgerlichem Namen Tom Hockemeyer heißt, ist aber nicht bloß Sterbeforscher und Rückführungstherapeut, er hat, bevor er jetzt “exklusiv” für “Bild” tätig wurde, auch einige Bücher geschrieben. Eins davon hat die Losung am Eingang des KZ-Buchenwald zum Titel: “Jedem das Seine”. Das Buch ist in Deutschland verboten, “da der Autor das Karmagesetz auch auf den Holocaust anwendet”, wie es auf seiner Internetseite heißt. Man könnte es auch anders ausdrücken: Hockemeyer meint, dass die Juden von den Nazis dafür bestraft worden seien, dass sie in einem früheren Leben Sünden begangen haben. Deshalb wurde er 1998 vom Amtsgericht Neuwied wegen Volksverhetzung und Beleidigung des Andenkens Verstorbener verurteilt.

Dass ausgerechnet “Bild”, die angeblich den Leitlinien der Axel Springer AG verpflichtet ist, einem verurteilten Volksverhetzer eine Plattform bietet, ist mit dem Wort peinlich wohl nur sehr unzureichend beschrieben.

Mit Dank an Martin M., Johannes F., Markus W. und Frank L.

Nachtrag, 16.30 Uhr: Es ist übrigens nicht das erste mal, dass “Bild” den Volksverhetzer Hockemeyer zu Wort kommen lässt. Schon am 4. Juli 2001 durfte er sich als Reinkarnationsexperte und Rückführungstherapeut zum Tod von Petra Schürmanns Tochter äußern.

Nachtrag, 23.35 Uhr: Aus der Online-Version des großen “BILD-Tests” ist inzwischen der Hinweis auf Herrn Hardo (und auch auf Frau Wambach) verschwunden.

Ohne Worte

Mit Dank an Moni B. für den sachdienlichen Hinweis.

Nachtrag, 15.19 Uhr: Dem Hymen wurde inzwischen ein zusätzliches “n” spendiert.

“Bild” rankt Legenden um “Nazi-Villa”

Legenden rankten sich um die verfallene Villa im Tharandter Wald, wilde Geschichten über Nazi-Orgien und pompöse Feste. Doch welche Schätze das alte Jagdhaus wirklich barg, ahnte niemand. Bis zum Montagmorgen. Doch da war es längst zu spät.

Die Villa, einst Jagdhaus von Dresdens Nazi-Gauleiter Martin Mutschmann (1879-1950) wurde leergeräumt. Geplündert von Einbrechern.

So beginnt ein Text in der heutigen “Bild” (Dresden), der die Überschrift trägt, “Sachsens letzte Nazi-Villa geplündert!”.

Und wir haben mal beim Ortsvorsteher und Experten für Heimatgeschichte der Region, André Kaiser, nachgefragt, was es damit auf sich hat. Mit dem “Bild”-Satz über die Schätze konfrontiert, sagte er uns:

“Das ist Quatsch. Da war nichts mehr mit Schätzen, das war alles raus.”

Kaiser war Anfang der 90er Jahre an der Inventarisierung des Hauses (das zu DDR-Zeiten als Kurheim für Verfolgte des Naziregimes genutzt wurde) beteiligt. Da seien alle wertvollen beweglichen Gegenstände sichergestellt und eingelagert worden. Das Gebäude habe seit 1993 leer gestanden und werde derzeit vom örtlichen Bauhof entrümpelt.

Der Artikel in “Bild” erweckt allerdings einen ganz anderen Eindruck:

Die Diebe hatten offenbar viel Zeit, die Nazi-Villa leer zu räumen. Sogar den massiven Flügel (Marke “Förster”) schleppten sie raus.

(…)

Doch der Flügel, auf dem Mutschmann einst in der Empfangshalle vorspielen ließ, ist nicht die einzige Beute der Plünderer. Auch die Bronze-Skulptur eines Wildschweins verschwand.

Zunächst zum Wildschwein. Dazu sagt Kaiser:

“Die Bronze des Keiler-Kopfs wurde tatsächlich geklaut, allerdings schon Ende der 90er Jahre.”

Der Flügel wiederum, der stand wirklich noch in der Villa und wurde erst jetzt gestohlen. Er war laut Kaiser das Einzige an Wert in dem Haus. Dazu allerdings, dass Mutschmann angeblich darauf spielen ließ, sagt Kaiser:

Das ist Unsinn. Der Flügel ist schätzungsweise 25 Jahre alt und auf älteren Aufnahmen nicht zu sehen. Er gehört definitiv nicht zum Original-Inventar.

Und das, so Kaiser, habe er auch einem Mitarbeiter von “Bild” erzählt, der ihn gestern danach gefragt hatte.

Wie es aussieht, wollte der “Bild”-Mitarbeiter das aber nicht hören.

Mit Dank an den Hinweisgeber auch für den Scan.

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