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“Bild” macht mit Korrekturspalte auf

Hey, gleich zwei Richtigstellungen heute in “Bild”. Die eine Sache korrigiert “Bild” freiwillig, das steht klein auf Seite 2: Ein von Mäusen befallener Supermarkt liegt nicht in dem Ort Westerwald in Niedersachsen, sondern im Westerwald in Rheinland-Pfalz.

Die andere Sache korrigiert die “Bild”-Zeitung nicht freiwillig, sondern weil sie muss. Dafür steht die Richtigstellung nicht klein auf Seite 2, sondern groß auf Seite 1.

Und zwar so:

Gegendarstellung. Zu der Überschrift in Bild vom 2. 5. 2006 "Heide Simonis jetzt ins Dschungel TV?" stelle ich fest: Ich habe stets erklärt, daß ich zur Teilnahme an einer solchen TV-Show nicht zur Vergügung stehe. 2. Mai 2006 RA Johannes Eisenberg für Heide Simonis. Anmerkung der Redaktion: Frau Simonis hat stets erklärt, daß sie zur Teilnahme an einer solchen TV-Show nicht zur Verfügung stehe.

Gegendarstellung
Zu der Überschrift in Bild vom 2. 5. 2006 “Heide Simonis jetzt ins Dschungel TV?” stelle ich fest: Ich habe stets erklärt, daß ich zur Teilnahme an einer solchen TV-Show nicht zur Verfügung stehe.
2. Mai 2006 RA Johannes Eisenberg für Heide Simonis

Darunter steht folgende “Anmerkung der Redaktion”:

Frau Simonis hat stets erklärt, daß sie zur Teilnahme an einer solchen TV-Show nicht zur Verfügung stehe.

Mit anderen Worten: “Bild” muss einräumen, dass die Antwort auf die von ihr gestellte Frage “Heide Simonis jetzt ins Dschungel-TV?” bereits vorher feststand. Sie lautete: Nein.

Die Gegendarstellung ist deshalb so groß, weil auch die Überschrift, auf die sie sich unmittelbar bezieht, so groß war:

Der Artikel war Teil einer längeren Kampagne von “Bild” gegen Simonis. Bereits zwei Tage nach der Veröffentlichung hatte Simonis vor dem Landgericht Berlin eine (vorläufige) einstweilige Verfügung erwirkt, wonach “Bild” diese Gegendarstellung auf der Titelseite drucken muss. Offenbar hat “Bild” sich seitdem juristisch gegen den Beschluss gewehrt.

(“Bild” veröffentlicht solche und ähnliche Gegendarstellungen traditionell meistens samstags, weil dann die Auflage ohnehin niedriger ist als an Werktagen.)

Sein altes Leben

Da scheinen die Profis von “Bild” ja wieder eine richtige Exklusiv-Geschichte ausgegraben zu haben. Groß lacht heute Jürgen Klinsmann von der Seite 1, und daneben steht:

JÜRGEN KLINSMANN: Sein neues Leben. Traumvilla! Traumfrau! Traumwetter!

Wobei der aufmerksame “Bild”-Leser sich an dieser Stelle schon fragen könnte: Traumvilla? Traumfrau? Traumwetter? Ist das nicht exakt das alte Leben des Jürgen Klinsmann?

Sein neues Leben nach dem Rücktritt

“Welcome to Klinsi Beach” steht über dem Artikel im Inneren. Und: “Sein neues Leben nach dem Rücktritt”. Frisch und erholt sieht Klinsmann auf den vielen Fotos aus, die das “neue Leben” illustrieren. So, als hätte die WM gar keine Spuren hinterlassen.

Ach so: Hat sie auch gar nicht. Die Fotos, auch das fast halbseitige, stammen aus einer Zeit, als Klinsmann noch gar nicht Bundestrainer war. Und wenn man genau liest, steht das auch da. “So zeigte er sich den BILD-Reportern schon bevor er Bundestrainer wurde”, heißt es in einem Bildtext. Und im Artikel steht:

BILD erklärt, wie Klinsi (…) am Pazifikstrand Kraft tanken will für die Zukunft. Dazu zeigt BILD Fotos von früheren Besuchen bei Klinsi.

Alles korrekt als Symbolfotos gekennzeichnet also.

Aktuelle Fotos von Klinsmann am “Klinsi-Beach” kann es auch schon deshalb nicht geben, weil er anscheinend noch gar nicht wieder in Kalifornien ist. Aber im Dezember 2004 war er es. Und damals hatte “Bild”-Autor Walter M. Straten ihn dort getroffen und darüber berichtet (“BamS-Besuch beim Bundestrainer”). Was er damals sah (und was “Bild” bis kurz vor der WM regelmäßig anprangerte), hat er einfach noch einmal aufgeschrieben.

Dass sich das “neue Leben” des Jürgen Klinsmann so wunderbar mit den Fotos aus dem alten Leben des Jürgen Klinsmann illustrieren lässt, liegt daran, dass sich beide offenbar nicht unterscheiden. Das macht zwar die große “Bild”-Schlagzeile abwegig. Aber wenigstens war es so für “Bild” leichter, Klinsmanns Zukunft optisch “nachzuempfinden”.

neu  

Presserat beklagt Vorverurteilung durch “Bild”

Den Mann, der die Schauspielerin Julia Palmer-Stoll überfuhr, als sie anscheinend einen Igel retten wollte, nennt “Bild” einen “Raser”. Und einen “Todesraser”. Und das, obwohl ein Gutachten im Auftrag der Staatsanwaltschaft zum Ergebnis kam, dass er sich an die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h gehalten habe.

Der Presserat, bei dem wir uns über die “Bild”-Berichterstattung beschwert haben, sieht in den Formulierungen eine unzulässige Vorverurteilung des Mannes durch “Bild”:

Diese Wortwahl suggeriert, der Unglücksfahrer sei mit einer Geschwindigkeit gefahren, die das an dieser Stelle zulässige oder das nach den sonstigen Umständen gebotene Maß extrem überschritten und im Ergebnis zum Tod eines Menschen geführt habe. Für eine solche Bewertung des Fahrverhaltens gab es zum Zeitpunkt der Berichterstattung aus Sicht des Ausschusses keine hinreichenden Tatsachen.

Die Chefredaktion von “Bild” sah das anders. Sie argumentierte laut Presserat:

Der Begriff “Raser” sei eine Wertung und zudem ein relativer Begriff: “Auch mit Tempo 30 kann jemand ein Raser sein, wenn er nicht in der Lage ist, rechtzeitig vor einem erkennbaren Hindernis zu halten.” Das staatsanwaltliche Gutachten komme keineswegs zu dem Schluss, der Fahrer sei nicht zu schnell gefahren. Es sage nur, der Fahrer sei 50 km/h gefahren und hätte bei der Verkehrslage langsamer fahren müssen.

Die “Bild”-Chefredaktion hat unrecht. Das Gutachten kommt nicht zu dem Schluss, dass der Fahrer hätte langsamer fahren müssen, sondern, im Gegenteil: Dass er langsam genug fuhr, so “dass er durch eine Abbremsung den Unfall hätte vermeiden können”.

Der Pressesrat erteilte “Bild” wegen Verstoßes gegen Ziffer 13 des Pressekodex in Verbindung mit Richtlinie 13.1 einen “Hinweis”. Es ist die schwächste Sanktionsform, die dem Gremium zur Verfügung steht.

Presserat: Mehr Rüge muss nicht sein

“Bild” hat sich verpflichtet, den Pressekodex einzuhalten. Zu dessen Grundsätzen gehört, dass eine Zeitung, die vom Presserat öffentlich gerügt wurde, diese Rüge selbst abdrucken muss (Ziffer 13). Eine Richtlinie konkretisiert diese Pflicht:

Der Leser muss erfahren, welcher Sachverhalt der gerügten Veröffentlichung zugrunde lag und welcher publizistische Grundsatz dadurch verletzt wurde.

Soweit die Theorie.

Im Dezember 2004 rügte der Presserat die “Bild”-Zeitung dafür, dass sie mit ihrer Berichterstattung die Schauspielerin Sibel Kekilli “entwürdigt” habe. “Bild” veröffentlichte diese Rüge nach langen Wirren mit fünfzehnmonatiger Verspätung, und zwar so:

Presserat rügt BILD. Wegen der Berichterstattung im Februar 2004 über die Schauspielerin Sibel Kekilli hat der Deutsche Presserat eine Rüge gegen BILD nach Ziffer 1 und 12 Pressekodex ausgesprochen.

Tja. Und das soll reichen? So sieht die schärfstmögliche Sanktion aus, die das Kontrollorgan der deutschen Presse aussprechen kann?

Auf die Fragen gibt es nun eine Antwort vom Presserat: Ja, das reicht. Mehr Rüge im eigenen Blatt muss nicht sein.

Wir hatten uns beim Presserat über die “Bild”-Zeitung beschwert (Beschwerdesache BK1-71/06):

Es ist sicherlich weder im Sinne des Presserates, noch im Sinne der Selbstverpflichtung der Verlage, dass sich gerügte Presseorgane ihrer Pflicht zum Abdruck öffentlicher Rügen auf diese Weise entledigen können, die dem Leser keinerlei Möglichkeit gibt, Anlass und Inhalt der Rüge nachzuvollziehen.

Der Beschwerdeausschuss 1 des Deutschen Presserates erklärte unsere Beschwerde nun für “unbegründet”:

Die sehr knapp gehaltene Rügenveröffentlichung hält die inhaltichen Vorgaben des Pressekodex ein. Es wird mitgeteilt, dass der Presserat BILD wegen der Berichterstattung im Februar 2004 zur Schauspielerin Sibel Kekilli gerügt hat. Der Leser erfährt außerdem, nach welchen Ziffern des Pressekodex diese Maßnahme ausgesprochen wurde. Dass Leser nicht ausführlicher, etwa über den Kontext der Presseratsbewertung oder über den Inhalt der Kodexziffern 1 und 12 informiert werden, verletzt Ziffer 16 des Pressekodex nicht. Die Entscheidung über eine darüber hinausgehende Information von Leserinnen und Lesern liegt im redaktionellen Ermessen der Zeitung. Sie trägt auch das Risiko möglicher Nachfragen oder Irritationen von Lesern.

Das ist für “Bild” (und andere Zeitungen) gut zu wissen. Wenn Sie jemanden entwürdigen, müssen sie schlimmstenfalls als Sanktion vom Presserat zwei Jahre später eine solche Notiz veröffentlichen:

Presserat rügt BILD. Wegen der Berichterstattung im Februar 2004 über die Schauspielerin Sibel Kekilli hat der Deutsche Presserat eine Rüge gegen BILD nach Ziffer 1 und 12 Pressekodex ausgesprochen.

Und natürlich “das Risiko möglicher Nachfragen” tragen.

Preisrätsel: Die Auflösung

BILDblog PreisrätselWir haben dann irgendwann im dreistelligen Bereich aufgehört zu zählen. Die Tabelle auf Bild.de, die einen Überblick über Mannschaften und Spieler in der kommenden Bundesliga-Saison geben will, enthielt gestern schätzungweise 200 Fehler. Vielleicht waren es nur 150, es könnten aber auch 300 gewesen sein. Ein paar hat Bild.de zwischenzeitlich korrigiert, viele sind noch da.

Jeder unserer Leser, der sich die Mühe gemacht hat, sich zum Vergleich durch Bild.de, diverse Vereinsseiten, Internetangebote und die Wikipedia zu klicken, hätte einen Preis verdient.

Das können wir uns leider nicht leisten — aber wir wollen uns immerhin mit drei BILDblog-Kaffeetassen bedanken. Sie gehen an: Patrick P., Stefan P. und Matthias P. Und den Hauptpreis, ein BILDblog-T-Shirt, bekommt für rund 150 gefundene Fehler: Gilad R.!

Und um einen Eindruck von der Bundesliga-Kompetenz von Bild.de zu vermitteln, haben wir 100 Fehler aus den Tabellen in einer kleinen etwas größeren Übersicht zusammengestellt:

Kurz korrigiert (137 – 236).

Preisrätsel: Das Spiel ist aus!

Abpiff! Bitte schickt uns keine Zuschriften mehr zu unserem Fehler-Suchspiel. Wir werden nun vermutlich die Nacht mit der Auswertung verbringen und die Gewinner (und die Fehler) morgen bekanntgeben.

Allen Mitspielern vielen Dank fürs Recherchieren!

Die andere “Bild”-Exklusiv-Geschichte über Klinsi

“Bild” meldete gestern abend als eine der ersten Zeitungen, dass Jürgen Klinsmann seinen Vertrag nicht verlängert. Und doch sind heute nicht alle “Bild”-Leser gut informiert. Denn vor der Exklusivmeldung, dass Klinsmann aufhört, hatte “Bild” noch eine andere Exklusivmeldung — und in einigen Ausgaben macht “Bild” heute damit auf:

Geheimplan
Klinsi bleibt als Teamchef

Beim DFB gibt es einen Plan, wie Jürgen Klinsmann bei der Nationalelf bleibt. Er wird Teamchef und kontrolliert alles. Sein Assistent Jogi Löw rückt zum Bundestrainer auf.

Heute läse sich das natürlich besser, wenn “Bild” aus der angeblichen Idee nicht gleich eine Tatsache gemacht hätte.

Vielen Dank an Dirk B. für den Hinweis, das Nochmal-zum-Lidl-Fahren und den Scan!

Kurz korrigiert (136)

Okay, es ist im Original leicht zu erkennen, was den “Bild”-Mitarbeiter beim Betexten des Nacktfotos von Andrea Kempter auf der Seite 1 der heutigen Zeitung abgelenkt haben könnte. Trotzdem: Frau Kempter ist nicht “Sat.1-Wetterfee”, sondern N24-Wetterfee.

Danke an Nik N. für den Hinweis!

Nachtrag, 21.35 Uhr. Ja: Auch der “Playboy”, aus dem die Fotos stammen, schreibt, Frau Kempter arbeite u.a. für Sat.1. Nur bei dem Sender weiß man nichts davon: “Sie ist ausschliesslich für N24 als Wetter-Moderatorin tätig. Ausschliesslich.”

(Fortsetzung hier.)

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