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Wie “Bild” Dieter Althaus halb freispricht

Aufatmen, Erleichterung in Thüringen!

Mit diesen Worten beginnt die “Bild”-Zeitung heute ihren Bericht darüber, dass der thüringische Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) von einem österreichischen Gericht wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe verurteilt wurde.

Das ist angesichts der vielfältigen Kritik an dem Urteil und dem schnellen Verfahren (nur “Bild” spricht davon, dass Althaus nun “endlich” Gewissheit habe), eine erstaunliche Formulierung. Sie stimmt aber natürlich, wenn man “Thüringen” für gleichbedeutend mit der thüringischen CDU hält — wie es offenbar die “Bild”-Zeitung und ihr Autor Jörg Völkerling tun.

Und so macht sich “Bild” auch gleich die Interpretation der Partei zu eigen und erklärt schlichtweg:

Seiner Rückkehr in die Landespolitik steht damit nichts im Wege.

Aber die “Bild”-Zeitung (die Althaus bereits eine erstaunliche rückwirkende Wunderheilung bescherte) hat von der CDU nicht nur Perspektive und Interpretation übernommen. Die Überschrift über dem Artikel lautet:

Althaus ist schuldig, aber nicht vorbestraft

Doch das Gegenteil ist der Fall das ist in dieser Eindeutigkeit falsch. Das Bundesjustizministerium hat inzwischen bestätigt, dass Althaus als “vorbestraft” gilt, sobald das Urteil rechtskräftig ist. In Österreich verhängte Geldstrafen würden auch ins deutsche Bundeszentralregister eingetragen. In Althaus’ Führungszeugnis wird die Strafe allerdings nicht erscheinen, weil sie gerade noch unter der Geringfügigkeitsgrenze liegt.

Die Fehlinformation stammt offenbar von Leuten, die ein Interesse daran haben, sie zu verbreiten: der CDU-Thüringen. Deren Fraktionschef Mike Mohring hatte gestern behauptet, der Ministerpräsident sei nach österreichischem Recht nicht vorbestraft. Und ihr Sprecher Heiko Senebald verkündete, mit dem Urteil sei kein Eintrag in das Strafregister verbunden.

Agenturmeldungen, die diesen Äußerungen gestern schon widersprachen, hat “Bild” ignoriert und sich ganz in den Dienst der Partei gestellt. Immerhin scheint man heute gemerkt zu haben, dass der eigene Bericht nicht haltbar ist. Bei Bild.de erschien ein Artikel, der zwar sich zwar heillos in den unterschiedlichen Vorschriften über Einträge ins Strafregister und das Führungszeugnis verheddert und eine gewagte Interpretation der “umgangssprachlichen” Bedeutung des Wortes “vorbestraft” versucht. Die Überschrift aber lautet schlicht:

Dieter Althaus vorbestraft

Mit Dank an Lars S.!

Nachtrag, 5. März. Bild.de hat den “Dieter Althaus vorbestraft”-Artikel gelöscht, warum auch immer.

Nachtrag, 23.15 Uhr. Geklärt ist nach Ansicht von “Bild” heute immerhin, dass die Frage der Vorstrafe “geklärt ist”. In der gedruckten Ausgabe heißt es:

Geklärt ist auch: Das Urteil gegen Althaus (180 Tagessätze) gilt als Vorstrafe, die auch in sein deutsches Führungszeugnis aufgenommen werden kann.

Online lautet derselbe Absatz im selben Artikel vom selben Autor so:

Geklärt ist auch: Das Urteil gegen Althaus (180 Tagessätze) wird weder in Österreich noch in Deutschland in das polizeiliche Führungszeugnis aufgenommen.

Geschenkt!

“Was muss endlich mal über BILD gesagt werden?”, fragt “Bild” heute, meint damit aber bloß Ideen für eine neue Werbekampagne.

Das Blatt hat seine Leser aufgerufen, Spots und Anzeigen für sich zu entwerfen. Gegenüber dem “Spiegel” sagte “Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann, wie er auf diese Idee gekommen sei:

"Inspiriert hat mich die Werbepostkartenaktion von Bildblog. Gut geklaut ist halb gewonnen."

Wir hatten — die Älteren werden sich erinnern — vor fast vier Jahren zum ersten Geburtstag von BILDblog unsere Leser aufgerufen, Motive für Werbepostkarten zu entwerfen (die man sich hier noch ansehen kann).

Ob sich die “Bild”-Zeitung von BILDblog mit angemessener Zeitverzögerung auch zur Übernahme so gewagter Ideen wie dem Respekt vor der Privatsphäre und der Wahrheit inspirieren lassen könnte, war nicht in Erfahrung zu bringen.

Bild.de übt schon mal das Synchronisieren

heise online Bild.de
Google synchronisiert Kontakte und Kalender mit iPhone und Windows Mobile Google synchronisiert Kontakte und Kalender mit iPhone und Windows Mobile
Google hat eine neue Beta gestartet, die iPhone und Windows-Mobiltelefone über Exchange ActiveSync abgleicht. Zunächst unterstützt die Software nur Kontakte und bis zu fünf Kalender. Vor dem ersten Abgleich sollte man dringend alle Inhalte des Telefons sichern, da die lokalen Daten bei der ersten Synchronisation zunächst gelöscht werden. Google hat eine neue Beta gestartet, die iPhone und Windows-Mobiltelefone über Exchange ActiveSync abgleicht. Zunächst unterstützt die Software nur Kontakte und bis zu fünf Kalender. Vor dem ersten Abgleich sollte man dringend alle Inhalte des Telefons sichern, da die lokalen Daten bei der ersten Synchronisation zunächst gelöscht werden.
Die Synchronisation funktioniert in beide Richtungen, so dass man sowohl auf dem Computer als auch in Google Mail bzw. Kalender Änderungen vornehmen kann. Der Abgleich findet sofort statt, sodass alle Änderungen umgehend weitergeleitet werden. Deutsche Anwender mit mehr als einem Kalender müssen zunächst die Sprache der Seite m.google.com/sync auf Englisch umstellen, um erfolgreich die zu synchronisierenden Kalender auszuwählen. Die Synchronisation funktioniert in beide Richtung*, so dass man sowohl auf dem Computer als auch in Google Mail bzw. Kalender Änderungen vornehmen kann. Der Abgleich findet sofort statt, so dass alle Änderungen umgehend weitergeleitet werden. Deutsche Anwender mit mehr als einem Kalender müssen zunächst die Sprache der Seite m.google.com/sync auf Englisch umstellen, um erfolgreich die zu synchronisierenden Kalender auszuwählen.
Die Bezeichnung Beta ist ernst zu nehmen, da der Dienst noch einige Einschränkungen hat. Microsoft freut sich in einer Stellungnahme über die Lizenzierung des ActiveSync-Protokolls durch Google. Bei den Endgeräten gehören derzeit unter anderen Apple, Nokia, Palm, Samsung und Sony Ericsson zu den Lizenznehmern. (vowe/c’t) Die Bezeichnung Beta ist ernst zu nehmen, da der Dienst noch einige Einschränkungen hat. Microsoft freut sich in einer Stellungnahme über die Lizenzierung des ActiveSync-Protokolls durch Google. Endgeräte-Lizenznehmer sind derzeit unter anderen Apple, Nokia, Palm, Samsung und Sony Ericsson.

Der Artikel links stammt von Volker Weber. Der rechts angeblich von Bild.de. Weber schreibt: “Bei mir haben sie nicht gefragt. Bei Heise auch nicht. Und auf Mails meines Chefredakteurs reagieren sie bisher auch nicht.”

*) Der Fehler “in beide Richtung” stand nach Angaben des Autors ursprünglich auch auf Heise Online.

Nachtrag, 12. Februar. Inzwischen ist das Bild.de-Plagiat spurlos verschwunden.

Erdogans “Hassrede gegen Israel”

In den Unternehmensgrundsätzen von Axel Springer ist die “Unterstützung der Lebensrechte des israelischen Volkes” ein zentraler Punkt. Die “Bild”-Zeitung interpretiert ihn regelmäßig als Auftrag, Nachrichten über Israel zu manipulieren (siehe Kasten). Für Kritik am Handeln der israelischen Regierung gibt es in “Bild” nie einen Anlass; wer es dennoch tut, muss folglich Antisemit sein.

Wie routiniert “Bild” das macht, zeigt der heutige Seite-1-Bericht über den Eklat auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Der israelische Präsident Shimon Peres hatte zum Teil lautstark ein langes, flammendes Plädoyer für den Gaza-Krieg gehalten und den neben ihm sitzenden türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan direkt angesprochen. Als Erdogan antworten wollte, brach der Moderator das Gespräch aus Zeitgründen ab. Erdogan verurteilte noch Israels Vorgehen in Gaza und die vielen unschuldigen Opfer (“Wenn es ums Töten geht, mit dem Töten kennt ihr euch sehr gut aus. Wir wissen, wie ihr Kinder am Strand getötet und erschossen habt” – Wortlaut in der dpa-Übersetzung) und verließ dann wutentbrannt das Podium (ausführliche Schilderung bei Spiegel Online).

Es gibt natürlich viele Möglichkeiten, diesen Eklat zu bewerten. Aber “Bild”-Leser sind heute vermutlich die einzigen, die glauben, dass Erdogan eine “Hassrede gegen Israel” gehalten hat. “Bild” verschweigt seinen Lesern nicht nur den Kontext, sondern erweckt auch den falschen Eindruck, der Moderator habe Erdogan deshalb am Reden gehindert, weil es sich um eine “Hassrede” handelte.

[Ausriss Seite-1-Artikel] "Hassrede gegen Israel in Davos: Eklat um Türkei-Premier"

Den Platz, den “Bild” durch das Weglassen wesentlicher Fakten gewann, nutzt die Zeitung für ein anonymes Zitat:

Ein Besucher schockiert: “Mit seinem Antisemitismus stellt sich Erdogan in eine Reihe mit den Israel-Hassern im Iran.”

Um wen es sich handelte, scheint für “Bild” dabei ebenso irrelevant zu sein wie die Tatsache, dass es sich um eine extreme Minderheitenmeinung handeln muss. Erdogan hatte in einer Pressekonferenz im Anschluss erklärt, “in keinster Weise die israelische Bevölkerung, Präsident Peres oder das jüdische Volk angegriffen” zu haben, und Antisemitismus als ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit bezeichnet. Peres sagte, er habe Erdogan angerufen “und ihm gesagt, dass ich die Sache nicht persönlich nehme”. Sein Respekt vor ihm habe sich nicht geändert.

Mit Dank an Katrin G., Bernhard W., Attila S., Daniela F. und Christopher I.

Axel Springer unterliegt Eva Herman

Die “Bild”-Zeitung darf Eva Herman nicht mehr als “dumme Kuh” bezeichnen. Die frühere Fernsehmoderatorin hatte gegen die Axel Springer AG und die Online-Tochter von “Bild” geklagt. Das Kölner Landgericht verurteilte den Verlag dazu, Herman für die Beleidigung ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 Euro zu zahlen. Ein Sprecher des Gerichts bestätigte gegenüber BILDblog eine entsprechende Meldung der evangelikalen Nachrichtenagentur idea.

“Bild”-Kolumnist Franz-Josef Wagner hatte nach der legendären “Johannes B. Kerner”-Sendung mit Eva Herman geschrieben:

Eva Herman hätte ich nicht vor die Tür gesetzt. Was hat die dumme Kuh denn gemacht vor laufender Kamera? Zum Mord aufgerufen, obszöne Handlungen an sich oder an Ihnen vollzogen, der Kinderporno-Mafia das Wort geredet? Nein. Sie hat sich nur immer tiefer in den Sumpf hineingeplappert, in den sie sich verlaufen hat. Eva Herman ist ganz sicher keine Nazi-Hexe, die mit einem Besenstiel über Auschwitz reitet. Eva Herman ist, ich sagte es schon, eine dumme Kuh.

Die von “Bild” in der Überschrift über einem anderen Artikel geäußerte Frage “Ist Eva Herman braun oder nur doof?” ist nach Ansicht des Gerichtes hingegen als Meinungsäußerung zulässig.

Auch in einem zweiten Prozess gab das Kölner Gericht Eva Herman Recht. Es geht dabei um die Formulierung, die den Skandal um Herman auslöste. Das “Hamburger Abendblatt” hatte am 7. September 2007 über eine Buchvorstellung Hermans berichtet:

In diesem Zusammenhang machte die Autorin einen Schlenker zum Dritten Reich. Da sei vieles sehr schlecht gewesen, zum Beispiel Adolf Hitler, aber einiges eben auch sehr gut. Zum Beispiel die Wertschätzung der Mutter. Die hätten die 68er abgeschafft, und deshalb habe man nun den gesellschaftlichen Salat. Kurz danach war diese Buchvorstellung Gott sei Dank zu Ende.

Was Eva Herman sagte
“Und wir müssen vor allem das Bild der Mutter in Deutschland auch wieder wertschätzen lernen, das leider ja mit dem Nationalsozialismus und der darauf folgenden 68er-Bewegung abgeschafft wurde. Mit den 68ern wurde damals praktisch alles, das alles [abgeschafft], was wir an Werten hatten. Es war eine grausame Zeit, das war ein völlig durchgeknallter, hochgefährlicher Politiker, der das deutsche Volk ins Verderben geführt hat, das wissen wir alle. Aber es ist damals eben auch das, was gut war, und das sind Werte, das sind Kinder, das sind Mütter, das sind Familien, das ist Zusammenhalt – das wurde abgeschafft.”

Die Formulierung “Da sei vieles sehr schlecht gewesen, zum Beispiel Adolf Hitler, aber einiges eben auch sehr gut. Zum Beispiel die Wertschätzung der Mutter” gab nach Ansicht der Richter die tatsächlichen Äußerungen Hermans (siehe Kasten) nicht korrekt wieder. Das Gericht untersagte die Formulierungen und verurteilte den Verlag und die Autorin des Artikels, Barbara Möller, in dieser Sache ebenfalls zu insgesamt 10.000 Euro Schadensersatz.

Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig, Springer kann Berufung einlegen.

Mit Dank an Andreas.

Suchet, so werdet ihr finden (Matthäus 7,7)

Auf der Internetseite “Catholic Google” kann man sich die Ergebnisse einer Google-Suche so filtern lassen, dass für Katholiken möglicherweise anstößige Inhalte nicht angezeigt und christlich orientierte Seiten bevorzugt ausgegeben werden.

Das Thema macht gerade die Runde und ist gestern Abend auch auf Bild.de angekommen, wo man allerdings einen entscheidenden Aspekt missverstanden hat:

Im Internet ist die Sünde oft nur einen Klick entfernt. Wer nicht ständig in Versuchung geführt werden möchte, kann sich über den neuen Dienst CatholicGoogle.com freuen. Dort versucht Google, alle Suchergebnisse nach katholischen Grundsätzen zu filtern... (...) Wie lange der Suchmaschinen-Primus die Katholiken so unterstützt, ist offen.

Denn der Anbieter ist keineswegs Google selbst. Google bietet nur jedem die Möglichkeit, Suchen nach eigenen Vorgaben einzuschränken. Um zu wissen, dass der “Suchmaschinen-Primus” die Katholiken gar nicht “unterstützt” oder selbst “versucht”, die Ergebnisse “nach katholischen Grundsätzen zu filtern”, hätte Bild.de nicht einmal mitdenken, sondern nur auf das Wort “Disclaimer” auf catholicgoogle.com klicken müssen. Dort heißt es:

The site is not associated or affiliated with Google.com (…)

Mit Dank an Marcel S., Michael D., Thomas S. und spass-guru.de.

Die Opfer, die “Bild” bringt (3)

Israelische Bomben töten keine Unschuldigen. Jedenfalls nicht in “Bild”.

Man konnte das schon beim Libanon-Krieg im Sommer 2006 erleben, als “Bild” israelische Opfer doppelt zählte und libanesische gar nicht, Kritik an Israel aus ihren Berichten fernhielt, aus unüberprüften Behauptungen der israelischen Armee Tatsachen machte sowie Zeitungszitate fälschte und Angaben über Opfer manipulierte.

Jetzt führt Israel Krieg im Gaza-Streifen, und alles ist wie gehabt. Seit Tagen scheint es keine zivilen Opfer auf palästinensischer Seite zu geben, jedenfalls kommen sie in “Bild” nicht vor. Die Toten und Verletzten sind “Terroristen”. “Bild” meldet heute über die ersten Folgen der israelischen Bodenoffensive:

35 Terroristen werden getötet, darunter mindestens drei ranghohe Hamas-Chefs.

Die “Neue Zürcher Zeitung” schreibt dagegen:

Bis zum Sonntagabend zählten die Palästinenser 35 Todesopfer und 130 Verletzte (…).

Es scheint, als gebrauche “Bild” das Wort “Terrorist” als Synonym für “Palästinenser” oder “Bewohner des Gaza-Streifens”. Das würde erklären, warum “Bild” heute auch schreibt:

Rund 400 Terroristen sollen in den letzten neun Tagen getötet worden sein.

Wieder zum Vergleich die “Neue Zürcher Zeitung”:

So zählte der Leiter der Notfalldienste im Shifa-Spital, dem grössten Spital von Gaza, am Samstag 100 Kinder und 40 Frauen unter den total 463 Todesopfern, das entspricht 30 Prozent. Die Leiterin des Uno-Hilfswerks Unrwa in Gaza, Karen Abuzeid, schätzte den Anteil ziviler Opfer auf 25 Prozent. Diese Indikatoren für zivile Opfer wären noch um eine unbekannte Zahl für männliche Tote zu erhöhen, weil unter diesen in der Eile gar nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten unterschieden werden kann.

Vielleicht hat “Bild” aber auch einfach gerechnet: Die Nachrichtenagentur AP meldete gestern, die Zahl aller Toten sei “auf mehr als 500, darunter mindestens 100 Zivilpersonen” gestiegen. Macht für “Bild” einfach 400 getötete Terroristen — und die anderen Opfer zählen nicht.

PS: Den Ursprung des ganzen Konfliktes hat die “Bild”-Zeitung ihren Lesern bereits am 30. Dezember 2008 erklärt, und das sogar ganz ohne lästige geschichtliche Hintergründe:

WOHER KOMMT DIESER HASS AUF DIE JUDEN UND IHREN STAAT?

Ein Grund ist: Israel ist ganz anders als alle seine Nachbarn – eine Demokratie, die einzige der Region. Weltoffen, lebenslustig, modern, erfolgreich, Frauen sind gleichberechtigt. Das schafft Neid. Gerade bei denen, die nichts haben.

So einfach ist das.

Mit Dank an Tilman D. und Michael K.

Bild.de rechnet sich einen Bruch

Was viele nicht wissen: BILDblog wird auch in der Schule eingesetzt. Es gibt Mathelehrer, die in ihrem Unterricht zum Beispiel auf unseren Eintrag “Machen Tortendiagramme eigentlich dick?” zurückgreifen, der im Kern auf der schönen “Bild”-Formulierung vom August 2007 beruhte:

Denn mittlerweile ist jedes sechste Kind in Deutschland zu dick! Mitte der 90er-Jahre war es nur jedes dritte.

Dass BILDblog auch “Bild”-intern zur Fortbildung eingesetzt wird, ist dagegen eher unwahrscheinlich. Oder wie Bild.de heute schreibt:

Eingeschlafene Autofahrer verursachen im Schnitt jeden vierten tödlichen Verkehrsunfall. Bei Lkw-Fahrern sind übermüdete Lenker sogar an jedem sechsten schweren Unfall schuld.

Mit Dank an Ludwig H.!

Wie man aus einer Not ein Geschäft macht

Das “Hamburger Abendblatt” hat einen neuen Begriff für “verzweifelte Abo-Kampagne” erfunden: “große Bildungsinitiative”.

Anfang der Woche wurde nämlich bekannt, dass Hamburg beim Lesetest für Viertklässler “IGLU” wieder hinter fast allen anderen Bundesländern lag. Das “Abendblatt” reagierte mit aufrüttelnden Sätzen:

Dagegen müssen wir etwas tun! Und wir werden etwas tun: Heute startet das Hamburger Abendblatt eine große Bildungsinitiative. Wir wollen, dass alle weiterführenden Schulen der Hansestadt mit Abendblättern ausgestattet werden. So sollen Schüler die Möglichkeit bekommen, in ihren Pausen das Abendblatt zu lesen.

Feine Sache. Und wieviele Abos spendet die Zeitung für diesen guten Zweck?

Offenbar kein einziges. Bezahlen sollen die Aktion die Leser, was insofern eine besonders feine Sache ist, weil die “Paten” damit nicht nur die Hamburger Jugend, sondern auch das “Hamburger Abendblatt” retten.

Die “Paten”-Abonnements, die das “Abendblatt” im Rahmen seiner “Bildungsinitiative” anbietet, kosten 20,75 Euro pro Monat. Weil sie nur von montags bis freitags gelten, entspricht der Preis genau dem für reguläre Abonnements, die für sechs Tage 24,90 Euro kosten. Dafür spart das “Abendblatt” sich die sonst üblichen Prämien- oder Werbungskosten.

Schülerreaktionen laut “Abendblatt”:

Gunnar, 16: “Die Zeitungen wären sicher heiß begehrt.”

Nils, 16: “Ich habe letztes Jahr bei ‘Schüler machen Zeitung’ mitgemacht und da täglich das Abendblatt gelesen. Ich habe es richtig vermisst, deswegen freue ich mich darauf, wieder den Sportteil lesen zu können.”

Lasse, 14: “Ich glaube, es wäre gut, wenn vor allem Wortführer bei uns öffentlich Zeitung lesen würden, das würde viele motivieren, auch zu lesen.”

Anil, 18: “Ich habe zu Hause keine Zeitung. Deswegen würde ich sie gerne in der Schule lesen, dann hätte man wenigstens Gesprächsstoff für die Pausen.”

Übrigens kostet ein “Abendblatt”-Abo mit sechs Ausgaben wöchentlich für Studenten oder Auszubildende regulär nur 16,75 Euro. So gesehen zahlen die Paten mit jedem “Abendblatt”, das sie den Schulen über die neue “Bildungsinitiative” schenken, einen “Abendblatt”-Solidaritäts-Aufschlag von fast 50 Prozent.

Das Geld spendet man aber ja gern, wenn man weiß, wie glücklich man mit so einer Zeitung die Schüler machen kann (siehe Kasten rechts). Wie glücklich man mit einem Abo die Zeitung machen würde, zeigt das “Abendblatt” heute. Es hat erneut eine ganze Seite freigeräumt, auf der es finanzielle Klammheit demonstriert. Die Zeitung bietet an, einzelnen Schulen “Lese-Ecken” zu “spenden”, bemüht sich aber, mögliche übertriebene Vorstellungen, die sich mit dem Wort “Lese-Ecke” verbinden, gleich wieder zu relativieren:

In einer Cafeteria oder Mensa könnte man einen schönen Zeitungsständer gut integrieren. Stühle und Tische könnten eventuell aus dem vorhandenen Mobiliar stammen. Eine Trennwand sorgt für etwas Abgeschiedenheit.

Eine andere Variante sieht so aus:

In einer Pausenhalle könnten Stellwände zur Lesewand werden. So hätten viele Schüler die Möglichkeit, das aktuelle Abendblatt an verschiedenen Stellen gleichzeitig zu lesen.

Wenn es nicht so eine selbstlose “Bildungsinitiative” wäre, käme man glatt auf den Gedanken, das “Abendblatt” wolle große Werbetafeln in den Schulen aufstellen. Aber, immerhin:

Zu jedem Abo gibt es auf alle Fälle einen Zeitungshalter, den viele aus Cafés kennen und der ein Auseinanderfleddern des Abendblatts verhindert.

Das ist der Deal, den das “Hamburger Abendblatt” unter dem neuen Chefredakteur Claus Strunz bei seiner großen “Bildungsinitiative” seinen Lesern anbietet: Sie zahlen überteuerte Abos und dafür verkaufen wir uns als Bildungsretter der Stadt und legen noch einen Zeitungshalter mit drauf.

Mit Dank an Gesine G.!

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