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Tabubrecher “Bild”

“BILD bricht das letzte Geld-Tabu – und sagt, was die Deutschen wirklich verdienen.”

So stand es gestern in “Bild” unter der Titelschlagzeile (siehe Ausriss). Und während man sich noch fragt, wie oft so ein “letztes Geld-Tabu” eigentlich gebrochen werden kann (und nebenbei ein wenig googelt), hat man auch schon die Antwort gefunden: offenbar alle 19 Monate.

Hieß es doch noch im Mai 2004 in “Bild”:

“BILD bricht das große Tabu, druckt in einer neuen Serie Deutschlands Gehaltslisten.”

Und nicht nur das: So mancher Bruttoverdiener von 2005 (also u.a. DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp, Radrennfahrer Jan Ullrich, VW-Chef Bernd Pischetsrieder, Formel-1-Rennfahrer Michael Schumacher, RWE-Chef Harry Roels, Post-Chef Klaus Zumwinkel, ThyssenKrupp-Chef Ekkehard Schulz, Handballspieler Stefan Kretzschmar, Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke, IG-Metall-Chef Jürgen Peters, Schering-Chef Hubertus Erlen oder der Bundespräsident) war schließlich auch schon damals, vor 19 Monaten, mit von der Partie gewesen. Dass also der IG-Metall-Chef beispielsweise vor 19 Monaten noch 16.900 Euro pro Monat verdient haben soll und jetzt angeblich 563 Euro pro Tag verdient, ist also weniger ein Tabu-Bruch als gewöhnliche Arithmetik.

Und mal abgesehen davon, was von solchen (u.a. auf “Branchenschätzungen” beruhenden) “Bild”-Gehaltslisten und Tabubrüchen überhaupt zu halten ist: Dass es ein Tabu-Bruch sein soll, gesetzlich festgelegte Politikerdiäten oder längst veröffentlichte Jahresbezüge Monate später noch einmal zusammenzusammeln, ist ebenso kurios wie die Tatsache, dass der FDP-Bundesvorsitzende Guido Westerwelle und der FDP-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Gerhardt von “Bild” gleichermaßen als “FDP-Chef”* bezeichnet werden.

PS: Vor einem allerletzten Geld-Tabu schreckt “Bild” selbst bislang allerdings immer noch zurück, weshalb wir hier noch einmal auf die “Berliner Zeitung” vom 31.7.2004 verlinken wollen, die damals aus aktuellem Anlass darauf hinwies, dass Springer-Chef Mathias Döpfner pro Jahr “auf geschätzte 5 Millionen Euro kommen” dürfte, was ja (nach “Bild”-Berechnung) immerhin ca. 13.698,63 Euro* pro Tag wären.

*) Branchenschätzungen

Ganove Ede

Anlässlich der gestern auf RTL ausgestrahlten Doku-Soap “Haltet den Dieb!”, bei der laut RTL zwei ehemalige Einbrecher den Zuschauern zeigen sollten, “wo die Schwachstellen an ihren Häusern liegen”, berichtet heute auch “Bild” und fragt:

Darf ein Einbrecher TV-Star werden?

Man kann die Frage mit Ja oder Nein beantworten. “Bild” hat sich augenscheinlich für Letzteres entschieden und schreibt:

“Kennen die TV-Sender überhaupt kein Tabu mehr?”

Außerdem hat “Bild” offenbar zwei Menschen gefunden, die bereit waren, sich öffentlich über das angebliche “Ganoven-TV” zu empören. Einer der beiden ist “Eduard Zimmermann (76), Erfinder von ‘Aktenzeichen xy'”. Zumindest steht in der Zeitung, dass “Ganoven-Ede zu BILD” gesagt habe:

"Verbrecher als TV-Stars auftreten zu lassen, ist in keinster Weise mit dem Auftrag eines Fernsehsenders vereinbar."

Wie gut jedoch die Idee ist, hier ausgerechnet Zimmermann herbeizuzitieren, zeigt ein Blick ins “Bild”-Archiv. Schließlich sah doch vor nicht mal vier Monaten eine Titelstory über den “beliebten TV-Moderator” so aus:

Lebensbeichte von Eduard Zimmermann: Ich war selbst ein Krimineller

Mit Dank an chakamoto fürs gute Gedächtnis.

Was “Bild” die “Sprache der Wahrheit” nennt

“Mit über 12 Millionen Lesern täglich ist uns auch die Verbreitung der christlichen Glaubensbotschaft ein ernstes Anliegen.”
(“Bild”-Chef Kai Diekmann zu Johannes Paul II. und in “Bild”)

“Wir sind Papst!” schrieb “Bild” vor gar nicht allzulanger Zeit. Und zuvor war “Bild” selbst beim Papst, hatte eine Volks-Bibel verkauft usw.

Gestern lautete die “Bild”-Schlagzeile anders: “Wird sie geköpft?” nämlich (was ja schon den Herausgeber der Wochenzeitung “Die Zeit”, Michael Naumann, zu drastischen Worten greifen ließ).

Heute nun hat sich auch die Katholische Kirche, genauer gesagt, der Diözesanrat der Erzdiözese München und Freising als höchstes Laiengremium der Erzdiözese mit deutlichen Worten gegen den “Wird sie geköpft?”-Titel (anlässlich der Entführung der deutschen Archäologin Susanne Osthoff im Irak) gewandt. Das Gremium wirft den Verantwortlichen der “Bild”-Zeitung vor, “unter bewusster Missachtung der Menschenwürde die Auflage steigern” zu wollen, “mit sprachlicher Brutalität Schicksal gespielt” und die Pressefreiheit “missbraucht” zu haben.

PS: Bei Spiegel Online heißt es zudem, es seien inzwischen sechs Beschwerden beim Deutschen Presserat eingegangen. Dort wird auch auf die Nachrichtenagentur ddp verwiesen, wonach die Mutter der Geisel “geschockt” sei über den “Wahnsinn” einiger Medien, das Schicksal ihrer Tochter so auszuschlachten.

PPS: Bei “Bild” sieht man die Sache natürlich offenbar anders. Laut dpa sagte ein “Bild”-Sprecher, es gehe der Zeitung “allein darum, mit der Sprache der Wahrheit diesen abscheulichen und widerlichen Akt des Terrors, nämlich einen angekündigten Mord, deutlich beim Namen zu nennen, auch wenn dies schrecklich sei”.

Mit Dank an Roland B. und andere für die Hinweise.

Über den “Irrsinn dieses Blattes”

“Schluss, der Irrsinn dieses Blattes und seine millionenfache Ruchlosigkeit sind ansteckend wie Aids und haben in Wirklichkeit schon längst die Abdankung von Takt und Mitleid im weiten Kreis seiner Leser zur Folge gehabt.”

Das schreibt Michael Naumann, Herausgeber der Wochenzeitung “Die Zeit”, über “Bild” — beziehungsweise die heutige “Extra-Ausgabe der Morallosigkeit dieses Zentralorgans des moralischen Analphabetismus”:

Tokio Hotel – Die andere Hälfte der Wahrheit

Am Samstag berichtete “Bild” (wir erinnern uns) über ein paar minderjährige Musiker (Tokio Hotel), die sich auf einer Party (Oberhausen) angeblich danebenbenommen hatten (“kippen erste harte Drinks im Minutentakt”). Und am Montag stand’s schon wieder in “Bild”:

“Besonders Gitarrist Tom (16) kippte dabei hochprozentige Cocktails in Mengen, u. a. gemixt mit Wodka (BILD berichtete).”

Dazu später. Denn am Montag hieß es in “Bild” auch exklusiv:

“Jetzt ermittelt das Jugendamt des Ohrekreises (Sachsen-Anhalt), in dem die jungen Popstars leben, wegen Verstoßes gegen das ‘Gesetz zum Schutz junger Menschen vor Gefahren des Alkoholkonsums’. Dieses besagt, daß hochprozentige Getränke nicht an Personen unter 18 Jahren ausgeschenkt werden dürfen.”

Wahr ist das nicht: Das Gesetz heißt “Gesetz zur Verbesserung des Schutzes junger Menschen vor Gefahren des Alkohol- und Tabakkonsums”, kurz AlkopopStG, und besagt mitnichten, “daß hochprozentige Getränke nicht an Personen unter 18 Jahren ausgeschenkt werden dürfen”. Es besagt vielmehr, dass alkoholhaltige Süßgetränke “gewerbsmäßig nur mit dem Hinweis ‘Abgabe an Personen unter 18 Jahren verboten, § 9 Jugendschutzgesetz’ in den Verkehr gebracht werden” dürfen. (Das mit dem Verbot steht dementsprechend in § 9 Jugendschutzgesetz.)*

Doch die heutige “taz” weiß sogar noch mehr über die PR-Aktion “die halbe Wahrheit” der “Bild” zu berichten, nämlich erstens:

“Ein Jugendamt kann nicht ermitteln.”

Und zweitens:

“Das Jugendamt in Sachsen-Anhalt hätte wohl nie von der Party Wind bekommen, wenn nicht die Besorgnis-Behörde, also die Bild-Zeitung, am heiligen Sonntag das Amt informiert hätte. Und schwupps, war die Geschichte im Kasten.”

Womit auch wir, schwupps, wieder bei “Bild” angekommen wären. Denn während die “taz” noch die Frage aufwirft, ob die “Pop-Rüpel” (“Bild”) bzw. “die vier Halbgaren” (“taz”) auf der Party denn überhaupt Alkohol getrunken haben, und darauf keine Antwort findet (“Bei Universal Music wollte man sich dazu gestern nicht äußern.”), steht sie stattdessen… in “Bild”! Allerdings ist dort von den “Mengen” “hochprozentiger” “Cocktails” “mit Wodka” (Überschrift: “Suff-Orgie!”) plötzlich nur noch ein “Alkohol-Ausrutscher” übrig geblieben, den der minderjährige Musiker in “Bild” unwidersprochen — und ebenfalls exklusiv — “erklärt”:

“Ein hübsches Mädchen hat mir den bunten Drink in die Hand gedrückt. Ich war so in Feierlaune, daß ich gar nicht gemerkt habe, daß da Alkohol drin ist.”

Gut zu wissen also, was sich die täglich über 11 Millionen “Bild”-Leser unter einer “Suff-Orgie” vorzustellen haben!

*) Der falsche Name des Gesetzes und dessen falsche Inhaltsbeschreibung fanden sich leider, nachdem sie exklusiv in “Bild” erschienen waren, wörtlich (und ohne Angabe der Quelle) auch in einer Meldung der Nachrichtenagentur AP wieder, weshalb die Fehler von “Bild” nun nicht nur dort stehen, wo man unbedacht aus “Bild” abschreibt, sondern auch ganz woanders.

Pittelkaus Pop-Rüpel

“Bild”-Reporter Mark Pittelkau war in Oberhausen…

…und hat von da eine tolle Geschichte mitgebracht — über “diese jungen Pop-Rüpel” von Tokio Hotel nämlich, Überschrift:

Fummel-Alarm bei Tokio Hotel

Pittelkau schreibt:

“(…) jetzt feierten sie einen peinlichen Party-, Knutsch- und Fummel-Marathon!”

Und wir zitieren auszugsweise:

“Musikpreis-Verleihung ‘Eins Live Krone’ in Oberhausen: Georg (18), Gustav (17), Bill (16) und Tom (16) sind die Stars des Abends. Doch bei der anschließenden Party drehen die Jungs ab, kippen erste harte Drinks im Minutentakt, begrabbeln dann die weiblichen Fans.

Gitarrist Tom: ‘Ich teste erst mal 20 Hühner auf Brust und Lippen, bevor ich eine mitnehme.’ Er knutscht die Blondinen Nike (18) und Marina (18), später gefallen ihm Ann-Kathrin (18) und Jasmin (18).

Doch ‘mitnehmen’ konnte Tom letztlich keine: Sein Manager mußte den betrunkenen Teenager von der Party führen.”
(Hervorhebung von uns.)

Soweit Pittelkaus Geschichte aus Oberhausen.

Man kann sie natürlich auch ein wenig anders erzählen, aus der Sicht einer “Blondine” zum Beispiel. Nike, eine von Pittelkaus “Blondinen”, hat das getan — auf der Jugendseite des “Remscheider General Anzeigers”. Und wir zitieren auch hier auszugsweise, nur mal so:

“(…) Am Ende der Show ziehen die ganzen Promis und Presseleute in Richtung Adiamo, wo die After-showparty stattfindet. (…) Wir sehen uns gerade in der Disko um, als uns Tom und Georg von Tokio Hotel über den Weg laufen. Die beiden Jungs sind echt lieb und lächeln für uns in die Kamera. Wenige Minuten später kommen die Zwei zu uns zurück und fragen: ‘Mädels, hättet ihr vielleicht Lust, mit uns ein Foto für die Bild-Zeitung zu machen?’ Marina und ich sind von der Idee begeistert und nun beginnt ein richtiges Fotoshooting. Reporter Mark Pittelkau und Fotograf Jens Koch geben uns Anweisungen. ‘Ich will Küsschen sehen’, sagt Jens und wir Vier posieren fleißig. Das macht echt Spaß und nach der ersten Runde geht’s auf der Tanzfläche direkt weiter. Immer weiter werden wir fotografiert und die Zeit vergeht wie im Flug. (…)”
(Links und Hervorhebungen von uns.)

Mit Dank an wildersueden für den Link.

49,6 million ways to kill your lover

1975 glaubte der Musiker Paul Simon, es gebe doch bestimmt “50 ways to leave your lover”. Er selbst hat dann aber nicht einmal fünf gefunden, sondern, nun ja, diese:

1.) slip out the back
2.) make a new plan
3.) hop on the bus
4.) drop off the key

Aber damals gab es ja auch noch kein Google.

Sucht man mit der Internet-Suchmaschine heute nach “ways to leave your lover”, findet man in kürzester Zeit nicht nur dies, sondern auch fast 150.000 weitere Ergebnisse, woran Paul Simon natürlich nicht ganz unschuldig ist… Lässt man die Gänsefüßchen links und rechts der Wortfolge weg und sucht nach ways to leave your lover, sind es sogar weit über 60 Millionen Ergebnisse. Und ersetzt man die Gänsefüßchen durch einfache Anführungszeichen oder Apostrophe (‘ways to leave your lover’), ist die Ergebniszahl genau so riesig! (Was übrigens nicht weiter verwunderlich ist, weil die Google-Suchmaschine, der Apostrophe völlig schnurz sind, nur Ergebnisse findet, in denen irgendwo die Wörter ways, leave und lover vorkommen. Aber geschenkt: 60 Millionen ways sind knapp 60 Millionen mehr, als Paul Simon sich 1975 hätte träumen lassen, bzw. viel!)

Am gestrigen Sonntag nun berichtete die “Bild am Sonntag” über Robert James Petrick, der, wie in den Wochen zuvor auch schon hier und da zu lesen war, mit Hilfe der Internet-Suchmaschine Google den Mord an seiner Frau geplant haben soll. In der “BamS” liest sich das so:

Mordanleitung aus dem Internet - Tötete er seine Frau mit Google?

Und mal abgesehen davon, dass der Mann seine Frau gar nicht mit einer Internet-Suchmaschine, sondern mit einem Kissen umgebracht haben soll, hat die “BamS” weder Kosten noch Mühen gescheut, der Sache nachzugehen, und schreibt:

49,6 Millionen Hinweise spuckt die Internet-Suchmaschine bei “how to kill a man” (wie töte ich einen Menschen) aus.

Wie die “BamS” darauf kommt, dass es sich bei den gefunden Ergebnissen um “Hinweise” handelt, sei dahingestellt. Dass die “BamS” allerdings gar nicht nach der Wortfolge “how to kill a man” (knapp 650 Ergebnisse wie etwa dieses oder dieses) gesucht hat, sondern nach Internetseiten, auf denen irgendwo die Wörter how und to und kill und a und man zu finden sein sollen, zeugt allerdings von… zeigt sogar der in der “BamS” abgebildete Google-Screenshot: Die “BamS” hatte schlicht die falschen Anführungszeichen benutzt.

Daneben heißt es in der “BamS”:

Und das ist nun endgültig mehr als seltsam, wenn nicht gar völlig falsch. Wir jedenfalls haben keine anderen Quellen finden können, die berichten, dass Petrick selbst nach etwas so Dämlichem wie “how to kill a man” gesucht haben soll — zumindest fand sich nach Erscheinen der “BamS” bei entsprechender Google-Suche gerade mal ein einziger “Hinweis” — dieser.

Mit Dank an die zahlreichen Hinweisgeber bzw. reticon.de.

neu  

“Bild” findet Sexualstraftäter sexy

Dass Erwachsene mit Minderjährigen Sex haben, ist nach deutschem Recht unter Umständen erlaubt. Entscheidend ist dabei u.a. dass der/die Minderjährige mindestens 14 Jahre alt ist und der/die Erwachsene dabei nicht “die fehlende Fähigkeit des Opfers zur sexuellen Selbstbestimmung ausnutzt”. Anderfalls droht — je nach dem — eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren (siehe § 176 und § 182 StGB).

In den USA gelten andere Gesetze. Dort sind Erwachsenen sexuelle Handlungen mit Unter-18-Jährigen verboten und können schlimmstenfalls mit 30 Jahren Gefängnis bestraft werden (siehe Protect Act of 2003).

Man könnte auch sagen, die Gesetzeslage in Deutschland und den USA ist gar nicht so verschieden — außer, dass man hierzulande schon ab 14 Jahren juristisch nicht mehr als “Kind” gilt, in den USA jedoch erst ab 18.

Man könnte auch vermuten, dass “Bild” mit der deutschen Regelung nicht vertraut nicht einverstanden ist: Als “Bild” im Sommer 2004 in Erfahrung brachte (und aufschrieb), dass in Cottbus ein 42-jähriger Mann völlig legal mit einer 14-Jährigen zusammenlebte, und die Geschichte im Frühjahr 2005 abermals an die Öffentlichkeit zerrte, nannte die “Bild”-Zeitung (die immerhin auch sog. “Serien-Vergewaltiger” und “Kinderschänder” gerne mal als “Sexmonster” bezeichnet) den Mann aus Cottbus ein “tätowiertes Liebesmonster” — und behauptete wahrheitswidrig, “Sex zwischen einem Erwachsenen und einer 15jährigen” sei “verboten.”

Völlig anders sieht der Fall für “Bild” offenbar aus, wenn es sich nicht um den 42-jährigen “Manfred W.” aus Cottbus handelt, sondern um die 24-jährige Debra Lafave aus Florida, die als Lehrerin Sex mit einem 14-jährigen Schüler hatte (was – wie gesagt – in den USA strafbar ist und u.U. sogar hierzulande gemäß § 174 StGB als “sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen” strafbar wäre). Denn, obwohl auch die jetzt verurteilte Lafave eine Tätowierung trägt, nennt “Bild” sie vergangenen Donnerstag keineswegs ein “tätowiertes Liebesmonster”, sondern “sexy Debra”, “Blondine”, “Amerikas schönste Lehrerin” oder “Verführungsbiest” und schreibt online unter der merkwürdigen Überschrift “Die Lust-Schule der schönen Lehrerin” sogar:

“So schön ist die Sex-Lehrerin – hier klicken!”

Die Meldung über Lafaves Verurteilung* illustriert Bild.de zudem mit einem Foto aus dem “Makes & Models Magazine”, für das sich die Lehrerin in der Vergangenheit leicht bekleidet hatte ablichten lassen, während die gedruckte “Bild” sich lieber für ein Foto Lafaves in der Badewanne entschieden hat. Und dass sie aufgrund ihrer Sexualstraftat künftig nicht mehr als Lehrerin arbeiten darf, ist für “Bild” zum Schluss nur noch ein Anlass, schlüpfrig herumzuwitzeln:

Und das werden viele Schüler in Amerika sicher bedauern.

*) “Bild” schreibt, als Strafe müsse sie “nun drei Jahre jeden Abend um 22 Uhr zu Hause sein. Sie darf frühestens wieder um 6 Uhr morgens raus. Abendessen mit Freunden, Kino, private Verabredungen – alles verboten! Nur arbeiten darf sexy Debra.” Und in der Tat ist Lafave mit drei Jahren Hausarrest und sieben Jahren Bewährung glimpflich davongekommen. US-Medien weisen allerdings darauf hin, dass sich ihr Leben dennoch “dramatisch” ändern werde: So hat ihr die Erziehungsbehörde den Ausbildungsabschluss aberkannt, sie unterliegt der öffentlichen Meldefrist und gilt fürderhin als “sexual offender” (auf deutsch: Sexualstraftäterin).

Mit Dank an Rossi für die Inspiration.

Nachtrag, 28.11.05:
Um genau zu sein, ist in den USA Sex mit Unter-18-Jährigen in einigen Bundesstaaten verboten, Sex mit Unter-16-Jährigen generell.

Vom Verrechnen

Dass Oskar Lafontaine inzwischen nicht mehr für “Bild” schreibt, heißt nicht, dass nicht gelegentlich doch noch was von ihm in “Bild” und “Bild am Sonntag” zu lesen wäre. Ganz im Gegenteil. Und so druckte “Bild” auch am vergangenen Montag wieder einen Text von ihm — Überschrift:

Gegendarstellung

Und erstaunlich ist das nicht. Hatte doch an ähnlicher Stelle vor vier Wochen folgende Überschrift in “Bild” gestanden:

"Oskar Lafonaine jetzt Dreifach-Verdiener!"

Und das stand da, weil Lafontaine laut “Bild” derzeit “als Abgeordneter, Fraktionschef und Pensionär” im Monat “zusammen rund 17.700 Euro” verdiene.

In seiner, ähm, Gegendarstellungskolumne widerspricht Lafontaine der “Bild”-Behauptung allerdings, indem er darauf hinweist, dass seine Abgeordnetendiäten monatlich nicht etwa 7009 Euro betrügen, wie “Bild” behauptet hatte, sondern 14 Euro und 10 Cent – weil nämlich seine Pension als Ex-Ministerpräsident des Saarlands mit seinen Bezügen als Abgeordneter “verrechnet” werde.

Und wie wir wissen, sind Redaktionen verpflichtet, eine Gegendarstellung unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt abzudrucken, weshalb am Ende manchmal Aussage gegen Aussage steht. Im aktuellen Fall allerdings stimmt Lafontaines Behauptung. Das mit der Verrechnung der Bezüge steht vielleicht verklausuliert, aber jedermann zugänglich im Abgeordnetengesetz (§ 29 Abs. 2 Satz 1 iVm Satz 4).

Weshalb sich nicht nur die Frage stellt, warum “Bild” nicht unter Lafontaines Gegendarstellung schreibt, was sie sonst so oft unter Gegendarstellungen schreibt (“Er hat recht.”), sondern auch, welcher Fahrlässigkeit es zu verdanken ist, dass man bei “Bild” die jedermann zugänglichen Paragraphen nicht eingesehen hat, bevor man die falsche Zahl in die Zeitung schrieb und die richtige anschließend per Gegendarstellung nachtragen ließ: Fast sieht es so aus, als ließe “Bild” ihren Ex-Kolumnisten die womöglich monatelang ohne Gegenleistung weitergezahlten Honorare abarbeiten – frei nach Lafontaines Motto: “Pacta sunt servanda.”

Mit Dank an Udo R. und Michael B. für den Hinweis.

Luder Lierhaus

Bei “Bild” hat die Vorberichterstattung über weibliche Sportmoderatorinnen im deutschen Fernsehen Tradition: Als Carmen Thomas am Abend des 03. Februars 1973 erstmalig ein “Sportstudio” moderierte, hatte sie eine druckfrische “Bild am Sonntag” vom nächsten Morgen dabei. Obwohl ihre Sendung gerade erst begonnen hatte, stand in der “BamS” bereits ein erster Verriss mit der Schlagzeile “Charme allein genügt nicht”.

Knapp 33 Jahre später tritt abermals eine Frau ihren Dienst beim “Sportstudio” an, was “Bild” heute veranlasst, die neue “Miss Sportstudio” Katrin Müller-Hohenstein mit ihrer Kollegin Monica Lierhaus von der “Sportschau” zu vergleichen — und mit brisanten Infos aufzuwarten.

Heißt es doch im “großen BILD-Vergleich” ganz nebenbei über Lierhaus:

“War 1999 vier Monate mit ZDF-Talker Johannes B. Kerner liiert.”

“Bild” schreibt außerdem:

“Seit sieben Jahren mit dem Journalisten Rolf Hellgardt (37) zusammen.”

Und wenn beides stimmen sollte, wäre Lierhaus ja, während sie mit Hellgardt “zusammen” war, gleichzeitig auch mit Kerner “liiert” gewesen. Und schlimmer noch wäre Kerner, seit 1996 mit Britta Becker verheiratet, ebenfalls während seiner Ehe mit Lierhaus “liiert” gewesen.

War er aber nicht. Kerner und Lierhaus waren offenbar kurzzeitig im Winter 95/96 ein Paar, wie “Bild” zum Beispiel in der “BamS” hätte nachlesen können, die über “Kerner und sein privates Glück” mit Lierhaus am 21. Januar 1996 berichtete, “die beiden lernten sich letzten Herbst beim Schminken in der Garderobe kennen”.

Mit Dank an Jörg J. für den Hinweis.

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