Schon möglich, dass der WM-Mannschaftsbus “uns” (also “Bild”) nicht gefällt. Das ist aber noch lange kein Grund, in einem Artikel zum Thema “Was soll der Stuß mit unserem Bus?” zu behaupten:
“Gebaut wurde er von Mercedes, drauf steht aber WM-Sponsor Hyundai (baut keine Busse).” (Hervorhebung von uns.)
Es ist ja nicht so, dass der Name der Journalistin, die vor wenigen Tagen offenbar gemeinsam mit einem befreundeten Arzt in einem Kölner Hotelzimmer Selbstmord beging, nicht aus verschiedenen Medienberichten bekannt wäre. Dennoch könnte man es durchaus begrüßenswert finden, dass “Bild” gestern ein Foto der Toten unkenntlich machte und sie zudem “Silke L.”nannte (siehe Ausriss). Schließlich heißt es ja in Richtline 8.5 des Pressekodex ausdrücklich:
“Die Berichterstattung über Selbsttötung gebietet Zurückhaltung. Dies gilt insbesondere für die Nennung von Namen und die Schilderung näherer Begleitumstände. (…)”
Noch begrüßenswerter allerdings wäre das Bemühen um Zurückhaltung gewesen, wenn “Bild” die zunächst als “Silke L.”anonymisierte Frau — gerade mal 15 Zeilen später — nicht doch noch (siehe Ausriss) bei vollem Namen genannt hätte…
“Bild” schreibt heute auf der Titelseite unter Berufung auf die Boulevardzeitung “B.Z.”, der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele wolle,
“(…) daß es von der dritten Strophe unserer Nationalhymne eine türkische Version gibt.”
Das ist falsch.
Denn in der “B.Z.” heißt es heute auf der Titelseite (und ähnlich auch auf Seite 3):
“Grünen-Fraktionsvize Hans-Christian Ströbele (66) will unsere Nationalhymne ‘Einigkeit und Recht und Freiheit’ in einer offiziellen Übersetzung, damit sie auch in türkischer Sprache gesungen werden kann. Das sei ein ‘Zeichen der Integration’ und ein ‘Symbol für die Vielsprachigkeit Deutschlands’, sagte er der B.Z.”
Von einer “dritten Strophe unserer Nationalhymne” ist dort allerdings nirgends die Rede. (Zwar findet sich in einer weiterverbreiteten “B.Z.”-Vorabmeldung auch ein O-Ton Ströbeles, in der es heißt, Ströbele würde es “als Zeichen der Integration werten, wenn türkisch-stämmige Mitbürger die dritte Strophe auf türkisch singen könnten”. Doch anderenMedien — so sie sich nicht mit Witzischkeitenaufhalten — gelingt es mühelos, Ströbeles Satz auf das “Deutschlandlied” zu beziehen.) Denn anders als “Bild” ist der “B.Z” und anderen Medien offenbar bekannt, dass “unsere Nationalhymne”gar keine dritte Strophekennt.
Manchmal, da stehen “Bild”-Reporter einfach nur einen ganzen Tag lang auf einem Friedhof in Berlin-Zehlendorf vor dem Grab von Bubi Scholz und warten, dass irgendwer vorbeischaut, um hinterher auf einer halben Zeitungsseite mehrere Fotos des Scholzschen Grabsteins (“10 Uhr”, “12 Uhr”, “15 Uhr”, “18 Uhr”) abzudrucken und dazuzuschreiben:
“Gestern wäre die Box-Legende 76 Jahre alt geworden. Niemand besuchte des Grab. (…) BILD war von 7.30 bis 18 Uhr vor Ort. (…) Von 7.30 bis 18 Uhr kam kein Besucher.”
Manchmal machen “Bild”-Reporter aber auch andere Dinge…
…kleine Kinder ansprechen zum Beispiel: Vor knapp einem Monat etwa berichtete die “Süddeutsche Zeitung”, ein “Bild”-Reporter habe am Tor des Hauses von Günther Jauch geklingelt und durch den Zaun Jauchs neunjährige Tochter befragt, die aus der Tür getreten sei, was ein “Bild”-Sprecher mit den Worten dementierte: “Aber vielleicht hat er ja ‘Guten Tag’ gesagt.”
Und in Zusammenhang mit dem bei einem Bombenattentat im ägyptischen Dahab getöteten Jungen aus Tübingen schreibt das ortsansässige “Schwäbische Tagblatt” heute über den begleitenden Presserummel:
“In einem Fall schreckte ein Journalist laut einem Elternbericht nicht davor zurück, Kinder, die gerade alleine zu Hause waren, mit der Suche nach einem Foto des getöteten Jungen zu behelligen. Der Journalist gab sich den Kindern gegenüber als TAGBLATT-Mitarbeiter aus. Dem Presseausweis zufolge*, den sich der später hinzugekommene Vater zeigen ließ, arbeitet er für die Springer-Presse.”
Beim “Tagblatt” erwägt man deshalb rechtliche Schritte gegen den Journalisten, bei dem es sich nach unseren Informationen um den Fotojournalisten Alexander Blum handelt, der u.a. für die “Bild”-Zeitungarbeitet und, wie es auf seiner Homepage heißt, Auftraggeber “auch bei der Recherche vor Ort unterstützt”.
Und fündig geworden ist Blum bei seiner Suche nach einem Foto des getöteten Jungen offenbar doch noch. “Bild” druckt es heute (anders als in anderen Fällen, in denen sich “Bild” auch schon mal mit einem unkenntlich gemachten Symbolfoto behilft) quasi weltexklusiv auf der Titelseite und im Blattinnern (siehe Ausrisse) sowie bei Bild.de. Der Fotograf selbst, dessen Namen “Bild” als Quelle für das Foto angibt, wollte sich uns gegenüber nicht äußern, woher die Aufnahme stammt bzw. wer die Einwilligung für den Abdruck gegeben habe (“Ich weiß nicht, wovon Sie reden”), und verwies an die “Bild”-Pressestelle. Eine Antwort auf unsere mehrmalige Anfrage dort steht bislang aus.
*) Anders als das “Tagblatt” berichtete, zeigte der Journalist auf Nachfrage offenbar seinen Presseausweis und sagte, dass er Mitarbeiter der Axel Springer AG sei.
“3920 Bürger klagten über den
Mißbrauch der Macht bei der EU” (Hervorhebung von uns.)
Aber auch andere Medien berichten dieser Tage über die vielen Beschwerden/Anfragen/Reklamationen/Fälle, mit denen es der EU-Ombudsmann 2005 zu tun hatte, und selbst Freenet.de z.B. gelingt es, den Sachverhalt mit freundlicher Unterstützung der dpa korrekt zusammenzufassen:
“Tausende Bürger beklagen alljährlich Ungerechtigkeiten, Machtmissbrauch und sonstige Missstände bei der EU-Kommission und anderen europäischen Einrichtungen.”
Nur “Bild” (also ausgerechnet “Europas größte Tageszeitung”) kriegt’s mal wieder nicht hin, den EU-Sachverhalt heute auf ihrer Titelseite sinnvoll wiederzugeben. Stattdessen heißt es dort:
Als Paul C. Martin in der “Bild”-Zeitung vom 11. April in einer Buchrezension behauptete, die Buchautoren hätten “jetzt (…) sämtliche Quellen zusammengetragen und mit vertraulichen Informationen zu einem makabren Puzzle zusammengefügt”, war daran insofern nichts auszusetzen, als das Buch tatsächlich am 11. April in den Buchhandel kam.
Heute nun, 14 Tage später, rezensiert Paul C. Martin in “Bild” ein anderes Buch:
“Jetzt ist der Maritim-Experte Klaus Hympendahl in einem sensationellen neuen Buch der Sexualität auf den Weltmeeren nachgegangen (…).”
Und das ist insofern gelogen eine für“Bild”-Verhältnissebekanntermaßenzwarhalbwegsdurchschnittliche,abernachwievor bemerkenswerte Auslegung des kleinen Wörtchens jetzt, weil andernorts beispielsweise schon vor einem Vierteljahr nachzulesen war, welche Sensationen Hympendahl in seinem neuen Buch “jetzt belegt” habe, und uns der Heel-Verlag auf Anfrage mitteilt, das Buch sei “Anfang/Mitte Dezember letzten Jahres erschienen”*.
Mit Dank an Frank S. für den Hinweis.
*) Nachzulesen ist der Erscheinungstermin übrigens auch, wenn man bei Bild.de auf die Ebay-Anzeige im Artikel klickt.
Ähm, anders als Bild.de aus aktuellem Anlass behauptet, lautet die erste Zeile der britischen Nationalhymne im englischen “Originaltext” natürlich nicht !
Mit Dank an Fabian L. für den Hinweis.
Nachtrag, 16 Uhr: Erstaunlich! Obwohl wir gar nicht ausdrücklich dazugeschrieben haben, wie denn die erste Zeile der britischen Nationalhymne wirklich im Originaltext heißt, ist es Bild.de gelungen, den Fehler im Anschluss an unseren Eintrag zu korrigieren.
Nachtrag, 17.23 Uhr: Es sei — mit Dank an Carsten W. für den Hinweis — hier noch schnell nachgetragen, dass in dem Bild.de-Artikel (über die mangelhaften Fremdsprachenkenntnisse einer britischen Boulevardzeitung anlässlich einer “Initiative des englischen [sic] Außenministeriums”) ein gewisser “Außenminister Lord David Triesman” erwähnt wird, obwohl es unseres Wissens in Großbritannien doch überhaupt keinen AußenministerLord David Triesman gibt.
Am vergangenen Samstag behauptete “Bild”, Alexandra Neldel habe sich “angeblich von ihrem Freund getrennt”(siehe Ausriss). Weiter hieß es über die beiden:
“Laut Gerüchten sollen sich der Kameramann und die schöne Schauspielerin kürzlich getrennt haben.”
Nur zur Erinnerung: Im vergangenen Jahr hatten “Bild” und Bild.de Alexandra Neldel mal Worte in den Mund gelegt, die sie offenbar gar nicht gesagt hatte, woraufhin “Bild” und Bild.de eine Gegendarstellung abdrucken mussten, in der Neldel darauf hinwies, dass sie sich weder wörtlich noch sinngemäß so geäußert, sondern einer “Bild”-Mitarbeiterin ausdrücklich erklärt habe, dass sie sich zu ihrem Privatleben nicht äußere. Die Gegendarstellung erschien bei Bild.de mit einem redaktionellen Zusatz (“Sie hat recht.”), den “Bild” ihren Lesern vorenthielt.
Heute nun hat Neldel abermals eine Gegendarstellung durchsetzen können, in der sie — entgegen der obigen (unter Berufung auf “Gerüchte” verbreiteten) Behauptung — feststellt, sie sei mit ihrem Freund “nach wie vor liiert”. Und die Redaktion der GEDRUCKTEN* “Bild”-Zeitung muss dazu anmerken:
Dr. Kai Rezai aus Münster ist ein umtriebiger Mann, keine Frage. Auf der Internetseite seiner Praxis bekommt man einen guten Überblick über all die Medien, in denen Rezai und/oder seine Praxis Gegenstand der Berichterstattung waren.
So war er zum Beispiel am 24.8.2005 in der “Münsterschen Zeitung”, am 3.9.2005 in den “Westfälischen Nachrichten”, am 22.9.2005 bei Sat.1 und im September-Heft von “Der Monat”. Immer mit dabei: Christina Günter, 28 Jahre alt, die sich, wie es damals hieß, ein sechs Jahre zuvor tätowiertes sog. “Arschgeweih” von Rezai entfernen ließ.
Und heute, mehr als ein halbes Jahr später, haben es Rezai & Anhang auch ins Online-Angebot der “Bild”-Zeitung geschafft. Groß im “News”- und noch größer im “Gesund & Fit”-Ressort wird dort zunächst das Ende des “Arschgeweihs” gefeiert. Und in dem dazugehörigen (von immerhin zwei Autoren verfassten) Artikelchen mit “Fotogalerie” heißt es dann:
Nachtrag, 20.15 Uhr: Ach ja, und der Bild.de-Startseiten-Teaser illustriert die Schlagzeile (“Bye-bye, Arschgeweih: Christine (28) lässt sich ihre Sommer-Sünde”) nicht mal mit Christina Günters Steißbeintätowierung, sondern mit irgendeinem Symbolfoto.
Nachtrag, 23:30 Uhr: Bild.de hatte — warum auch immer — die Fotogalerie zwischendurch mal für knapp zwei Stunden aus dem Artikelchen entfernt. Und unser Leser Moritz W. weist darauf hin, dass es bei der 28-jährigen Friseurin Christina Günter aus Münster von damals ja möglicherweise gar nicht um die 28-jährige Kassiererin Christine Günther aus Münster von Bild.de handelt. Und er hat natürlich Recht: Dass Christina und Christine (von Bild.de auch “Christina” genannt) einander sehr ähnlich sehen und sich vom Dr. Rezai eine sechs Jahre alte, identische Tätowierung entfernen ließen/lassen, kann auch bloß Zufall sein…
Bevor wir jedoch darauf zu sprechen kommen, was, hier aus gegebenemAnlass zunächst ein kleiner Link zu Renate Wanner in die “Sindelfinger Zeitung”. Aber nun zurück zu Bild.de:
Dort sieht die Tortengrafik zu aktuellen “WM-Frage der Woche” (“Wurde Kahn von Klinsi fair behandelt?”) nämlich so aus:
Doch halt, nein, stopp! Das stimmt natürlich nicht. Die Bild.de-Grafik sieht gar nicht so aus, sie könnte nur, wiewirwissen, ebensogut so aussehen wie die von uns angefertigte und abgebildete Montage. Selbstverständlich sieht die echte Tortengrafik von Bild.de ganz anders aus.
Nur mit der Idee, Prozentanteile in einem Tortendiagramm so darzustellen, dass die Größe der Tortenstücke den Prozentanteilen entspricht, hat auch die echte Bild.de-Grafiknichts zu tun. Sie sieht eher so aus wie eine umdekorierte Wiederverwertung einer anderen Torte. Dabei wäre es gar nicht so schwierig für Bild.de, ein korrektes Tortendiagramm zur aktuellen WM-Frage aufzutreiben. Das findet sich nämlich heute, weltexklusiv, in der gedruckten “Bild”.
Mit Dank Alexander W. für den Hinweis.
Nachtrag, 19.40 Uhr:Bild.de hat die Grafik inzwischen geändert — und dieses Mal etwa sogar auf Anhieb korrigiert?