Autoren-Archiv

Bild.de im freien Fall

Unter der Überschrift “84 Prozent Gefälle! Die steilsten Skipisten für Kamikazewedler” zeigt man derzeit bei Bild.de mal wieder, dass man keine Ahnung hat. Wir zitieren:

Laber-Nordhang, Harakiri-Piste und Co.: Wer hier wedelt, braucht starke Waden. Und jede Menge Mut. Denn steile Abhänge mit Gefällen von bis zu 84 Prozent verursachen sogar beim größten Pistenproleten noch Nervenflattern. Garantiert!
(…) Die steilste aller Pisten liegt in Deutschland. Nahe des beschaulichen Ortes Oberammergau in Bayern erhebt sich der Berg Laber. Sein Nordhang ist berüchtigt. Mit einem Gefälle von 84 Prozent rasen die mutigen Wedler gen Tal, als befänden sie sich auf einer Sprungschanze. Fast senkrecht geht der Abhang in die Tiefe.

Rasant geschrieben. Und wenn man keine Ahnung hat (zur Illustration aber ein im Original gewagt verdrehtes und von Bild.de offenbar zusätzlich zurechtmontiertes PR-Foto eines Tourismusunternehmens verwendet), könnte man so ein “Gefälle von 84 Prozent” tatsächlich für “fast senkrecht” halten.

Um allerdings zu zeigen, wie “senkrecht” so ein “84 Prozent”-Abhang wirklich ist, hier unser alternativer Illustrationsvorschlag:

Mit Dank an Roland L., Frank S., Oliver S., Wikipedia und Andreas G. für den Link zum Steigungskonverter.

Viele sind besser

wenige — manche — einige — mehrere — viele… Die deutsche Sprache kennt eine ganze Reihe Wörter, mit denen sich nicht genauer bezifferte Mengenangaben machen lassen. Das ist insofern ganz praktisch, als man durch die Wahl des entsprechenden Wortes zumindest ungefähr andeuten kann, wie groß die Menge ist.

Heute morgen um kurz nach 8 Uhr hat eine U-Bahn in Frankfurt einen Müllwagen gerammt, die Nachrichtenagentur dpa berichtete über den Unfall bereits um kurz vor 9 Uhr und vermeldete “mehrere Verletzte”. Und darum steht es so auch seit “08:51 Uhr” im “News-Ticker” von Bild.de:

Im Frankfurter Stadtteil Eckenheim ist eine U-Bahn mit einem Müllwagen zusammengestoßen. Dabei wurden mehrere Menschen verletzt.

Doch das ist für Bild.de kein Grund, die Nachricht nicht mit folgender, dramatischer Überschrift unzubieten:

PS: Gegen 9.30 Uhr haben die Polizei und andere Nachrichtenagenturen die “mehreren Verletzten” der dpa-Meldung dahingehend präzisiert, dass “der U-Bahn-Fahrer als auch der Fahrer des Müllwagens leicht verletzt” wurden, sonst aber “nach ersten Erkenntnissen” niemand. Mit anderen Worten: “Mehrere” waren es, “viele” nicht. Bild.de bleibt dennoch bei seiner Darstellung.

Mit Dank an Mephon für den Hinweis.

Nachtrag, 13.13 Uhr: Bild.de hat die “U-Bahn rammt Müll-Laster”-Meldung von “08:51 Uhr” aus dem “News-Ticker” entfernt.

“Riesen-Zoff um Unterhalt”: Jetzt spricht Bohlen

Es ist schon einen Monat her. Dieter Bohlen war noch nicht überfallen worden, hatte es aber trotzdem auf die Titelseite der “Bild am Sonntag” geschafft. In einem faktenarmen, suggestiven Artikel berichtete die “BamS” über einen angeblichen “Riesen-Zoff um Unterhalt” und schrieb:

“Der Pop-Produzent äußerte sich (…) nicht zu dem Fall.”

Jetzt hat er’s doch getan.

Obwohl er am vergangenen Montag überfallen wurde und Bild.de bereits drei Stunden nach dem Überfall als Allererstes berichten durfte, findet sich dort heute — zusätzlich zu den großen “Überfall auf Bohlen”-Ankündigungen (siehe rechts) — auch noch ein etwas kleinerer Teaser mit Bohlens Namen:

"13.12.2006 - Gegendarstellung: Dieter Bohlen"

Bild.de hatte nämlich (ganz ähnlich wie die “Bild am Sonntag” damals) bei besagtem “Riesen-Zoff”-Artikel einfach so die (verkürzte) grundsätzliche Einschätzung irgendeines “BamS”-Experten derart neben ein Foto von Dieter Bohlen montiert, dass sie aussah wie ein wörtliches Bohlen-Zitat.

Und deshalb stellt Bohlen nun auf Bild.de fest:

“Etwas Derartiges habe ich weder
wörtlich noch sinngemäß je gesagt.”

BILDblog-Leser wissen das schon länger. Jetzt wissen’s auch die Bild.de-Leser. Ob und wann die “BamS”-Leserschaft davon erfährt, bleibt abzuwarten. Und warum der beanstandete Bild.de-Teaser noch immer online ist, weiß wahrscheinlich nur Bild.de selbst.

“taz” verhöhnt deutsche Chefredakteure

Woher kommt bloß dieser Haß?

Die “taz” verhöhnt Deutschlands bekannteste Journalisten, druckt eine intime Fotomontage von Helmut Markwort und Kai Diekmann. Angeblich aufgenommen von “taz-Leserreportern”!

Es sind Fotomontagen aus dem Privatbereich, die kein Mensch von sich in der Zeitung sehen möchte. Sie zeigen das Paar Markwort/Diekmann “beim Nackt-Boulen am Strand”.

Dazu brachte die “taz” heute auf Seite 1 prominent in der Mitte die hämische Schlagzeile “Mehr als nur Kollegen?”. Das deutsche Wort “Kollege” bedeutet laut Duden “jmd., der mit anderen zusammen im gleichen Beruf tätig ist”.

Diekmann wird in der Überschrift als “BILD-hübsch” bezeichnet. Er assistiere Markwort mit einer TitelGeschichte, lasse sogar Gaga-Kolumnist Franz Josef Wagner von der Leine.

Der Artikel beginnt mit dem spöttischen Satz: “Wie ‘Focus’ und ‘Bild’ mit nichtpublizierten FKK-Fotos von EU-Kommissar Günter Verheugen Politik zu machen versuchen”. Darüber die zweideutige Überschrift “Nackten, Nackten, Nackten”. Das heißt eigentlich soviel wie “unbekleidet” — könnte aber auf den “Focus”-Werbespruch anspielen: “Fakten, Fakten, Fakten”.

Und wenn Ihnen dieser kursiv gesetzte Text jetzt irgendwie bekannt vorkommt: Keine Sorge, uns auch!

Kurz korrigiert (298)

Wir wissen wirklich nicht, wen unter den durchschnittlich über elf Millionen “Bild”-Lesern es interessieren könnte, wieviele Tage zwischen den Geburtstagen von Karlheinz Kögel und Bill Clinton liegen.

Wir wissen nur, dass die Differenz heute im Rahmen der “Ich weiß es!”-Kolumne von Christiane “Ich weiß es!” Hoffmann in der “Bild”-Zeitung steht (siehe Ausriss) — und dass die Zahl 111 nicht mal stimmt.

Mit Dank an Holger K. fürs Nachzählen.

Was “Bild”-Leser nicht wissen müssen

Aha, bei “Bild” liest man also auch die “taz”.

Und wenn es sein muss, wird aus der “taz”-Lektüre bei “Bild” sogar eine Schlagzeile für die Seite 1 (siehe Ausriss).

In der Tageszeitung “taz” offenbarte die Schauspielerin, woran die Liebe zerbrach: “Ganz einfach. Ich hab mich neu verliebt – ausgerechnet, als ich Pierre [Besson] beim Dreh zu ‘Afrika, mon amour’ in Kenia besucht habe.” (…)
Vier Jahre lang waren Baumeister und Besson ein Paar (…). Jetzt die Trennung!
(hervorhebung von uns.)

So. Und jetzt (Hervorhebung von uns) zitieren wir mal, was sonst noch in dem Interview stand, aus dem “Bild” heute eine Seite-1-Schlagzeile macht und das die “taz” gestern unter der Überschrift Verweigerung macht Medien scharf — Die Schauspieler Muriel Baumeister und Pierre Besson über ihren Ärger mit den Boulevardmedien und die Schwierigkeit, ein ungestörtes Privatleben zu führen” veröffentlichte:

taz: Frau Baumeister, seit Wochen rätseln die Boulevardmedien darüber, ob Sie sich von Ihrem Lebensgefährten Pierre Besson getrennt haben. Wie fühlt sich das an?
Muriel Baumeister: Beschissen, weil das niemanden was angeht. (…) Weil nicht alle Kollegen so denken, meinen die Boulevardjournalisten aber, sie hätten ein Recht darauf, ungefragt in unsere Privatsphäre einzudringen.

Wie gehen die dabei vor?
Baumeister: Neulich hat mich die Bunte auf dem Handy angerufen und mich unter Druck gesetzt, mich zu meiner Trennung zu äußern – eine absolute Farce, es immer wieder zu probieren, obwohl man mich kennt und weiß, dass ich über mein Privatleben in der Öffentlichkeit keine Auskunft gebe. (…)

Wo wir schon mal beim Thema sind: Sie haben sich also tatsächlich getrennt?
Baumeister: Ja, allerdings schon vor einem knappen halben Jahr. Und die Wahrheit ist so langweilig …
Besson: … dass der Boulevard damit nichts anfangen kann.(…)

Warum verbeißen sich die Boulevardjournalisten so in Sie?
Baumeister: Weil ich nicht mit denen rede. Das ist eine Art Journalismus, an der ich mich nicht beteilige. Diese Verweigerungshaltung scheint die Leute allerdings auf eine fast schon sexuelle Art scharf zu machen.(…)

Es ist doch absurd: Wir reden öffentlich darüber, warum Sie sich sonst aus der Öffentlichkeit raushalten.
Baumeister: Stimmt, aber durch dieses Gespräch möchten wir zeigen, dass wir die Deutungshoheit über unser Leben nicht dem Boulevard überlassen. (…)

Waren die Reaktionen auf den Selbstmord Ihres Vaters vor zwei Jahren der Gipfel der Zudringlichkeiten?
Baumeister: Dass die Bild-Zeitung* versucht hat, meine Putzfrau mit 1.000 Euro zu bestechen, war eine Unverschämtheit, die mir in dieser Lebensphase besonders wehgetan hat. Da war das Maß dessen, was man als öffentliche Person einstecken können muss, eindeutig voll. (…)

*) “Bild” berichtete am 29.6.2004 unter der Seite-1-Schlagzeile “TV-Star Muriel Baumeister — Vater erschießt sich” detailliert über den Selbstmord von Edwin Noël Baumeister.

Verlierer des Tages

“Gewinner” des Tages in “Bild” ist heute Jürgen Rüttgers, denn:

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (55, CDU) hat es “geschafft”: Auf die Frage “Wer ist der beliebteste SPD-Politiker” nannte in einer Forsa-Umfrage die Mehrheit der Nordrhein-Westfalen ausgerechnet den Namen des CDU-Regierungschefs! Bitter für die SPD: Sie hat die Erhebung bezahlt.

BILD meint: Parteibuch tauschen!

BILDblog hingegen meint: KLAPPE HALTEN!

  • In der Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa ging es nicht um den beliebtesten Politiker, sondern um den bekanntesten.
  • Der Namen Rüttgers wurde nicht von der “Mehrheit der Nordrhein-Westfalen” genannt, sondern, wie uns Forsa mitteilt, von “zwei Prozent der Befragten”.
  • Laut “Westfälischer Zeitung” war Rüttgers damit nur der drittbeliebtestebekannteste “SPD-Politiker” (hinter Müntefering und Steinbrück).
  • Wie uns ein SPD-Sprecher auf Anfrage mitteilt, hat die SPD die Umfrage zudem “weder bezahlt noch in Auftrag gegeben”. Auftraggeber waren die “Westfälische Rundschau” und der TV-Sender n-tv.
  • Und das Ergebnis der Umfrage wurde im Juli 2006 bekanntgegeben, Rüttgers überraschendes Abschneiden seitdem von vielen Medien, u.a. vom “Spiegel” verbreitet.

Aber okay, ein Teil des “Bild”-Unsinns stand vor zwei Tagen in der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung”, aus der “Bild” ihn heute offenbar ungeprüft (ohne Quellenangabe und unter Hinzufügung eigener Fehler) übernommen hat. Doch wie wir “Bild” kennen, wird die “FAZ” deshalb wahrscheinlich gleich morgen zum “Verlierer” des Tages.

Mit Dank auch an Jochen Z.!

Mehr dazu hier.

Bild.de falscher als “Wiki-Fehlia”

In einen aktuellen Artikel über die “von Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee geforderte Verdoppelung der Bußgelder” hat Bild.de auch einen “Mehr zum Thema: Alle Infos zum Klimawandel”-Kasten eingebaut, der sich zunächst mit der Frage befasst:

“Was ist CO2 und woher kommt es?”

Erstaunlicherweise gleicht die Bild.de-Antwort in großen Teilen einem entsprechenden Eintrag im Online-Lexikon Wikipedia, das von “Bild” und Bild.de unlängst mehrere Tage “Wiki-Fehlia” genannt und als “unzuverlässig” dargestellt wurde. Genauer gesagt, weicht die Bild.de-Erklärung nur an einer einzigen Stelle vom Wikipedia-Text ab. Aber sehen Sie selbst:

Bild.de Wikipedia
Kohlenstoffdioxid (CO2) ist eine chemische Verbindung von Kohlenstoff und Wasserstoff. Es ist ein natürlicher Bestandteil der Luft (Anteil: etwa 0,04 Prozent). CO2 entsteht beim Verbrennen von kohlenstoffhaltigen Substanzen unter ausreichendem Sauerstoff, aber auch im Organismus von Lebewesen als Produkt der Zellatmung. Kohlenstoffdioxid (…) ist eine chemische Verbindung aus Kohlenstoff und Sauerstoff (…). Es ist mit einer Konzentration von ca. 0,04 % (…) ein natürlicher Bestandteil der Luft und entsteht sowohl bei der vollständigen Verbrennung von kohlenstoffhaltigen Substanzen unter ausreichendem Sauerstoff als auch im Organismus von Lebewesen als Kuppelprodukt der Zellatmung.
Technisch gewinnt man Kohlendioxid durch Verbrennen von Koks mit überschüssiger Luft oder als Nebenprodukt beim Kalkbrennen. Kohlendioxid kommt in Feuerlöschern und Klimaanlagen zum Einsatz. (…) Technisch gewinnt man Kohlendioxid durch Verbrennen von Koks mit überschüssiger Luft oder als Nebenprodukt beim Kalkbrennen (…). Kohlendioxid kommt auch in Feuerlöschern zum Einsatz (…) In zunehmendem Maße kommt Kohlendioxid (…) in Klimaanlagen zum Einsatz. (…)

(Hervorhebungen von uns.)

Mit Dank auch an Ralf S, Alexander F. und Jörg N.

Nachtrag, 6.12.2006. Auch ‘ne Lösung: Bild.de hat den “Mehr zum Thema”-Kasten im Artikel durch ein “Auto-Bild”-Video von der “Essen Motor Show 2006” ersetzt, den “Mehr zum Thema”-Kasten selbst aber so belassen, wie er ist.

Wird passend gemacht

“Es ist die Pop-Sensation des Jahres!”

Das waren die Worte der “Bild”-Zeitung vom 20. November, als das Blatt ankündigte, dass “Deutschlands angesagteste Band” anderthalb Wochen später “exklusiv nur für BILD-Leser” ein Gratis-Konzert in Neubrandenburg geben werde.

Am 22. November dann meldete “Bild”:

“Schon nach wenigen Stunden haben sich gestern zigtausend Fans für die Verlosung der 5000 Karten angemeldet.”

Und heute nun, drei Tage nach der “Pop-Sensation des Jahres”, meldet “Bild” Vollzug (siehe Ausriss): “Super Stimmung und viele strahlende Gesichter” haben die “Bild”-Reporter am Freitagabend in Neubrandenburg entdeckt: “Kein Weg war den kleinen Anhängern zu weit, um ihre Idole im ‘Jahn Sport Forum’ live zu erleben (…).”

Merkwürdig nur, dass “Bild” nun “3000 Kinder” glücklich gemacht haben will, wiewohl doch, wir erinnern uns, “zigtausend Fans” für die “5000 Karten” angemeldet waren. Ein Tippfehler?

Eher nicht. Schon am Morgen nach dem Konzert meldete die Nachrichtenagentur dpa:

“Das Benefizkonzert der Pop-Band ‘Tokio Hotel’ ist am Freitagabend ohne das befürchtete Chaos in Neubrandenburg über die Bühne gegangen. Statt der erwarteten 5000 Fans kamen nur rund 2500 meist 10 bis 14 Jahre alte Mädchen in elterlicher Begleitung in die Stadt (…), teilte die Polizei am Samstag mit.”

“Tokio Hotel: Fans, wo wart ihr?” überschreibt denn auch Viva.tv einen Bericht über die vermeintliche “Pop-Sensation”. Und Bild.de? Feiert den bedauerlichen Charity-Flop mit einem großen “Seite 1”-Teaser unbeirrt als:

Gibt’s das auch für Chile?

Heute nachmittag gegen 17.04 Uhr schickte uns BILDblog-Leser Lars B. folgenden Screenshot der Bild.de-Startseite zur Kenntnisnahme:

Aber okay: Sowas kann passieren. Außerdem hat Bild.de die neben der Anzeige (links) vielleicht wirklich etwas deplaziert wirkende Meldung (rechts) längst ausgetauscht. Aber ja. Um 19.49 Uhr schickte uns BILDblog-Leser Niklas F. einen Screenshot, der zeigt, dass nun etwas ganz anderes neben der Anzeige steht. Aber sehen Sie selbst:

Mit Dank an Lars B. und Niklas F.

Blättern:  1 ... 46 47 48 ... 98