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Knallhart recherchiert

Anders als bei dieser gemeinsamen Aktion von “Bild” und Lidl hat der Presserat nun u.a. die “Bild”-Zeitung “wegen Schleichwerbung” gerügt. In einer aktuellen Pressemitteilung heißt es dazu:

BILD hatte unter Angabe von Preisen über das erstmalige Angebot von Reisen durch einen Lebensmitteldiscounter berichtet und dabei auf eine telefonische Bestell-Hotline und eine Internetseite hingewiesen.

Und tatsächlich war (nachdem “Bild” vorab schon mal berichtet hatte) am 4. Januar folgender Artikel erschienen:

“Bild” schrieb (für alle, die das jetzt nur schwer entziffern können):

Ab morgen gibt’s beim Lebensmittel-Discounter ALDI auch Urlaub! BILD hat die besten Angebote jetzt schon recherchiert.
(Hervorhebung incl. Ausrufezeichen von “Bild”)

Es folgten fünf Angebote, weitere Ausrufezeichen sowie der — bereits vom Presserat erwähnte — fettgedruckte Hinweis auf Bestell-Hotline und Internetseite. Dann war der Artikel zu Ende.

Am 5. Januar fand sich in “Bild” folgende halbseitige Aldi-Anzeige mit allen (!) tags zuvor von “Bild” recherchierten (!) Angeboten (die damals übrigens nicht nur die “besten”, sondern auch die einzigen Angebote waren) samt Bestell-Hotline und Internetseite:

Und am 6. Januar meldete “Bild” Vollzug fand sich schließlich noch folgende kleine Meldung auf der “Bild”-Titelseite:

Für “Bild”-Chef Kai Diekmann handelt es sich bei dem ursprünglichen Aldi-Artikel um “einwandfreie journalistische Arbeit”, die (wie es weiter in einer “Bild”-Pressemitteilung heißt) “allein das Informationsinteresse der Öffentlichkeit” befriedigt habe.

Die Rüge des Presserats hingegen sei “inakzeptabel” und stelle einen “massiven Angriff auf das journalistische Selbstverständnis” dar, bei dem sich der Presserat von “politischen Beweggründen” habe leiten lassen*.

*) Um welche “politischen Beweggründe” es sich bei der Entscheidung des Presserats handeln soll, lässt “Bild” offen. Wir haben deshalb bei “Bild” angefragt — und melden uns wieder, sobald wir eine Antwort erhalten haben.
 
P.S.: Öffentlich gerügt wurde “Bild” zudem für “einen Verstoß gegen die wahrhaftige Berichterstattung nach Ziffer 1 sowie eine unangemessen sensationelle Darstellung (Ziffer 11) und Diskriminierung (Ziffer 12)”. Der Presserat schreibt über den Artikel, “der sich mit der Nutzung eines Hauses als Heim für schwererziehbare Kinder und der Bürgerbewegung gegen dieses Heim befasste”:

Die Zeitung hatte unter der Überschrift “Ein Dorf hat Angst” und “Behörde will Heim für Kindergangster im friedlichen […] eröffnen” berichtet und zudem ein ungekennzeichnetes Symbolfoto beigestellt, das einen mit einem Messer bewaffneten Jungen zeigte. (…) Die Zeitung hatte dadurch insgesamt den Eindruck erweckt, als sollten in dem Heim gefährliche Kinder und Jugendliche untergebracht werden. Durch die übertriebene Beschreibung der Ängste eines Teiles der Bevölkerung wird die Situation unangemessen und nicht wahrheitsgemäß berichtet.

Mehr dazu hier, hier, hier und hier.

Allgemein  

W. wie Wiederholungstäter

Daniela W. starb 2001 an Krebs. Doch weil Daniela W. letztlich doch nur als exemplarisches Schicksal im Zusammenhang mit einem ganz anderen Fall herhalten muss, erscheint es uns überaus einleuchtend, dass “Bild” sich gestern offenbar entschieden hatte, den Nachnamen von Daniela W. durch Abkürzung zu anonymisieren.

Weniger einleuchtend erscheint uns hingegen wieder einmal, dass es “Bild” nicht gelungen ist, den Nachnamen von Daniela W. auch auf dem großen Foto ihres Grabsteins unkenntlich zu machen.

Mit Dank an Simon H. für den Hinweis und Daniel F. für den Scan.

Fehlerquelle: Bild.de

Auf Bild.de gibt es ja inzwischen auch Videos. “Top-Videos” heißen die. Es handelt sich dabei in der Regel um Bewegtbilder verschiedener Nachrichtenagenturen, die von Bild.de neu betextet werden. Wenn beispielsweise Michael Jackson nach Japan geflogen ist und die Agentur AP bei seiner Ankunft in Tokio mit der Kamera dabei war, dann hört man bei Bild.de mit Quellenangabe “Quelle: AP” anschließend, Jackson sei nach Japan geflogen, “um seinen Nippon-Freunden die Yens aus der Tasche zu ziehen”. Und weiter:

Für (…) umgerechnet 2700 Euro pro Person durften sich die Fans auf Jackos Meet-and-Greet-Party ganze 30 Sekunden lang mit ihrem Idol unterhalten und ablichten lassen.

Besonders dumm an diesem Bild.de-Bericht ist allerdings, dass selbst die “Quelle: AP” korrekterweise zu berichten weiß, dass die Jackson-Party noch gar nicht stattgefunden hat, sondern erst am kommenden Donnerstag stattfinden soll.

Andererseits: Ab kommenden Freitag stimmt’s ja dann.

Mit Dank an Jürgen K. für den Hinweis.

Neue Antwort auf “Bild”-Frage aufgetaucht

Am 19.1.2007 (also ausgerechnet wenige Tage vor einer wichtigen parteiinternen Wahl) stellte die “Bild”-Zeitung in einer kleinen “BILD-Exklusiv-Story” über den brandenburgischen CDU-Politiker Sven Petke die Frage: “Ist Petke ein Raffke?” Und schaut man sich den damaligen “Bild”-Artikel [pdf] an, hat man den Eindruck, “Bild” beantworte die Raffke-Frage mit einem klaren Ja. Aber das war offenbar ein Fehler.

Nach Lektüre der heutigen Gegendarstellung Petkes zum damaligen “Bild”-Artikel nämlich ist der Eindruck, den “Bild” erweckt, plötzlich ein ganz anderer, geradezu gegenteiliger. Denn Petke nennt fast alles, was “Bild” ihm damals vorwarf, “unzutreffende Darstellungen” — und in einer “Anmerkung der Redaktion” fügt “Bild” nur hinzu:

"Herr Petke hat recht."

Genug gerettet

Wir haben zwar nur noch 13 Jahre, um die Erde zu retten (siehe “Bild” vom 23.2.). Aber “Bild” hält nicht mal 14 Tage durch und titelt heute:

"Wir sollen nicht mal mehr in Urlaub fliegen!"

Und wer ist Schuld? Unsere Politiker natürlich, die sich mit immer neuen Vorschlägen zur Rettung der Erde überschlagen! So jedenfalls steht’s heute in “Bild”:

Jetzt überschlagen sich unsere Politiker mit immer neuen Vorschlägen zur Rettung der Erde! Aber sind alle auch wirklich sinnvoll?

Umweltexperten und Spitzenpolitiker aller Parteien plädieren für mehr Urlaub in Deutschland – statt Flugreisen in alle Welt. Im Klartext: Wir sollen auf Mallorca verzichten!

(…) DOCH RETTE ICH WIRKLICH DIE ERDE, WENN ICH NICHT MEHR IN DEN URLAUB FLIEGE?

(…) Der Flugverkehr verursacht laut Touristikbranche gerade mal ein Prozent des weltweiten Ölverbrauchs.

Aha! In letzter Zeit las sich das noch ganz anders. Da überschlug sich “Bild” mit immer neuen Vorschlägen zur Rettung der Erde (siehe hier, hier und hier) und u.a. mit diesem:

"Auf häufige Flugreisen verzichten (pumpen Abgase direkt in die Atmosphäre)" - "Die Flüge müssen weltweit eingeschränkt werden" - "Flugreisen umplanen: Weniger Flugreisen (dafür lieber länger vor ort bleiben) oder Touren im Deutschland (möglichst mit dem Zug)"

Vermutlich bastelt man bei “Bild” schon emsig an einer großen “Klima-Wut”-Kampagne.

In eigener Sache (BILDblog unerwünscht)

Zunächst das Kleingedruckte:

Der Nutzer verpflichtet sich, nicht gegen geltende Rechtsvorschriften und etwaige vertragliche Bestimmungen zu verstoßen. Er verpflichtet sich insbesondere dazu, daß etwaige von ihm verbreiteten Inhalte keine Rechte Dritter (z.B. Urheberrechte, Patent- und Markenrechte) verletzen, daß die geltenden Strafgesetze und Jugendschutzbestimmungen beachtet werden und daß keine rassistischen, pornographischen, obszönen, beleidigenden oder für Minderjährige ungeeigneten Inhalte verbreitet werden. (…) Bild.T-Online behält sich das Recht vor, eingesandte Inhalte nicht zu veröffentlichen. (…) Kommunikation über Meinung-live.de findet häufig in Echtzeit statt und wird von den Benutzern direkt auf www.meinung-live.de in einem der Foren (bzw. Chats) veröffentlicht. Eine redaktionelle Überprüfung dieser Echtzeit-Kommunikationsinhalte findet nicht statt, sodaß Bild.T-Online für diese Inhalte keine Haftung und Verantwortung übernimmt.
(Aus den AGB von meinung-live.de)

Zu dem umfänglichen Angebot von Bild.de gehört auch das kostenlose Sportforum meinung-live.de. Wie uns nun mehrere Leser mitteilen, ist die Erwähnung von BILDblog.de im Bild.de-Forum unerwünscht und wird ungefragt in “meinung-live.de” geändert, was gelegentlich zu seltsamen Meinungsäußerungen führt.

Auf Anfrage eines Nutzers von meinung-live.de antwortete der für zahlreiche BILDblog-Zensuren zuständige Moderator “alex190” (Lieblingsgetränk: “Zirndorfer Landbier”):

Nachdem BILDblog.de eine Seite gegen die “Bild”-Zeitung ist, wird der Link automatisch oder durch einen Moderator ersetzt. Die “Bild”-Zeitung besitzt und bezahlt dieses Forum und kann demnach dann auch erwarten, dass hier im Forum keine Inhalte sind, die gegen die “Bild”-Zeitung sind.
(Originaltext von uns sprachlich geglättet.)

P.S.: Hier kann man sich kostenlos bei meinung-live.de anmelden und z.B. in lustigen Experimenten ausprobieren, was passiert, wenn man versucht, auf BILDblog.de zu verlinken.

Mit Dank an Mark U. und mariche.

Kurz korrigiert (318)

Also, dass Waldemar Klein, wie man seit den Morgenstunden einer Fotobetextung auf Bild.de entnehmen kann, auch Ehrenpräsident von Eintracht Frankfurt sein soll, ist uns neu.

Mit Dank an Stephan N., Markus S. und Thorsten A.

Nachtrag, 16.15 Uhr: Nun ist Klein auch für Bild.de nicht mehr “Frankfurts Ehrenpräsident”.

neu  

Unverbesserlich

Im September 2004 rügte der Presserat die “Bild”-Zeitung wegen der Verletzung von Persönlichkeitsrechten. Unter der Überschrift “Sie ist die Mutter des toten Babys vom Gruselwald” hatte “Bild” zwei Monate zuvor über eine 15-Jährige berichtet, der vorgeworfen wurde, ihr neugeborenes Kind getötet zu haben. Illustriert hatte “Bild” den Artikel mit einem Foto des Mädchens, das zwar gepixelt war, nach Ansicht des Presserats “jedoch trotzdem eine Identifizierung zuließ”.

Heute nun berichtet “Bild” im Raum Rhein-Neckar unter der Überschrift “Das Horror-Geständnis der Todes-Mutter” über eine 24-Jährige, der vorgeworfen wird, ihr neugeborenes Kind in einer Plastiktüte im Gebüsch vor einem Krankenhaus abgelegt zu haben, wo es kurz darauf verstarb. (Die Polizei fahndete deshalb in den vergangenen Tagen intensiv nach der mutmaßlichen Kindsmutter und veröffentlichte sogar ein von einer Überwachungskamera gemachtes — und vorgestern natürlich auch von “Bild” gezeigtes — Fahndungsfoto der Frau, die sich gestern schließlich selbst stellte.) “Bild” nennt heute jedoch nicht nur ihre Haarfarbe, Statur und Nationalität sowie Wohnort und Lebenssituation, sondern illustriert den Artikel zudem mit einem großen Paparazzifoto (“die Mutter verlässt gerade das Amtsgericht Lampertheim”), das zwar mit einem schwarzen Balken über den Augen versehen ist…

… doch bereits damals, im September 2004, hatte der Presserat die “Bild”-Redaktion ausdrücklich daran erinnert, “dass Maßnahmen zur Anonymisierung einer Person auch wirksam sein müssen. So müssen Augenbalken soviel verdecken, dass eine Identifizierung über die nicht verdeckten Teile eines Gesichtes nicht möglich ist”.

Dem haben wir nichts hinzuzufügen.

Mit Dank an den Hinweisgeber.

Nachtrag, 8.3.2007: Die identifizierende Darstellung der “Todes-Mutter” hat für “Bild” offenbar Methode. Am 3. und 5. März sahen die entsprechenden “Bild”-Berichte, die weitere Details zum Lebensumfeld der Frau enthielten, so aus:

Mehr dazu hier.

“Bild”-Überschrift ging in die Hose

In Wien hatte am Dienstag ein mit einer Spielzeugpistole bewaffneter Mann eine Bawag-Bank überfallen, Geiseln genommen, mehrfach telefonisch mit der Polizei verhandelt, zwischenzeitlich Zigaretten und Cola geordert, nach mehreren Stunden aufgegeben und sich festnehmen lassen. Auch “Bild” berichtete darüber (siehe Ausriss):

"Hier hat sich ein Geisel-Gangster vor Angst in die Hose gemacht"

Und es stimmt: Der Täter hatte sich offenbar, kurz bevor er aufgab, “in die Hose gemacht” — jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach nicht “vor Angst”, wie “Bild” behauptet. Denn auch wenn man es kaum fassen kann: Arpad Hagyo, ein Journalist der Tageszeitung “Österreich”, hatte (laut Watchblog oesterreichblog.twoday.net “ohne Auftrag der Redaktion”) kurz vorm Ende der Geiselnahme in der Bankfiliale angerufen und ein ebenso absurdes wie umstrittenes Interview mit dem Geiselnehmer geführt (O-Ton: YouTube, Transkript: ZEITblog). Und darin klingt der Geiselnehmer nicht nur alles andere als ängstlich, er gibt zudem selbst einen deutlichen Hinweis, wie es zu dem großen nassen Fleck im Schritt kommen konnte. Wir zitieren — in hochdeutscher Übersetzung — die entscheidende Passage:

Geiselnehmer: (…) ich sag’ dir mal was, Märchenprinz: Ich hab’ weder Zigaretten gekriegt noch sonst was. Und jetzt werden wir nochmal anrufen, damit wir endlich aufs Klo gehen können. Denn das Klo ist abgesperrt.
Journalist: Wirklich? Wieso ist es abgesperrt?
Geiselnehmer: Na, weil es zu ist. (…)
Journalist: Ist das normal dort?
Geiselnehmer: Nein, das ist nicht normal.

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