“Wir wollen weiterhin die Themen setzen,
über die Deutschland spricht. Daher ist es wichtig,
dass wir dort sind, wo die Nachrichten entstehen.” (“Bild”-Chef Kai Diekmann im Mai 2007 über den “Wunsch der Redaktion”, nach Berlin umzuziehen)
Gestern abend hat der Vorstand der Axel Springer AG (“gegen den Willen der Redaktionen”) den angekündigten Umzug der Redaktionen von “Bild” und “Bild am Sonntag” nach Berlin beschlossen. Ein gute Gelegenheit also, mal kurz daran zu erinnern, was “Bild”-Chef Kai Diekmann noch im März 2005 in einem Interview über Berlin und Hamburg zu sagen hatte:
medienhandbuch.de: Sehr geehrter Herr Diekmann, der Axel-Springer-Verlag hat sich nach der Wiedervereinigung verstärkt auf den Standort Berlin konzentriert. Die “Welt”-Zentralredaktion ist an die Spree gezogen. Was hält die “Bild”-Bundesredaktion in Hamburg?
Bild-Chefredakteur Kai Diekmann: Die Hamburger Ausgabe von “Bild” ist immer noch die mit großem Abstand profitabelste und personell stärkste. Hiervon profitiert auch die Bundesredaktion. Bei aller Attraktivität von Berlin sollte man im übrigen nicht vergessen, dass Axel Springer seine Wurzeln in Hamburg hat und die großen Titel hier gegründet wurden.
(…)
medienhandbuch.de: Welche Vorzüge bietet Hamburg als Medienstandort, besonders für Verlage und Druckhäuser? Welche Nachteile?
Diekmann: Erstens: Die hohe Attraktivität der Stadt. Zweitens: Das schlechte Wetter. Sonnenschein lässt Menschen an alles denken, aber nicht an Arbeit. Drittens: Die Distanz zur Politik. Nachteile fallen mir keine ein.
Aber dass man nicht alles, was der “Bild”-Chef sagt, auch glauben sollte, ist ja bekannt.
Vorgestern schrieb “Bild” über Giulia Siegel (siehe Ausriss):
So unversiegelt haben wir diese Dame ja noch nie gesehen!
Und obwohl es einen Satz später hieß, dass Siegel für das Männermagazin “Maxim” (O-Ton “Bild”: “ab morgen im Handel erhältlich”*) jetzt “die Hüllen fallen” lasse, muss mit dem Wort “unversiegelt” doch etwas ganz anders gemeint sein als unbekleidet (oder fast unbekleidet).
Denn so unbekleidet wie im aktuellen “Maxim” haben “wir” diese Dame schließlich schon im Playboy (03/99) gesehen. Und nicht nur wir: “Bild” (genauer gesagt: Katja Kessler, die spätere Ehefrau des “Bild”-Chefredakteurs Kai Diekmann) schrieb am 30.6.1999:
Giulia — gerade begeisterte sie mit megaheißen Nacktfotos für das Männermagazin “Playboy”.
Vorgestern sorgte ja ein Weblog-Eintrag des “Welt am Sonntag”-Redakteurs Alan Posener für einigen Wirbel, weil er sich kritisch mit dem “Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann auseinandergesetzt hatte. Groß war der Wirbel aber insbesondere, nachdem Poseners Beitrag, erschienen im Angebot von “Welt Online”, gelöscht worden war, weil “die Axel Springer AG” darin “die Entgleisung eines einzelnen Mitarbeiters” bzw. “eine höchst unkollegiale Geste” entdeckt zu haben glaubte (wir berichteten).
Heute nun entdecken wir im Satire-Ressort von Welt.de folgende (lustig gemeinte) Umfrage:
Die Abstimmung sah allerdings gestern (wie wir aus glaubhafter Quelle erfuhren und uns verschiedene Suchmaschinen bestätigen) noch anders aus. Nämlich so:
Mit Dank an Ralph K. für den Hinweis!
Nachtrag, 15.5.2007: Wie die Abstimmung ausging, ist nicht bekannt. Sie wurde heute durch eine neue ersetzt. Zuletzt aber lag Kai Diekmann Knut mit 49 Prozent der abgegebenen Stimmen fast uneinholbar vorn.
Heute vormittag wurde bekannt, dass Bundespräsident Horst Köhler das Gnadengesuch des ehemaligen RAF-Terroristen Christian Klar abgelehnt hat. Auch Bild.de berichtet darüber und schreibt:
Das Präsidialamt stellte jedoch eine weitere Prüfung in Aussicht: “Der Bundespräsident wird zu gegebener Zeit erneut und von Amts wegen über das Gesuch befinden.
Zugleich mit Klars Gnadengesuch wies Köhler auch das Gesuch der ebenfalls inhaftierten Ex-RAF-Terroristin Birgit Hogefeld (50) ab, einer Leitfigur der dritten RAF-Generation.” (Bild.de, Stand ca. 15.30 Uhr)
Was Bild.de schreibt, findet sich fast wörtlich auch in verschiedenen Agenturmeldungen wieder — dort allerdings in einem völlig anderen, dafür aber korrekten Zusammenhang:
Zugleich wies Köhler auch ein Gnadengesuch des ebenfalls inhaftierten Ex-RAF-Mitglieds Birgit Hogefeld ab. “Der Bundespräsident wird jedoch zu gegebener Zeit erneut und von Amts wegen über das Gesuch befinden”, heißt es weiter. (dpa, ca. 12.54 Uhr)
Zu Hogefeld, deren Urteil zu lebenslanger Freiheitsstrafe am 6. Januar 1999 rechtskräftig wurde, schrieb das Präsidialamt: “Der Bundespräsident wird jedoch zu gegebener Zeit erneut und von Amts wegen über das Gesuch befinden.” (AP, ca. 13.10 Uhr)
Mit Dank an die Hinweisgeber.
Nachtrag, 16.25 Uhr: Plötzlich hat’s auch Bild.de gemerkt und einfach die Reihenfolge der beiden, oben zitierten Absätze geändert.
Im Raum Bremen berichtet “Bild” heute über ein Basketballspiel der Eisbären Bremerhaven gegen die Oldenburger EWE Baskets und zitiert “Baskets-Coach Beck (Foto)” mit den Worten: “Ich bin sehr traurig.” Und angesichts der gewählten Bebilderung sind wir es auch:
Wobei …
… eigentlich könnten wir auch froh sein, dass die Meldung nicht noch ganz anders bebildert wurde.
Mit Dank an Guido F., Andy S. und Daniel O. für Hinweis und Scans.
Nachtrag, 8. Mai(Mit Dank an Guido F.!): Alle Achtung! “Bild”-Bremen bittet heute “vielmals um Entschuldigung” für den falschen Beck.
Da freuen wir uns aber. Was für eine Verstärkung. In einer Stadt, in der so viele von staatlichen Alimenten leben, kommen uns 700 Menschen zur Hilfe, die auch vor wirklich schmutziger Arbeit nicht zurückschrecken. Sie werden sich hier wohl fühlen, die Bild-Kollegen. (…)
“Es ist wichtig, dass wir dort sind, wo die Nachrichten entstehen”, hat Kai Diekmann gesagt.
Wir können uns auf ein spannendes Experiment freuen. Was ist stärker? Die Meldung über tatsächliche Ereignisse in der politischen Hauptstadt? Oder die Falschmeldungen, die Bild-Mitarbeitern ohnehin einfallen, gleichgültig wo sie arbeiten? (…)
Gut, gut: Die gestrige Falschmeldung der “Bild”-Zeitung über die Popgruppe Tokio Hotel war vielleicht wirklich zu falsch, um sie nur in der blatteigenen “Korrekturspalte” zu berichtigen. Stattdessen steht die “Tokio Hotel”-Berichtigung heute auf Seite 4 und sieht so aus:
Gestern zeigte BILD ein Foto von Tom Kaulitz (17), Gitarrist in Deutschlands erfolgreichster Rockband “Tokio Hotel”, und einer unbekannten Schönheit – beim zärtlichen Küssen.
Jetzt stellt sich heraus: Der junge Mann auf dem Bild ist gar nicht Tom – sondern ein (Kuss)–Doppelgänger. (…)
Und mal abgesehen davon, dass wir im ersten “Bild”-Satz nirgends die Wörter fälschlicherweise und vermeintlich finden können — haben wir wieder was gelernt: Wenn ahnungslose “Bild”-Redakteure in Europas größter Tageszeitung irgendwas veröffentlichen, ohne zu wissen, ob’s stimmt, dann heißt Entschuldigung auf BILDisch:
Suuuper Geschichte, die Bea Swietczak und Mark Pittelkau da für ihren Arbeitgeber “Bild” aufgetan haben:
Die Geschichte hat nur einen kleinen Haken (eigentlich sogar drei):
Die “zärtliche Freundin” ist keine “geheimnisvolle Schöne”, sondern eine gewisse Svenja, die laut Bravo.de “für Tokio Hotel-Fans keine Unbekannte” sei.
Der junge Mann auf dem “Bild”-Foto ist nicht “Tokio-Tom”, sondern Svenjas Freund Chris.
Und die “Bild”-Geschichte ist darum nur eine Suuuper-Ente.
Mit Dank an Paul R., Anna K., Kessi und Claudia P.
Nachtrag, 15.29 Uhr:Viva.tv und Chart-king.de beispielsweise haben die Sache trotzdem blind aus “Bild” abgeschrieben und weiterverbreitet, Letmeentertainyou.com auch, aber inzwischen immerhin richtiggestellt.
Nachtrag, 4.5.2007: “Bild” hat die Ente heute, nun ja, berichtigt.
Wer den “Sport”-Bereich von Bild.de anklickt, dem kann es derzeit passieren, dass folgendes Viereck auf dem Bildschirm erscheint:
Und tatsächlich lauten die ersten Fragen:
Nutzen Sie zumindest gelegentlich den Sportbereich von Bild.T-Online?
Wie häufig nutzen Sie den Sportbereich von Bild.T-Online?
Welche Inhalte im Sportbereich von Bild.T-Online finden Sie interessant?
Dann aber nimmt der Umfrageverlauf eine überraschende Wendung:
Die weiteren Fragen der “Bild.T-Online Sportumfrage” lauten:
Welche der folgenden Paketdienste, also Anbieter, über die man Pakete und Päckchen verschicken kann, kennen Sie, wenn auch nur dem Namen nach?
Von welchen der folgenden Paketdienste haben Sie in letzter Zeit Werbung im Internet gesehen?
Haben Sie die folgende Werbung von DHL schon einmal im Internet gesehen?
Wie gut gefällt Ihnen diese Werbung von DHL?
Wo ist Ihnen Werbung für DHL sonst noch aufgefallen?
Wie interessant finden Sie das Gewinnspiel von DHL?
Und so weiter, und so fort.
Man könnte meinen, es handele sich bei dieser “Bild.T-Online Sportumfrage” eigentlich um eine DHL-Anzeige. Obwohl: Dann wäre sie ja bestimmt (insbesondere im Startfenster) auch als solche gekennzeichnet!
Mit Dank an O. für den Hinweis.
Nachtrag, 3.5.2007: Zahlreiche BILDblog-Leser berichten uns, ähnliche Umfragen auch in anderen Nachrichtenportalen wie “Spiegel Online” oder sueddeutsche.de entdeckt zu haben. Das macht die Sache nicht besser…
Hinweis: Der folgende Eintrag kann Spuren von Irrelevanz enthalten.
In der ehemals umstrittenen RTL2-Show “Big Brother”, in der man jungen Menschen eine Zeitlang beim Wohnen zuschauen kann, ist derzeit unter den Kandidatinnen eine gewisse Doreen, die von RTL2 häufig “Bild”-Girl genannt wird, weil sie “aus 41 Teilnehmerinnen zum Bild-Montagsmädchen 2006 gewählt wurde” (Quelle: big-brother.de).
Und tatsächlich: Seit dem 16. Januar 2006 sucht die “Bild”-Zeitung ja “ganz normale Frauen, die zeigen wollen: Ich bin auch sehr sexy”, um sie montags und zumeist barbusig auf der “Bild”-Titelseite aufzubilden. Am 11. September 2006 traf es Doreen. Am 29. Dezember dann forderte “Bild” ihre Leser dazu auf, unter den “nackten Mädels auf der Titelseite” (Kai Diekmann) das “schönste Montagsmädchen von BILD” zu wählen. Und bereits am 3. Januar dieses Jahres stand das Ergebnis fest: Mit rasanten “8,12%” (und einem Abstand von 0,5% vor der Zweitplatzierten) gewann… Doreen, das “BILD-Montagsmädchen”.
Wie “Bild” einen Mann für das Montagsmädchen suchte
“So sexy, so allein — BILD sucht für das Montagsmädchen einen Mann. (…) Wenn SIE Doreen kennenlernen möchten, schreiben SIE an [email protected]. Wir leiten die Mails an Doreen weiter.” (“Bild” vom 5.1.2007)
“Alle wollen das Montags-Mädchen von BILD — Single Doreen (23) macht die Männer verrückt” (“Bild” vom 6.1.2007)
“BILD-MONTAGSMÄDCHEN DOREEN — Das 1. Rendezvous” (“Bild” vom 8.1.2007)
“BILD-Montagsmädchen Doreen trifft Heiko — Mit dem Bestatter will ich nicht in die Kiste” (“Bild” vom 11.1.2007)
“Das BILD-Montags-Mädchen ist immer noch Single — Welcher Mann macht sie am meisten an? (…) 600 Männer haben sich bei montagsmä[email protected] gemeldet: Sie wollen Doreen unbedingt kennenlernen. (…) Doreen hat für BILD noch mal 5 Bewerber rausgefischt.” (“Bild” vom 24.1.2007)
Doch mit Doreens Sieg war die Sache für “Bild” noch nicht erledigt, im Gegenteil: Denn nun schickte “Bild” das “BILD-Montagsmädchen” zum “Bild”-Freund “Starfriseur” Udo Walz, ließ Doreen “den neuen Busenschmuck” testen, begleitete sie zum Fotoshooting einer Männerzeitschrift und suchte zwischenzeitlich ihren “verlorenen Halbbruder” (“André, wenn du das liest, melde dich bei BILD!”). Vor allem aber suchte “Bild” in großzügig bebilderten Berichten tagelang, aber erfolglos “einen Mann” für Doreen(siehe Kasten).
Und auch, als das “BILD-Montagsmädchen” plötzlich “Big Brother”-Kandidatin war, berichtete “Bild”:
Die Friseurin aus Jena, von BILD-Lesern zum schönsten Seite-1-Girl gewählt, zeigte gleich nach dem Einzug beim Duschen ihren Traumbusen – pflegt ihn, rubbelt ihn kräftig ab. Single Doreen hat Sinan (29, aus Duisburg) sofort den Kopf verdreht. (…) Hat Doreen ihren Traummann ausgerechnet im TV-Knast (zuletzt über 1 Mio. Zuschauer) gefunden? Knallt es bald richtig bei Big Brother? Doreen hatte schon lange keinen Sex (…).
Heute aber berichtet “Bild” nicht.* Dabei gäbe es allem Anschein nach durchaus Neuigkeiten — zumindest für Karsten aus Hessen, Chris aus Sarasota/USA, Stefano aus Boston/USA, Hermann aus Augsburg, Martin aus Rees, Frankie aus Hamburg, Sebastian aus Leipzig und all die anderen, die an der “BILD sucht für das Montagsmädchen einen Mann”-Aktion Anteil genommen hatten (und deren Zuschriften “Bild” zum Teil nicht nur an Doreen weiterreichte, sondern auch in “Bild” veröffentlichte). Und für “Bild”. Die Neuigkeiten stehen seit gestern z.B. bei Bild.de und lauten:
Nach Sex mit Sinan: Doreen lässt ihren Freund sitzen
(…) Sie hat endlich zugegeben, was sie so lange verheimlichen konnte. Sie war längst kein Single mehr. “Big Brother” holte den Freund am Montag in die Live-Show. Da erklärte Hobby-DJ Sebastian unter Tränen, er liebe Doreen seit zwei Jahren. Nur ihrer Model-Karriere zuliebe habe das Paar die Beziehung geheim gehalten.
Interessant, oder? Doch, doch! Denn entweder hat hier eine 23-jährige Friseurin aus Jena die “Bild”-Zeitung über Monate hinters Licht geführt. Oder nicht.
Mit Dank an Raimo W. und Klaus H. für den Hinweis.
*) Nachtrag, 3.5.2007(mit Dank an Markus E. für Hinweis und Scan): Zumindest im Raum Thüringen hatte gestern auch die gedruckte “Bild” unter der Überschrift: “Seite-1-Girl serviert Freund eiskalt ab” berichtet: “Container-Luder Doreen (23) hat entschieden: (…) Kurzzeit-Container-Liebe statt Langzeitbeziehung. (…) Zwei Jahre war sie mit dem DJ zusammen, verheimlichte die Beziehung.” Wem sie ihre Beziehung “verheimlichte”, steht aber auch in der “Bild”-Thüringen nicht.