In den vergangenen eineinhalb Jahren sind zwei Kinder in den USA von umfallenden Ikea-Kommoden der Serie „Malm“ getötet worden.
So weit ist der Artikel, den “Focus Online” heute früh veröffentlicht hat, korrekt.
Nun wird Ikea aktiv und ruft 27 Millionen Exemplare der Kommode zurück.
Das ist dann allerdings Quatsch. Und “Focus Online” schreibt sogar selbst, warum:
Genauer gesagt erhalten “Malm”-Kunden ein kostenloses Kit zum Anschrauben der Kommode an ihre Wand.
Noch “genauer gesagt” ist die Rückruf-Aktion überhaupt keine Rückruf-Aktion. Sondern eine Kampagne, mit der die amerikanische Behörde für Produktsicherheit (CPSC) und Ikea vor umkippenden Möbeln im Allgemeinen warnen wollen.
So schreiben es auch die meisten Medien:
Nur “Focus Online” behauptet seit über zehn Stunden, Ikea rufe die 27 Millionen Möbelstücke zurück:
Als Quelle gibt das Portal den US-Sender CNBC an. Dort steht auch tatsächlich:
In einem Update unter dem Artikel heißt es allerdings:
Update: This article has been updated to reflect that the recall does not require owners to return the furniture to the stores.
Aber davon wollen die Leute bei “Focus Online” nichts wissen. Auch auf der Startseite schreiben sie:
Und bei Facebook legen sie und ihre Clickbait-Kumpels von der “Huffington Post” noch eine Schippe Panik drauf:
(Markierung von uns.)
Und es wirkt:
Die Pressestelle von Ikea hat uns heute Abend auf Anfrage bestätigt, dass die Behauptung von “Focus Online” falsch ist. In einem Statement heißt es:
IKEA hat aktuell in den USA die Secure it! Kampagne veröffentlicht, die auf die Gefahr von umkippenden Möbeln im Allgemeinen hinweist, wenn diese nicht an der Wand befestigt sind. Bei der Kampagne handelt es sich nicht um einen Produktrückruf. IKEA möchte mit dieser Kampagne in Zusammenarbeit mit der Consumer Product Safety Commission (CPSC) auf dieses Gefahrenpotential hinweisen und so Unfälle verhindern.
Und das Traurigste ist: “Focus Online” weiß das schon seit Stunden. Ikea teilte uns mit, man habe “bereits heute morgen bei focus.de darum gebeten, dass die [Falschmeldung] korrigiert wird”. Der Artikel ist noch immer online.
Mit Dank an Bastian B.
Siehe auch: Ikea warnt vor umkippenden Möbeln (test.de)
Nachtrag, 21.40 Uhr: Jetzt hat “Focus Online” den Artikel doch noch (unauffällig) geändert. Die Überschrift lautet nun: “Wegen kippender Möbel: Ikea bietet Kunden Sicherheitskits an”. Einen Hinweis auf den eigenen Fehler gibt es (schon aus Traditionsgründen) natürlich nicht.* Dafür aber einen neuen Artikel zum Thema. Auf der Startseite schreibt „Focus Online“:
*Nachtrag, 1.10 Uhr: Inzwischen findet man am Ende des Artikels doch einen Hinweis:
Hinweis: In einer früheren Version dieses Artikels war von einer Rückrufaktion die Rede. Dies ist nicht richtig. Ikea warnt in den USA davor, dass das Möbelstück kippen kann und liefert die Befestigungen nach.