Die deutschen Medien werden einfach nicht warm mit “Glorious” von Cascada. Seit zwei Wochen suchen sie nach Argumenten, mit denen sie den deutschen Beitrag zum diesjährigen Eurovision Songcontest torpedieren können. Doch nachdem die von ihnen selbst angestoßene Plagiatsdiskussion (BILDblog berichtete) nun endgültig begraben sein dürfte, müssen sie andere Dinge finden, die sie dem Lied vorwerfen können.
Die “Süddeutsche Zeitung” wagte gestern den Versuch, die angebliche Unbeliebtheit des Songs anhand nackter Zahlen zu belegen:
Wer wissen will, wie wichtig die deutschen Musikkäufer das Werk nehmen, werfe einen Blick auf die Hitparaden. So rangiert der Song in den Amazon-Downloadcharts gerade einmal auf Platz 26, und in den von Media Control ermittelten Singlecharts vom 22. Februar, also acht Tage nach dem Gewinn des nationalen Vorentscheids, reicht es auch nur für einen Einstieg auf Rang 36.
Rang 36 ist für ein Lied, das Deutschland beim weltweit größten Trällerwettbewerb vertreten soll, jämmerlich, beinahe so etwas wie die nachträgliche Disqualifikation. Erst recht, wenn man bedenkt, dass dieser Tage manchmal schon zehntausend verkaufte Einheiten für eine Spitzenplatzierung reichen.
Das Fazit der “SZ”:
Was schon am Abend des Sieges deutlich wurde, verfestigt sich nun in Zahlen. Es ist den Menschen hierzulande schlichtweg egal, wer da nach Malmö fährt.
Der letzte Satz ist interessant. Vor allem, weil er in einem Text zu finden ist, der sich, genauso wie unzählige weitere Artikel der letzten zwei Wochen, ausgiebig damit beschäftigt, “wer da nach Malmö fährt”. Und auch sonst hält sich die “Süddeutsche” hier allenfalls an die halbe Wahrheit. Denn es mag zwar stimmen, dass der Song in den Downloadcharts bei Amazon auf Rang 26 (momentan sogar noch schlechter) platziert ist. Bei iTunes stand er hingegen zeitweise in den Top 20, bei Musicload belegt er Platz 14. Im Text wird das verschwiegen.
Die restliche Charts-Argumentation ist schlichtweg falsch. Denn die “jämmerlich[e]” Platzierung in den Singlecharts, von der die Zeitung hier spricht und die belegen soll, wie unbeliebt, wie egal das Lied doch eigentlich ist, dieser läppische Rang 36, der “beinahe so etwas [ist] wie die nachträgliche Disqualifikation” – ist in Wirklichkeit eine Fehlinformation. Denn wie uns Media Control auf Anfrage bestätigte, stand “Glorious” zwar tatsächlich auf Rang 36 – diese Platzierung ergab sich aber aus den Verkaufszahlen vom 8. bis 14. Februar, also aus der Zeit vor dem nationalen Vorentscheid. In der Woche danach verkaufte sich der Titel dann so gut, dass er von Platz 36 direkt auf Platz 6 sprang. Das hatte Media Control am Montag, einen Tag vor Erscheinen des “SZ”-Artikels, auch offiziell mitgeteilt.
Wer also wissen will, wie wichtig die deutschen Musikkäufer das Werk nehmen, und wer das dann auch noch als zentrales Argument in einen Text einbauen will, der werfe, liebe “SZ”, doch auch bitte einen Blick auf die richtigen Hitparaden.
Mit Dank an tisch.