Der medienlese.com-Rückblick auf die 28. Kalenderwoche: Langstreckenraketen, Medienfreiheit, nackte Bloggerinnen.
Das Bild der Woche: Iranische Langstreckenraketen rasen gen Himmel. Bilder des Waffentests von vergangener Woche, die von der iranischen Regierung verbreitet wurde, zeigten vier Raketen. Medien in aller Welt verbreiteten und druckten das Bild – ohne den Fake zu bemerken: Eigentlich starten auf dem Bild nur drei Raketen, eine vierte ist bloß digital kopiert. Damit ist das Foto gleich 33 Prozent weniger bedrohlich!
Ein Stelleninserat klärte die Frage, wo sich in der Blick-Redaktion die Arbeit versteckt. Überraschende Erkenntnis: Sie befindet sich auf den Schultern. “Bei unseren Praktika wird Selbstständigkeit und Eigenverantwortung gross geschrieben. Sie sehen nicht nur über die Schulter des Betreuers, sondern können ihm Arbeit von den Schultern nehmen.”
Marcus Brauchli, von Rupert Murdoch beim Wall Street Journal gegen eine Abfindung von drei bis fünf Millionen US-Dollars entlassen, wurde zum neuen Chefredakteur der Washington Post ernannt.
Das iPhone 3G wurde erstmals an die Endverbraucher ausgeliefert (mehr dazu im Dossier von neuerdings.com). Ob 3G oder G3, das war mindestens drei schweizer Tageszeitungen nicht so wichtig. Eine spannende Innensicht zum Thema Journalisten und iPhone ist von einem unbekannten Autor auf werbewoche.ch zu lesen, “Ich will Pornos auf dem iPhone gucken“. Daraus zitiert: “Und tatsächlich gibt es Journalisten, die noch nie ein Gerät in den Händen hielten, aber ihren mehrseitigen Testbericht längst verfasst haben. Wie das geht, fragen wir. ‘Dank Google und Blogs’, lautet die Antwort.”
Schweizer Politiker gründeten die “Aktion Medienfreiheit” und erzählten den anderen Medien davon in einer Pressekonferenz. Die Website aktionmedienfreiheit.ch, die zurzeit auf medienfreiheit.ch umleitet, wird dabei nie erwähnt. Kein Wunder, sie ist ja nicht mal in der Pressemitteilung erwähnt. Auch Google findet sie derzeit nicht. Nun, Medienfreiheit kann auch die Freiheit sein, sich im Internet zu verstecken.
Ein freier Journalist überfiel innerhalb zweier Jahre 54 “Schlecker”-Filialen in ganz Deutschland, der Playboy wollte von seinen Lesern wissen, welche Bloggerin sie nackt sehen möchten und Perez Hilton glaubte, er sei Truman Capote (wenigstens der von heute): “Ich habe meinen Kapuzen-Pullover an und den Kopfhörer auf. Ich höre ständig Musik. Ich sitze immer in derselben Ecke. Da bin ich Tag und Nacht. Das ist Teil meines Mythos – Perez ist immer da.”
Der meistgelesene medienlese.com-Beitrag letzte Woche war der von Florian Steglich zu einer Meinungsumfrage des Portals Zoomer. Meistgeklickt bei “6 vor 9” wurde der Artikel in der Frankfurter Allgemeinen zum alltäglichen Interview-Autorisierungswahn in Deutschland.