Absolute Binsenweisheiten seien das, “allseits bekannte Spartipps”, manchmal müsse man “sich wirklich fragen: In welcher Welt leben unsere Politiker eigentlich?”, schreibt Ralf Schuler heute. Er und seine “Bild”-Redaktion haben noch eine weitere Frage:
Grund für den Furor sind zwei Videos der baden-württembergischen Landesregierung zum Energiesparen. Ralf Schuler schreibt dazu:
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (74, Grüne) fordert die Bürger in einer neuen Kampagne zum Energiesparen auf.
Darin gibt er ernsthaft die Tipps, z.B. tropfende Wasserhähne zu reparieren, nachts die Heizung herunterzudrehen, undichte Fenster abzudichten. Außerdem solle man die Spülmaschine nur mit viel Geschirr laufen lassen. (…)
Auch Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (62, CDU) gibt Spartipps, rät u.a.: bei Elektrogeräten dem Standby-Modus “den Stecker ziehen”.
Kretschmann und Strobl seien “nicht die ersten Top-Politiker, die mit allseits bekannten Spartipps belehren”:
So rief Wirtschaftsminister Robert Habeck (53, Grüne) zu kürzeren Duschzeiten auf.
Die “Bild”-Redaktion ärgert sich also über Politiker, die so bescheuert sind, völlig offensichtliche Ratschläge zu geben, die jeder schon kennt und niemand mehr hören muss. “Wie lebensfremd muss man sein, um ernsthaft zu glauben, man müsse den Menschen wirklich erklären, dass man die Heizung herunterdreht, wenn man sie nicht braucht?”, schreibt Schuler heute noch zusätzlich in einem Kommentar.
Die Antwort lautet offenbar: so lebensfremd wie die “Bild”-Redaktion.
Während Winfried Kretschmann rät, tropfende Wasserhähne zu reparieren, rät “Bild” in einem Artikel mit Tipps zum Sparen:
Reparieren Sie einen tropfenden Wasserhahn
Während Kretschmann rät, nachts die Heizung herunterzudrehen, rät “Bild” im selben Artikel:
Elektronische Thermostate einbauen, die zeitbasiertes Heizen erlauben (Kosten ab 60 Euro, Ersparnis bis 60 Euro)
Während Kretschmann rät, undichte Fenster abzudichten, rät “Bild” ebenda:
Fenster und Türen abdichten (Kosten ab 13 Euro, Ersparnis bis 35 Euro)
Während Kretschmann rät, die Spülmaschine nur mit viel Geschirr laufen zu lassen, rät “Bild” in einem weiteren Spartipp-Beitrag:
Spülmaschine nur voll anmachen und mit Öko-Taste nutzen. Das spart 110 Euro/Jahr.
Während Thomas Strobl rät, bei Elektrogeräten dem Standby-Modus “den Stecker zu ziehen”, rät “Bild”:
Geräte abschalten. Der Fernseher frisst im Standby-Modus 36 Euro pro Jahr, die Stereoanlage: 28 Euro, PC mit Monitor und Drucker: 25 Euro.
Und während Robert Habeck rät, kürzer zu duschen, rät “Bild”:
Kürzer duschen! Täglich acht Minuten duschen (bei 42 Grad) kostet 513 Euro/Jahr. Mit Sparduschkopf (kostet 20 Euro) und fünf Minuten (bei 38 Grad) sind es nur noch 146 Euro/Jahr. Ersparnis: 367 Euro/Jahr.
Mit einem Punkt hat Ralf Schuler übrigens recht: Für Menschen, “die täglich auf jeden Cent schauen müssen”, um irgendwie über die Runden zu kommen, und das häufig nicht erst, seit sich die Strom- und Gaspreise dramatisch erhöht haben, sind derartige Sparmaßnahmen gewiss nichts Neues und die Tipps wahrscheinlich blanker Hohn – ob sie nun von Winfried Kretschmann oder von der “Bild”-Redaktion kommen.