Des “Spiegels” Umgang mit Moreno, Schweigende Verlage, Gendertracker

1. Was für eine großartige Geschichte!
(faz.net, Anna Vollmer)
Es klingt in der Tat ziemlich bizarr, was Anna Vollmer von Juan Morenos Buchmessen-Gespräch mit Clemens Höges, Mitglied der “Spiegel”-Chefredaktion, über die Causa Relotius berichtet, und das liegt nicht an Moreno: “Wie Höges da sitzt und Moreno die Schuld an der Krise seines Hauses gibt, dabei aber gleichzeitig zu versuchen scheint, diese irre Geschichte dann doch noch irgendwie als Aufdeckung des “Spiegels” zu verkaufen, denn dort ist sie ja schließlich erschienen, ist einigermaßen erstaunlich.” Das Ganze ist jedoch noch steigerungsfähig: “Zwei Stunden zuvor, beim Gespräch mit der “Süddeutschen”, war Moreno gefragt worden, ob ihm der “Spiegel” nach der Enthüllung des Skandals nicht eine Festanstellung angeboten habe. Die Antwort lautet: “Nein”. Er hätte, sagte Moreno, ein solches Angebot vermutlich angenommen.”
 PS: Besagtes Interview der “Süddeutschen” mit Juan Moreno gibt es hier zum Nachhören: “Irgendwann ist man in der Situation, dass man den für von Gott geküsst hält” (sueddeutsche.de, Detlef Esslinger, Audio: 33:37 Minuten).

2. Die Vorwürfe von BDZV-Präsident Döpfner und das Schweigen der Zeitungsverlage
(uebermedien.de, Boris Rosenkranz)
Mathias Döpfner hat unlängst einen Leitartikel veröffentlicht, der auf irritierende Art und Weise mit den Medien ins Gericht ging. Das ist bemerkenswert, weil Döpfner nicht nur Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE, sondern auch Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) ist. “Übermedien” hat bei führenden Medienhäusern um Stellungnahmen gebeten. Nur bei einem der Verlage habe es etwas wie leisen Widerspruch zu Döpfners Ausführungen gegeben. Boris Rosenkranz kommentiert: “Was interessant ist: Der BDZV-Chef unterstellt, ganz pauschal, viele Medien würden nicht die Realität beschreiben, sondern verschweigen und verharmlosen, was so ungefähr auch im Glaubensbekenntnis von AfD-Anhängern steht — doch keiner der angefragten Verlage protestiert laut dagegen. Die meisten schweigen, wollen drüber nachdenken, fühlen sich nicht angesprochen oder regeln das intern.”

3. SWR-Archiv online: Audiovisuelle Dokumente für eine eindrückliche Beschäftigung mit der Geschichte
(irights.info)
Der Gedanke liegt nahe, dass öffentlich-rechtliche Sender ihre Produktionen in Zeiten des Internets auch über den Ausstrahlungstermin hinaus zur Verfügung stellen. Der Südwestrundfunk (SWR) hat kürzlich damit begonnen, zunächst Nachrichtenbeiträge aus den 50er- und 60er-Jahren sowie einige Bildungs- und Unterhaltungsformate online zu stellen. iRights.info hat sich mit der SWR-Dokumentarin Rabea Limbach über das Vorhaben und dessen Wert für die Gesellschaft unterhalten.

4. Springer hält mehr Anteile als gedacht an Steingarts Firma
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Mit einiger Spannung wartet die Medienbranche auf Gabor Steingarts neues Medienprojekt: 2020 will Steingart mit seinem Team auf einem Redaktionsschiff durch das Regierungsviertel schippern und von dort über die Tagespolitik berichten. Vor einiger Zeit wurde bekannt, dass Steingart Anteile seines Unternehmens Media Pioneer Publishing an den Axel-Springer-Konzern veräußert hat. Dabei handele es sich um etwa 46 Prozent, was zehn Prozent mehr seien als bislang angenommen.

5. Bund prüft staatliche Unterstützung für Zeitungszustellung
(wuv.de)
Seit die Verlage ihren Zustellerinnen und Zustellern den gesetzlich garantierten Mindestlohn zahlen müssen, ist ein neues Klage- und Jammerfeld eröffnet. BDZV-Präsident Mathias Döpfner habe die Zustellung von Zeitungen gar als “brennendstes Thema” bezeichnet. Nun prüfe das Bundesministerium für Arbeit und Soziales “eine Unterstützung der Zeitungszustellung”. Im Rahmen einer Studie wolle das Ministerium zunächst “Handlungsoptionen aus einem internationalen Politikvergleich eruieren.”

6. Fehlen Ihnen die Frauenstimmen in der Berichterstattung?
(deutschlandfunk.de, Bettina Köster, Audio: 14:59 Minuten)
Der schwedische Gendertracker (“Gender Equality Tracker”) analysiert Medien und misst, wie oft Frauen in deutschen Nachrichtenmedien genannt werden. Im Schnitt seien rund zwei Drittel der erwähnten Personen in deutschen Tageszeitungen männlich. Führend bei der Erwähnung weiblicher Personen seien oft “taz” und “Wirtschaftswoche”. Das Schlusslicht werde häufig von der “Welt” gebildet.