Wenn die Bild.de-Redaktion auf ihrer Startseite sowas hier schreibt …
… dann könnte man ja fast glauben, dass eine “Grünen-Frau” (gemeint ist offenbar eine Politikerin der Grünen) Luftballons verbieten will. So viel schon mal jetzt: Das ist eine kräftig verzerrte Darstellung.
In der “Neuen Osnabrücker Zeitung” wird die Landesvorsitzende der Grünen in Niedersachsen Anne Kura (das ist bei Bild.de die “Grünen-Frau”) heute so zitiert:
Soll das Steigenlassen von Luftballons verboten werden? Die Grünen in Niedersachsen halten einen entsprechenden Beschluss der nordrhein-westfälischen Stadt Gütersloh für nachahmenswert. “Steigen gelassene Luftballons landen in den allermeisten Fällen in der Natur. Vögel und andere Tiere fressen die weichen Ballonreste und verhungern dann mit vollem Magen. Auch Ballons aus Naturlatex sind deswegen keine wirkliche Alternative”, sagte Grünen-Landeschefin Anne Kura unserer Redaktion. Es sei deshalb “begrüßenswert, dass die Stadt Gütersloh mit gutem Beispiel vorangeht und auf das Steigenlassen von Luftballons verzichtet”, ergänzte sie.
Im Artikeleinstieg bei Bild.de klingt das alles dann schon etwas anders:
Luftballons zur Hochzeit steigen lassen, Deko für Kindergeburtstage oder lustige Tierfiguren — das alles könnte schon bald Geschichte sein.
Zumindest wenn es nach den Willen der Grünen aus Niedersachsen geht. Sie sprechen sich für ein Luftballonverbot aus.
Die Bild.de-Redaktion schafft es, drei Beispiele zu nennen — und mit allen drei danebenzuliegen: Die Grünen aus Niedersachsen fordern kein Verbot für “Luftballons zur Hochzeit”, sie fordern kein Verbot für “Deko bei Kindergeburtstagen” und sie fordern auch kein Verbot von “lustigen Tierfiguren”.
Auf Nachfrage sagt uns ein Sprecher der Partei, dass es Anne Kura ausschließlich um gasgefüllte Luftballons geht, die man in die Natur steigen lässt. In Fußgängerzonen könnten gern weiterhin Dackel oder Affen oder andere Tiere aus Luftballons geknotet werden, ganze Hallen sollen weiter mit Luftballons ausgeschmückt werden — alles kein Problem für die Grünen. Und es gibt noch eine Einschränkung zum vermeintlichen allgemeinen Luftballonverbot: Kura bezieht sich auf eine Entscheidung aus Gütersloh. Diese betraf allerdings nicht private Feste wie Hochzeitsfeiern oder Kindergeburtstage, sondern nur städtische Veranstaltungen (was dann natürlich auch für städtische Kindergärten und Schulen gelten würde). Bei privaten Feiern könnte man weiterhin Luftballons aufhängen, sie zum Platzen bringen oder auch gasgefüllte Ballons steigen lassen.
Statt eines generellen Luftballonverbots fordern die Grünen aus Niedersachsen also ein Verbot* fürs Steigenlassen von gasgefüllten Luftballons bei städtischen Veranstaltungen. Für so viel Differenzierung war nicht nur bei Bild.de kein Platz — in den Überschriften vieler anderer Medien klingt es ganz ähnlich verzerrt.
Nachtrag, 14:17 Uhr: Bei der Entscheidung in Gütersloh geht es neben städtischen Veranstaltungen auch um private Feiern auf städtischem Gelände.
Mit Dank an @LeKWiNK für den Hinweis!
Nachtrag, 14:25 Uhr: Bei Bild.de ist inzwischen ein Artikel mit dieser Überschrift erschienen:
Mit Dank an @cbstralsund für den Hinweis!
*Nachtrag, 13. September: Genau genommen fordern die Grünen aus Niedersachsen gar kein Verbot. Die Landesvorsitzende Anne Kura hat gegenüber der “Neuen Osnabrücker Zeitung” lediglich gesagt, dass das (von allen Parteien beschlossene) Verbot im nordrhein-westfälischen Gütersloh begrüßenswert sei. Eine konkrete Forderung nach einem Verbot in Niedersachsen stellte sie hingegen nicht auf.
Mit Dank an Frank O. für den Hinweis!