Unfallberichterstattung, Sender vor Übernahme, Falsche Schulen

1. Unfälle: Wie journalistische Sprache Ursachen verschleiert
(deutschlandfunk.de, Stefan Fries, Audio: 5:50 Minuten)
Im Gespräch mit dem Deutschlandfunk kritisiert der Sozialwissenschaftler Dirk von Schneidemesser, dass Polizei- und Medienberichte über Verkehrsunfälle oft das Opfer in den Fokus rücken, Fahrzeuge als handelnde Objekte benennen und mit bestimmten Begriffen Schicksalhaftigkeit suggerieren. Dadurch würden Ursachen und Verantwortlichkeiten verschleiert und Lösungen erschwert. Er empfiehlt, präzise und aktiv zu formulieren – handelnde Personen benennen, Aktiv statt Passiv verwenden – und Unfälle systemisch einzuordnen.

2. PPF macht Weg für Berlusconi-Mehrheit bei ProSiebenSat.1 frei
(dwdl.de, Alexander Krei)
Der tschechische Finanzinvestor PPF wolle seinen 15,7-Prozent-Anteil an ProSiebenSat.1 an Media for Europe (MFE) verkaufen. Damit wäre der Weg frei für eine Berlusconi-Mehrheit bei dem deutschen Sender. Der Bieterwettstreit zwischen PPF und MFE, die Holding der Berlusconi-Familie, sei damit entschieden; MFE halte ohnehin bereits rund 43,6 Prozent der Stimmrechte und strebe die Kontrolle an. “Dieser Sommer wird die deutsche Fernsehbranche nachhaltig verändern”, so die Vorhersage von Alexander Krei.

3. Klinikchef gegen Pressefreiheit: Wer kritisch berichtet, wird nicht verkauft
(taz.de, André Zuschlag)
Dirk Balster, Chef der kommunalen Kliniken in Ostfriesland, habe in den Kiosken seiner Krankenhäuser in Emden, Aurich und Norden den Verkauf lokaler Zeitungen verbieten wollen, offenbar weil ihm deren kritische Berichte missfallen hätten. Auslöser der Eskalation seien Berichte über mutmaßliche Fehldiagnosen gewesen, auf die Balster mit scharfer Medienkritik und der Veröffentlichung von Presseanfragen reagiert habe. Der Aufsichtsrat habe das Verbot nun aufgehoben.

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4. Visum verweigert: Journalistin muss ausreisen
(reporter-ohne-grenzen.de)
Die Organisation Reporter ohne Grenzen berichtet, dass Hongkongs Behörden der “Bloomberg”-Reporterin Rebecca Choong Wilkins ohne Begründung die Visumsverlängerung verweigert hätten. Choong Wilkins müsse die Stadt verlassen. Seit dem Sicherheitsgesetz 2020 seien mindestens zehn Journalistinnen und Journalisten bei Visum oder Einreise abgewiesen worden. Insgesamt habe sich die Lage für Medienschaffende in Hongkong massiv verschlechtert.

5. Falsche Journalistenschulen bedrohen die demokratische Entwicklung
(de.ejo-online.eu, Enoch Sithole)
Enoch Sithole berichtet über ein mediales Phänomen, das sich in auf dem afrikanischen Kontinent auszubreiten droht: “In den letzten Jahren hat Afrika eine alarmierende Verbreitung falscher Journalistenschulen erlebt – nicht akkreditierte Einrichtungen, die eine minderwertige Ausbildung anbieten und wertlose Zertifikate ausstellen. Diese dubiosen Einrichtungen sind oft eher gewinnorientiert als der Ausbildung ethisch handelnder, qualifizierter Journalisten verpflichtet.”

6. Das Recht an der eigenen Stimme
(verdi.de, Lars Lubienetzki)
Der Verband Deutscher Sprecher:innen fordere klare Regeln gegen den Missbrauch von Stimmen durch Künstliche Intelligenz (KI) und empfehle, die Verwendung von KI per Vertrag auszuschließen. KI-Stimmen würden viele Profis unter Druck setzen. Zugleich sollen Firmen berichten, dass ein Einsatz von KI oft keine echten Kostenvorteile bringe. Ein Urteil des Landgerichts Berlin habe bestätigt, dass auch KI-generierte Synchronstimmen vom Persönlichkeitsrecht geschützt seien und eine nicht gekennzeichnete, kommerzielle Nutzung ohne Zustimmung zu Unterlassung und Schadensersatz führe.

Barschel-Foto, Jagd auf Fischer, Hörbuchsprecher in Gefahr

1. Israelische Armee tötet sechs weitere Journalisten
(reporter-ohne-grenzen.de)
Wie gestern in den “6 vor 9” berichtet, wurden bei einem Angriff der israelischen Armee auf eine Klinik im Gazastreifen mehrere Journalistinnen und Journalisten getötet. Nun meldet sich die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) zu Wort. Insgesamt seien in Gaza seit 2023 mehr als 200 Medienschaffende getötet worden. RSF-Geschäftsführerin Anja Osterhaus fragt: “Sechs getötete Medienschaffende in zwei Tagen: Was muss noch passieren, damit die Bundesregierung sich endlich klar und deutlich von der Kriegsführung der israelischen Regierung distanziert?”

2. Warum Barschel-Fotograf Knauer mit einer Anzeige gegen PI-News erfolglos blieb
(kress.de, Henning Kornfeld)
Der ehemalige “Stern”-Reporter Sebastian Knauer habe das rechtspopulistische Blog “PI News” angezeigt, weil es sein berühmtes Foto von Uwe Barschel ohne Zustimmung genutzt habe. Die Staatsanwaltschaft Köln habe das Verfahren jedoch eingestellt, da die Verantwortlichen nicht zu ermitteln seien. Dies werde von Knauer angezweifelt. Der von “kress” dazu befragte Medienanwalt Sven Krüger hat eine Vermutung für das offenbar geringe Engagement der Staatsanwaltschaft: “Das scheint mir ein Beispiel dafür zu sein, dass die mangelnde Ausstattung der Justiz zumindest bei niedrigschwelligen Delikten zu inkonsequenter Strafverfolgung führt.”

3. Die völlig ungenierte Jagd auf die schwangere Helene Fischer, Teil 2
(uebermedien.de, Boris Rosenkranz)
Boris Rosenkranz prangert bei “Übermedien” die erneute Jagd der Boulevardredaktionen auf Helene Fischer an, allen voran durch “Bild”-Vizechefin Tanja May, die Fischers Schwangerschaft ohne deren Einverständnis öffentlich gemacht habe. Er zeigt, wie Klatschblätter und Paparazzi mit heimlich gemachten oder manipulierten Fotos arbeiten, spekulative und angstschürende Storys konstruieren und den Stars sogar an ihren privaten Wohnsitzen nachstellen.

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4. Wer schützt alle hinter der Kamera vor dem Bildschirm?
(dwdl.de, Simon Pycha)
Social Media könne oft in die Abhängigkeit führen. Auf vielen Plattformen werde das Problem als “Dopaminsucht” verhandelt und mit einfachen Tipps wie festen Handyzeiten, grauen Bildschirmfarben oder “Single Tasking” adressiert, wofür es allerdings wenig belastbare wissenschaftliche Grundlagen gebe. Simon Pycha fordert mit Blick auf Personen, die auch beruflich mit Sozialen Medien zu tun haben: “Für das inhaltlich getriebene Medium braucht es klare Grenzen. Private und berufliche Einflüsse müssen durch interne Richtlinien individuell in Einklang gebracht werden. Dafür sind eine gesunde Arbeitsumgebung und offene Kommunikation nötig. Schulungsangebote für Betroffene sind gut, zielgruppengerechte und attraktive Prävention für alle jedoch noch besser.”

5. Sport-Streaming: Zwischen Allianzen und Rechte-Offensiven
(blog.medientage.de, Petra Schwegler)
Wie Petra Schwegler berichtet, befindet sich der Markt für Sportstreaming in starker Bewegung: “Die jüngsten Entwicklungen zeigen: Die Phase der wilden Expansion neigt sich dem Ende zu. Jetzt beginnt die strategische Konsolidierung – und die wird für Anbieter wie Zuschauer:innen gleichermaßen interessant. Ökonomisch treiben die Konkurrenz um Premiumrechte und die zunehmende Fragmentierung die Rechtepreise.”

6. Die Maschine übernimmt unsere Stimme
(taz.de, Jürgen Kalwa)
Hörbuchsprecher Jürgen Kalwa, schildert, wie rasant KI-Stimmen vorankommen und die Arbeit menschlicher Sprecherinnen und Sprecher bedrohen. Mittlerweile könnten echte Stimmen geklont und täuschend echt nachgebildet werden. Kalwa warnt vor ungeklärten Rechtsfragen, kritisiert Plattformen und Tools wie Audible, YouTube und ElevenLabs und lehnt Verträge ab, die weitreichende Nutzungsrechte an seiner Stimme verlangen. Obwohl der Hörbuchmarkt wachse, fürchtet er eine Flut seelenloser Massenware.

Getötete Journalisten, Lizenzentzug für US-Sender?, Gegen Handyverbote

1. Mehrere Journalisten bei Angriff auf Klinik getötet
(tagesschau.de)
19 Menschen seien laut palästinensischen Angaben bei zwei aufeinanderfolgenden Angriffen der israelischen Armee im Süden des Gazastreifens getötet worden, unter ihnen fünf Journalistinnen und Journalisten. “Drei der getöteten Medienschaffenden waren für die Nachrichtenagenturen Reuters und AP sowie den katarischen Sender Al Jazeera tätig, wie deren Auftraggeber bestätigten. Ein weiterer war nach Angaben aus Gaza freier Mitarbeiter mehrerer arabischer Medien. Für welches Medium der fünfte getötete Journalist arbeitete, ist derzeit unklar”, berichtete tagesschau.de. Der Auslandspresseverband in Israel spreche von einem gezielten Angriff auf Journalisten, die deutsche Bundesregierung fordere von Israel, für Transparenz in der Kriegsführung zu sorgen. Für Medienschaffende müsse der Zugang zu Gaza und eine Berichterstattung von dort möglich sein.

2. Trump sympathisiert mit Lizenzentzug für ABC und NBC
(dwdl.de, Thomas Lückerath)
US-Präsident Donald Trump habe auf seinem Sozialen Netzwerk Truth Social offenbar nach einem vom Sender ABC ausgestrahlten Interview Sympathie dafür geäußert, den großen US-Networks ABC und NBC die Sendelizenzen zu entziehen. Mehrere deutsche Medien hätten dies irreführend als Drohung gegen “Nachrichtensender” wie “ABC News” und “NBC News” dargestellt – “allerdings gibt es diese Nachrichtensender nicht”, schreibt Thomas Lückerath bei “DWDL”. Die falsche Information sei offenbar auf Basis fehlerhafter Meldungen der Nachrichtenagentur dpa und des “Redaktionsnetzwerk Deutschland” entstanden.

3. Streeck ist für Altersvorgaben, aber gegen Handyverbote
(spiegel.de)
Der neue Suchtbeauftragte der Bundesregierung, Hendrik Streeck, plädiere für strikt abgestufte Altersvorgaben und wirksame Altersprüfungen bei Sozialen Netzwerken. Pauschale Handyverbote, etwa für Grundschüler, lehne er jedoch ab und betone, dass Kinder mit Medien aufwachsen sollten. Der Sozialverband Deutschland fordere ergänzend ein verpflichtendes Schulfach Medienkompetenz, um Kinder besser vor Desinformation und Hetze zu schützen.

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4. Klinikchef verbietet Zeitungsverkauf – ein skandalöses Vorgehen
(on-online.de, Stephan Schmidt)
Stephan Schmidt, Chefredakteur der “Ostfriesischen Nachrichten”, kritisiert in seinem Kommentar das von Klinikchef Dirk Balster verhängte Verkaufsverbot ostfriesischer Tageszeitungen in den Krankenhauskiosken in Aurich, Emden und Norden. Die Trägergesellschaft habe das Verbot mit dem Schutz verunsicherter Patienten begründet. Vorausgegangen war eine kritische Presseanfrage zur Klinik in Emden. Schmidt wertet das Vorgehen als Bevormundung und Angriff auf die Pressefreiheit. Das Verbot sei empörend, aber wenig wirksam, weil die Inhalte online für Patienten weiterhin leicht zugänglich bleiben. Inzwischen sei das Verkaufsverbot “nach einem Machtwort der Verwaltungschefs zurückgenommen” worden (nur mit Abo lesbar).

5. Mediale Präsenz ist kein Wunschkonzert
(verdi.de, Till Schmidt)
Till Schmidt fragt am Beispiel von Alice Weidels ARD-Sommerinterview, ob öffentlich-rechtliche Sender extrem rechten Parteien überhaupt noch eine Bühne geben sollten. In Deutschland sei ein genereller Ausschluss der AfD derzeit jedoch schwer zu legitimieren. Erst eine gerichtsfeste Einstufung als “gesichert rechtsextremistisch” durch den Bundesverfassungsschutz und ein Parteiverbotsverfahren könnten das ändern.

6. Streit um Facebook-Seiten der Bundesregierung geht weiter
(netzpolitik.org, Ingo Dachwitz)
Die Bundesdatenschutzbeauftragte Louisa Specht-Riemenschneider wolle Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Köln einlegen, das der Bundesregierung den Betrieb ihrer Facebook-Seite erlaube. Sie wolle grundsätzlich klären lassen, ob und unter welchen Bedingungen Behörden Social-Media-Profile betreiben dürfen. Hintergrund sei ein seit Jahren schwelender Streit über Metas Datensammlungen und die Mitverantwortung von Seitenbetreibern, der trotz Hinweisen des Europäischen Gerichtshofs bislang kaum praktische Konsequenzen gehabt habe.

Russische Staatsmedien, Schwer geschwindelt?, “Algospeak” in LA

1. Russische Staatsmedien werden trotz Verbots in Deutschland stark genutzt
(spiegel.de)
Laut einer Studie des “Institute for Strategic Dialogue” lassen sich russische Staatsmedien auch drei Jahre nach dem EU-weiten Verbot weiterhin leicht erreichen und werden in Deutschland besonders stark genutzt. Trotz zehntausender monatlicher Zugriffe auf Seiten wie “RT” oder “Ria Nowosti” sei die Umsetzung der Sperren durch europäische Provider uneinheitlich geblieben.

2. Dating, Drehbuch, Daumenschrauben: Schwindel um “Schwer verliebt”?
(dwdl.de, Christian Richter)
Im Mittelpunkt der neuen “Telegeschichte(n)” von Christian Richter steht die erste Staffel der Sat.1-Kuppelshow “Schwer verliebt”. Kandidatinnen und Kandidaten hätten sich von der Produktionsfirma unter Druck gesetzt gefühlt und unnatürliche Szenen nachstellen müssen. Eine Lokalzeitung habe damals brisante Details aus den Verträgen veröffentlicht, was bundesweite Empörung über “Schwer verliebt” und Prüfungen durch Aufsichtsbehörden auslöste.
Weiterer Lesehinweis: Den ersten Teil der Geschichte gibt es hier.

3. Demopalooza
(zeit.de, Rose Tremlett).
Auf TikTok würden Aktivistinnen und Aktivisten in Los Angeles “Algospeak” verwenden, indem sie beispielsweise Demonstrationen als “Musikfestivals” tarnen, um nicht vom Algorithmus benachteiligt zu werden. Kritiker bezweifeln allerdings, dass diese Codesprache eine Zensur wirklich umgehen lasse. Dennoch könne “Algospeak” Bewegungen nützen, weil gemeinsame Schlagworte Sichtbarkeit schaffen. Es sei jedoch nicht klar, wie TikTok damit zukünftig umgehe.

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4. Wer kann sich das Lesen leisten?
(taz.de, Jonas Kähler)
In seinem Kommentar schreibt Jonas Kähler, dass junge Menschen trotz Social Media wieder mehr läsen, und die Buchbranche dadurch wachse. Problematisch sei jedoch, dass steigende Verkaufspreise und geschlossene Bibliotheken den Zugang zu Büchern erschweren würden, und so eine “Lesekrise” drohen könnte. Kähler fordert Maßnahmen wie niedrigere Preise sowie den Erhalt von Buchhandlungen und Bibliotheken.

5. Gamescom in Köln & Gesetz gegen SLAPP-Klagen
(wdr.de, Anja Backhaus, Audio: 44:52 Minuten)
Im WDR5-Medienmagazin “Töne, Texte, Bilder” geht es um die größten Trends der Videospielmesse Gamescom und darum, wie vielfältig die Gamingwelt inzwischen geworden ist. In einem anderen Beitrag diskutieren Experten über das neue Gesetz gegen sogenannte SLAPP-Klagen, die Journalistinnen und Journalisten einschüchtern sollen. Weitere Themen der Sendung sind die Glaubwürdigkeit von Google-Rezensionen sowie die neue TV-Aufteilung der Fußball-Bundesliga zum Saisonstart.

6. Rolf Seelmann-Eggebert: Ehemaliger ARD-Adelsexperte ist tot
(ndr.de, Stefanie Grossmann & Eva-Maria Lemke)
Rolf Seelmann-Eggebert, langjähriger ARD-Adelsexperte, ist im Alter von 88 Jahren in Hamburg gestorben. Er berichtete über viele Jahre hinweg über Europas Königshäuser, prägte als Reporter und Korrespondent aber auch die Berichterstattung über den afrikanischen Kontinent und Großbritannien. Der NDR würdigt ihn als vorbildlichen Journalisten, der das Programm über sechs Jahrzehnte entscheidend mitgestaltet habe.

KW 34/25: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Wochenendausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

***

1. Springer-Chef Döpfner: Heikle Nähe zu Musk, Zuckerberg & Co
(youtube.com, Nils Altland & Nadia Kailouli & Paul Schwenn, Video: 22:18 Minuten)
Das “Zapp”-Gespräch mit Mathias Döpfner zeigt, wie der Springer-Chef den radikalen digitalen Umbau seines Verlags vorantreibt. Er arbeitet fast nur noch mit KI-Tools und dem Smartphone und sieht im digitalen Wandel große Chancen. Zugleich wird deutlich, dass er seit Jahren enge Kontakte zu Big-Tech-Größen wie Elon Musk und Mark Zuckerberg pflegt, obwohl deren Plattformen Springers Geschäftsmodell massiv unter Druck setzen. Kritisch bleibt die Frage, ob und wie Döpfner zwischen Innovation, Abhängigkeit und politischer Nähe zu Big Tech laviert, ohne Glaubwürdigkeit und demokratische Prinzipien zu gefährden.

2. Sensation! Die Macht des Boulevard
(youtube.com, Tanjev Schultz & Markus Wolsiffer, Video: 44:08 Minuten)
In der aktuellen Folge der “Medienversteher” sprechen Tanjev Schultz und Markus Wolsiffer über den Boulevard-Journalismus. Es geht dabei um die Frage, warum schnelle Schlagzeilen und Geschichten über Stars so viele Menschen faszinieren, aber auch darum, wie Sensationslust, Übertreibungen und Verletzungen von Persönlichkeitsrechten das Vertrauen in Medien schwächen.

3. Sind Medien so divers wie die Gesellschaft?
(br.de, Nina Landhofer, Audio: 22:56 Minuten)
In der neuesten Ausgabe von “BR24 Medien” erörtert Nina Landhofer mit dem Aktivisten Raúl Krauthausen und der Medienwissenschaftlerin Christine Horz-Ishak, warum in Medienanstalten und Verlagen noch immer mehr Männer als Frauen arbeiten, Kolleginnen mit Migrationsgeschichte selten und Menschen mit Behinderung fast gar nicht zu finden sind.

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4. Der Fußball, die Medien und der Overload
(youtube.com, Christian Jakubetz, Video: 37:35 Minuten)
Im Podcast “Satzzeichen” spricht Christian Jakubetz mit Fußballkommentator Thomas Wagner über die Langeweile der Bundesliga, den “medialen Overload” und die Schattenseiten des Kommerz im Fußballgeschäft. Wagner berichtet, warum aus seiner Sicht viele Fans fußballmüde werden, welche Herausforderungen Reporter im Umgang mit Spielern haben und streut persönliche Anekdoten ein.

5. Spielerisch aktiv? Politisches Engagement und Gaming
(ardaudiothek.de, Michael Meyer & Kai Schmieding, Audio: 17:10 Minuten)
Gamer gelten oft als unpolitisch. Eine neue Studie der Bertelsmann-Stiftung zeichne jedoch ein anderes Bild: Auch Vielspieler würden sich für Politik interessieren, sich in Bürgerinitiativen engagieren und ein hohes Vertrauen in die Demokratie zeigen. Ob damit das Klischee widerlegt ist, diskutieren Michael Meyer und Kai Schmieding mit Studienautor Joachim Rother.

6. Nastassja Kinski – Geschichte einer Befreiung
(arte.tv, Marie-Gabrielle Fabre, Video: 53:29 Minuten)
Die Arte-Doku zeichnet den Lebensweg der Schauspielerin Nastassja Kinski nach, die schon als Jugendliche von Wim Wenders entdeckt wurde und mit Roman Polańskis “Tess” sowie Wenders’ “Paris, Texas” Weltruhm erlangte. Es ist die “Geschichte einer Befreiung”: Immer wieder zog sich Kinski überraschend aus dem Filmgeschäft zurück, um sich von ihrer Herkunft und später ihren Rollenbildern zu lösen.

Tausende Euro für Auskunft, Problematische Nähe, Wallraff

1. Wirtschaftsministerium will Tausende Euro für Lobby-Unterlagen zu Katherina Reiche
(abgeordnetenwatch.de, Martin Reyher)
Wirtschaftsministerin Katherina Reiche habe in diesem Sommer mehrere Lobbyakteure getroffen, darunter Vertreter ihres früheren Arbeitgebers, dem Verband kommunaler Unternehmen. Die Gesprächsinhalte seien nicht offengelegt worden. Die Plattform “abgeordnetenwatch” habe “auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) Einsicht in die Unterlagen zu den acht Terminen beantragt”. Doch Reiches Ministerium habe mit bis zu 4.000 Euro Gebühren gedroht, indem es den Antrag in acht Teile aufgeteilt habe. Kritiker würden darauf verweisen, dass solche abschreckenden Gebühren vom Bundesverwaltungsgericht bereits 2016 für rechtswidrig erklärt worden seien.

2. Portal von Reichelt und Gotthardt: Was ist “Nius” – und was wird den Machern vorgeworfen?
(tagesspiegel.de, Sven Lemkemeyer)
Beim “Tagesspiegel” geht es noch einmal um das rechtsgerichtete Krawallportal “Nius”. Dem von Ex-“Bild”-Chefredakteur Julian Reichelt und Geldgeber Frank Gotthardt betriebenen Portal werde vorgeworfen, rechtspopulistische Inhalte zu verbreiten, Fakten zu verzerren und als Sprachrohr der Partei “Werteunion” um den früheren Chef des Bundesverfassungsschutzes Hans-Georg Maaßen zu dienen. Laut dem Medienwissenschaftler Markus Linden überschreite “Nius” gezielt Grenzen und nutze Praktiken der Desinformation.

3. Die problematische Nähe zwischen Kultur und Journalismus in Österreich
(kobuk.at, Philipp Wohltmann)
Bei “Kobuk” macht Philipp Wohltmann auf einen Missstand in der österreichischen Presselandschaft aufmerksam: “In der Kulturberichterstattung von Standard und Presse verschwimmen die Grenzen zwischen Werbung und Redaktion. Dieselben Autor:innen bewerben Kulturveranstaltungen in bezahlten Anzeigen – und rezensieren diese danach im redaktionellen Kulturteil.”

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4. Solidarität mit inhaftierten Journalisten
(reporter-ohne-grenzen.de)
Die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) und mehrere Exilmedien starten eine Postkartenkampagne für die in Aserbaidschan inhaftierte Journalistin Sevinj Vagifgizi, der selbst an heißen Tagen im Gefängnis ein Ventilator verweigert werde. Die Aktion soll auf unmenschliche Haftbedingungen und die zunehmende Repression gegen unabhängige Medien in Aserbaidschan aufmerksam machen. RSF fordert internationalen Druck, damit inhaftierte Medienschaffende freigelassen werden und um die Unterdrückung kritischer Stimmen zu beenden.

5. “Team Wallraff”: RTL muss nichts öffentlich richtigstellen
(dwdl.de, Uwe Mantel)
Das Hanseatische Oberlandesgericht habe im Streit zwischen den MK-Kliniken und RTL über eine acht Jahre alte Ausgabe von “Team Wallraff” überwiegend zugunsten des Senders entschieden. Eine öffentliche Richtigstellung müsse RTL demnach nicht veröffentlichen, da viele der von den MK-Kliniken kritisierten Passagen als zulässige Meinungsäußerungen oder wahre Tatsachen gewertet worden seien.

6. Lachende Fliegen und kippelnde Beine. Zum Ende der täglichen gedruckten taz
(czyslansky.net, Michael Kausch)
Michael Kausch erinnert in seiner persönlichen Glosse daran, wie sehr gedruckte Tageszeitungen einst zu seinem Alltag gehörten: vom Sportteil in der Kindheit bis zum eigenen Abo im Studium. Er blickt nostalgisch auf die Rolle der “taz” und anderer Blätter zurück, die es bald vorwiegend digital geben wird: “Mit wird etwas fehlen. Ich will gar nicht daran denken.”

Anziehendes Social-Media-Verbot, TikTok, Intendantin haftet

1. Die magische Anziehungskraft des Social-Media-Verbots
(netzpolitik.org, Sebastian Meineck)
Sebastian Meineck kritisiert, dass Medien sich einseitig auf die Forderung der Leopoldina nach einem Social-Media-Verbot für Kinder unter 13 Jahren stürzen, obwohl die wissenschaftliche Begründung dafür schwach sei. Er hebt hervor, dass das Diskussionspapier eigentlich viel weiter gehe und das Geschäftsmodell der großen Plattformen grundlegend infrage stelle. Außerdem weist Meineck darauf hin, dass auch Eltern mit ihrem eigenen Verhalten eine zentrale Rolle spielen.

2. Kommt das euro­päi­sche TikTok Verbot?
(lto.de, Tamara Wendrich)
Die EU-Kommission habe im Mai 2025 festgestellt, dass TikTok gegen Teile des Digital Services Act verstoße, insbesondere bei Werbetransparenz und Jugendschutz. Nun würden der Plattform hohe Geldbußen von bis zu sechs Prozent des Jahresumsatzes drohen, ein vollständiges Verbot gelte aber als unwahrscheinlich. Die Juristin und Journalistin Tamara Wendrich ist sich jedoch sicher: “TikTok wird nationale und europäische Judikativ- und Legislativorgane sowie politische Akteure in den kommenden Jahren intensiv beschäftigen.”
Weiterer Lesehinweis: Weißes Haus richtet offiziellen TikTok-Account ein: “Donald Trump hat wiederholt mit dem Ende von TikTok in den USA gedroht. Dann räumte er dem chinesischen Mutterkonzern ByteDance eine Gnadenfrist ein, die er mehrfach verlängerte. Jetzt hat seine Regierungszentrale einen eigenen Account.” (spiegel.de)

3. Intendantin haftet für ihre Millionenausgaben
(taz.de, Steffen Grimberg)
Steffen Grimberg kommentiert die Entscheidung des Berliner Landgerichts, dass die ehemalige RBB-Intendantin Patricia Schlesinger persönlich für unrechtmäßige Ausgaben wie Bonuszahlungen und Zulagen hafte: “Das Urteil wird Auswirkungen für den gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben. Künftig wird gehaftet. Und das macht nicht nur Sinn, sondern ist überfällig. Schließlich geht es um das Geld der Beitragszahler*innen, die sich – übrigens ebenfalls zu Recht – nicht aussuchen können, ob sie für die solidarisch finanzierten öffentlich-rechtlichen Medien bezahlen wollen oder nicht.”

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4. Kartellamt genehmigt Verkauf von “Brigitte” und “Gala”
(dwdl.de, Alexander Krei)
Das Bundeskartellamt habe den Verkauf der Zeitschriften “Brigitte”, “Gala” und “Eltern” von RTL Deutschland an die Funke Mediengruppe genehmigt. Die Anzeigenvermarktung solle jedoch bei der “Ad Alliance” bleiben, um eine zu starke Marktstellung von Funke zu verhindern. Da es im Segment der Frauenzeitschriften weiterhin ausreichend Wettbewerb gebe, sehe die Behörde keine wettbewerbsrechtlichen Probleme.

5. Britische Journalisten in den 2020ern: Wandel von Rollenverständnis, Werten und Berufsethik
(de.ejo-online.eu)
Das “European Journalism Observatory” unterhält sich mit der Journalismusforscherin Lea Hellmueller über die Ergebnisse des Berichts “UK Journalists in the 2020s”. Im Zentrum stehen die veränderten Rollenbilder britischer Journalistinnen und Journalisten, insbesondere der Generationenkonflikt zwischen objektivem Beobachten und aktivistischem Eintreten für Randgruppen. Zudem geht es um Fragen der Berufsethik, die Zunahme prekärer Arbeitsverhältnisse sowie neue Sicherheitsrisiken im Journalismus.

6. Psychologie vermitteln – von der Forschung in den Alltag
(dfjv.de, Ulrike Bremm)
Ulrike Bremm spricht im “Fachjournalist”-Interview mit dem Wissenschaftsjournalisten Jochen Metzger. Thema sind Metzgers Weg in den Journalismus, seine Spezialisierung auf Psychologie sowie seine Arbeitsweise zwischen Forschung, Alltagsvermittlung und Podcast. Außerdem geht es um den Einfluss von Künstlicher Intelligenz auf seine Arbeit und um Ratschläge, die Metzger jungen Kolleginnen und Kollegen für ihre Berufswahl gibt.

7. Gipfel-Journalismus: Berichten im Zeitalter der Unberechenbarkeit
(radioeins.de, Lorenz Meyer, Audio: 4:13 Minuten)
Zusätzlicher Link, da in eigener Sache: Bei radioeins kritisiert der “6-vor-9”-Kurator, dass deutsche Medien internationale Gipfeltreffen wie das zwischen Donald Trump und Wladimir Putin analysieren, obwohl in Zeiten politischer Unberechenbarkeit kaum belastbare Aussagen möglich seien: “Jedem Kommentar über solch einen Gipfel oder Deal sollte ein Warnhinweis vorangestellt werden: ‘Achtung, die folgenden Einschätzungen können sich als völlig falsch erweisen. Und zwar bereits eine Sekunde, nachdem ich sie ausgesprochen habe.'”

Finfluencer, Berichte aus Nahost, Verschwindet die Rezension?

1. Komm in die Gruppe!
(taz.de, Houssam Hamade)
Bei “Finfluencern” handelt es sich um Influencer, die sich auf Finanzthemen spezialisieren und über Soziale Medien Tipps zu Geld, Börse oder Anlagemöglichkeiten geben. Manche von ihnen würden seriöses Wissen vermitteln, andere jedoch ihre Followerinnen und Follower in riskante Geschäfte treiben, zum Beispiel durch Fake-Gruppen auf Whatsapp oder Telegram. Laut Fachleuten und Behörden könnten bis zu 87 Prozent der Finanztipps in Sozialen Medien potenziell irreführend sein.

2. Du ärgerst dich über die Nahost-Berichterstattung? 10 Ideen, dagegen vorzugehen
(perspective-daily.de, Stefan Mey)
Viele Menschen würden der deutschen Nahost-Berichterstattung misstrauen und empfänden sie als einseitig. Stefan Mey listet bei “Perspective Daily” zehn konkrete Möglichkeiten auf, wie Bürgerinnen und Bürger aktiv Kritik äußern oder selbst Inhalte produzieren können, um für mehr Ausgewogenheit zu sorgen.

3. Pseudo-Journalisten als Anstifter zur Hetzjagd
(verdi.de, Ralf Streck)
In Spanien würden Journalistinnen und Journalisten beklagen, dass rechtsradikale Agitatoren mit offiziellen Presseausweisen im Parlament und in Sozialen Medien hetzen, Kolleginnen und Kollegen bedrängen und “Fake News” verbreiten. Eine Parlamentsmehrheit habe deshalb einen Verhaltenskodex beschlossen, der Sanktionen wie den Entzug von Akkreditierungen vorsehe. Trotzdem würden zentrale Akteure bislang unbehelligt bleiben, obwohl ihre Hetze zu rassistischen Pogromen beigetragen haben soll, und sie weiterhin im Auftrag rechtsextremer Medien agieren würden.

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4. Verschwindet die Rezension?
(kulturundkontroverse859.substack.com, Johannes Franzen)
Johannes Franzen verteidigt die klassische Rezension als eigenständige journalistische Form, die im Unterschied zu Interviews oder Porträts ein unabhängiges ästhetisches Urteil ermögliche. Er kritisiert, dass Verlage und Sender Plätze für diese Gattung wegen schlechter Klickzahlen abbauen, obwohl Kulturjournalismus schon immer weniger Reichweite hatte. Anhand von Beispielen zeigt Franzen, dass Rezensionen durch die Verbindung von persönlichem Urteil und tiefer Analyse Diskussionen anregen können.

5. So bleiben Medienmarken auch in Zukunft gefragt
(blog.medientage.de, Lisa Priller-Gebhardt)
Carola Wargel (Ad Alliance) und Michael Fischer (Funke Mediengruppe) sprechen im Interview mit den Medientagen München darüber, wie klassische Medienmarken in einer von Google, Amazon und Meta dominierten Werbewelt sichtbar und relevant bleiben können. Sie betonen, dass journalistische Medien Vertrauen, Markenbindung und gesellschaftliche Relevanz schaffen, was kurzfristige Kampagnen der Tech-Plattformen nicht leisten können. Außerdem erklären sie, wie Print, crossmediale Inhalte, Events und neue Formate junge Zielgruppen ansprechen und Medienmarken erlebbar machen.

6. Vernachlässigen ARD und ZDF andere Sportarten?
(deutschlandfunk.de, Sascha Wandhöfer, Audio: 25:48 Minuten)
Der Medienforscher Michael Schaffrath von der TU München kritisiert, dass die Öffentlich-Rechtlichen zu viel Geld in die Berichterstattung über Fußball investieren und Randsportarten kaum berücksichtigen. Kann das noch lange gut gehen? Darüber diskutiert er im Podcast “Nach Redaktionsschluss” mit ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky und Sascha Wandhöfer aus der “mediasres”-Redaktion des Deutschlandfunks.

Klöckner gießt Öl ins Feuer, RBB baut ab, Noch keine Berlusconi-Mehrheit

1. Klöckner gießt Öl ins Feuer
(t-online.de, Lars Wienand)
Gestern berichteten wir in den “6 vor 9” über die Kritik am Auftritt von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner beim Sommerempfang der CDU Koblenz, der auf dem Firmengelände des Unternehmers und “Nius”-Finanziers Frank Gotthardt stattfand. Lars Wienand hat den Fall nun ausführlich und mit Hintergrundinformationen aufbereitet. Demnach habe Julia Klöckner ihre Teilnahme verteidigt, die Vorwürfe gegen “Nius” als Angriff auf die Meinungsfreiheit dargestellt und in ihrer Rede wörtlich Inhalte aus einer Pressemitteilung des Umfrageinstituts Insa übernommen, um vor einer Verengung des Diskursraums zu warnen.
Weiterer Lesetipp: Die taz hat News für Klöckner: “Die Bundestagspräsidentin hat die taz mit dem rechten Portal Nius verglichen. Die taz-Chefredaktion verweist auf ihr Statement zum letzten Geisterfahrer.” (taz.de, Gereon Asmuth)

2. RBB will mit Vorruhestand und Abfindungen Personal abbauen
(dwdl.de, Uwe Mantel)
Uwe Mantel berichtet, dass der RBB im Rahmen seiner “strukturellen Verkleinerung” Stellen abbauen wolle und dafür freiwillige Vorruhestandsregelungen sowie Abfindungen anbiete. Das Programm laufe über sechs Wochen und solle dazu beitragen, betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Ziel sei es, jährlich 22 Millionen Euro zu sparen, um den öffentlich-rechtlichen Sender zukunftsfähig aufzustellen und finanzielle Spielräume für das Programm zu schaffen.

3. Die Berlusconis scheitern vorerst
(taz.de)
Die italienische Mediengruppe MediaForEurope der Familie Berlusconi habe vorerst ihr Ziel verfehlt, die Aktienmehrheit an ProSiebenSat.1 zu übernehmen. Ihr Anteil liege aktuell bei rund 44  Prozent. Aktionärinnen und Aktionäre könnten das Übernahmeangebot aber noch bis zum 1.  September annehmen. Kulturstaatsminister Wolfram Weimer habe Bedenken hinsichtlich der Unabhängigkeit des Senders und den Medienunternehmer Pier Silvio Berlusconi, Sohn des ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi, zu einem Gespräch ins Kanzleramt eingeladen.

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4. Bundesregierung soll Tempo machen
(djv.de, Hendrik Zörner)
Der Deutsche Journalisten-Verband fordert die Bundesregierung auf, nach der politischen Sommerpause zügig das Gesetzgebungsverfahren für den “Plattform-Soli” einzuleiten. Diese Abgabe soll einen Teil der Gewinne von Tech-Konzernen wie Google und Meta abschöpfen und unabhängigen Journalismus stärken. Jeder Tag ohne den “Plattform-Soli” verschärfe die wirtschaftliche Lage vieler Redaktionen. Die bisherige Untätigkeit der Regierung sei ein Versäumnis für den Medienstandort Deutschland.

5. Perspektiven einer Invasion: Medienberichterstattung über den Krieg Russlands in der Ukraine
(de.ejo-online.eu, Oleksandra Yaroshenko)
Eine vergleichende Analyse von Kriegsbildern aus internationalen Medien zeige, wie stark sich die visuelle Berichterstattung über den russischen Angriff auf die Ukraine unterscheide. Während westliche und ukrainische Medien das Leid der ukrainischen Bevölkerung und deren Widerstand betonen würden, würden russische Medien den Krieg überwiegend als staatlich legitimierte Operation inszenieren mit einem Fokus auf das Führungspersonal und patriotische Symbole.

6. US-Sender Newsmax zahlt 65 Millionen Dollar
(spiegel.de)
Der konservative US-Sender Newsmax zahle 65 Millionen US-Dollar an den Wahlmaschinenhersteller Dominion, um einen Verleumdungsprozess wegen falscher Behauptungen zur US-Wahl 2020 beizulegen. Newsmax hatte, ähnlich wie zuvor Fox News, unbelegte Verschwörungserzählungen über Wahlbetrug und manipulierte Dominion-Maschinen verbreitet.

Klöckners taz-Nius-Vergleich, Posting von Täterbildern, Mainstream-Kanu

1. Wertschätzung für Nius-Finanzier Gotthardt?
(tagesschau.de, Juri Sonnenholzner)
Bundestagspräsidentin Julia Klöckner steht wegen eines Auftritts beim Sommerempfang der CDU Koblenz in die Kritik, der auf dem Firmengelände des Unternehmers Frank Gotthardt stattfand. Gotthardt ist auch Finanzier des rechtsaußen stehenden Portals “Nius”. Wie tagesschau.de weiter meldet, habe sich Klöckner bei dem Empfang nicht zu der Kritik am Engagement des Koblenzer Unternehmers bei dem umstrittenen Medienportal, das von Ex-“Bild”-Chefredakteur Julian Reichelt geleitet wird, geäußert. Sie habe aber andere bemerkenswerte Äußerungen getätigt, wie Eric Beres (SWR) und Lars Wienand (t-online.de) auf Bluesky berichten. So würden sich “taz” und “Nius” laut Klöckner “in Methodik nicht so sehr” unterscheiden, man müsse beide “ertragen”. Der “6-vor-9”-Kurator kommentiert ebenfalls auf Bluesky: “Wenn Julia Klöckner tatsächlich gesagt haben sollte, taz und das rechtsaußen stehende Hetzportal Nius unterschieden sich ‘in Methodik’ nicht so, ist das nicht nur faktisch falsch, sondern von atemberaubender Schamlosigkeit und beschmutzt in seinem Trumpismus Würde und Amt einer Bundestagspräsidentin.”
Dazu noch ein Hörtipp: Anke Petermann berichtet im Deutschlandfunk ausführlich von Klöckners Auftritt bei dem CDU-Sommerempfang (deutschlandfunk.de, Audio: 7:04 Minuten).

2. RSF: In Russland unerwünscht
(verdi.de)
Russland habe die NGO Reporter ohne Grenzen (RSF) zur “unerwünschten Organisation” erklärt. Die Zusammenarbeit mit RSF könne in Russland nun strafrechtliche Konsequenzen haben, obwohl die Organisation dort gar nicht präsent sei. Reporter ohne Grenzen habe angekündigt, sich trotz des Verbots weiter für die Pressefreiheit einzusetzen und gefährdete russische Journalistinnen und Journalisten, insbesondere im Exil, zu unterstützen.

3. Protest gegen Übernahme der britischen Zeitung “Telegraph”
(taz.de, Nicholas Potter)
Die geplante Übernahme der britischen Zeitung “The Telegraph” durch RedBird Capital stoße auf Kritik. Dem Investmentunternehmen werde eine Nähe zu chinesischen Staatsinteressen vorgeworfen. Organisationen, die sich für Menschenrechte und Pressefreiheit einsetzen, befürchten eine Gefährdung des Medienpluralismus und fordern eine unabhängige Prüfung der Einflussverhältnisse. RedBird bestreite jegliche chinesische Einflussnahme und wolle den “Telegraph” international ausbauen.

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4. Wann das Pos­ting von Täter­bil­dern strafbar ist
(lto.de, Anja Schmorl & Mustafa Enes Özcan)
Die Sängerin Liän habe einen mutmaßlichen sexuellen Übergriff in einem Parkhaus gefilmt und das Video später bei TikTok und Instagram veröffentlicht. Rechtlich problematisch sei dabei vor allem die nachträgliche Veröffentlichung. Zwar sei das Filmen selbst nicht strafbar, doch das spätere Posten könnte gegen § 201a Abs. 2 StGB und § 33 KunstUrhG verstoßen.

5. Böhmermann vs. Britt: Der große Streit um “Schwer verliebt”
(dwdl.de, Christian Richter)
In der neuesten Ausgabe der “Telegeschichte(n)” erinnert Christian Richter an einen denkwürdigen TV-Moment: Als Jan Böhmermann 2012 in seiner Talkshow “Roche & Böhmermann” die Sat.1-Kuppelshow “Schwer verliebt” und deren Moderatorin Britt Hagedorn scharf kritisierte, seien seine Argumente unscharf, die Vorwürfe aber berechtigt gewesen. “Schwer verliebt” habe übergewichtige Teilnehmerinnen und Teilnehmer in klischeehaften, teils entwürdigenden Szenen gezeigt. Trotz gegenteiliger Aussagen des Senders sprächen viele Hinweise für eine bewusste Inszenierung zulasten der Kandidatinnen und Kandidaten.

6. Feiger Kulturkampf: DAS KANU DES MANITU – Kritik & Analyse
(youtube.com, Wolfgang M. Schmitt, Video: 14:07 Minuten)
Michael “Bully” Herbigs “Der Schuh des Manitu” gilt mit 11,7 Millionen Besucherinnen und Besuchern als der erfolgreichste deutsche Filme nach dem Zweiten Weltkrieg und lockte sogar mehr Personen in die Kinos als die ursprüngliche Karl-May-Verfilmung. Nun ist mit “Das Kanu des Manitu” Jahrzehnte später der Nachfolger in die Kinos gekommen. Filmkritiker Wolfgang M. Schmitt hat ihn sich angeschaut. Sein Fazit: “Bully strebt mit diesem Film erneut den Mainstream des Mainstreams an, tut aber mitunter so, als sei dies ein widerständiger Akt.”

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BILDblog-Klassiker

neu  

Von Katzen und dummen Menschen

Gestern berichtete “Bild”:

… und okay-okay, im letzten Absatz, ganz am Ende ihrer Berichterstattung hat “Bild” im Vornamen der darin zitierten Tierschützerin “Annelise Krauß” ein “e” vergessen. Aber selbst Anneliese Krauß findet das nicht so schlimm. Allerdings steht ihr Name natürlich nicht nur zum Spaß in “Bild”. Zitiert wird sie dort – und zwar wie folgt:

‘Das ist so schlimm wie grausame Tierversuche’, wettert Annelise Krauß vom Tierschutzverein Dresden.”

Und das sei nun wirklich “Quatsch”, sagt Krauß, wenn man sie fragt. Weil sie nämlich den von “Bild” zitierten Satz weder gewettert noch gesagt habe. Im Gegenteil: “Das wäre ja auch idiotisch,” sagt Krauß, “denn wenn es um tote Tiere geht, dann ist das ja kein Problem des Tierschutzes!” Zusammenfassend sagt uns die Tierschützerin über die Erfindung von Christian Koch (der laut “Bild” ja “aus Katzen Benzin machen” kann):

“Von unserer Seite ist daran nichts auszusetzen.”

Und genau so habe sie das im Übrigen auch zu “Bild” gesagt. (Aber, so Krauß weiter, wenn “der Herr Helfricht”, also einer der Autoren des “Bild”-Artikels, sie anrufe, dann wisse sie schon aus Erfahrung, dass hinterher Sachen in “Bild” stünden, die sie so gar nicht gesagt habe. Das gehe in Dresden schließlich schon über zehn Jahre so, so Krauß. — Und soviel vielleicht nur zum letzten Absatz des obigen Artikels.)

Kommen wir zum Rest, dem Eigentlichen, also darum, dass “Dr. Christian Koch (55) aus Kleinhartmannsdorf (Sachsen)”, wie es in “Bild” heißt, “aus Katzen Benzin machen” könne: Denn dass die “Benzin”-Überschrift Unsinn ist, verrät schließlich schon der dazugehörige “Bild”-Text selbst, weil darin nur von “Bio-Diesel” oder “Diesel” die Rede ist… Tatsächlich aber hat Koch offenbar eine ungewöhnliche und effektive Alternativmethode zur Treibstoffgewinnung entwickelt: die katalytische drucklose Verölung (KDV), über die beispielsweise schon der MDR im Mai 2003, 3sat im Juli 2004, die “Welt” im Januar 2005, die “Pirmasenser Zeitung” im Juli, der RBB vergangene Woche oder auch RTL berichteten. Und all diesen Berichten ist eines gemein: dass sie dem Gegenstand, über den sie (durchaus auch kritisch) berichten, gerecht werden.

“Bild” indes nennt Kochs Erfindung einen “Spezialreaktor” und schreibt Sätze wie diesen:

“Die Katzen-Kraft lässt sich theoretisch exakt berechnen: Aus einem ausgewachsenen 13-Pfund-Kater könnten 2,5 Liter Sprit entstehen, vier Miezen würden für 100 Kilometer reichen, für eine Tankfüllung wären 20 tote Katzen erforderlich.”

Und fragt man einfach mal nach bei dem “Mann, der (Stuben-)Tiger in den Tank packen kann” (“Bild”), antwortet Christian Koch, der “Bild”-Bericht habe “nichts mit der Wahrheit zu tun” und sei “zudem grenzenlos dumm”. Koch weiter:

“Wie kann man mit gekochtem tierischen Material Auto fahren? Wasser würde jeden Motor sofort zum Stillstand bringen. Hier wird an die niedrigsten Instinkte von dummen Menschen appelliert, um eine wertvolle Entwicklung zu verunglimpfen. (…) Mir zu unterstellen, dass ich mit Tierkadavern herumhantiere, ist kriminell. Das ist nicht im geringsten der Inhalt der Entwicklung und kann deshalb nur als gezielte Verleumdung angesehen werden.”

Auf der Website von Kochs Firma heißt es zudem inzwischen:

Mit Dank an Jan S. für die Anregung.
 
Nachtrag, 12:15:
“Bild” hat die Sache mit der “Katzen-Kraft” heute noch einmal aufgegriffen:

Darf man aus Katzen wirklich Benzin machen?

Doch wenn es jetzt etwas vorsichtiger als gestern heißt, dass Christian Koch “theoretisch auch aus Katzen” Bio-Diesel herstellen “könnte”, wenn jetzt nicht Koch, sondern ein Konkurrent die gestern von “Bild” aus der Luft gegriffene Skandalisierung zurechtrücken darf, wenn nun auch die gelassene Position der Tierschützer weniger sinnenstellend als gestern wiedergegeben wird und sich im heutigen “Bild”-Bericht immerhin ein einziger halbwegs sinnvoller Satz (“Die Diskussion ist überflüssig”) wiederfindet, dann macht das alles den Nonsens von gestern weder ungeschehen noch besser — und sei es nur deshalb, weil es “Bild” offenbar immer noch nicht gelingen will, zwischen “Benzin” (Überschrift) und “Diesel” (Text) zu unterscheiden…

Mehr dazu hier und hier.