Sender dementiert, Druck auf US-Medien, Die nonlineare Zukunft

1. Gedenkstätten-Chef macht ZDF Vorwurf – Sender dementiert
(t-online.de, Jonas Mueller-Töwe)
Jens-Christian Wagner, Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, sagte im Gespräch mit t-online.de, dass er in einem ZDF-Interview gebeten worden sei, aus Angst vor rechter Hetze in den Sozialen Medien keine direkten Bezüge zwischen der AfD und nationalsozialistischer Propaganda herzustellen (siehe die “6 vor 9” von gestern). Diesem Vorwurf trete das ZDF nun mit einer Stellungnahme entgegen: “Aus dem Transkript des Interviews, das dem ZDF vorliegt, geht hervor, dass die Autorin an keiner Stelle, wie von Herrn Wagner behauptet, gesagt hat, das ZDF oder die Redaktion würden einen Beitrag, in dem die AfD thematisiert wird, nicht senden.” Daraufhin habe Wagner seine Kritik noch einmal konkretisiert.

2. Druck auf US-Medien
(tagesspiegel.de, Daniel Krause)
Wie Daniel Krause im “Tagesspiegel” berichtet, sei Bill Owens, langjähriger Produzent der US-Investigativsendung “60 Minutes”, zurückgetreten, weil er sich unter wachsendem politischen und firmeninternen Druck nicht mehr frei in seinen Entscheidungen gefühlt habe. Insbesondere die Einflussversuche auf die Berichterstattung aus dem Umfeld von US-Präsident Donald Trump und der Eigentümerin Shari Redstone hätten Owens Unbehagen bereitet.

3. Voice of America soll wieder senden
(reporter-ohne-grenzen.de)
Auf Betreiben der Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) und des US-Auslandssenders Voice of America habe ein US-Bundesrichter die Trump-Administration angewiesen, die Abwicklung der Auslandssender rückgängig zu machen und den Sendebetrieb wiederherzustellen. “Die Entscheidung des Gerichts ist ein klares Zeichen gegen das pressefeindliche Vorgehen der US-Regierung”, sagt RSF-Geschäftsführerin Anja Osterhaus.

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4. Sarah Palin scheitert mit Klage gegen “New York Times”
(taz.de)
Die stramm-rechte US-Politikerin Sarah Palin sei mit ihrer Verleumdungsklage gegen die “New York Times” (“NYT”) gescheitert. Eine Jury habe entschieden, dass ein fehlerhafter Leitartikel sie nicht absichtlich diffamiert habe. Die “NYT” hatte 2017 fälschlicherweise behauptet, Palins politisches Aktionskomitee sei indirekt für einen Schusswaffenangriff mitverantwortlich. Die Redaktion hatte den Fehler jedoch schnell korrigiert.

5. Medienentwicklung neu denken: Ein Gespräch mit Dr. Michel Leroy
(de.ejo-online.eu)
Bei “EJO-Online” spricht Kommunikationswissenschaftler Michel Leroy über die zentralen Thesen seines Buches “The Sustainability Imperative in Media Development” und kritisiert die westliche Medienhilfe in Entwicklungsländern. Leroy hinterfragt die verbreitete Annahme, dass diese Hilfe automatisch nützlich sei, und bezeichnet das Konzept der Nachhaltigkeit als “eigennützigen Mythos”. Dieser diene oft mehr den Interessen der Geldgeber als den lokalen Medien.

6. Die nonlineare Zukunft des Fernsehens mit Leonhard Dobusch
(laeuft-programmschau.podigee.io, Alexander Matzkeit, Audio: 27:08 Minuten)
Im Podcast “Läuft” spricht Alexander Matzkeit mit dem Wirtschaftswissenschaftler und ZDF-Verwaltungsratsmitglied Leonhard Dobusch über den Umbau der ZDF-Website zu einem Streamingportal. Die beiden diskutieren darüber, was dieser Schritt für die Zukunft des linearen Fernsehens bedeutet und inwieweit das neue Angebot den Anforderungen an öffentlich-rechtliche Onlineangebote entspricht.

7. 20 Jahre YouTube
(radioeins.de, Lorenz Meyer, Audio: 3:51)
Zusätzlicher Link, da in eigener Sache: Bei radioeins kommentiert der “6-vor-9”-Kurator den 20. Geburtstag von YouTube: “YouTube hat vielen Menschen Chancen eröffnet, Wissen frei zugänglich gemacht, Kreativität gefördert. Und ja, das verdient Anerkennung. Aber das reicht nicht. Wer eine Bühne für die ganze Welt baut, kann sich nicht damit rausreden, nur der Hausmeister zu sein.”

Nicht über AfD sprechen?, Kliemanns Fiebertraum, Internettrend Ragebait

1. “So etwas habe ich nie zuvor erlebt”
(t-online.de, Jonas Mueller-Töwe)
Jens-Christian Wagner, Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, sagt im Gespräch mit t-online.de, dass er in einem ZDF-Interview gebeten worden sei, aus Angst vor rechter Hetze in den Sozialen Medien keine direkten Bezüge zwischen der AfD und nationalsozialistischer Propaganda herzustellen. Außerdem hat Wagner einen generellen Tipp für Medien: “Es ist ein Fehler, rechtsextreme Politiker in Talkshows einzuladen. Verfassungsfeindliche Positionen werden damit normalisiert. Als ob es bloße Meinungen wären, über die man diskutieren kann. Die Vorstellung, diese Leute inhaltlich zu entzaubern, ist trügerisch. Das funktioniert nicht. Weder in den Medien noch in der Politik.”

2. BND muss Informationen über Corona-Ursprung nicht offenlegen
(zeit.de)
Das Bundesverwaltungsgericht habe entschieden, dass der Bundesnachrichtendienst (BND) keine Informationen über seine Erkenntnisse zum Ursprung des Coronavirus an Medien herausgeben müsse. Der Antrag des Axel-Springer-Verlags sei abgelehnt worden, weil die Informationen nach Ansicht des Gerichts die Funktionsfähigkeit des BND sowie außenpolitische Interessen, insbesondere gegenüber China, gefährden könnten. Hintergrund seien Recherchen, wonach dem BND plausible Hinweise auf die sogenannte Laborthese vorlägen, die jedoch seit Jahren unter Verschluss gehalten würden.

3. Fynn Kliemanns Comeback ist ein Fiebertraum
(youtube.com, Alexander Prinz, Video: 33:57 Minuten)
Auf seinem Youtube-Kanal “Der dunkle Parabelritter” beschäftigt sich Alexander Prinz kritisch mit dem Comeback von Fynn Kliemann und fragt, ob dessen Rückkehr tatsächlich von echter Reue oder nur von kluger Inszenierung geprägt ist. Prinz analysiert Kliemanns mediale Auftritte, sein neues Album, eine Kunstausstellung und die ARD-Doku, in der Kliemann viel Raum für seine Version der Geschichte rund um einen Maskenskandal bekommt. Im Zentrum steht die Frage: “Hat sich Kliemann wirklich verändert? Und hat er seine wortreichen Entschuldigungen ernst gemeint oder war das am Ende auch wieder nur Show?”

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4. Reality dank Rundfunkbeitrag: ARD & ZDF trauen sich was
(dwdl.de, Thomas Lückerath)
Thomas Lückerath beschreibt, wie sich ARD und ZDF langsam dem Reality-TV öffnen und sich damit ein Genre erschließen, das bislang vor allem bei Privatsendern und Streamingdiensten stattfand. Statt auf Dating und nackte Haut setzen neue Formate wie “Wettlauf um die Welt” oder “Werwölfe” auf Strategie, Abenteuer und Wissensvermittlung. Diese Entwicklung könnte nicht nur das Image des Genres verbessern, sondern auch helfen, in Zeiten knapper Budgets kostengünstig Spannung und Unterhaltung zu produzieren.

5. ARD-Akzeptanzstudie 2025: Digitalstrategie zahlt sich aus
(verdi.de)
Die ARD-Akzeptanzstudie 2025 (PDF) zeige, dass die Digitalstrategie der ARD insbesondere bei jungen Menschen wirke: Die Nutzung digitaler Angebote sei bei den 14- bis 24-Jährigen um 20 Prozentpunkte gestiegen. Insgesamt würden 73 Prozent der Bevölkerung die ARD für wichtig halten, insbesondere die junge Zielgruppe bewerte sie heute deutlich positiver als noch vor zwei Jahren. Gleichzeitig gebe es Nachholbedarf bei der Repräsentation: Weniger als die Hälfte der Befragten habe der Aussage, die ARD gibt “Menschen wie mir eine Stimme”, zugestimmt.

6. Reichweite geht durch den Magen
(taz.de, Laila Oudray)
Content Creator würden auf Plattformen wie TikTok und Instagram absichtlich ekelhafte oder absurde Kochrezepte umsetzen, um gezielt Empörung auszulösen – sogenannter Ragebait. Die wütenden Reaktionen würden für hohe Reichweite sorgen, von Algorithmen belohnt und von Reaction-Kanälen weiterverbreitet. Laut Fachleuten verändere diese Dauerempörung nicht nur den Ton in Sozialen Medien, sie wirke langfristig auch nachteilig auf gesellschaftliche Debatten.

Rekordentschädigung, Gefahr von innen, Von Finnland lernen

1. Hier läuft etwas schief
(taz.de, Dirk Knipphals)
Wie Dirk Knipphals in der “taz” schreibt, komme die größte Gefahr für die öffentlich-rechtlichen Sender nicht von außen, sondern von innen. Intendanz und Leitungsebenen würden zunehmend rechte Narrative aufgreifen und journalistische Qualität zugunsten von populistischen Formaten und gefälligen Botschaften zurückstellen. Statt die Gesellschaft zusammenzuhalten, wie es ihr Auftrag wäre, könnten ARD und ZDF ihre Glaubwürdigkeit verlieren. Knipphals’ Fazit: “Was ihre Legitimation tatsächlich bedroht, ist nicht das bröckelnde ‘für alle’, sondern der Zynismus eines populistischen Programms.”

2. Wie rechtspopulistisch will die ARD eigentlich noch werden?
(stern.de, Stephan Maus)
Stephan Maus kritisiert in seinem Meinungsbeitrag, dass die ARD zunehmend rechtspopulistischen Tendenzen Raum gebe, indem sie TV-Persönlichkeiten wie Dieter Hallervorden, Dieter Nuhr oder Serdar Somuncu Sendezeit einräume. Statt Haltung gegen Hassrede und populistische Narrative zu zeigen, versuche der Sender offenbar, sich gegen den Vorwurf der woken Einseitigkeit abzusichern, und verliere dabei seinen demokratischen Auftrag aus den Augen. Auf diese Weise, warnt Maus, entwickle sich die ARD von einer Brandmauer der Demokratie zu einem Brandbeschleuniger.

3. Rekordentschädigung für Berliner Polizistin
(tagesspiegel.de, Alexander Fröhlich)
Die “Bild”-Redaktion habe in ihrer Berichterstattung eine Berliner Polizistin mit erfundenen und falschen Vorwürfen diffamiert, was zu einer Richtigstellung und einer Rekordentschädigung in Höhe von 150.000 Euro geführt habe. Die Artikel hätten der Frau zu Unrecht sexuellen Missbrauch unter Drogeneinfluss vorgeworfen. Die “Bild”-Zeitung habe die Fehler öffentlich eingeräumt, um Entschuldigung gebeten und eine Richtigstellung prominent auf der Titelseite veröffentlicht.

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4. Alarmismus: “Heute” missbraucht Kindergarten-Studie
(kobuk.at, Jakob Klawatsch)
Wie Jakob Klawatsch bei “Kobuk” berichtet, stelle die österreichische Zeitung “Heute” unbelegte Behauptungen über den Sprachverlust deutschsprachiger Kinder in Kindergärten auf und berufe sich dabei in irreführender Weise auf eine Studie. Diese habe jedoch keine Sprachtests durchgeführt, sondern lediglich Einschätzungen von Kindergartenleitungen eingeholt. Laut einem der Studienautoren zeige die Untersuchung vor allem, dass das Bildungsniveau der Eltern für die Sprachentwicklung entscheidend sei. Ein tatsächlicher Sprachverlust sei nicht belegt.

5. Medienkompetenz: Von Finnland lernen
(verdi.de, Sarah Schaefer)
Desinformation stelle in Deutschland ein wachsendes Problem dar, dem viele Menschen mangels Medienkompetenz kaum gewachsen seien. Als Vorbild im Umgang mit “Fake News” gelte Finnland, wo die Schulung der Medienkompetenz bereits früh im Bildungssystem verankert sei und als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden werde. Dies führe zu einem hohen Vertrauen der Bevölkerung in Staat, Medien und Bildung, was Menschen widerstandsfähiger gegen Desinformation mache.

6. Das hatte sich Google anders vorgestellt
(zeit.de)
Wie Pauline Schinkels bei “Zeit Online” schreibt, drohe neben Meta auch Google in den USA juristisches Ungemach. Das US-Justizministerium fordere, dass der Konzern seinen Browser Chrome verkauft, was einer Zerschlagung gleichkäme. Obwohl die Techkonzerne auf Rückendeckung durch die wirtschaftsfreundliche Trump-Regierung gehofft hätten, setze diese die Verfahren weiter fort – offenbar weil führende Republikaner dem Silicon Valley weiterhin misstrauen.

KW 16/25: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Wochenendausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

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1. Wie übersteht eine kleine Redaktion einen jahrelangen, kostspieligen Rechtsstreit?
(uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 16:15 Minuten)
Im “Übermedien”-Podcast spricht Moderator Holger Klein mit Anna Hunger, Chefredakteurin der Wochenzeitung “Kontext”, über einen jahrelangen Rechtsstreit um einen “Kontext”-Artikel aus dem Jahr 2018. Hunger hatte darin aus privaten Chats eines ehemaligen AfD-Mitarbeiters zitiert, um dessen rechtsextreme Gesinnung zu belegen. Das Oberlandesgericht Frankfurt habe die Zeitung wegen dieser veröffentlichten Chats zu einer Geldstrafe von rund 100.000 Euro verurteilt. Für Hunger ist das Urteil eine “Klatsche für den Informantenschutz”.

2. So verzerren Medien das Bild von Muslimen
(youtube.com, Manuell Biallas & Raja Khadour, Video: 16:56 Minuten)
Das NDR-Magazin “Zapp” hat untersucht, wie Medien durch einseitige und negative Berichterstattung das Bild von Muslimen in Deutschland verzerren, insbesondere im Zusammenhang mit Gewalt und Islamismus. Eine Studie im Auftrag des Bundesinnenministeriums zeige, dass 89 Prozent der TV-Beiträge über islamische Themen bei den großen Sendern negativ besetzt seien. Dadurch könne ein Klima des Generalverdachts entstehen, das Muslime pauschal stigmatisiere.

3. Kalk und Welk kriegen Nachhilfe in Medienkunde mit Dr. Christian Richter
(ardaudiothek.de, Oliver Kalkofe & Oliver Welke, Audio: 54:49 Minuten)
Im Podcast “Kalk & Welk” sprechen Oliver Kalkofe und Oliver Welke mit dem Medienwissenschaftler Christian Richter über Medienbildung in der Schule und Medienkompetenz in der Gesellschaft. Die drei diskutieren darüber, warum Medienbildung ein wichtiger Bestandteil des Unterrichts sein sollte, wie schwer es Schulen oft fällt, Medienregeln sinnvoll umzusetzen, und warum Handyverbote keine langfristige Lösung sind. Richter plädiert dafür, medienpädagogische Konzepte gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern zu entwickeln und auch Erwachsene stärker in die Verantwortung für Medienkompetenz zu nehmen.

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4. TikTok? Gefährlich oder genial?
(youtube.com, Ingrid Brodnig, Video: 43:53 Minuten)
Was bekommen Jugendliche auf TikTok tatsächlich zu sehen, wenn sie durch die App scrollen? Und welches Bild der Welt vermittelt die Plattform dabei? Bei einer Fachtagung der Kinder- und Jugendanwaltschaft Oberösterreich sprach die Journalistin Ingrid Brodnig über Filterblasen, Desinformation und sichere digitale Räume. Sie gab dabei auch praxisnahe Tipps, wie man Medienkompetenz wirksam vermitteln kann.

5. Medienstrategien der extremen Rechten – und wie man damit umgehen sollte
(br.de, Thies Marsen, Audio: 24:49 Minuten)
“BR24 Medien” hat mit dem Rechtsextremismusforscher Gideon Botsch, der Historikerin Barbara Manthe und der Zeithistorikerin Martina Steber darüber gesprochen, wie sich die mediale Berichterstattung über die extreme Rechte im Laufe der Zeit verändert hat. Im Fokus steht, welche Fehler im Umgang mit der AfD und anderen rechten Gruppierungen gemacht wurden und zum Teil weiterhin gemacht werden.

6. Fynn Kliemann – Ich hoffe, ihr vermisst mich
(ardmediathek.de, Mariska Lief, Video: 1:00:35 Stunden)
Fynn Kliemann, einst gefeierter YouTuber und Unternehmer, geriet 2022 durch Enthüllungen des “ZDF Magazin Royale” über fragwürdige Maskengeschäfte in einen öffentlichen Skandal. Die anschließende Kritik, der Verlust von Geschäftspartnern und ein Ermittlungsverfahren markierten seinen tiefen Fall. Eine Dokumentation begleitet Kliemann nun beim Versuch eines Comebacks und stellt die zentrale Frage: Warum zieht es ihn wieder zurück ins Rampenlicht?

SLAPP-Klagen, Metas Zerschlagung?, Propaganda bei der “Weltwoche”

1. Es bleibt immer etwas kleben
(kontextwochenzeitung.de, Jean Peters)
Jean Peters beschreibt, wie strategische Klagen (SLAPPs) zunehmend genutzt würden, um investigative Journalistinnen und Journalisten einzuschüchtern, zu zermürben und Zweifel an ihren Recherchen zu säen. Am Beispiel seiner eigenen “Correctiv”-Recherche über ein Treffen rechter Kreise in Potsdam zeigt Peters, wie Klagen und gezielte Öffentlichkeitsarbeit den Journalismus unter Druck setzen würden. Er warnt, dass solche Einschüchterungsversuche nicht nur Zeit und Ressourcen kosten, sondern letztlich die Pressefreiheit und die Demokratie gefährden.

2. DJV und dju klagen gegen KI-Klauseln bei der “SZ”
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Wie “DWDL” berichtet, gehen der Deutsche Journalisten-Verband und die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union in Verdi juristisch gegen den Verlag der “Süddeutschen Zeitung” vor. Streitgegenstand seien die KI-Klauseln in den Honorarbedingungen. Diese Regelungen seien ohne Verhandlung durchgesetzt worden und würden die Urheberrechte sowie die wirtschaftliche Basis der freien Journalistinnen und Journalisten gefährden. Die “SZ”-Verlagsgruppe verteidige die Klauseln als branchenüblich.

3. Meta wollte Prozess um Zerschlagung offenbar mit Milliardenzahlung abwenden
(spiegel.de)
Der Social-Media-Konzern Meta habe laut “Wall Street Journal” versucht, den aktuell laufenden Prozess um eine mögliche Zerschlagung durch ein Vergleichsangebot in Höhe von mehreren Hundert Millionen US-Dollar zu verhindern, stieß aber auf deutlich höhere Forderungen der US-Handelsbehörde FTC.
Dazu auch ein Hörtipp in eigener Sache: Bei radioeins kommentiert der “6-vor-9”-Kurator: “Die große Idee hinter dem Kartellrecht ist nicht, erfolgreiche Firmen zu bestrafen, sondern zu verhindern, dass ein Unternehmen so groß wird, dass es Märkte kontrolliert, Innovation erstickt und am Ende sogar die Demokratie unterwandert. Wenn Mark Zuckerberg heute die Daten und Kommunikationswege von Milliarden Menschen in der Hand hat, dann ist das nicht nur ein wirtschaftliches Risiko – dann ist das auch ein politisches Risiko.” (radioeins.de, Lorenz Meyer, Audio: 4:02 Minuten)

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4. RSF verurteilt Gewaltaufruf gegen taz-Journalisten
(reporter-ohne-grenzen.de)
Die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) verurteilt den jüngsten Gewaltaufruf gegen den “taz”-Journalisten Nicholas Potter: “Journalistische Arbeit darf nicht durch Angst und Bedrohung eingeschränkt werden – egal, um welches Thema es geht”, so Anja Osterhaus von Reporter ohne Grenzen: “RSF steht solidarisch an der Seite von Nicholas Potter und allen Journalistinnen und Journalisten, die ihre Arbeit unter schwierigen Bedingungen fortführen.”
Weiterer Lesehinweis: taz-Chefredaktion zur Bedrohung von Nicholas Potter: “Das ist eine Stufe der Eskalation, an der jede Diskussion über legitime Kritik endet. Wir werden das nicht hinnehmen.” (taz.de, Barbara Junge & Ulrike Winkelmann & Katrin Gottschalk)

5. Die «Weltwoche» bedient sich seit einem Jahr bei russischer Propagandaplattform
(fairmedia.ch, Tobias König)
Wie “Fairmedia” berichtet, handele es sich bei der Übernahme eines russischen Propagandaartikels durch die Schweizer “Weltwoche” vor einigen Tagen nicht um einen Einzelfall: “Als die ‘Weltwoche’ Anfang April einen Beitrag wortwörtlich von der russischen Propagandaplattform RT (ehemals ‘Russia Today’) übernahm, sorgte das für breite Empörung. Unsere Recherchen zeigen: Bereits seit einem Jahr greift die ‘Weltwoche’ regelmässig Inhalte von RT auf – nicht im Originalwortlaut, aber in paraphrasierter Form.”

6. Warum Journalismus mehr Rückgrat benötigt
(taz.de, Leif Kramp & Stephan Weichert)
Der Journalismus stehe durch Desinformation, wirtschaftliche Unsicherheit und Big-Tech-Dominanz massiv unter Druck und brauche dringend mehr strukturelle Unterstützung, schreiben die Medienwissenschaftler Leif Kramp und Stephan Weichert. Ihr Think Tank “Vocer” fordert in einem “Policy Paper” (PDF) unter anderem die Gemeinnützigkeit journalistischer Arbeit, gezielte Förderung des Lokaljournalismus sowie klare Regeln für KI-Inhalte, um Medien widerstandsfähiger zu machen. Ohne tiefgreifende Reformen würden weitere “Nachrichtenwüsten” und ein Verlust demokratischer Orientierung drohen.

Nahost-Berichterstattung, Keine Tarifeinigung, Über Demenz

1. Sachsenhaushalt: Schwindende Unterstützung für Medienschaffende schwächt Medienfreiheit in Deutschland und Europa
(ecpmf.eu)
Angesichts möglicherweise bevorstehender Mittelkürzungen zeigt sich das European Centre for Press and Media Freedom (ECPMF) besorgt. Sollte der Entwurf des sächsischen Doppelhaushaltes 2025/2026 in der aktuellen Form verabschiedet werden, stelle dies “eine ernsthafte Bedrohung für die Stabilität und Zukunft der Organisation” dar. Das ECPMF habe seit seiner Gründung in 177 Fällen juristische Nothilfe für Journalistinnen und Journalisten geleistet.

2. Die Legende von den “Hamas-Angaben, die sich nicht nachprüfen lassen.” Oder: Wie Medien palästinensisches Leid unsichtbar machen.
(schantall-und-scharia.de, Fabian Goldmann)
Fabian Goldmann kritisiert, dass viele deutsche Medien die Todeszahlen aus Gaza als “Hamas-Angaben” abtäten und damit das Ausmaß palästinensischen Leids unsichtbar machen würden. Er argumentiert, dass diese Zahlen, die vom Palästinensischen Gesundheitsministerium stammen, sich in der Vergangenheit als verlässlich erwiesen hätten und international – auch von israelischen Stellen – genutzt würden. Goldmanns Fazit: “Anstatt den Horror, der sich jeden Tag im Gazastreifen abspielt, zu relativieren und zu verschleiern, sollten Journalisten Wege finden, ihn sichtbar zu machen. Die akkurate Berichterstattung über Todeszahlen und deren Glaubwürdigkeit wäre zumindest ein erster Schritt.”

3. Warum wir falsch über Demenz berichten
(journalist.de, Peggy Elfmann)
Peggy Elfmann schreibt in ihrem Artikel, dass Medien oft ein einseitiges, klischeehaftes Bild von Demenz zeichnen und dadurch unnötig Angst machen. Elfmann fordert eine differenzierte, wertschätzende Berichterstattung, die auch Ressourcen, Lebensfreude und den Alltag der Betroffenen zeigt. Journalistinnen und Journalisten sollten sensibler mit Sprache umgehen, Betroffene selbst zu Wort kommen lassen und Mut machen, statt zu stigmatisieren.

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4. Das Gruseligste an Vergewaltigungs-Videospielen sind ihre Fans
(substack.com, Lisa Ludwig)
Lisa Ludwig kritisiert in ihrem Beitrag das (mittlerweile vom Markt genommene) Videospiel “No Mercy”, in dem Spieler Frauen vergewaltigen können, und hebt hervor, dass nicht nur das Spiel selbst, sondern vor allem die es verteidigende Community zutiefst verstörend sei. Ludwig unterscheidet klar zwischen gewöhnlicher Gewalt in Videospielen und sexualisierter Gewalt, die keinen spielerischen Kontext, sondern nur Demütigung und Machtfantasien bediene. Sie warnt vor der Normalisierung solcher Inhalte und zeigt sich beunruhigt und wütend über den gesellschaftlichen Raum, den misogyne Ideologien zunehmend einnehmen.

5. Noch immer keine Tarifeinigung bei Tageszeitungen
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Timo Niemeier berichtet, dass auch die fünfte Tarifrunde zwischen den Zeitungsverlegern und den Gewerkschaften ergebnislos geblieben sei. Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger sehe sich mit seinem Angebot an der Grenze des wirtschaftlich Vertretbaren. Der Deutsche Journalisten-Verband und die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union in Verdi betonen, dass insbesondere der Arbeitskampf Bewegung in die Verhandlungen gebracht habe, und ein Abschluss greifbar sei.

6. Der verführerische Charme der Sinnlosigkeit
(taz.de, Giorgia Grimaldi)
Der “Italian-Brainrot”-Trend auf TikTok zeige absurde, KI-generierte Fabelwesen mit italienisch anmutenden Fantasienamen, die sich durch völlige Sinnfreiheit und schräge Hintergrundgeschichten auszeichnen. Was zunächst wie digitaler Nonsens wirke, werde von vielen als kreative, dadaistische Antwort der jungen Generation auf eine chaotische Welt verstanden: “Es ist Chaos, das sich selbst genügt und ein paar Sekunden Ablenkung schafft.”

Physische Angriffe, Phantom Objektivität?, TikTok-Unterricht

1. Feindbild Journalist:in 9: Pressefreiheit im Spannungsfeld gesellschaftlicher Krisen
(ecpmf.eu)
Die Studie “Feindbild Journalist:in” (PDF) zeige, dass physische Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten in Deutschland im Jahr 2024 mit 98 Fällen einen neuen Höchststand erreicht hätten, hauptsächlich im Kontext rechter Gewalt und pro-palästinensischer Demonstrationen. Besonders kritisch sei die Lage im Lokaljournalismus, wo Medienschaffende aufgrund einer zunehmenden Radikalisierung der extremen Rechten verstärkt bedroht und eingeschüchtert würden.

2. Ist Objektivität im Journalismus ein “Phantom”?
(youtube.com, Markus Trantow, Audio: 48:42 Minuten)
Wie viel persönliche Agenda erlaubt die journalistische Arbeit? Wo verlaufen die Grenzen zwischen Journalismus und Aktivismus? Und ist Objektivität im Journalismus ein Phantom? Um diese Fragen ging es auf dem Panel des diesjährigen “Medien-Camps” des Medienfachverlags Oberauer. Es diskutieren Antje Sirleschtov, Mitherausgeberin von “Table Media”, Barbara Junge, Chefredakteurin der “taz”, und Christian Maertin, “Head of Corporate Communications” beim Bayer-Konzern.

3. Prof gefeuert, Unterricht läuft
(taz.de, Charlina Strelow)
Die “taz” berichtet über John Friedman, einen beliebten Anthropologie-Dozenten, der aufgrund von Budgetkürzungen am niederländischen University College Roosevelt entlassen wurde, seinen Unterricht jedoch öffentlich fortsetze und dabei auf TikTok Millionen Menschen erreiche. Trotz der prekären Situation ermutige Friedmans Engagement viele Menschen, sich öffentlich für Wissenschaft und kritisches Denken einzusetzen.

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4. Meta kündigt KI-Training mit EU-Nutzerdaten an
(spiegel.de)
Der Social-Media-Konzern Meta habe seine KI-Funktion “Meta AI” nun auch in Europa gestartet und nutze dafür standardmäßig öffentliche Nutzerdaten, um Dialekte, regionale Besonderheiten und Humor lernen zu können. Nutzerinnen und Nutzer müssten aktiv widersprechen (“Opt-out”), wenn sie nicht wollen, dass ihre Daten verwendet werden – ein Vorgehen, das Datenschützer kritisch sehen, das laut Meta aber rechtlich abgesichert sei.
Weiterer Lesehinweis: Gericht verhandelt über mögliche Zerschlagung von Meta: “Mark Zuckerberg steht unter Druck. Am Montag beginnt der Prozess der US-Regierung gegen seinen Social-Media-Konzern. Der Vorwurf: Milliardenschwere Übernahmen von Konkurrenten seien illegal gewesen.” (spiegel.de)

5. Konsequenzen aus dem Fall Mischke: Neue “ttt”-Struktur
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Timo Niemeier berichtet bei “DWDL”, dass die ARD nach der gescheiterten Verpflichtung von Thilo Mischke als Moderator der Kultursendung “titel, thesen, temperamente” nun strukturelle Änderungen vornehme und die Verantwortung für “ttt” zentral beim MDR bündele. Die ARD räume eigene Fehler bei der Kommunikation und der Abstimmung ein und verzichte vorerst auf ein weiteres Moderatorencasting. Mischke selbst habe zuvor öffentlich die chaotische Kommunikation und die Uneinigkeit der ARD kritisiert.

6. Ich lege meine YouTube-Einnahmen offen
(youtube.com, Mats Schönauer, Video: 10:52 Minuten)
Mats Schönauer wirft auf seinem YouTube-Kanal “Topfvollgold” regelmäßig einen kritischen Blick hinter die Kulissen von Boulevardpresse, YouTubern und Social Media. Diesmal macht er etwas, was in der Branche selten ist: Er legt seine Einnahmen offen. Dabei wird auch das fragwürdige Vergütungsverhältnis bei YouTube deutlich, bei dem eingespielte Werbung bei sogenannten Reactions oft ungleich besser bezahlt wird als bei den Originalvideos selbst, auf denen die Reaktionsvideos basieren.
Transparenzhinweis: Mats Schönauer ist ehemaliger Leiter des BILDblog und Co-Autor des BILDblog-Buchs “Ohne Rücksicht auf Verluste. Wie BILD mit Angst und Hass die Gesellschaft spaltet”.

ZDF vergoogelt sich, Der Macht nachplappern, Qual mit der Wahl

1. Steckt Putin hinter Anschlägen in Deutschland? ZDF vergoogelt sich bei Russland-Recherche
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Das ZDF suggeriere in einer Dokumentation, dass Russland hinter Anschlägen in Deutschland stecken könnte, und mache dies an Daten von “Google Trends” fest. Diese Methode sei jedoch hochgradig fragwürdig und ungenau, kritisiert Stefan Niggemeier. Er argumentiert, dass diese scheinbaren Indizien lediglich Verschwörungserzählungen nähren, und wirft dem ZDF vor, trotz vieler Relativierungen letztlich derartige Verschwörungserzählungen durch zweifelhafte Schein-Beweise zu verbreiten: “Wer sich im Kampf gegen ‘Fake News’ auf Methoden verlässt, die selbst an ‘Fake News’ grenzen, wird ihn nicht gewinnen können.”
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2. Der Macht nachplappern
(taz.de, Gilda Sahebi)
Gilda Sahebi kritisiert, dass das neue Format “Klar” von NDR und BR vorgebe, mutig “Klartext” zum Thema Migration zu sprechen, dabei aber lediglich altbekannte, spaltende Erzählungen wiederhole. Sahebi wirft der Sendung vor, sich hinter der vermeintlichen Wahrheitssuche zu verstecken, um simplifizierende, migrationsfeindliche Narrative zu bedienen und damit von gesellschaftlichen Problemen abzulenken. Statt journalistischer Aufklärung liefere die Sendung nur das “Nachplappern von Erzählungen der Macht”.
Weiterer Lesehinweis: Böhmermann kritisiert neues ARD-Format, Moderatorin antwortet: “Das von BR und NDR gestartete Reportage-Magazin ‘Klar’ erhält mächtig Gegenwind. Auch Jan Böhmermann hat sich nach der ersten Ausgabe zum Thema Migration geäußert und übt Kritik. Moderatorin Julia Ruhs wiegelt ab.” (dwdl.de, Timo Niemeier)

3. Zwei Jahre Krieg – auch gegen Journalisten
(reporter-ohne-grenzen.de)
Laut Reporter ohne Grenzen werden seit Beginn des Krieges vor zwei Jahren zwischen der sudanesischen Armee und den paramilitärischen Rapid Support Forces Journalistinnen und Journalisten massiv verfolgt, angegriffen und getötet, ohne dass die Täter zur Verantwortung gezogen werden. Die Organisation berichtet von mindestens sieben ermordeten Medienschaffenden sowie von zahlreichen weiteren Fällen von Inhaftierung, Vermissten, Überwachung, Bedrohungen, Cybermobbing und sexueller Gewalt gegen Journalistinnen und Journalisten.

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4. ProSiebenSat.1 – Stellenabbau und Übernahmegerüchte: Wie geht’s weiter?
(ardaudiothek.de, Jonathan Schulenburg, Audio: 28:21 Minuten)
Im Podcast “BR24 Medien” geht es um die aktuelle Krise beim Medienkonzern ProSiebenSat.1, der von Stellenabbau, sinkenden Quoten und internen Problemen betroffen sei. Diskutiert wird außerdem über die mögliche Übernahme durch die italienische Berlusconi-Holding “Media for Europe”, die schrittweise ihren Einfluss bei ProSiebenSat.1 ausweiten wolle. Branchenexperten erklären die Strategie hinter der Übernahme, die darin bestehe, durch Synergien und gemeinsame Strukturen ein europäisches Medienunternehmen aufzubauen.

5. Wo hat investigativer Journalismus in einer von KI geprägten Welt Platz?
(de.ejo-online.eu, Oleksandra Yaroshenko)
Investigativer Journalismus habe in einer von Künstlicher Intelligenz (KI) dominierten Welt die Aufgabe, die mächtigen digitalen Plattformen und deren undurchsichtige Algorithmen kritisch zu überwachen, was traditionelle Methoden oft überfordere. KI könne Journalistinnen und Journalisten dabei helfen, riesige Datenmengen zu analysieren, verborgene Muster aufzudecken und algorithmische Verzerrungen aufzuspüren, wie Studien zu Chatbot-Trainingsdaten und TikToks Empfehlungsalgorithmus zeigen würden: “So haben investigative Journalist:innen in der neuen technologischen Landschaft nicht nur Platz, sondern spielen eine entscheidende Rolle bei der Gewährleistung der Transparenz digitaler Giganten.”

6. Die Qual mit der Wahl: Wie es beim NDR jetzt weitergeht
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Laut “DWDL” herrscht nach der gescheiterten Intendantenwahl beim NDR Unklarheit, ob der Verwaltungsrat dem Rundfunkrat mehrere Kandidaten vorschlagen dürfe, da der NDR-Staatsvertrag in dieser Hinsicht uneindeutig sei. Wegen des engen Zeitrahmens sei kurzfristig keine Vertragsänderung zu erwarten. Daher könnte beim nächsten Versuch, eine Leitung für den öffentlich-rechtlichen Sender zu finden, erneut nur eine Person zur Wahl stehen.

KW 15/25: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Wochenendausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

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1. Daniel Drepper bei “Freiheit Deluxe”
(hr2.de, Jagoda Marinić, Audio: 1:24:11 Stunden)
Bei “Freiheit Deluxe” spricht Jagoda Marinić mit dem Investigativjournalisten Daniel Drepper über dessen Recherchen zu Machtmissbrauch, unter anderem zum Fall von Ex-“Bild”-Chefredakteur Julian Reichelt und der Band Rammstein, und über deren Auswirkungen auf Gesellschaft und Medien. Die beiden diskutieren außerdem darüber, wie journalistische Arbeit durch politische und mediale Gegenstrategien unter Druck gerät, etwa durch Angriffe auf das Informationsfreiheitsgesetz.

2. Warum berichtet die “Zeit” so ausführlich über einen Sorgerechtsstreit?
(uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 19:56 Minuten)
Holger Klein unterhält sich im “Übermedien”-Podcast mit der “Zeit”-Kriminalreporterin Anne Kunze über deren Artikel (nur mit Abo lesbar) zu einem prominenten Sorgerechtsfall: “Wie geht man als Journalistin mit einem derart gewaltigen Aktenberg um? Gehört so ein Streit überhaupt in die Öffentlichkeit? Und wie schwer ist es, journalistisch neutral zu bleiben, wenn eine Seite der Geschichte deutlich kooperativer ist als die andere?”
Ergänzender Lesetipp aus dem Januar 2024: Die Medienschlacht um die Block-Kinder: “Ein privater Sorgerechtsstreit wird seit Monaten auch in Medien ausgetragen. Für die ist die Sache verlockend, weil es um eine Hamburger Millionärsfamilie geht, um einen ehemaligen Sportmoderator und um Entführung. Doch wäre es nicht geboten, die Kinder vor Öffentlichkeit zu schützen?” (übermedien.de, Boris Rosenkranz)

3. Im Osten nichts Neues? Ostdeutschland in den Medien
(youtube.com, Nadine Lindner, Video: 1:02:21 Stunden)
Im Rahmen der Medientage Mitteldeutschland beschäftigte sich ein Panel mit der Berichterstattung deutscher Medien über Ostdeutschland: “Wie kann die vielschichtige Gesellschaft in den ostdeutschen Ländern differenzierter dargestellt werden? Wie lassen sich Klischees vermeiden? Und wie können ostdeutsche Stimmen sichtbarer werden?” Es diskutierten Reiner Haseloff (Ministerpräsident Sachsen-Anhalt), Christin Bohmann (Chefredakteurin MDR), Heiko Paluschka (Leiter des ProSiebenSat.1-Hauptstadtbüros), Maria Fiedler (stellvertretende Leiterin des “Spiegel”-Hauptstadtbüros) und Dirk Oschmann (Literaturprofessor und Publizist).

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4. “Godcode” & “Avignon: Der Prozess Pelicot” – Das “Ich” im Podcast
(ohrensessel.podigee.io, Sandro Schroeder & Carina Schroeder, Audio: 1:59:57 Stunden)
In der aktuellen Folge des Podcasts “Ohrensessel” sprechen Carina und Sandro Schroeder über die Podcasts “Godcode – Macht. KI. Drama.” von funk und die “Spiegel”-Produktion “Avignon: Der Prozess Pelicot”. Sie analysieren die unterschiedlichen Moderationsstile der Hosts und diskutieren darüber, was einen guten Podcast-Host ausmacht. Außerdem geht es um gängige Erzählmuster, überladene Einstiege und abgenutzte Stilmittel in der Podcast-Produktion.

5. F.A.Z.: Warum habt ihr ein neues Abo gelauncht?
(spotify.com, Lennart Schneider, Audio: 1:06:01 Stunden)
In der neuen Folge von “Subscribe Now” geht es um die überarbeitete Nachrichten-App “Der Tag” der “FAZ”, die täglich zehn ausgewählte Artikel, KI-Zusammenfassungen, eine Vorlesefunktion und ein News-Quiz biete. Marina Sorg, “Deputy Chief Product Officer” der “FAZ”, erklärt, warum die App zehn Jahre nach ihrem Start einem Relaunch unterzogen wurde, und wie die Redaktion damit gezielt neue Abonnentinnen und Abonnenten ansprechen will. Außerdem geht es um die Rolle der App als Experimentierfeld für neue Funktionen und die Integration von Künstlicher Intelligenz.

6. Die Geschichte eines Medienskandals: Die gefälschten “Hitler-Tagebücher”
(spotify.com, Christian Jakubetz, Audio: 32:51 Minuten)
Christian Jakubetz spricht in seinem Podcast “Satzzeichen” mit dem Journalisten und Autor Malte Herwig über den Medienskandal rund um die gefälschten Hitler-Tagebücher, die der “Stern” 1983 veröffentlichte. Im Mittelpunkt steht die Rolle des Reporters Gerd Heidemann, dessen Tonbandaufnahmen Herwig später entdeckte und als Grundlage seines Podcasts “Faking Hitler” nutzte. Jakubetz und Herwig sprechen darüber, was der Skandal über den Journalismus aussagt und ob sich so etwas heute wiederholen könnte.

Der schleichende Weg, Mächtige kontrollieren, Medien zu negativ?

1. Der schleichende Weg nach rechts?
(journalist.de, Sarah Neu)
Sarah Neu ist der Frage nachgegangen, wie Medien mit der zunehmenden Diskursverschiebung nach rechts und dem Einfluss rechtspopulistischer Rhetorik umgehen sollten. Mehrere Journalistinnen und Journalisten betonen die Bedeutung von Selbstreflexion, gründlicher Recherche und einer klaren Haltung gegenüber rechten Narrativen, anstatt ihnen unkritisch Raum zu geben oder sich von Provokationen treiben zu lassen. In der kleinen Umfrage geht es auch darum, ob und wie Medien eine aktive Rolle bei der Einordnung politischer Botschaften spielen sollen.

2. Journalistische Rolle: Mächtige kontrollieren
(verdi.de, Bärbel Röben)
Bärbel Röben berichtet über eine Studie zum Rollenverständnis von Journalistinnen und Journalisten in Deutschland, Österreich und der Schweiz, in der die Kontrollfunktion gegenüber den Mächtigen (“Watchdog”) als wichtigste Aufgabe gesehen wird. Dabei zeige sich ein Wandel vom rein objektiven Vermittler hin zu einem kritisch beobachtenden Journalismus, der stärker auf demokratische Werte, Aufklärung und Problemlösung ausgerichtet ist.

3. Wieder zwei Journalisten festgenommen
(taz.de, Wolf Wittenfeld)
In der Türkei seien zwei Investigativjournalisten festgenommen worden, nachdem sie über die Verhaftung des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem İmamoğlu berichtet hätten. Ihnen werde “Bedrohung und Erpressung” vorgeworfen. Kritiker sprächen von politisch motivierter Einschüchterung freier Medien und einem Missbrauch der Justiz zur Unterdrückung kritischer Stimmen.

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4. Staat und Wirtschaft wollen ihre Geheimnisse hüten. Was der Gesellschaft bleibt, sind Whistleblower.
(whistleblower-net.de)
Das “Whistleblower-Netzwerk” kritisiert geplante Gesetzesänderungen der Bundesregierung, mit denen Transparenz und demokratische Kontrollmechanismen wie das Informationsfreiheitsgesetz oder das Lieferkettengesetz massiv eingeschränkt würden. Statt staatlicher Aufklärung würden Whistleblower zunehmend zur letzten Instanz, um Missstände in Politik, Wirtschaft und Geheimdiensten aufzudecken. Das “Whistleblower-Netzwerk” ruft daher Bürgerinnen und Bürger dazu auf, sich aktiv gegen Rechtsverstöße und Machtmissbrauch zu stellen und Informationen öffentlich zu machen.
Weiterer Lesehinweis: Auch der Deutsche Journalisten-Verband “zeigt sich besorgt über den vorgelegten Koalitionsvertrag im Hinblick auf den Umgang mit Auskunfts- und Informationsrechten”: DJV kritisiert Koalitionsvertrag (djv.de, Gina Schad).

5. Berichten Medien zu negativ?
(deutschlandfunk.de, Sascha Wandhöfer, Audio: 39:43 Minuten)
Im Deutschlandfunk (DLF) kommen regelmäßig Hörerinnen und Hörer zu Wort. Manchmal liefern sie sogar die Idee für eine ganze Sendung und tauschen sich darin mit Expertinnen und Experten aus. In dieser Folge des Podcasts “Nach Redaktionsschluss” geht es um die Frage, ob Medien zu negativ berichten. Es diskutieren DLF-Hörer Thomas Klemm, Lisa Urlbauer vom Bonn Institute und Nicolas Pröllochs von der Uni Gießen.

6. Tägliche Logik-Rätsel
(journal-nrw.de, Marie Illner)
Marie Illner beschreibt, wie Faktenchecker mit technischer und journalistischer Detektivarbeit Falschinformationen in Sozialen Netzwerken entlarven, indem sie beispielsweise Bilder auf ihre Echtheit überprüfen oder Inhalte mit Geolokalisierung und KI-Tools analysieren. Nach ihren Gesprächen mit verschiedenen Expertinnen und Experten aus der Praxis wird deutlich, dass Faktenchecks viel Sorgfalt, politisches Wissen, Teamarbeit und Frustrationstoleranz erfordern.

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BILDblog-Klassiker

neu  

Von Katzen und dummen Menschen

Gestern berichtete “Bild”:

… und okay-okay, im letzten Absatz, ganz am Ende ihrer Berichterstattung hat “Bild” im Vornamen der darin zitierten Tierschützerin “Annelise Krauß” ein “e” vergessen. Aber selbst Anneliese Krauß findet das nicht so schlimm. Allerdings steht ihr Name natürlich nicht nur zum Spaß in “Bild”. Zitiert wird sie dort – und zwar wie folgt:

‘Das ist so schlimm wie grausame Tierversuche’, wettert Annelise Krauß vom Tierschutzverein Dresden.”

Und das sei nun wirklich “Quatsch”, sagt Krauß, wenn man sie fragt. Weil sie nämlich den von “Bild” zitierten Satz weder gewettert noch gesagt habe. Im Gegenteil: “Das wäre ja auch idiotisch,” sagt Krauß, “denn wenn es um tote Tiere geht, dann ist das ja kein Problem des Tierschutzes!” Zusammenfassend sagt uns die Tierschützerin über die Erfindung von Christian Koch (der laut “Bild” ja “aus Katzen Benzin machen” kann):

“Von unserer Seite ist daran nichts auszusetzen.”

Und genau so habe sie das im Übrigen auch zu “Bild” gesagt. (Aber, so Krauß weiter, wenn “der Herr Helfricht”, also einer der Autoren des “Bild”-Artikels, sie anrufe, dann wisse sie schon aus Erfahrung, dass hinterher Sachen in “Bild” stünden, die sie so gar nicht gesagt habe. Das gehe in Dresden schließlich schon über zehn Jahre so, so Krauß. — Und soviel vielleicht nur zum letzten Absatz des obigen Artikels.)

Kommen wir zum Rest, dem Eigentlichen, also darum, dass “Dr. Christian Koch (55) aus Kleinhartmannsdorf (Sachsen)”, wie es in “Bild” heißt, “aus Katzen Benzin machen” könne: Denn dass die “Benzin”-Überschrift Unsinn ist, verrät schließlich schon der dazugehörige “Bild”-Text selbst, weil darin nur von “Bio-Diesel” oder “Diesel” die Rede ist… Tatsächlich aber hat Koch offenbar eine ungewöhnliche und effektive Alternativmethode zur Treibstoffgewinnung entwickelt: die katalytische drucklose Verölung (KDV), über die beispielsweise schon der MDR im Mai 2003, 3sat im Juli 2004, die “Welt” im Januar 2005, die “Pirmasenser Zeitung” im Juli, der RBB vergangene Woche oder auch RTL berichteten. Und all diesen Berichten ist eines gemein: dass sie dem Gegenstand, über den sie (durchaus auch kritisch) berichten, gerecht werden.

“Bild” indes nennt Kochs Erfindung einen “Spezialreaktor” und schreibt Sätze wie diesen:

“Die Katzen-Kraft lässt sich theoretisch exakt berechnen: Aus einem ausgewachsenen 13-Pfund-Kater könnten 2,5 Liter Sprit entstehen, vier Miezen würden für 100 Kilometer reichen, für eine Tankfüllung wären 20 tote Katzen erforderlich.”

Und fragt man einfach mal nach bei dem “Mann, der (Stuben-)Tiger in den Tank packen kann” (“Bild”), antwortet Christian Koch, der “Bild”-Bericht habe “nichts mit der Wahrheit zu tun” und sei “zudem grenzenlos dumm”. Koch weiter:

“Wie kann man mit gekochtem tierischen Material Auto fahren? Wasser würde jeden Motor sofort zum Stillstand bringen. Hier wird an die niedrigsten Instinkte von dummen Menschen appelliert, um eine wertvolle Entwicklung zu verunglimpfen. (…) Mir zu unterstellen, dass ich mit Tierkadavern herumhantiere, ist kriminell. Das ist nicht im geringsten der Inhalt der Entwicklung und kann deshalb nur als gezielte Verleumdung angesehen werden.”

Auf der Website von Kochs Firma heißt es zudem inzwischen:

Mit Dank an Jan S. für die Anregung.
 
Nachtrag, 12:15:
“Bild” hat die Sache mit der “Katzen-Kraft” heute noch einmal aufgegriffen:

Darf man aus Katzen wirklich Benzin machen?

Doch wenn es jetzt etwas vorsichtiger als gestern heißt, dass Christian Koch “theoretisch auch aus Katzen” Bio-Diesel herstellen “könnte”, wenn jetzt nicht Koch, sondern ein Konkurrent die gestern von “Bild” aus der Luft gegriffene Skandalisierung zurechtrücken darf, wenn nun auch die gelassene Position der Tierschützer weniger sinnenstellend als gestern wiedergegeben wird und sich im heutigen “Bild”-Bericht immerhin ein einziger halbwegs sinnvoller Satz (“Die Diskussion ist überflüssig”) wiederfindet, dann macht das alles den Nonsens von gestern weder ungeschehen noch besser — und sei es nur deshalb, weil es “Bild” offenbar immer noch nicht gelingen will, zwischen “Benzin” (Überschrift) und “Diesel” (Text) zu unterscheiden…

Mehr dazu hier und hier.