Wir sind ja nicht die einzigen, die Fehler in deutschsprachigen Medien aufschreiben. Die Medien machen das auch gerne mal selber — wobei sie sich deutlich lieber den Pannen ihrer Mitbewerber widmen, als den eigenen.
Gestern Morgen konnte “Focus online” mit einem spektakulären Problem anderer Leute aufwarten:
Okay, die Ausgabe der “Tagesschau”, die ausgefallen ist, war die um 8 Uhr und nicht die um 7.30 Uhr. Und es war auch nicht ganz “zum ersten Mal”, dass eine “Tagesschau” nicht gesendet werden konnte, wie der zuständige NDR in einer Pressemitteilung am Vormittag erklärte:
Einen Tagesschau-Ausfall gab es u. a. vor rund zehn Jahren. Damals war an einem Sonntagmorgen ein Verteiler für die öffentliche Stromversorgung in der Nähe des ARD-aktuell-Studios bei Bauarbeiten beschädigt worden.
Diese Nachricht hat sich im Laufe des Vormittags auch zu “Focus Online” rumgesprochen. Dort lautet die Formulierung inzwischen:
Heute Morgen um 8 Uhr ist die Tagesschau ausgefallen – zum ersten Mal in ihrer 60-jährigen Geschichte aus redaktionsinternen Gründe [sic!].
Auch die Deutsche Presse Agentur (dpa), die sich in ihrer ersten Meldung weitgehend auf die Angaben von “Focus Online” verlassen hatte, musste die falsche Uhrzeit der ausgefallenen Sendung korrigieren.
Anfangs hatte dpa geschrieben:
Laut “Focus” ist es das erste Mal in der 60-jährigen Geschichte der “Tagesschau”, das [sic!] eine Sendung ausgefallen ist.
Später schrieb die Agentur:
Ausfälle der “Tagesschau” sind selten. Unter anderem konnte nach Angaben des NDR vor etwa zehn Jahren eine Nachrichten-Sendung wegen eines Stromausfalls nicht gesendet werden. Damals war bei Baggerarbeiten in der Nähe des Sendezentrums ein Verteiler geschädigt worden.
“Tagesschau”-Chefredakteur Kai Gniffke konnte diesen Ausfall uns gegenüber dann auch noch konkretisieren:
Am 26.11.2006 fiel eine Kurzausgabe am Sonntagvormittag aus, weil die Stromversorgung für das gesamte Stadtviertel durch einen Bagger lahmgelegt wurde.
Womit diese Überschrift von “Spiegel Online” im Nachhinein auch eher halbrichtig ist:
In seinem Blog schreibt Gniffke:
Dann lese ich auf einer News-Website von einem “peinlichen Moment für die ARD”. Ehrlich gesagt fand ich das nicht peinlich, sondern habe mich um die Mitarbeiterin gesorgt. Ihr galt meine erste Frage. Sie wurde mit dem Notarztwagen in die Klinik gebracht und untersucht. Glücklicherweise wurde sie mittags entlassen – es geht ihr wieder besser.
(Das mit dem “peinlichen Moment” war auch “Focus Online”.)
Und dann war da natürlich noch jemand, der immer verlässlich zur Stelle ist, wenn bei den öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern irgendwas schief geht.
Bild.de hatte zunächst geschrieben:
Wenige Wochen nach der fiesen Lotto-Panne hat heute Morgen im Ersten schon wieder etwas nicht geklappt. Zum ersten Mal in der 60-jährigen Geschichte konnte die ARD-“Tagesschau” nicht gesendet werden.
Das war ziemlicher Quatsch. Bei der “fiesen Lotto-Panne” vor drei Wochen, auf die Bild.de anspielte, hatte die Ziehung der Lottozahlen wiederholt werden müssen, weil zwei Kugeln nicht in die Lostrommel gefallen waren. Allerdings im ZDF.
Bild.de hat den Satz mit der Behauptung, dass “im Ersten schon wieder etwas nicht geklappt” hätte, ziemlich schnell und sehr unauffällig aus dem Artikel entfernt.
Doch auch der zweite Satz war ja, wie wir inzwischen wissen, so nicht richtig. Und so hat Bild.de den Artikel noch mal unauffällig überarbeitet, jeden Verweis auf einen “historische[n] Ausfall im Ersten” entfernt und sich für diesen eher sachlichen Anfang entschieden:
Die ARD-“Tagesschau” konnte am Freitag um 8 Uhr nicht gesendet werden. Die Sendung im Rahmen des “Morgenmagazins” musste ausfallen, weil eine wichtige Mitarbeitern kurz zuvor zusammengebrochen war!
Verglichen mit der sensationsheischenden Berichterstattung mancher Medien dürfte der Ausfall der “Tagesschau” der am wenigsten peinliche Teil dieser Geschichte gewesen sein.
Mit Dank an Benjamin K., Helge, Benjamin G. und Volker G.