Zu den inoffiziellen Einstellungsvoraussetzungen bei “Bild” und Bild.de gehört eine ausgeprägte Ironieblindheit — also die Fähigkeit, das eigene Tun nicht mit dem, was man an anderen kritisiert, in Verbindung zu setzen. Anders könnten klassische “Bild”-Schlagzeilen im Stil von: “Diese schlimmen Fotos wollen wir nie wieder sehen” gar nicht entstehen.
Ach, Verzeihung: Das wissen Sie ja schon. Aber es stimmt ja auch weiterhin.
Es ist etwas passiert, was so “geschmacklos” ist, dass Bild.de das Wort gleich drei Mal in Überschrift und Artikel gebraucht. Darüber hinaus war es
Geschmacklos, menschenverachtend, schockierend: Drei Worte die das Treiben von Manolo Lama treffend beschreiben.
Manolo Lama ist ein spanischer TV-Reporter, der diese Woche in Hamburg war, um vom Finale der Europa League zwischen Atlético Madrid und FC Fulham zu berichten. In der Hamburger Innenstadt hatte er sich mit einigen spanischen Fußballfans um einen Obdachlosen geschart und diesem Geld in seinen Hut seine Schale geworfen.
Jedoch:
Doch dann ging’s los: Begleitet von höhnischen Kommentaren des Reporters trieben es die Fans immer doller – es folgten Schals, ein Handy, sogar eine Kreditkarte landen im Hut des Obdachlosen. Dessen Freude währte nicht lange – betroffen und verwirrt musste er mit ansehen wie die Spenden schnell wieder in den Händen ihrer Besitzer landeten.
Hört sich schlimm an, nicht wahr? Womöglich hat Bild.de mit “geschmacklos, menschenverachtend, schockierend” also noch nicht mal übertrieben.
Das … äh … Schöne ist: Als Leser von Bild.de muss man sich nicht blinde auf das Urteil der Redakteure verlassen und kann sich im Videoplayer sein eigenes Urteil bilden. Und je nach Veranlagung die “geschmacklose” “Demütigung” so oft wiederholen, wie man mag:
Mit Dank an Lukas K.
Nachtrag, 14.30 Uhr: Auch sueddeutsche.de zeigt die “unfassbare Entgleisung” als eingeklinktes YouTube-Video. Da kann man dann auch sehen, dass der Obdachlose – anders als von Bild.de und uns beschrieben – keinen “Hut” vor sich hat, sondern eine Metallschale.