Seit einigen Tagen sind viele Regionen im Westen und Südwesten Deutschlands von extremen Überschwemmungen und deren Folgen betroffen. Es gibt viele Vermisste, mindestens 170 Tote und massive Zerstörung. Und “Bild” ist – buchstäblich – mittendrin:
Mehr als 100 Schlagzeilen zur “TODESFLUT” sind bislang bei Bild.de erschienen.
Und weil das alles natürlich dramatisch bebildert werden muss, forderte “Bild” die Leser schon früh auf: “Zeigen Sie uns, wie es nach der Flut in Ihrem Haus aussieht”. Doch gezeigt werden nicht nur freiwillig entstandene “Horror-Bilder”. Die Redaktion veröffentlicht auch immer wieder Fotos, auch Innenansichten, von Häusern und Wohnungen, deren Bewohner der Veröffentlichung nicht zugestimmt haben. Am Montag zum Beispiel erschien in der Bundesausgabe (neben einer Auflistung von fast 40 “Bild”-Mitarbeitern, die “von der Todesflut in Deutschland berichten”) dieses große Foto:
(Unkenntlichmachung von uns.)
Es zeigt ein Haus, das halb weggerissen wurde; man kann in die verbliebenen Räume schauen und viele Details erkennen. In der Bildunterschrift wird ziemlich genau beschrieben, wo das Haus zu finden ist.
Kurz darauf meldete sich der Mieter der Wohnung bei Reddit zu Wort. Er schrieb:
Ich musste gerade feststellen, dass die Bild-Zeitung einen Artikel veröffentlicht hat, in der ohne meine Einverständnis ein Foto von meiner Wohnung (bzw. den Resten davon) mit deutlich sichtbarem Innenraum zu sehen ist.
An der Wand ist sogar noch mein Whiteboard mit angehefteten Noten zu erkennen. Irgendwie tut mir das weh und ich möchte nicht, dass die Bild von meinem Leid und dem meiner Nachbarn profitiert. Das lädt auch Plünderer und Gaffer ein, die das Dorf gerade überhaupt nicht gebrauchen kann.
“Und was die Sache noch morbider macht”, sagt er uns gegenüber, “ist, dass unter den Trümmer ziemlich sicher noch meine tote Nachbarin liegt”.
Nachdem er sich per Mail bei “Bild” beschwert hatte, wurde das Foto aus der Onlineausgabe entfernt. Aus der hunderttausendfach gedruckten Printausgabe aber lässt es sich natürlich nicht mehr entfernen.
Insbesondere die genaue Lagebeschreibung, so der Mieter, mache ihm “ein mulmiges Gefühl, auch wenn der Inhalt der Wohnung quasi unbrauchbar ist”.
“Sorry”, schrieb er noch, vielleicht sei er “gerade etwas überempfindlich, was den (zumindest von mir so wahrgenommenen) Voyeurismus angeht”, aber das ganze Erlebnis sei “ziemlich brutal” gewesen. Und:
Die Vorstellung, dass der Springer Verlag, der jahrelang den Klimawandel verharmlost, jetzt davon profitiert, ist einfach insult to injury.
Mit Dank an r/de, Andrea B., Peter M., Leon S. und alle anderen Hinweisgeber!