Spätestens seit in Großbritannien gegen Boris Becker ein Insolvenzverfahren läuft, hat sich die “Bild”-Redaktion auf den ehemaligen Tennisstar eingeschossen (zum Beispiel: “Jetzt wird’s ernst für Boris! Diese Horror-Liste kann ihn in den Knast bringen”). Und Becker schießt zurück: Er lasse es nicht zu, dass “Julian Reichelt und sein Blatt” versuchen, “einen Menschen kaputt zu machen …mich!”
Ende November hatte “Bild” den nächsten Knaller ausgegraben:
Was für ein Auto wird Boris Becker wohl wie so ein richtiger Dax-Vorstand fahren? Den größten BMW, den man kriegen kann? Den dicksten Audi auf dem Markt? Einen Ferrari wie der VW-Vorstandsvorsitzende Herbert Diess? “Bild”-Chefreporter John Puthenpurackal schrieb:
Auch nach der Privatinsolvenz gibt Boris Becker privat weiter Gas – mit einer Luxus-Limousine.
Vor und nach der Verhandlung wurde die Tennis-Legende in einer anthrazit-farbenen E-Klasse der Marke “Mercedes-Benz” gesichtet. Das Fahrzeug gehört laut Experten hinter der S-Klasse zur oberen Kategorie der Limousinen.
Die E-Klasse, die in der einfachsten Ausstattung aktuell knapp unter 50.000 Euro kostet, ist für die meisten sicher ein teurer Spaß. Möglich, dass es auch Dax-Vorstände gibt, die E-Klasse fahren. Allerdings dürfte sich jeder von ihnen auch deutlich teurere Modelle (eine S-Klasse ist erst ab etwa 95.000 Euro zu haben) leisten können: 2019 lag das Durchschnittsgehalt eines Mitglieds im Vorstand eines im Dax gelisteten Unternehmens bei 3,4 Millionen Euro. Ob man also wirklich sagen kann, dass Boris Becker ein “Luxus-Auto wie ein Dax-Vorstand” fährt?
Zumal Becker auf dem Foto, auf das sich Bild.de bezieht, gar nicht in einer E-Klasse sitzt, sondern in einer kleineren C-Klasse. Die ist ab knapp 35.000 Euro zu haben und ein Modell der Mittelklasse.
Es ist bezeichnend, wie die “Bild”-Redaktion mit ihrer falschen Darstellung umgeht.
Ein Twitter-User wies John Puthenpurackal auf den Fehler hin, wofür sich der “Bild”-Autor bedankte. Er habe seinen Artikel aktualisiert, schrieb Puthenpurackal.
Tatsächlich hat Bild.de den Fehler transparent korrigiert (“Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version stand anstelle der C-Klasse die E-Klasse als Fahrzeugtyp. Wir bitten diesen Fehler zu entschuldigen.”), was gut ist. Der Rest ist schlecht. Trotz der deutlich veränderten Faktenlage bleibt die “Bild”-Redaktion einfach bei ihrer Überschrift “Boris Becker fährt Luxus-Auto wie ein Dax-Vorstand” und bei ihrer “Luxus-Limousinen”-Geschichte:
Auch nach der Privatinsolvenz gibt Boris Becker privat weiter Gas – mit einer Luxus-Limousine.
Denn: Vor und nach der Verhandlung wurde die Tennis-Legende in einem anthrazitfarbenen Mercedes-Benz, einer C-Klasse, gesichtet.
Das Fahrzeug gehört hinter der S-Klasse und der E-Klasse zu der höheren Kategorien der Limousinen. Listenpreis: mindestens 34.000 Euro.
Dass preislich zwischen E- und C-Klasse einiges liegt – na und? Und dass damit die ursprüngliche Grundannahme futsch ist – egal. Von sowas wie Fakten hat sich die “Bild”-Redaktion noch nie eine Geschichte kaputtmachen lassen.
Mit Dank an @nutzwerker für den Hinweis!