Tichys Ausscheiden, Friede Springers Milliardengeschenk, Interviewkritik

1. Tichy gibt Stiftungs-Vorsitz ab und verlässt Journalistenpreis-Jury
(tagesspiegel.de, Julia Bernewasser)
In einem Magazin des Publizisten Roland Tichy wurde eine sexistische Äußerung über die SPD-Politikerin Sawsan Chebli veröffentlicht, was für viel Kritik sorgte. Aus Protest kündigte die CSU-Politikerin Dorothee Bär ihre Mitgliedschaft in der von Tichy geleiteten Ludwig-Erhard-Stiftung. Nun will Tichy sein Amt als Vorsitzender der Stiftung abgeben. Außerdem sei er aus der Jury des Deutschen Journalistenpreises ausgeschieden.
Weiterer Lesehinweis: Im Deutschlandfunk kommentiert Stefan Fries: “Das Problem ist also nicht Roland Tichy als Stiftungsvorsitzender. (…) Das Problem ist Roland Tichy als Publizist, der behauptet, Journalismus zu betreiben, aber oft gegen dessen Grundsätze verstößt.”
Und noch ein Lesehinweis: Für die “Süddeutsche Zeitung” haben Simon Hurtz und Robert Probst aufgeschrieben, wie sich Tichy über die vergangenen 30 Jahre zu dem entwickelt hat, der er jetzt ist.

2. Friede Springer schenkt Döpfner eine Milliarde Euro
(faz.net)
Friede Springer ist Großaktionärin des Springer-Konzerns. Nun überträgt die 78-jährige Erbin 15 Prozent am Unternehmen, die bisher ihr gehören, an den Vorstandsvorsitzenden Mathias Döpfner – als Schenkung. Die “FAZ” hat nachgerechnet, wie viel die kleine Aufmerksamkeit unter Freunden wert ist: “Der Umsatz des Konzerns betrug im vergangenen Jahr 3,11 Milliarden Euro, der bereinigte Konzernüberschuss lag bei 263,7 Millionen Euro. Die Marktkapitalisierung betrug zuletzt knapp 6,8 Milliarden Euro. Eine Schenkung von 15 Prozent hätte demnach einen Wert von einer Milliarde Euro.”

3. Das einstündige Kontraste-Interview mit Michael Ballweg, von dem der RBB 22 Sekunden gesendet hat
(planet-interview.de)
Der Initiator der “Querdenken”-Demos Michael Ballweg hat sich vom RBB-Magazin “Kontraste” etwa eine Stunde interviewen lassen. Bei den später gesendeten insgesamt 33 Sekunden (22 Sekunden O-Ton und 11 Sekunden aus dem Off) sei jedoch nicht korrekt verfahren worden, so Interview-Fachmann Jakob Buhre: “Wenn man einem Interview-Partner nur ein so kleines Sendefenster gibt, ist es dann zu viel verlangt, dass seine Aussage korrekt wiedergegeben und nicht verdreht wird? Wenn Ballweg gut hörbar ins Mikro sagt, er sei nicht angstgetrieben, warum wird er dann von ‘Kontraste’ als angstgetrieben dargestellt?” Um nicht missverstanden zu werden, ergänzt Buhre: “Ich teile Ballwegs Behauptung, dass es in Deutschland ‘massive Zensur’ gibt, ausdrücklich nicht. Ich habe aber gewisse Sorgen, dass ‘Kontraste’ in diesem Fall Ballwegs Vorbehalte gegenüber den Öffentlich-Rechtlichen eher verstärkt als verringert hat.”

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4. Jeff Jarvis: “Die besten Geschichten meines Lebens passieren gerade jetzt”
(meedia.de, Ben Krischke)
Der New Yorker Medienexperte und Journalismus-Professor Jeff Jarvis spricht im Interview über seine Sicht auf die US-amerikanische Medienlandschaft, die Corona-Berichterstattung, den Kampfbegriff der “Cancel Culture” und das Versagen der klassischen Medien angesichts des digitalen Strukturwandels: “Wir haben zum Beispiel Newsrooms verkleinert und damit an der falschen Stelle gespart. Wir haben angefangen, Click-Baiting über Katzen und die Kardashians zu machen, und damit stark an Vertrauen eingebüßt. Verlage geben ja gerne den großen Plattformen die Schuld an ihrer Misere. Dabei sind sie es, die ihre Misere selbst verschuldet haben.”

5. “Liebe Boomer*innen…”: Gegenrede
(wortvogel.de, Torsten Dewi)
Gestern haben wir in den “6 vor 9” eine Art Wutrede von Nicolas Wildschutz verlinkt: Liebe Boomer*innen, wieso seid Ihr eigentlich gegen das Gendern? Torsten Dewi hat den Text genau studiert und beschreibt in einer längeren Analyse, was ihn daran stört: “Es wäre einfach gewesen, diese Kolumne zu ignorieren. Aber sie zeigt sehr schön und exemplarisch, was schief läuft. Es wird als Debattenbeitrag missverstanden, was eigentlich nur eine Ansammlung von ‘Ich habe Recht – wieso seht ihr das nicht ein?’-Phrasen ist. Dann wundert man sich, dass keine echte Diskussion zustande kommt, dass in den Kommentarspalten nur Wut und Beleidigung Ausdruck finden – und nimmt es als weiteren Beleg, dass mit der Gegenseite halt nicht zu reden ist.”

6. Clickbait Suspense: Breaking News
(noemix.wordpress.com, Michael Nöhrig)
Die Boulevardpresse ist hinter ein Geheimnis ungeahnten Ausmaßes gekommen: Sie hat herausgefunden, wie Archie, der einjährige Sohn von Herzogin Meghan und Prinz Harry, seinen Opa nennt. Die Antwort ist schier unglaublich!