Why so incorrect?

Der Joker ist zurück im Kino — und eine Falschmeldung zurück in deutschen Medien.

“Zeit Online” schreibt:

Aufgeheizt wurde die Debatte [um den neuen Joker-Film], als bekannt wurde, dass die US-Armee ihre Mitglieder vor Attentaten möglicher Incels anlässlich der Joker-Premiere in amerikanischen Kinos gewarnt hatte. Als Incels (involuntary celibates — unfreiwillig zölibatär) bezeichnen sich Männer, die sich von Frauen — und oft von der Gesellschaft als solcher — zurückgewiesen fühlen. In Foren stacheln sie sich zu Hass und zum Teil auch zu Gewalt an.

Als einer der Vorbilder der Szene gilt ausgerechnet der Attentäter James Holmes, der während der Premiere des letzten großen Joker-Epos The Dark Knight Rises im Juli 2012 zwölf Menschen in einem Kinosaal in Aurora erschossen hatte. Der Polizei gegenüber behauptete er damals, er sei Joker.

(Link im Original.)

In “The Dark Knight Rises”, dem “letzten großen Joker-Epos”, hat der Joker gar nicht mitgespielt. Aber das nur am Rande.

Der eigentliche Punkt ist der, dass der Attentäter von Aurora gegenüber der Polizei behauptet hätte, er sei der Joker. So steht es auch im von “Zeit Online” verlinkten “Gizmodo”-Artikel:

It’s often been repeated that Holmes was inspired by the Joker, a claim that primarily rests on statements the killer reportedly made to police after the fact in which he said he “was the Joker.”

Allerdings mit einem interessanten Twist:

Speaking with the Hollywood Reporter, Daniel Oates, Aurora’s chief of police at the time, said that “there is no evidence” the shooter ever said that.

Erst vor einer Woche veröffentlichte “Vanity Fair” einen ausführlichen Artikel zu der Joker-Falschmeldung:

The rumor began in the hours after James Holmes killed 12 people and injured 70 more during a 2012 screening of The Dark Knight Rises. Speaking at a press conference in Manhattan, then-New York police commissioner Ray Kelly said that Holmes had actually referred to himself as the Joker. “He had his hair painted red, he said he was ‘the Joker,’ obviously the ‘enemy’ of Batman,” Kelly said.

Doch:

“It never happened,” said George Brauchler, the Colorado district attorney who prosecuted Holmes, citing Kelly as the source of the rumor. Brauchler and other Colorado officials have attempted to clarify for years that Holmes never referred to himself as the Joker. The story has persisted, Brauchler said, because it fits the narrative so cleanly. “Of course the crazy-hair-colored guy who shot up the Batman premiere thought he was the Joker, of course!” Brauchler added. “And yet it has no connection to reality.”

Zitiert wird auch der Psychiater, der den Attentäter für den Prozess mehrere Stunden lang befragt hatte. Demnach war Holmes nicht selbst auf diese Jokersache gekommen, sondern hörte erst im Gefängnis zum ersten Mal davon:

“He said that the first he heard of the Joker idea was [from] somebody in another cell,” he said. “He heard calling back and forth, ‘Hey, you’re the Joker,’ or something like that.”

Ein anderer vermeintlicher Beleg, der seit Jahren angeführt wird, ist die Tatsache, dass sich der Amokläufer die Haare rot gefärbt hatte. Bild.de etwa schrieb vor wenigen Tagen:

In Aurora hatte am 20. Juli 2012 ein Angreifer bei einer Premiere des Films “Batman — The Dark Knight Rises” wahllos ins Kinopublikum gefeuert, 12 Menschen starben. Vor Gericht erschien der Täter später mit orangerot gefärbten Haaren wie der “Joker”.

Der Joker hat grüne Haare.

Mit Dank an @JoachimKlarmann für den Hinweis!

Nachtrag, 11. Oktober: “Zeit Online” hat die Passage überarbeitet und am Ende des Artikels eine ausführliche Anmerkung veröffentlicht. Bei Bild.de steht es immer noch falsch.