In einem Interview mit “Welt am Sonntag” antwortete der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann auf die Frage, ob der Dialog mit Fridays For Future klappe:
“Wir hatten eine Gruppe hier zur Diskussion. Die jungen Leute waren schon sehr selbstbewusst und respektlos, was ja ganz in Ordnung ist.”
Dieser Halbsatz hinter dem Komma, “was ja ganz in Ordnung ist”, ist für das Verständnis von Kretschmanns Aussage von zentraler Bedeutung. Ohne ihn klänge es so, als würde der Grünen-Politiker die jungen Aktivistinnen und Aktivisten für irgendein despektierliches Verhalten kritisieren. Mit ihm klingt es deutlich anerkennender. Oder anders gesagt: Ließe eine Redaktion in ihrer Berichterstattung den Halbsatz einfach weg, würde sie Kretschmanns Aussage deutlich verfälschen.
Bei Welt.de haben sie sich auf ihrer Jagd nach Clicks fürs Verfälschen entschieden (und das “selbstbewusst” gleich auch noch rausgestrichen):
Dieses entstellende Kürzen von Kretschmanns Äußerung kritisierte Oliver Das Gupta, Journalist bei der “Süddeutschen Zeitung”. Dagmar Rosenfeld, Chefredakteurin der “Welt”, reagierte auf diese Kritik. Sie schrieb bei Twitter:
Sie haben recht, durch die Zeile kann ein anderer Eindruck entstehen. Wir haben die Zeile daher geändert.
(“kann ein anderer Eindruck entstehen” ist auch nur minimal besser als das notorische “sollte ein falscher Eindruck entstanden sein, bitten wir um Entschuldigung” — durch die Kürzung des Kretschmann-Zitats entsteht definitiv “ein anderer Eindruck”.)
Und, holla, wie sie “die Zeile daher geändert” haben! Sie lautet nun:
Sie wollen es offenbar nicht verstehen.