Die Rheinische Post feiert Wilhelm Busch – und vergibt die Chance auf einen passenden Kommentar zur Debatte um “Erziehungscamps” und “Warnschussarrest”.
?Ach, was muss man oft von bösen Kindern hören oder lesen!? Gemeint sind damit zur Abwechslung nicht jugendliche U-Bahn-Schläger sondern Max und Moritz. Jene beiden Lausbuben aus Wilhelm Buschs bitterböser Bildergeschichte, die erst ihren Opfern grandiose Streiche spielen, dann aber erwischt, zu Mehl gemahlen und Gänsen zum Fraß vorgeworfen werden.
Rheinische Post am 5. Januar
Anlässlich des Dichters 100. Todestages widmet die Rheinische Post ihm das Magazin der Wochenendausgabe. Dort geht?s natürlich auch um die respektlosen Streiche von Max und Moritz, bei denen Lehrer Lämpel fast zu Tode gesprengt wird und Schneidermeister Bock beinahe ersäuft. Nur gut, dass die beiden für ihre respektlosen Übergriffe schließlich büßen müssen.
Vollkommen ironiefrei steht schon auf der ersten Seite demgegenüber die Nachricht um die Einrichtung des ersten ?Erziehungscamps? für straffällig gewordene Jugendliche in Nordrhein-Westfalen. Der Leitartikel dazu jubelt, hoffentlich werde das Projekt nicht von der Politik zermalmt. Und was werden hier für Chancen vergeben! Boshafte jugendliche Racker, hier wie dort, ohne Mitgefühl, ohne Skrupel.
Mit einem Augenzwinkern könnte man Wilhelm Busch bemühen und entsprechend kommentieren: Wenn dann die ersten zwanzig Jugendlichen mit Dreck am Stecken in das Lager einziehen wird man jubeln können: ?Gott sei Dank! Nun ist’s vorbei mit der Übeltäterei!? Und was wäre das für ein treffender Kommentar auf eine endgültig hysterische Wahlkampf-Farce.
Das ist dann aber wohl zuviel der Ironie, schließlich heißt man die ?Erziehungscamps? gut. Da passt Busch dann vielleicht doch nicht, denn wie ernst es Wilhelm Busch mit der Moral seiner Max-und-Moritz-Geschichte (?Wehe, wehe, wenn ich auf das Ende sehe?) gewesen sein könnte – und was für ein ironischer Autor und pessimistischer Zeitgenosse er gewesen sein mag – klingt im Magazin durchaus an.