Blick lügt, Polizei gezeichnet, TV-Publikum alt, Köppel mit Konfirmandenanzug.
Die Staatsanwaltschaft St. Gallen sah sich genötigt, wegen eines Blick-Artikels über die Täterfahndung im Fall Ylenia eine Medienmitteilung herauszugeben. Obwohl der Blick-Journalistin kommuniziert wurde, dass keine Rede davon sein könne, dass nach einem zweiten Mann gefahndet wird, schrieb der Blick: “Also doch! Polizei sucht nach von Aeschs Komplizen“. Bedenklich sei das für die Staatsanwaltschaft vor allem aus zwei Gründen: “Erstens werden unnötig Polizeikräfte für Abklärungen gebunden, die zur Zeit dringend benötigt würden, um den immer noch vorhandenen plausiblen Hinweisen nachzugehen. Zweitens werden bei den Angehörigen von Ylenia Hoffnungen geweckt, die keine reale Basis haben.” Der Chef des hinter der Zeitung Blick stehenden Verlags, Michael Ringier, sagte im Magazin zum Fall Ylenia: “Die ‘Blick’-Redaktion hat dabei enorme Stärken bewiesen, ist das Thema mit hoher journalistischer Sorgfalt angegangen, mit Hartnäckigkeit – aber auch Feingefühl.”
Eine gänzlich undatierte Meldung über einen Kannibalismusverdacht ist bei networld.at zu lesen. Wann auch immer das passiert ist, die Tat muss aussergewöhnlich gewesen sein: “Deutscher erschlug Opfer mit Hantel in Notschlafstelle (…) Brustkorb war geöffnet, Organe auf Teller gefunden (…) Polizei gezeichnet: ‘Haben noch nie soetwas gesehen'”. Seltsam, ich kann mich nicht erinnern, das an anderer Stelle gelesen zu haben.
In einem Blogbeitrag beschriebene Gegenstände fanden ihren Weg ins Museum und Sascha Lobo sagte die Zukunft der Medien voraus: “Aggregatoren sind over, kuratierte hochpersonalisierte Inhalte in allen Bereichen sind Alltag. Es gibt eine Communitysierung der meisten Medienbereiche, und zwar eine zum Teil plattformübergreifende. Das Netz und seine zahlreichen digitalen Gadget-Anhängsel haben alle anderen Medienformen mit Ausnahme von Büchern ersetzt. Papierzeitungen werden nur noch von 60-Jährigen gelesen, im klassischen Fernsehen ist das ZDF der meistgesehene Sender, weil das TV-Publikum so alt geworden ist, Schallplatten werden nur noch von DJs gekauft, Moment – das ist ja heute schon so. Die Mediennutzung wird stark P2P-vernetzt, ziemlich mobil und ‘verechtzeitet’ sein.”
PR-Berater Klaus J. Stöhlker fand zwei Beispiele, wie Zeitungen voneinander abschreiben und der Bundesrat versuchte, Medienlecks zu stopfen. Die ersten Zeitungsboxen der neuen Gratiszeitung .ch wurden aufgestellt. Der Tages-Anzeiger machte Fans des Grasshoppers-Club Zürich wütend, das Magazin des Tages-Anzeigers unterschied zwischen homosexuellen und lesbischen Menschen und der staatliche Schweizer Kultursender, DRS 2, erhielt mit Marco Meier einen neuen Programmverantwortlichen. Und die Soziale Partei der Schweiz machte, nachdem sie sich über Jahre gegen den Wahlkampf mit Angstmacher-Plakaten stark gemacht hatte, selbst eins. PR-Mann Manfred Messmer sagte dazu: “Die sind nicht ganz dicht”. Und sprach in der selben Woche Weltwoche-Chefredaktor Roger Köppel auf seinen Anzug an, einen angeblichen “Konfirmandenanzug“. Dieser entgegnete, es sei ihm lieber, wenn ihn die Leute unterschätzten. Und lapidar: “Er macht mich jünger.”