Aber wenn es heute zu Schumi und Kimi bereits auf der Bild.de-Startseite heißt…
… dann kommt man schon ins Grübeln. Vor allem, weil die “neue Schumi-Werbung”, die Bild.de redaktionell doch eher spärlich aufbereitet, seit immerhin fast zwei Monaten im deutschen Fernsehen läuft.
Wer den “Sport”-Bereich von Bild.de anklickt, dem kann es derzeit passieren, dass folgendes Viereck auf dem Bildschirm erscheint:
Und tatsächlich lauten die ersten Fragen:
Nutzen Sie zumindest gelegentlich den Sportbereich von Bild.T-Online?
Wie häufig nutzen Sie den Sportbereich von Bild.T-Online?
Welche Inhalte im Sportbereich von Bild.T-Online finden Sie interessant?
Dann aber nimmt der Umfrageverlauf eine überraschende Wendung:
Die weiteren Fragen der “Bild.T-Online Sportumfrage” lauten:
Welche der folgenden Paketdienste, also Anbieter, über die man Pakete und Päckchen verschicken kann, kennen Sie, wenn auch nur dem Namen nach?
Von welchen der folgenden Paketdienste haben Sie in letzter Zeit Werbung im Internet gesehen?
Haben Sie die folgende Werbung von DHL schon einmal im Internet gesehen?
Wie gut gefällt Ihnen diese Werbung von DHL?
Wo ist Ihnen Werbung für DHL sonst noch aufgefallen?
Wie interessant finden Sie das Gewinnspiel von DHL?
Und so weiter, und so fort.
Man könnte meinen, es handele sich bei dieser “Bild.T-Online Sportumfrage” eigentlich um eine DHL-Anzeige. Obwohl: Dann wäre sie ja bestimmt (insbesondere im Startfenster) auch als solche gekennzeichnet!
Mit Dank an O. für den Hinweis.
Nachtrag, 3.5.2007: Zahlreiche BILDblog-Leser berichten uns, ähnliche Umfragen auch in anderen Nachrichtenportalen wie “Spiegel Online” oder sueddeutsche.de entdeckt zu haben. Das macht die Sache nicht besser…
Die Bild.T-Online.de AG & Co. KG ist ein sehr profitables Unternehmen. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete es nach offiziellen Angaben eine zweistellige Umsatzrendite. Womöglich liegt das nicht nur an großen Werbedeals, sondern auch an der Konsequenz, mit der Bild.de selbst vermeintlich kleine Einnahmequellen ausschöpft.
Seit gestern zum Beispiel in einem wie ein Artikel aussehenden Beitrag darüber, dass die Internetseite YouKnut.com von ihren Betreibern bei Ebay versteigert wird. Denn der Link, mit dem Bild.de seine Leser im Artikel zu dieser Auktion führt, ist keineswegs der direkte Link zur Seite (http://cgi.ebay.de/ws/eBayISAPI.dll? ViewItem&item=220103829285), sondern ein Werbelink:
Es handelt sich um einen sogenannten Affiliate-Link — dieselbe Art, die sonst in Ebay-Anzeigen auf Bild.de steckt. Je nachdem, welche Bedingungen Bild.de und Ebay vereinbart haben, verdient Bild.de vermutlich ein paar Cent an jedem Klick oder ein paar Euro an jedem, der sich neu bei Ebay anmeldet — selbst an Geboten, die jemand, der über den Bild.de-Werbelink zu Ebay gekommen ist, für ganz andere Auktionen abgibt, kann Bild.de so mitverdienen.
Mit anderen Worten: Es lohnt sich für Bild.de, über Ebay-Auktionen zu berichten. In jeder Hinsicht.
Bild.de zeigt z.Zt. alle Videos, die Hape Kerkeling als Horst Schlämmer in den vergangenen zwei Monaten peu à peu auf der Internetseite schlaemmerblog.tv veröffentlicht hat. Und eines der Videos zeigt Bild.de sogar groß auf der “Seite 1”:
Und dass es sich bei schlämmerblog.de (bloß) um Werbung für den VW Golf handelt, ist ja bekannt. Selbst Kerkeling alias Schlämmer macht daraus spätestens seit dem 26. Februar keinen Hehl mehr.
Bild.de-Leser erfahren das jedoch erst, nachdem sie auf den Link “zum Artikel” geklickt haben — und das nicht etwa, weil der Link “zum Artikel” zu einem Artikel führte, in dem Bild.de über das VW-Werbeblog berichtete. Nein, nein: Hinter dem Link “zum Artikel” befindet sich gar kein Artikel, sondern (unterhalb eines als “Anzeige” gekennzeichneten Werbebanners) bloß eine Anzeige.
Diese Praxis ist verboten — und ein guter Anlass, noch einmal darauf hinzuweisen, dass der Springer-Chef Mathias Döpfner zum Thema nicht-gekennzeichnete Werbung gesagt hat, die “journalistischen Leitlinien” Springers würden “das ganze Haus sensibilisieren, dass Verstöße nicht geduldet werden”.
Mit Dank an Dietmar P. für den Hinweis.
Nachtrag, 20.40 Uhr:
Bild.de hat der Anzeige auf der “Seite 1” nun das Wörtchen “Anzeige” hinzugefügt, den Link “zum Artikel”, der ja zu gar keinem Artikel, sondern bloß zu einer Anzeigenseite mit Videos führt, hingegen unverändert gelassen.
Als der Presserat kürzlich seinen 50. Geburtstag feierte, sagte der Vorstandsvorsitzende der Axel Springer AG, Mathias Döpfner, einen Satz, der ihm “großen Beifall” einbrachte. Er kritisierte, dass die Freiwillige Selbstkontrolle der Presse nicht für den Online-Bereich gelte und fügte hinzu:
“Es ist gespenstisch, wie das Internet ausgeklammert wird.”
Recht hat er. Die mangelnde Selbstkontrolle zwingt zum Beispiel Bild.T-Online, eine Tochter der Axel Springer AG, deren Vorstandsvorsitzender Mathias Döpfner ist, geradezu, Werbung verbotenerweise als redaktionellen Inhalt zu verkaufen.
Am 14. November — also vor ungefähr einer Woche — meldete die Nachrichtenagentur dpa gegen 13 Uhr:
Heidi Klum folgt ihrem Ehemann Seal ins Popgeschäft. An diesem Freitag kommt die erste Single des 33 Jahre alten Top-Models auf den Markt, wie “bild.de”, das Online-Portal der “Bild”-Zeitung, am Dienstag berichtete. (Hervorhebung von uns.)
Und tatsächlich: Etwas verschwörerischer vielleicht hatte Bild.de zuvor genau das berichtet, exklusiv — und anschließend natürlich auch eine Reihe anderer Medien.
Und heute — also ungefähr eine Woche später — findet sich auf “Seite 1” von Bild.de wieder ein Teaser zum Thema (siehe Ausriss), der zu den “Top-Videos” von Bild.de führt. Dort findet sich zum Thema Klum/Wonderland nun ein 88-sekündiges Interview. Klum sagt darin zum Beispiel:
“Ich denke da nicht wirklich über ‘ne Karriere als Sängerin nach. Das war jetzt wirklich für Weihnachten. Und das hat einfach Spaß gemacht, war mal was anderes.”
Bei YouTube hingegen gibt es dasselbe Interview seit ungefähr einer Woche in einer etwas anderen Fassung. Klum sagt dort:
“Ich denke da nicht wirklich über ‘ne Karriere als Sängerin nach. Das war jetzt wirklich für Weihnachten, für Douglas. Und das hat einfach Spaß gemacht, war mal was anderes.” (Hervorhebung von uns.)
Und das sagt sie nicht nur bei YouTube, sondern auch auf der Website des Parfümeriediscounters, der eine noch längere Version des Bild.de-“Top-Videos” zeigt, denn, so Klum:
“Wir haben diesen wunderschönen Douglas-Werbespot gemacht für Weihnachten. (…) Und da hat man sich überlegt, ob ich da nicht ‘n Weihnachtslied zu singen könnte.”
Mit anderen Worten: Bild.de zeigt einen von Douglas produzierten Werbefilm, aus dem alle Hinweise auf Douglas herausgeschnitten wurden, als redaktionellen Beitrag. Nur unter dem bearbeiteten Video steht, wo sonst AP oder Reuters als Quelle genannt werden, schlicht:
Warum der Werbefilm das “Top-Video” ausgerechnet heute von Bild.de so prominent angepriesen wird, steht aber womöglich — ebenfalls seit ungefähr einer Woche – beim Branchendienst horizont.net:
“Am 22.November läuft dann der Douglas-Weihnachtsspot an, der mit dem Song musikalisch unterlegt ist (…)”
Ja, gut, Werbebanner kann man überall im Internet buchen. Aber Bild.de scheint doch sehr viel mehr im Angebot zu haben.
Die Firma Germanwings zum Beispiel scheint da einen guten Deal gemacht zu haben. Sie ist aktuell nicht nur mit traditionellen Werbeflächen auf Bild.de vertreten. Sondern hat auch ein Plätzchen mitten im redaktionellen Teil ergattert, perfekt getarnt als Anriss für einen Artikel.
Entdeckt? Genau: Wer auf das Versprechen klickt, für “traumhafte 0 Euro” nach “Paris, Rom, Madrid…” zu fliegen, kommt nicht zu einer redaktionellen Zusammenstellung von aktuellen Billigflug-Angeboten, sondern exklusiv zu Germanwings. Sagen wir’s anders: Es ist eine Anzeige. Also: Schleichwerbung.
Aber das ist noch nicht alles. Oben in der Menuleiste von Bild.de findet sich im Reiseressort der Unterpunkt “Billigflüge”. Wohin kommt man, wenn man darauf klickt? Zu einer Billigflug-Suchmaschine? Einer redaktionellen Übersicht? Irgendeiner Art von Serviceangebot von Bild.de? Ach was: Natürlich ebenfalls zur Germanwings-Werbung.
Nun ist es aber nicht so, dass die Partnerschaft mit Germanwings so weit ginge, dass Bild.de nicht mehr kritisch über die Angebote der Billigflieger berichten würde. Seit Donnerstag berichtet Bild.de zum Beispiel in einem eigenen Artikel anlässlich eines Urteils über die zweifelhafte Werbung mit “0-Euro-Flügen” und warnt vor den “versteckten Kosten der Billigflieger”. Und fisselt das Problem “im Detail” anhand der Anbieter hlx, Ryanair, easyjet, Air Berlin und dba auf.
Hm. Ts. Fehlt da nicht einer?
Ach nein: Da ist Germanwings ja. Nicht in dem kritischen Text. Sondern in der Anzeige gleich rechts daneben, die für “0-Euro-Flüge” wirbt:
Heute spielen wir das beliebte “Sesamstraßen”-Spiel “Eins von diesen Dingen ist nicht wie die anderen”. Und wir spielen es mit der aktuellen Kino-Programmvorschau von Bild.de, in der uns “Bild.T-Online sagt, was top oder flop ist”:
Na? Welcher Anreißer ist anders als die anderen?
Kleiner Tipp: Hinter fünf dieser Ankündigungen sagt uns tatsächlich ein Journalist von “Bild” oder Bild.T-Online, ob der Film top oder flop ist. Hinter einer sagt es uns die Werbeabteilung des Filmverleihs (Überraschung: Sie findet ihn top).
Auflösung: Hinter Nummer 5, “Bierfest”, steckt kein redaktioneller Inhalt, sondern eine Anzeige. Und auf der Seite, auf die man nach einem Klick kommt, steht dann auch mehrmals klein das Wort “Anzeige” (was allerdings nicht ausreicht, um der gesetzlich vorgeschriebenen Trennung von Werbung und redaktionellem Inhalt genüge zu tun, wie Bild.de bereitszweimal von Gerichten nachdrücklich erklärt wurde). Abgesehen davon ist die Seite aber exakt wie eine redaktionelle Bild.de-Kinokritik gestaltet. Sogar der Smiley, der das Urteil zusammenfasst, ist identisch. Zum Vergleich: Redaktioneller Bild.de-Smiley (oben), bezahlter Werbesmiley (unten).
Und jetzt zum Vergleich, der Smiley, den die gedruckte “Bild”-Zeitung dem Film “Bierfest” gegeben hat:
Aha: Auf Bild.de steht in der redaktionellen Übersicht über die Neustarts der Woche anstelle der kritischen Besprechung aus “Bild” also ein teilweise als Artikel getarnter bezahlter Jubel-Text des Filmverleihs.
Und die Startseite von Bild.de sieht übrigens aktuell so aus:
Vielen Dank an Florian M. für den sachdienlichen Hinweis.
Nach wie vor muss Werbung als solche erkennbar sein, und wir fassen zusammen:
Auf der “Leute”-Seite von Bild.de findet sich zur Zeit zwei Mal derselbe Teaser. Er ist einmal mit dem Wort “Anzeige” gekennzeichnet und einmal nicht mit dem Wort “Anzeige” gekennzeichnet. Beide Teaser verweisen auf einen nicht als “Anzeige” gekennzeichneten Text(siehe Ausriss).
Und während zur Zeit auf der Startseite von Bild.de ein nicht mit dem Wort “Anzeige” gekennzeichneter Teaser auf eine Anzeige verweist, ist derselbe Teaser auf der “Leute”-Seite von Bild.de mit dem Wort “Anzeige” gekennzeichnet (siehe Ausriss).
Mit anderen Worten: Nicht als “Anzeige” gekennzeichnete Teaser können bei Bild.de ebenso zu als “Anzeige” gekennzeichneten Texten führen wie als “Anzeige” gekennzeichnete Teaser zu nicht als “Anzeige” gekennzeichneten Texten. Und umgekehrt.
Oder kürzer: Selbst Bild.de kann bei Bild.de das eine nicht mehr vom andern unterscheiden.