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Biere zu Apfelsaftschorlen

Hä? Am Montag zahlte “Bild” zwei “BILD-Leser-Reportern” 500 Euro für ein Foto, das einen Polizisten beim Apfelsaftschorle-Trinken zeigt.
 
Aber vielleicht sollte man die Geschichte ein wenig anders erzählen. Denn “Bild” behauptete u.a. (zumindest in Teilen ihrer Auflage und online), auf dem Foto sei “ein Polizist beim kühlen Bierchen am Vormittag” zu sehen. Darüber hinaus hieß/heißt es suggestiv eher vage:

[Die “Bild”-Leser] erwischten diesen relaxten Polizisten beim Trinken. Ein Bierchen oder doch nur eine Apfelschorle? Hoffentlich hatte der schon Feierabend

Allerdings stand anderntags in der “Korrekturspalte” von “Bild”:

Das Polizeipräsidium Bielefeld legt Wert auf die Feststellung, daß der Beamte der Stadtwache auf Fußstreife in der Innenstadt war und bei seiner kleinen Pause kein Bier getrunken hat.

Deutlicher wurde die “Neue Westfälische”, die ebenfalls gestern ausführlich über das falsch beschriftete “Bild”-Foto berichtete (siehe Ausriss):

Das vermeintlich kühle Bier ist eine Apfelsaftschorle, die der Polizeikommissar vormittags am Stehtisch auf der Bahnhofstraße (…) trank. “In diesem Geschäft gibt es nicht einmal Bier”, sagt Polizeisprecher Martin Schultz.

Was abermals die Frage aufwirft, wie es dazu kommen kann, wenn “Bild” tatsächlich (wie behauptet) die Leserfotos genauso prüft wie die Angebote professioneller Fotografen. Eine Frage, auf die wir von “Bild” bislang noch keine Antwort bekommen haben.

Mit Dank an Jan. G, padeluun, Dirk B. und Markus P. für die Scans.

Vorsicht, Paparazzi (3)

Die “Bild”-Leser-Reporter haben fleißig geknipst: Nicht nur süße Tiere und eindrucksvolle Gewitter, sondern auch drastische Unfallbilder, Ralf Schumacher mit Ehefrau beim Mittagessen im Strandlokal, Veronica Ferres mit Ehemann beim Kaffeetrinken im Hotel, Gerhard Schröder beim vegetarischen Essen mit Unbekannten, DJ Ötzi beim Eisessen, Graciano Rocchigiani, Dieter Bohlen und Lukas Podolski beim Sonnenbaden… All diese Motive hat die “Bild”-Zeitung in den vergangenen Tagen veröffentlicht und die allgegenwärtigen “Bild”-Leser mit 500 Euro entlohnt.

Doch der Preis könnte hoch sein, denn die Veröffentlichungen sind nicht nur für die Zeitung, sondern auch für die Amateurfotografen juristisch heikel.

Fotos von versehentlich entblößten Brüsten zum Beispiel, die “Bild” sich ausdrücklich wünscht, stellen in der Regel eine Verletzung der Intimsphäre dar und sind daher unzulässig, sagt der Berliner Anwalt und Medienrechtsexperte Markus Hennig. Und wer bei einem Unfall Fotos macht, auf denen Verletzte oder Zeugen mit panikverzerrten Gesichtern zu sehen sind, könnte im Fall einer Veröffentlichung mit Geldforderungen konfrontiert werden. Dass unter bestimmten Umständen Prominente auch in der Öffentlichkeit ein Recht auf Privatsphäre haben und schon das Fotografieren eines Prominenten in einer intimen Situation teuer werden kann, darüber informiert die “Bild”-Zeitung ihre Hobby-Fotografen nicht.

PS: Auch der “Spiegel” fragt heute, wer bei den Fotos der “Westentaschen-Paparazzi” für eventuelle Rechtsverstöße haftet, und schreibt: “Bei ‘Bild’ heißt es, man prüfe die Leserfotos genauso wie die Angebote professioneller Fotografen.”

Und wie die “Bild”-Zeitung die Angebote professioneller Fotografen prüft, beschrieb Nicolaus Fest, Mitglied der “Bild”-Chefredaktion, noch im Oktober 2005 so:

Aber wenn Sie Fotos angeboten bekommen und der Fotograf sagt Ihnen ‘Ham wir gestern geschossen…’ — warum sollten wir denen nicht glauben?

Vorsicht, Paparazzi! (2)

Die “LeserReporter“-Aktion von “Bild” zeigt offenbar Wirkung. Jedenfalls bei den Fußballspielern Lukas Podolski und David Odonkor. Von beiden veröffentlichte “Bild” in den letzten Tagen Leser-Fotos, ohne die Einwilligung dafür zu haben, wie der “Tagesspiegel” berichtet:

(…) Fotos von Lukas Podolski auf Mallorca und David Odonkor auf einem Parkplatz sind in diesen Tagen erschienen, beide Male sollen die “Leser-Reporter” mit 500 Euro für das Einsenden der Handy-MMS belohnt werden. Die Fußballer gehen dagegen vor, sagte ihr Spielerberater Kon Schramm dem Tagesspiegel. Ihr Anwalt Christian Schertz bestätigte, in beiden Fällen Unterlassungserklärungen zu fordern. Er fühlt sich an Orwells “1984” erinnert: Der “Bild”-Aufruf an die Leser führe dazu, “dass ganz Deutschland versucht, Abschüsse aus dem Privatleben herzustellen”. Dieser Art von Hetzjagd müsse ein Riegel vorgeschoben werden. Trotzdem werden es manche nicht lassen können.

Mit Dank an Mathias H. für den Hinweis.

“Bild” bezahlt Spanner und Schaulustige

Ein Biker kollidierte in Berlin mit einem Radfahrer. Beide Männer liegen verletzt auf der Straße. Rettungskräfte leisten Erste Hilfe. Robert S[…] drückte auf den Auslöser.

Jaha, denn der Robert hat mitgemacht bei der “großen BILD-Aktion” und ist “BILD-LESER-REPORTER” geworden. Und deshalb kann Robert sich jetzt über 500 Euro Honorar freuen und die “Bild”-Zeitung über ein schönes Farbfoto, auf dem man alles sieht: die beiden Unfallopfer, die schwer verletzt und mit bloßen Oberkörpern auf der Straße liegen, die Feuerwehrleute, die neben ihnen knien und sich über sie beugen, die anderen Passanten, die offenbar keine “Bild”-Zeitung lesen und deshalb nur glotzen und nicht fotografieren.

Das hier ist knapp die obere Hälfte des “Schnappschusses” (“Bild”) — unten ist dann das eigentliche Geschehen:

Über dieses Foto und fünf andere hat “Bild” folgende Schlagzeile gesetzt (das rote unten sind die Geldscheine, die bei der Veröffentlichung winken):
Die tollen Fotos unserer Leser

Zu den weiteren veröffentlichten Fotos gehört auch ein Bild, das Veronica Ferres und ihren Mann bei einem privaten Gespräch in einem Café zeigt, und eines, auf dem angeblich der Fußballspieler David Odonkor zu sehen ist, wie er anscheinend auf einem Parkplatz uriniert.

Angeblich haben schon “weit über 1000 BILD-Leser-Reporter ihre Schnappschüsse” an die Redaktion geschickt. Und was die “Bild”-Zeitung in Zukunft u.a. sehen möchte, beschreibt sie so:

— Blitzte für Sekunden der Busen eines prominenten Stars unter der Bluse hervor?
— Wurden Sie Zeuge eines Großbrandes oder eines Unfalls?

Viel genauer kann man die Begriffe “Spanner” und “Schaulustige” nicht umschreiben. Es sei denn, man würde juristische Begriffe verwenden.

Vielen Dank an Sascha F., Mulle M. und Benjamin B.!

Vorsicht, Paparazzi!

Es gibt bekanntlich verschiedene Dinge, mit denen “Bild” so ihre Probleme hat. Um nur zwei zu nennen: Manchmal müssen Mitarbeiter Fotos betexten, obwohl sie gar nicht wissen, was darauf zu sehen ist. Und manchmal veröffentlicht “Bild” Fotos, mit denen sie möglicherweise Persönlichkeitsrechte verletzt.

Während der WM hat “Bild” nun einen Weg gefunden, wie sich diese beiden Probleme hervorragend kombinieren lassen: Den “BILD-Handy-Reporter”. Und wer nun gehofft hatte, dass diese Aktion mit dem Ende der WM ausläuft, der wird enttäuscht:

Natürlich kann jeder selbst entscheiden, ob er für “Bild” den Paparazzo machen will, oder nicht. Aber man sollte dabei zweierlei bedenken. Erstens können die Fotografierten meist nicht entscheiden, ob sie überhaupt fotografiert werden wollen (Stichwort: Persönlichkeitsrechte). Und zweitens gibt es keine Garantie dafür, dass die Geschichte, die “Bild” dann zu dem Leser-Foto macht, auch stimmt (Stichwort: Ahnungslos Fotos betexten).

Diese Ahnungslosigkeit demonstriert “Bild” schon gleich zum Auftakt der Aktion. So schreibt sie zum heutigen Schnappschuss, der einen Polizisten zeigt, der während der Fahrt mit dem Handy telefoniert:

Lieber Schutzmann – das ist dreister, als die Polizei erlaubt. Dafür sind wohl mindestens 40 Euro für die Kaffeekasse seiner Polizeiwache fällig.

Denn laut Bußgeldkatalog gibt es für diese Ordnungswidrigkeit 40 Euro Strafe und einen Punkt in Flensburg.

Nun ja, nicht unbedingt. Denn was “Bild” dabei nicht berücksichtigt: Polizisten genießen nach Paragraph 35 der Straßenverkehrsordnung (StVO) Sonderrechte. Das heißt, sie sind von den Vorschriften der StVO befreit, “soweit das zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist”.

Ob Paragraph 35 StVO hier greift, wissen wir natürlich nicht, “Bild” und der Leser-Reporter aber offenbar auch nicht. Deshalb, wie gesagt: Paparazzi, Vorsicht!

Mit Dank an Conrad G. für den sachdienlichen Hinweis.

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