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Franz Josef Wagners Angst vor Ausländeraugen

In der Wikipedia wird Xenophobie* so definiert:

Die Xenophobie (griechisch ξενοφοβία — Fremdenangst, Fremdenfeindlichkeit, Kompositum aus ξένος, xénos — der “Fremd”, der “Gast” und φόβος, phóbos – “Furcht”) bezeichnet die Scheu oder Furcht vor dem Fremden. Xenophobie ist eine ablehnende Einstellung und Verhaltensweise gegenüber anderen Menschen und Gruppen, die vermeintlich oder real fremd sind (z. B. durch fremde Herkunft, Kultur, Sprache). Sie kann sich durch Furcht, Meidung, Geringschätzung, Spott oder Feindseligkeit ausdrücken, die bis zur Gewalt reicht. Teilweise wird der “Fremde” als Quelle unvorhersehbarer Gefahren gescheut.

Franz Josef Wagner schreibt heute in “Bild” bezüglich der versuchten Bombenanschläge in Deutschland u.a.:

(...) Wir werden uns in Zukunft daran gewöhnen müssen, niemandem zu vertrauen. Weder dem braven Asyl-Studenten, dem Döner-Koch und dem Kellner mit seinen arabischen Augen. Es bereitet mir Unbehagen, meine Freunde von gestern zu umarmen. Ali in der Paris-Bar, Muhamad in der Döner-Kneipe. Haben sie zwei Gesichter? Ich habe Angst vor ihren Augen. Ich weiß nicht, wo sie nachts hingehen und beten. Ich weiß überhaupt nichts von meinen muselmanischen Mitbürgern. (...)

*) Im Brockhaus heißt es zu Xenophobie auch:

“(…) Ursachen von Fremdenfeindlichkeit sieht die Individual- und Sozialpsychologie in Ichschwäche, repressiven Sozialisationsmodellen und mangelnder Gruppenidentität beziehungsweise fehlenden sozialen Stabilisierungen.

Die Soziologie nennt als Bedingungen, die Fremdenfeindlichkeit auslösen (die sich zur Gewalttätigkeit gegen die Fremden beziehungsweise das Fremde steigern kann), mangelnde familiäre Bindungen, berufliche Chancenlosigkeit, die Auflösung von traditionellen Milieus im Zuge beschleunigten sozialen Wandels und die Pluralisierung beziehungsweise den Verlust von gesellschaftlichen Normen und Werten.

Die Politikwissenschaft interpretiert Fremdenfeindlichkeit als Mangel an politischer Bildung, die die Unabdingbarkeit von Toleranz und universellen Menschenrechten gegenüber dem oder den Fremden in einer offenen, zunehmend mobilen pluralistischen Gesellschaft nicht genügend vermittelt. (…)”

Kurz korrigiert (124)

Franz Josef Wagner schreibt heute an die “WM-Schiedsrichter” und beschwert sich, ups, Verzeihung, beschwert sich, dass die zu viele gelbe und rote Karten zeigen. Dabei stellt er fest:

Wir operieren inzwischen in den Gehirnen und Zellen der Menschen, Flugkörper fliegen außerhalb unserer Galaxie.

Und wenn Wagner hier nicht außerirdische Flugkörper meint, dann ist das natürlich Unsinn. Der am weitesten von der Erde entfernte von Menschen gebaute Flugkörper ist nämlich die Sonde “Voyager 1”. Sie durchfliegt gerade die Grenze unseres Sonnensystems in rund 14 Milliarden Kilometern Entfernung. Das ist ganz schön weit weg. Um aber unsere Galaxie, also die Milchstraße, auf dem kürzesten Weg zu verlassen, müsste “Voyager 1” noch mal rund 1000 Lichtjahre, bzw. 9,5 Billiarden Kilometer zurücklegen – wenn sie die richtige Richtung eingeschlagen hat.

Mit Dank an Roland W. und Klemens K. für den Hinweis.

Antworten für Franz Josef Wagner

Franz Josef Wagner fragt sich heute in seiner “Bild”-Kolumne, ob “wir in Deutschland unter Gedächtsnisschwund” leiden. Er schreibt den “Eltern der Geiseln”:

Ihre im Irak entführten Söhne waren auch in den Medien verschwunden. Keine Meldung auf Seite 1, nichts in der Tagesschau. Ein Grund kann die Osthoff-Ermüdung sein, die menschliche Mitleidseele hat sich ausgeweint. Wiederholungen im Fernsehen sind außerdem langweilig. (…)

Ich frage mich, warum die Eltern dieser Söhne alleine weinen müssen.

Und der Rest Deutschlands Angst vor der sich anbahnenden Grippe hat.

Auf manche Fragen Wagners gibt es Antworten. Einige stehen heute in der “Süddeutschen Zeitung”:

“Je höher die Medienpräsenz einer Geisel, desto höher wird der Preis für sie.” (…)

Der Auftritt bekannter Politiker und der Familie im Fernsehen habe die Summe für Osthoffs Freilassung klar nach oben getrieben, heißt es (…). Deshalb agiert der Krisenstab im neuen Geiseldrama völlig anders. Diesmal gibt es keine Videoaufnahmen von den Familien der Entführten. (…) Diesmal treten keine bekannten Politiker auf, diesmal schwört der Krisenstab auf Ruhe; insbesondere gegenüber den Medien.

Über Details der Entführung sollten Zeitungen, Fernseh- und Radiosender nicht berichten, appellierte Außenminister Frank-Walter Steinmeier. “Nehmen Sie bitte Rücksicht.”

Danke an Andreas S. für den Hinweis!

In Amerika sind die Türken Indianer

Wir müssen über den “Brief von Wagner” von gestern reden. Das ist, wie so oft bei den Kolumnen von Franz Josef Wagner, nicht so leicht, also fangen wir mit einem schlichten Fehler an:
Wagner behauptet, dass eine Berliner Schule ihren überwiegend aus ausländischen Familien stammenden Schülern “ab sofort” vorschreibt, auf dem Pausenhof ausschließlich deutsch zu sprechen. Dabei gilt die Regel schon seit fast einem Jahr.

Soweit die Kleinigkeiten.

Doch Wagner gibt in seinem Brief den “lieben türkischen Schülern” noch gute Ratschläge mit:

Wenn Deutschland zu Eurem Land werden soll, dann müßt Ihr fließend Deutsch sprechen. Oder Ihr übernehmt die Rolle der Indianer in Amerika. Straßenräuber, Drogenkranke, Geächtete.

Ohne Deutsch kein Schulabschluß, ohne Deutsch keine Lehrstelle, ohne Deutsch ein Indianer.

(…) Eine schöne Wohnung, ein Auto in der Garage, eine Topfpflanze auf dem Balkon, geachtet von den Nachbarn – all das kriegst Du, wenn Du deutsch kannst. In unserer Sprache heißt das Glück.

Hoppla. Die Rolle der Indianer in Amerika ist es, zugedröhnt unschuldige Leute zu überfallen? Wissen das die Indianer? Und hätten sie das verhindern können, wenn sie nur rechtzeitig
aufgehört hätten, ihre komischen Dialekte zu sprechen?

Da kommt man natürlich ins Grübeln, wie die amerikanische Geschichte verlaufen wäre, wenn die Indianer sich nur rechtzeitig an die Gepflogenheiten ihres Gastlandes… Moment: Gastland? Waren nicht die Indianer zuerst da? Wären dann nicht die Bleichgesichter die Türken Amerikas? Also quasi die Indianer? Oder, ganz anders, waren die Indianer einfach nicht integrationswillig genug, um es in der amerikanischen Geschichte zu einer anständigen Rolle zu bringen? Und wer hat hier auf dem Pausenhof wieder gekifft?

Und schon haben wir uns fröhlich in einer Kolumne von Wagner verlaufen und finden den richtigen Ausgang nicht mehr. Denn womöglich müsste man sich ernsthaft damit auseinandersetzen, dass Wagner unter der wirren Oberfläche hier eine klare Ideologie vertritt, welche Rolle Türken seiner Meinung nach in Deutschland haben sollten: brave Konsumenten, die ihren (deutschen) Nachbarn nicht unangenehm auffallen. Glückliche Türken sind die, die “wir” gar nicht als Türken erkennen.

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