Suchergebnisse für ‘franz josef wagner’

Von Äpfeln früher und Birnen heute

Ja, seufzt “Bild”-Kolumnist Franz Josef Wagner, so eine Grippe ist auch nicht mehr das, was sie mal war. Früher machte sie irgendwie noch Spaß (“Niesen, frösteln, Schule schwänzen – wonnevoll! Was gibt es Schöneres, als einen extra Kuß und ein extra Stück Apfelkuchen von seiner Mutter, weil man so krank war”), heute bringt sie plötzlich Leute um (“2003 starben 16 000 Deutsche an Grippe. … Die modernen Viren sind Mama-resistent”).

Wir wollen Wagner ja nur ungern die Illusion nehmen, aber anscheinend vergleicht er nicht die Grippe von früher mit der Grippe von heute, sondern einen grippalen Infekt (Erkältung) mit einer echten Grippe (Influenza). Und beide hatten außer dem landläufigen Namen noch nie so wahnsinnig viel gemein.

Danke an Jan L. für den Hinweis.

Realisiertes dummes Zeug

Im Juli 2004 schrieb “Bild”-Kolumnist Franz Josef Wagner:

Lieber Jan Ullrich,
warum kriegen immer Sie einen Schnupfen und Lance Armstrong nie? Sie wissen es nicht? Aber ich weiß es. Ihr Unterbewusstsein nimmt sich einen Schnupfen. Vorsichtshalber. Ihr Unterbewusstsein mag Sie nämlich mehr, als Sie glauben. (…) Ihr Unterbewusstsein hat längst realisiert, dass das Radfahren mit Armstrong das Drama des Vergeblichen ist. (…)”

Ungefähr ein Jahr später, also gestern, schrieb Wagner:

Lieber Jan Ullrich,
vor einem Jahr war es ein Schnupfen, der Sie entkräftete, und jetzt ist es die Heckscheibe, durch die Sie kopfüber knallten. Warum passiert Ihnen immer was und Lance Armstrong nie? (…) Ich will’s Ihnen sagen. Der unfaire Gegner sind Sie selbst bzw. Ihr Unterbewußtsein. Ihr Unterbewußtsein hat längst realisiert, daß Sie Lance Armstrong nie besiegen werden. (…)”

Beendet hat Wagner seine gestrige “Bild”-Kolumne mit den Worten:

“Selbstverständlich wird Jan Ullrich sagen, daß all das, was ich hier geschrieben habe, dummes Zeug ist (…)”

Und wir merken uns: Dummes Zeug wird nicht weniger dumm, wenn es ein zweites Mal in der “Bild”-Zeitung steht.

Mit herzlichem Dank an Hanno S. für den Hinweis.

Der Moslem an sich

Dies gleich vorne weg: Wir wollen hier gar nicht versuchen, herauszubekommen, ob diese Fotomontage, die “Bild” gestern ziemlich groß auf Seite zwei abdruckte, einer Horrorvision oder einer Wunschvorstellung von “Bild” entsprungen ist:

Denn darunter stand bloß dieser Satz:

Betende Moslems, dahinter der Reichstag: Diese Fotomontage symbolisiert das Problem der unterschiedlichen Kulturen in Deutschland

Abgedruckt hatte “Bild” die seltsame Montage jedenfalls, weil Umweltminister Jürgen Trittin angeblich einen “Moslem-Feiertag” forderte, was “Bild” zu folgender Titelschlagzeile veranlasste:

Beim Barte des Propheten. Schickt Trittin in die Wüste! Grünen-Minister will Moslem-Feiertag

Dass Trittin gar keinen Moslem-Feiertag will, sondern der “Welt” nur gesagt hatte, er sei “offen für einen islamischen Feiertag in Deutschland”, dass also die “Bild”-Zeitung gestern etwas behauptet hatte, das nicht stimmte, kann man hier und sogar in der heutigen “Bild” nachlesen.

Aber nachdem das geklärt ist, muss man sich die Art und Weise, wie “Bild” die sinnentstellende Schlagzeile aufbereitete, doch noch einmal genauer ansehen: Da wurde Trittin von “Bild” mit Bart und Turban abgebildet, bzw. heute noch einmal mit “islamischer Kopfbedeckung”, obwohl er selbst bekennender Atheist ist und andererseits viele Muslime durchaus ganz ohne Turban und Bart durch die Welt laufen. “Bild”-Kolumnist Franz Josef Wagner wiederum hat noch ganz andere Klischees im Kopf und denkt beim Moslem erst mal an Kamele, obwohl es doch beispielsweise in Indonesien zwar 180 Millionen Muslime gibt, aber wahrscheinlich nicht mehr Kamele als, sagen wir im Allgäu. Dass darüber hinaus die von “Bild”-Kommentator Peter Boenisch gewählte Formulierung eines “Feiertags für Ausländer” die Sache wirklich trifft, nur weil die Zahl deutscher Muslime vergleichsweise gering ist, darf bezweifelt werden – zumal sich “Bild” offenbar nicht einmal sicher ist, ob in Deutschland nun 3,5 Millionen, 3,2 Millionen oder wie in der gestrigen Druckausgabe auf Seite zwei behauptet, 4,5 Millionen Muslime leben.

Kurzum: Schon möglich, diese alberne Fotomontage (oder die dazugehörige “Bild”-Berichterstattung) “symbolisiert das Problem der unterschiedlichen Kulturen in Deutschland”. Zu einer sachlichen Diskussion über die Integration von in Deutschland lebenden Muslimen hatte sie jedenfalls nichts beizutragen. Im Gegenteil.

“Bild” sprach zuerst mit… dem Friseur

(Nur nicht aufregen!)
Es stimmt, dass dieser Schnappschuss in der gestrigen “Bild”-Zeitung kurzzeitig Beachtung fand. Kaum ein TV-Promimagazin beispielsweise, das ihn (im Zusammenhang mit der Berichterstattung über eine Aids-Gala, während der das Foto entstand) nicht beiläufig gezeigt hätte: RTL-Dschungelshow-Gewinnerin Désirée Nick und Klaus Wowereit, Berlins Regierender Bürgermeister, küssen sich inmitten einer von zahlreichen Kamerateams und Journalisten besuchten Benefizveranstaltung, zu der Wowereit in Begleitung seines langjährigen Lebensgefährten gekommen war.

Und wer weiß, vielleicht stimmt es ja wirklich, vielleicht hat “Bild” ja Recht, wenn sie heute, groß, auf der Titelseite, unter der völlig sinnentleerten Überschrift “Wowereit nicht mehr schwul?” behauptet: “Ganz Deutschland diskutiert über einen Zungenkuss.” Wer weiß. (Wir wissen ja alle nicht mal, ob das, was der Schnappschuss zeigt, überhaupt ein Zungenkuss war: Nicks “Bild”-Statement gestern war gewohnt kokett, und Wowereit hatte “nicht die Absicht, das zu kommentieren.“)

Allerdings nennt “Bild” heute für die Behauptung, dass “ganz Deutschland diskutiert”, keinerlei Belege. Nein, stattdessen hat “Bild” offenbar ausschließlich mit “Promi-Friseur Udo Walz (60)” gesprochen – und mit dem Sexualwissenschaftler Wilhelm Preuss (keine Altersangabe). Doch dazu später.

Walz jedenfalls sagt laut “Bild” nicht, wie diese zur Titelstory gehörige Schlagzeile suggeriert: “Solche Küsse küsst doch kein schwuler Mann!” Nein, Walz plaudert nur ein wenig drauflos, findet, solche Küsse gehörten “nicht in die Öffentlichkeit”, und beendet sein längliches “Bild”-Statement mit den nichtssagendem Worten:

“Aber bei Wowi reden wir ja nur von einem Kuß. Und abgesehen davon, daß es wirklich wichtigere Probleme auf der Welt gibt als so ein Bussi. Ein Kuß, ganz egal zwischen wem, ist und bleibt doch eine der schönsten Sachen der Welt.”

Das war’s. Beziehungsweise war’s das noch nicht ganz. Denn “BILD-Medizin-Redakteur Dr. Christoph Fischer” hat ja noch mit erwähntem Sexualforscher gesprochen, der auf die drängenden Fragen der “Bild”-Macher (“Ist Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (51, SPD) gar nicht mehr schwul?” bzw. “Kann ein Schwuler wieder Frauen lieben?” und “Kann ein Schwuler wieder Frauen sexuell begehren?” usw.) sogar eine Antwort hat. Sie lautet zusammengefasst:

“Das ist ganz unwahrscheinlich.”

PS: Und nachdem das gesagt ist, kann man das, was darüber hinaus “Bild”-Kolumnist Franz Josef Wagner zum Thema beizutragen zu haben glaubt, bestenfalls ignorieren — und (mit Dank an Tommy für den sachdienlichen Hinweis) daran erinnern, dass “Bild” am 16.2.2002 unter der Überschrift “Kann Sabine Christiansen Wowereit umdrehen?” schon mal fast dieselbe Story druckte, was die “Zeit” damals übrigens “praktizierte Offenheit gegenüber dem Schwachsinn” nannte…

We are the Champions XI

“(…) ich mag BILD sehr, weil es BILD irgendwie täglich schafft, die Geschehnisse aus der gewaltigen Erde (…) verständlich darzustellen.”

Das schrieb Franz Josef Wagner vor zwei Wochen in der “Bild”-Zeitung anlässlich eines mehrteiligen Vorabdrucks des “Rückenbuchs” von Dietrich Grönemeyer in der “Bild”-Zeitung. Aber das nur so nebenbei.

Denn heute macht “Bild” den Grönemeyer zum “Gewinner” des Tages, nachdem es sein Buch auf Platz 1 der “Spiegel”-Bestsellerliste geschafft hat. Doch warum? Warum nur? “Warum?” fragt sich auch “Bild” und antwortet:

“Weil’s eine BILD-Serie war!”

Und wer weiß, vielleicht hat es “Bild” mit diesem Halbsätzchen ja tatsächlich geschafft, die Geschehnisse aus der gewaltigen Erde (in diesem Fall: die Eitel- oder Selbstgefälligkeit, mit der “Bild” ihre “Gewinner” kürt), irgendwie verständlicher darzustellen als sonst so. Warum man “Bild” dafür mögen sollte, steht allerdings in einem anderen Blatt – oder aber auf.

Nicht achtungsvoll

Gestern versuchte sich Franz Josef Wagner in Verteidigungsminister Peter Struck “hineinzudenken”, weil über den in letzter Zeit ja immer mal wieder zu lesen war, dass es ihm nicht so gut gehe. An Strucks Stelle, so schrieb Wagner, würde er sich wegen all der Presseberichte “grauenvoll fühlen, vielleicht einen Rückfall kriegen”.

“Die Presse hat die legitime Pflicht, über die Fitness unserer Politiker zu berichten. Aber wenn ich krank bin, dann will ich hören, wie die Rosen sich öffnen, wie das Gras wächst und wie der Morgen ist. Ich will nicht in einer Zeitung lesen, dass ich tot bin. Was ich sagen will, ist, dass man mit Ihnen nicht achtungsvoll umgeht. Das deprimiert mich.”

Und? Nichts und. Wären da nicht Wagners Kollegen von Bild-T-Online, die am selben Tag auf die Idee kamen, ihre Pflicht, über die Fitness unserer Politiker zu berichten, etwas überzustrapazieren:

“Dritter Krankenhaus-Aufenthalt in diesem Jahr: Das Herz! Wie schlecht geht es [Gregor] Gysi wirklich?

Dazu, dass eine Sprecherin des Klinikums, in das sich der Politiker am Sonntag “freiwillig (…) begeben” habe, “einen Schlaganfall oder gar einen leichten Hirninfarkt” bei Gysi “nachdrücklich” dementiert hat und stattdessen beteuerte, dass er “die Klinik in Kürze verlassen” werde, fällt Bild-T-Online ein:

“Zwar haben die Ärzte mittlerweile Entwarnung gegeben. Aber die Zahl der Klinik-Aufenthalte wirft die Frage auf: Wie schlecht geht es Gysi wirklich?

Von Rosen und Gras und davon, wie der Morgen ist, steht da nichts.

Wer wird Millionär?

Seit Tagen macht “Bild” Front gegen Mangager- und Politiker-Gehälter, listet in langen Tabellen auf, was wer verdient. Franz Josef Wagner fragte DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp, was er mit seinen 5,44 Millionen Euro im Jahr eigentlich anstelle: “Haben Sie private Küchenchefs, fliegen Sie Ihre Kinder mit Privatjets in die Schulen, hängen die Picassos in Ihren Büros???” Wagner hätte einfach seinen Arbeitgeber fragen können. Die “Berliner Zeitung” rechnet vor, dass Mathias Döpfner, der Vorstandschef von Axel Springer, laut Geschäftsbericht 2003 ebenfalls ungefähr 5 Millionen Euro verdient haben müsste. Und das, obwohl DaimlerChrysler 60 mal so viel Gewinn mache wie Springer.

Er weiß es!

Einer der Sätze, den Franz Josef Wagner in seiner heutigen “Bild”-Kolumne (an die Rechtschreib-Reformer) schreibt, lautet:

“Ich weiß, dass ich Tage habe, wo ich elendig schreibe und nichts zu sagen habe.”

Seine Kollegin Christiane Hoffmann hingegen hat sich in ihrer heutigen “Bild”-Kolumne (über Til Schweiger bei IKEA) für eine andere Formulierung entschieden. Sie schreibt:

“Dreimal 8 Kleiderbügel ‘Bumerang’ für je 4,95 Euro, zwei Kissen ‘Alvine Bred’ für je 2,99 Euro, eine Tagesdecke ‘Alvine Blommig’ für 35 Euro, acht Badetücher ‘Knipplan’ für je 5,50 Cent, drei Plastiktonnen mit Deckel namens ‘Knodd’ für je 16,90 Euro. Macht 150,53 Euro (…).”

“Einkaufsliste” nennt Hoffmann das. In alter Rechtschreibung nannte sich sowas, glaub’ ich, Kassenbon.

Blättern:  1 ... 18 19 20 21 22