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Irgendetwas in dieser Richtung hat er doch gesagt!

Dies ist die Geschichte, wie der Hamburger CDU-Politiker Robert Heinemann einmal ganz groß bundesweit Schlagzeilen machte.

Es fing ganz unspektakulär an. Am Dienstag vergangener Woche gab Heinemann mehreren Zeitungen Interviews. Es ging um die aktuelle Diskussion, ob auf Schulhöfen deutsch Pflichtsprache sein sollte. Heinemann äußerte sich differenziert: Er begrüße solche Regeln, aber die Schulen dürften und müssten das selbst entscheiden. Eine Regelung “von oben” lehnte er laut “Hamburger Morgenpost” ausdrücklich ab. “Wir werden das nicht vorschreiben”, zitiert ihn das “Hamburger Abendblatt”.

In “Bild” las sich das am selben Tag schon etwas knackiger. Die Hamburger Ausgabe zitierte Heinemann am Mittwoch mit den Worten:

“Sanktionen müßten die Schulen selbst festlegen. Mögliche Strafe: Wer nicht deutsch spricht, soll den Schulhof fegen.”

Die Formulierung fand Heinemann, wie er später erklärte, “zwar erheblich verkürzt — aber noch nicht völlig falsch”. Eigentlich habe er dem “Bild”-Redakteur auf die Frage nach den Sanktionsmöglichkeiten für Schulen, die eine Deutschpflicht durchsetzen wollten, nur geantwortet, dass viele Maßnahmen denkbar seien: “vom erzieherischen Gespräch über Verfahren wie bei den Streitschlichtern bis hin zu Strafmaßnahmen wie dem Fegen des Schulhofes”. Am Mittwoch habe er den “Bild”-Redakteur angerufen und ermahnt, dass das ihm zugeschriebene Zitat “journalistisch an der Grenze” sei.

Am Donnerstag überschritt “Bild Hamburg” diese Grenze und machte aus der möglichen Maßnahme eine Forderung:

CDU-Politiker Heinemann löst hitzige Debatte aus: Deutsch sprechen oder Schulhof fegen! - Riesen-Wirbel um den Hamburger CDU-Schulexperten Robert Heinemann. Der forderte gestern in BILD: "Schüler, die nicht deutsch sprechen, sollen den Schulhof fegen!" Heinemann bekräftigte gestern gegenüber BILD noch einmal seinen Besen-Appell. "Ich stehe zu dem, was ich gesagt habe!"

In einer Fotounterschrift machte “Bild” aus Heinemann sogar eine Art Grammatik-Polizisten:

Wer nicht richtig deutsch spricht, soll fegen, meint Schulexperte Robert Heinemann.
(Hervorhebung von uns.)

Heinemann sagt, er habe sich daraufhin “massiv bei der Bild-Zeitung beschwert”. Das scheint keinen großen Eindruck gemacht zu haben. Am Freitag erschien die Falschmeldung groß in der Bundesausgabe von “Bild”:

Und am Samstag wieder in der Hamburger Ausgabe, diesmal als “Spruch der Woche”:

Erst am gestrigen Montag, nachdem Heinemanns angebliches Zitat von vielen anderen Medien aufgegriffen worden war, erschien in “Bild” Hamburg so etwas wie eine Richtigstellung. Wobei die “Bild”-Zeitung über die Richtigstellung natürlich nicht “Richtigstellung” schrieb, sondern:

Herr Heinemann, wie ist das denn nun mit dem Schulhof-Fegen? (...) Schüler, die auf den Pausenhöfen nicht deutsch sprechen, sollen zur Strafe den Schulhof fegen. Mit dieser Idee hat CDU-Schulexperte Robert Heinemann bundesweit für Aufsehen gesorgt und für hetige Reaktionen bei SPD und GAL gesorgt (BILD berichtete).

Nichts deutet darauf hin, dass sich in dem folgenden Interview quasi “Bild” korrigiert und nicht Heinemann. Es sei denn, man kennt den Hintergrund – dann versteht man auch die merkwürdig trotzköpfige Fragestellung von “Bild”:

PS: Unsere Anfrage bei “Bild”, zu Heinemanns Vorwürfen Stellung zu nehmen, blieb unbeantwortet.

Nachtrag, 1. Februar. Inzwischen haben wir eine Antwort von “Bild” bekommen. Sie lautet: “Von unserer Seite gibt es dazu nichts zu sagen.”

Symbolfoto XXIV

Mann, die sind verdammt flink bei “Bild”, könnte man meinen. Kaum werden in der irakischen Stadt Baidschi zwei deutsche Ingenieure entführt, da haben sie bei Bild.de auch schon Bilder dazu:

Haben sie aber gar nicht. Die zur Illustration der Schlagzeilen verwendeten Fotos wurden gar nicht bei der Entführung aufgenommen, sie sind auch nicht in der irakischen Stadt Baidschi entstanden, ja nicht einmal am Tag der Entführung. Nein, sie haben nicht nur überhaupt nichts mit der Geschichte zu tun, sondern auch nichts miteinander – außer, dass sie aus dem Fundus der Nachrichtenagentur AP gefischt wurden.

Das erste Foto (siehe Ausriss links und hier), mit dem Bild.de am Nachmittag die Schlagzeile auf der Startseite bebilderte, ist eine Collage. Sie zeigt irakische Polizisten am 20. Januar neben einem Polizeiauto, das bei einem Bombenanschlag in Bagdad zerstört wurde, und am linken Bildrand wurde ein weiterer, diesmal vermummter, Polizist in die Szenerie montiert. Warum auch immer.

Das zweite Foto (siehe Ausriss rechts und hier), das die Meldung im “Nachrichten”-Ressort ankündigt, entstand am 9. Januar vor dem Innenministerium in Bagdad. Es zeigt irakische Polizisten, die das Ministerium abschirmen, nachdem auf das Gebäude ein Anschlag verübt worden war. Einer von ihnen droht Presseleuten mit seiner Waffe, damit sie aufhören, ihn und seine Kollegen zu filmen.

Immerhin eine Gemeinsamkeit haben Illustration und Entführungsmeldung: Beides hat irgendwie mit Autos zu tun.

Kurz korrigiert (53)

Wir wissen ja nicht, wie Bild.de darauf kommt, dass das, was da in einer Galerie als Sonnenfinsternis verkauft wird, auch tatsächlich eine Sonnenfinsternis darstellt, wie sie “idealerweise aussieht” (siehe Ausriss). Denn die Sonne scheint bei einer Sonnenfinsternis eigentlich nicht durch den Mond hindurch, weshalb sie also eher so aussieht.

Aber wahrscheinlich ist das gar nicht so wichtig, und es geht bei dem Artikel “Reisen Sie zu den Himmels-Spektakeln 2006” ohnehin um etwas ganz anderes. Und in der Galerie hauptsächlich um den “hier buchen!”-Link.

Mit Dank an Richard W. und Stephan für den Hinweis

J.

Angela M. (51)?
Joschka F. (57)?
Boris B. (38)?
Hugo M.-V. (58)?

Nein, irgendeinen Sinn wird es schon haben, dass “Bild” nicht jeden Namen, den sie in die Zeitung druckt, abkürzt. Schließlich ist so eine Abkürzung ein halbwegs probates Mittel zur Anonymisierung von Personen (meist Privatpersonen) zum Schutz vor unangemessen viel Öffentlichkeit — auch, wenn das im Hause “Bild” nicht immer anstandslos gelingt.

Im Fall der Schülerin “Jacqueline K. (17)” allerdings, die ihren Lehrer offenbar wüst beschimpft hatte und dafür nun von einem Gericht zu 30 Stunden gemeinnütziger Arbeit in einem Altenheim “verdonnert” wurde, hat “Bild” sich die Mühe gemacht und Jacquelines Nachnamen verschwiegen. Auch Jaquelines Lehrer heißt in “Bild” nur “Lehrer Achim J. (45)”, “Klassenlehrer Achim J. (45)”, “Herr J.” oder “beleidigter Pauker” — außer in der von “Bild” am Samstag dokumentierten “Anklageschrift”. Dort nämlich wurden zwar der Nachname der Schülerin, ihr Wohnort und der Nachname ihrer gesetzlichen Vertreter unkenntlich gemacht, der Nachname des “beleidigten Paukers” allerdings steht gut lesbar und unverfremdet dort…

PS: Auch bei Bild.de gab es noch bis gestern Nacht ein Faksimile der Anklageschrift “zum Großklicken” (siehe Ausriss). Nachdem wir die Bild.de-Redaktion auf die Tatsache der unterlassenen Verfremdung des Lehrernamens aufmerksam gemacht hatten, bekamen wir zwar keine Antwort, der “Zum Großklicken”-Link ist jedoch mittlerweile aus dem Bild.de-Text entfernt.

Mit Dank für die zahlreichen Hinweisgeber.

“‘Bild’ ist entschieden schlimmer geworden”

In einem Interview mit dem “Tagesspiegel” kommt Michael Nauman, Herausgeber der “Zeit” (die wie der “Tagesspiegel” zum Holtzbrinck-Konzern gehört), auch auf “Bild” zu sprechen:

“Die Enträtselung und Entwürdigung von Frauen durch Reklame macht immer neue Fortschritte. Wenn ich das ergänze mit einer der Haupteinnahmequellen der ‘Bild’, mit Zuhältereien in den so genannten Kontaktanzeigen, die dem Verlag jedes Jahr Millionen bringen – also, ich stehe fassungslos davor. (…) Meine Verachtung richtet sich gegen die altbekannten publizistischen Schweinereien. Inklusive dieser frauenverachtenden Unterstützung von Zwangsprostitution, die vorne als Skandal vorgeführt und hinten verkauft wird. ‘Bild’ ist entschieden schlimmer geworden. Darum verliert sie Auflage.”

Im selben Interview sagt Michael Naumann über den “Bild”-Chefredakteur und -Herausgeber Kai Diekmann:

“Herr Diekmann ist ja offenkundig nur zu zwei Gefühlsregungen in der Lage: Enthusiasmus – ‘Wir sind Papst’ – und Verachtung: vor allem für seine Leser und vielleicht auch für seine Kritiker.”
(Link von uns.)

…auch wenn “Bild” das Gegenteil behauptet

Der Presserat hat eine Missbilligung gegen die “Bild”-Zeitung ausgesprochen, weil sie im vergangenen Juli ein Foto zeigte, auf dem zwei junge Männer zu sehen sind, während sie gehenkt werden. Nach Ansicht des Presserates war die Veröffentlichung “unangemessen sensationell”.

Nichts zu beanstanden hatte der Presserat daran, dass “Bild” behauptete, hier würden zwei Kinderschänder hingerichtet. Tatsächlich wurde den Jugendlichen aber wohl nur ihre Homosexualität zum Verhängnis. In ihrer Rechtfertigung vor dem Presserat berief sich die “Bild”-Zeitung darauf, dass die Kinderschänder-Version, die der iranischen Propaganda entspricht, von der französischen Nachrichtenagentur AFP verbreitet worden sei. Aus dieser Meldung sei auch nicht hervorgegangen, dass es sich bei den Hingerichteten um Minderjährige gehandelt habe.

Der Presserat meint, eine Zeitung müsse die Meldung einer Nachrichtenagentur nicht mehr nachrecherchieren. Und der Axel-Springer-Konzern findet das auch. Allerdings gab das Justiziariat des Verlages in dem Verfahren an, dass sich “Bild” ganz besonders viel Mühe gegeben habe. Der Presserat gibt die Stellungnahme von Springer so wieder:

Dennoch hätte sich der zuständige Redakteur bemüht, über den Agenturserver weitere Informationen zu diesem Fall zu erhalten. Es habe jedoch keine einzige weitere Agenturmeldung gegeben.

Das ist schwer zu glauben. Es gab an jenem Tag eine weitere Agenturmeldung über den Fall. Die Katholische Nachrichtenagentur KNA verbreitete am 26. Juli 2005 um 14.45 Uhr folgende Meldung:

EU-Protest gegen Hinrichtung von Jugendlichen im Iran

Brüssel (KNA) Die EU hat gegen die Hinrichtung zweier Jugendlicher im Iran protestiert. Einer der Hingerichteten sei sowohl zur Tatzeit als auch bei der Vollstreckung des Todesurteils jünger als 18 Jahre gewesen, klagte die britische EU-Präsidentschaft in einer am Dienstag in Brüssel veröffentlichten Erklärung. Die EU warf dem Iran vor, mit den vollstreckten Todesurteilen gegen die Internationale Konvention für bürgerliche und politische Rechte und die UN-Kinderrechtskonvention verstoßen zu haben.

(…) Die beiden Jugendlichen waren laut Medienberichten vor einer Woche in der Stadt Mashad wegen Raubes, Alkoholkonsums und homosexueller Übergriffe öffentlich hingerichtet worden.

Die “Bild”-Zeitung ist Kunde der KNA und hätte also im Voraus wissen können, dass ihre Veröffentlichung problematisch ist. Auch wenn das Springer-Justiziariat gegenüber dem Presserat das Gegenteil behauptet.

Kurz korrigiert (46)

Es stimmt: Irmtraud Hagg (38) aus Tussenhausen (bei Bad Wörishofen im Unterallgäu) gewann am Donnerstagabend in der SKL-Show fünf Millionen Euro. Und es stimmt auch, was “Bild” heute über Hagg schreibt:

“Von ihrem Millionen-Gewinn verschenkte sie direkt 20 000 Euro an die schwerkranke SKL-Kandidatin Elisabeth Szewczyk (37) aus Oldenburg (…).

Das Geld braucht Elisabeth für eine lebensrettende Stammzellentherapie im Ausland (BILD berichtete).”
(Hervorhebung von uns.)

Na, jedenfalls stimmt’s so ungefähr (weil Gewinnerin Hagg ihrer Mitspielerin Szewczyk laut RTL 15.000 Euro schenkte und Szewczyk selbst 5000 Euro gewonnen hatte). Hundertprozentig richtig ist immerhin der stolze Nachtrag, dass “BILD berichtete”.

Nur, was “BILD berichtete”, stimmte gar nicht. Denn in dem (online sogar verlinkten) “Bild”-Bericht vom 27. Dezember zitierte die Zeitung Szewczyk verwirrender- und fälschlicherweise mit den Worten:

“Ich brauche mindestens 200 000 Euro, denn die Therapie in China kostet 150 000 Euro. Dazu kommen noch rund 5000 Euro Flug und Hotel.”
(Hervorhebungen von uns.)

Und sagen wir’s so: Dass sich Elisabeth Szewczyk selbst um rund 180.000 Euro verrechnet haben sollte, wie es der (ihr in “Bild” als O-Ton zugeschriebene) Satz nahelegen könnte, schließen wir jetzt einfach mal aus…

Mit Dank an Chantal G., Rainer S. und Andreas L. für den Hinweis.

Nachtrag, 31.12.2005:
Gut, bei Bild.de hat man Szewczyks O-Ton-Abdruck jetzt, vier Tage nach Veröffentlichung, korrigiert. Bleibt die Frage, wie es eigentlich passieren kann, dass jemand “zwan-zig-tau-send” bzw. “fünf-zehn-tau-send” sagt und “Bild” “zwei-hun-dert-tau-send” bzw. “hun-dert-fünf-zig-tau-send” versteht…

Apropos King Kong

Zunächst ein paar Links zur Einstimmung.

Aber natürlich ist’s nicht weiter tragisch, wenn sich so ein PapstExperte wie Andreas Englisch nicht mit künstlicher Besamung oder, sagen wir, mit der Geschichte der Primatenforschung auskennt. Muss er ja auch nicht, steht ja alles in der Zeitung. Genauer gesagt stand am Sonntag in der italienischen Zeitung “La Repubblica”, dass zuvor in der russischen Zeitung “Moskowskij Komsomolez” gestanden habe, was sich anderntags unter Englischs Namen auch in “Bild” wiederfand – nämlich (um es mit “Bild” zusammenzufassen):

"Irrer Geheimplan enthüllt -- Stalin züchtete Affen-Menschen für den Krieg"

Die Sache an sich ist nicht uninteressant (vor allem wo doch gerade “King Kong” im Kino läuft), wie erst jüngst die schweizerische “Le Temps” belegte, die ihrerseits wiederum durch die “New York Times” auf das Thema gekommen sein dürfte.

Ob das mit Stalin und den Affen-Menschen also tatsächlich die “Repubblica” “enthüllte”, wie “Bild”-Reporter Englisch gestern schrieb, wagen wir zu bezweifeln. Ob das darüber hinaus alles “jetzt” passierte, ist zumindest Auslegungssache. Die ZDF-Sendung “aspekte” jedenfalls berichtete schon im Juli 2004 über den russischen Forscher Ilja Iwanow bzw. darüber, “wie die Sowjetunion den idealen Sozialisten züchten wollte”, das US-Magazin “Fate” immerhin im April diesen Jahres, und der russische Wissenschaftler Kirill Rossiianov hat sich bereits Jahre vorher mit Iwanows Arbeit befasst und seine Forschungsergebnisse 2002 in einem 39-seitigen, aufschlussreichen Fachaufsatz veröffentlicht.

Machen wir’s also kurz: Laut Rossiianov kam es aus verschiedensten Gründen nie zur Züchtung irgendwelcher “Affen-Menschen”, andere Behauptungen in “Bild” erscheinen verglichen mit Rossiianovs Erkenntnissen zumindest abwegig.

Und dass Iwanow, wie “Bild” behauptet, “1931 in einem Arbeitslager in Kasachstan” starb, ist schlicht falsch. Wie man in der Encyclopædia Britannica, aber auch in “La Repubblica” (also der “Bild”-Vorlage) nachlesen kann, starb er erst 1932, genauer, am 20. März 1932, sechs Wochen nach seiner Entlassung aus dem Arbeitslager, einen Tag vor seiner Rückreise nach Moskau. Das ist tragisch.

PS: Den “Bild”-Artikel (nach einer “Repubblica”-Idee) mit einen Foto aus einem der “Planet der Affen”-Filme aus den 60er/70er Jahren zu illustrieren (siehe Ausriss oben) und direkt danebenzuschreiben, “Stalins perverse Träume nahmen vorweg, was der Hollywood-Streifen ‘Planet der Affen’ 2001 inszenierte”, ist hingegen einfach nur komisch.

Mit Dank an Daniel S., Thomas H. und Ron für die Hinweise sowie Michael B. für die Unterstützung.

“Fragenkomplexe” bei “Bild”

In seiner aktuellen Ausgabe beschäftigt sich der “Stern” neun Seiten lang mit der “Bild”-Zeitung bzw. damit, “wie das Blatt mit Prominenten und Politikern umgeht”. Das Magazin referiert — vor dem Hintergrund der geplanten Komplett-Übernahme der TV-Sender Pro7, Sat.1, Kabel1, N24 und 9live durch die Axel Springer AG — diverse, z.T. bereits öffentlich gewordene Fälle, in denen “Bild” erpresserische Methoden bei der Recherche vorgeworfen werden, zitiert dazwischen gelegentlich einen “Bild”-Sprecher mit Sätzen wie “Diese Äußerungen treffen nicht zu” und nennt “Bild” u.a. “eine riesige Vermarktungsmaschine”. Zusammenfassend heißt es im “Stern” über “Bild”:

“Sie erfindet Geschichten, TV-Stars und Politiker fühlen sich unter Druck gesetzt. Wer sich wehrt, fürchtet Strafaktionen.”

Und über den “Bild”-Chefredakteur und -Herausgeber Kai Diekmann weiß der “Stern” dann aktuell noch Folgendes zu berichten:

“Freund oder Feind — das ist das Raster, in dem Diekmann zu denken scheint. Bei Freunden ist auf ihn Verlass, bei Feinden kennt er kein Pardon. (…)

Als ein solcher “Feind” in Diekmanns Schema passt auch ‘Zeit’-Herausgeber und Ex-Politiker Michael Naumann. Er hatte “Bild” in einem Kommentar* als das ‘Geschlechtsteil der deutschen Massenmedien’ bezeichnet. Kurze Zeit später, erzählt Naumann, habe er von Nachbarn erfahren, dass sich wiederholt Leute über ihn erkundigten, die sich als ‘Bild’-Mitarbeiter ausgaben. In einem Brief beschwerte sich Naumann über das Ausforschen seines Privatlebens. Diekmann bestreitet den Vorwurf in seiner sechszeiligen Antwort nicht einmal: ‘Die Bild-Zeitung geht momentan einigen Fragenkomplexen nach’, schreibt er vieldeutig, ‘bei denen auch Ihre Person eine Rolle spielt.’ Ein ‘Bild’-Sprecher dazu: Im Zusammenhang mit seiner früheren Tätigkeit als Kulturstaatsminister müsse sich Naumann ‘Recherchen gefallen lassen’, einen Zusammenhang gebe es nicht.”
(Link von uns.)

*) Nachtrag, 19.12.2005:
Wir müssen uns korrigieren: Der von uns in obiges Zitat eingefügte Link führt leider in die Irre. “Zeit”-Herausgeber Michael Naumann hatte die Formulierung, “Bild” sei das “Geschlechtsteil der deutschen Massenmedien” hier nämlich nicht zum ersten Mal verwendet, sondern vor mehr als einem Jahr hier schon einmal. Und nach Informationen von fairpress.biz bezieht sich die zitierte “Stern”-Passage auf Naumanns “Geschlechtsteil”-Formulierung von 2004. (Dort findet sich auch der im “Stern” erwähnte Briefwechsel im Wortlaut und faksimiliert.)

Nachtrag, 20.12.2005: Inzwischen ist der “Stern”-Artikel auch online.

Nachtrag, 29.12.2005: Der “Stern”-Artikel ist aus rechtlichen Gründen entfernt worden. Mehr zu den Hintergründen steht hier.

Freie Improvisation über eine Hinrichtung

Das ist ja erstaunlich, was Bild.de da berichtet:

Kurz vor dem Tod reckte er noch einmal die Faust

Der Staat Kalifornien lässt einem Mann, kurz bevor er ihn hinrichet, noch soviel Bewegungsspielraum, dass er seine Faust recken kann? Das ist nicht nur erstaunlich, es ist auch sehr unwahrscheinlich. Und da wir diese Behauptung nirgends außer in Bild.de gefunden haben, nehmen wir an: Es ist nie passiert.

Vermutlich hat Bild.de da wieder etwas durcheinander gebracht. In den Augenzeugenberichten von der Hinrichtung kommt zwar tatsächlich die beschriebene Geste vor. Aber die Faust gereckt haben einer oder mehrere der fünf Unterstützer, die anwesend waren — laut “Contra Costa Times” konkret die Journalistin Barbara Becnel.

Anscheinend hat Bild.de die ganze Szene verwirrt. Angeblich soll Tookie nach der Geste mit der Faust auch noch leise “Tookie” gesagt haben. Warum? “Bild” weiß es nicht. Deutlich mehr Sinn ergibt die Beschreibung im “San Francisco Chronicle”, wonach es einer der Unterstützer war, der Williams auf diese Weise durch die Glasscheibe ansprach.

Auch dass Williams’ “Sterben” 35 Minuten dauerte, ist eine irreführende Aussage. Bild.de behauptet:

Es war ein langer Todeskampf für Tookie Williams. 35 Minuten dauerte es, bis das Gift in seinem Körper wirkte.

Vom Betreten der Hinrichtungszelle bis zu seinem Tod vergingen zwar rund 35 Minuten. Aber das hängt keineswegs damit zusammen, dass das Gift nur so langsam wirkte, wie Bild.de suggeriert. Alle anderen Quellen beschreiben, dass es sehr lange gedauert habe, bis eine Assistentin eine Vene in Williams’ linkem Arm gefunden hatte. Noch 17 Minuten nach Betreten der Zelle sei das nicht geschehen.

Bild.de behauptet weiter, dass vor Williams’ Todeskampf jemand gerufen habe: “Der Staat von Kalifornien hat einen unschuldigen Mann getötet.” Auch das behauptet niemand sonst. Nach allen Augenzeugenberichten riefen Williams’ Unterstützer diesen Satz erst beim Verlassen der Hinrichtung.

Bild.de fügt hinzu, dass Williams die Nachricht, dass Gouverneur Schwarzenegger sein Gnadengesuch abgelehnt habe, “nur mit einem Lächeln” zur Kenntnis genommen habe. Im Gegensatz dazu schreibt die “New York Times”, dass Williams nach Angaben von Jesse Jackson keineswegs nur gelächelt, sondern ihm gesagt habe: “Wir werden die Hoffnung nicht aufgeben.”

Danke an die Hinweisgeber!

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