Archiv für Vermischtes

Pimp My Agenturmeldung

Es spricht alles dafür, dass kein eigener Mitarbeiter von Bild.de beim gestrigen Auftritt von Tokio Hotel in Trier war. Alle Zitate und Beschreibungen im Bild.de-Artikel über das Konzert stammen aus Meldungen von Nachrichtenagenturen. Bild.de hat die Geschichte nur ein bisschen ausgeschmückt. Um nicht zu sagen: Fehler eingebaut.

Denn richtig ist zwar, dass bei dem Konzert rund 240 Mädchen zusammengebrochen sind. Aber die Agenturen dpa und AP berichten übereinstimmend und in allen Meldungen, dass sich die meisten Kollapse “bereits vor dem Auftritt der Magdeburger Band”, “während noch Vorgruppen spielten”, “schon während des Vorprogramms” ereigneten: “Die Mehrzahl der Teenager habe anschließend das Konzert verfolgen können”. Das Deutschlandradio formulierte: “Die Jungs aus Magdeburg hatten noch gar [nicht] angefangen zu spielen, da waren die Mädels schon hysterisch zusammengebrochen.”

Aber das fand Bild.de wohl nicht so aufregend. Und ließ deshalb diesen Teil der Agenturmeldungen einfach weg, beschrieb die Vorgänge nicht in chronologischer Reihenfolge und erfand über Tokio Hotel lieber Zusammenhänge wie diesen:

Sie kamen, rockten — und ließen es richtig krachen… So sehr, daß bei ihrem Konzert in Trier 240 Mädchen umkippten!

Danke an Jadawin für den sachdienlichen Hinweis.

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Mit Dank an shirtinator.de für die Zusammenarbeit.

Gericht verurteilt “Bild” zum Widerruf

Seit Sommer 2004 ermittelt die Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen Corinna Werwigk-Hertneck. Sie soll als baden-württembergische Justizministerin ihrem FDP-Parteifreund und damaligen Ministerkollegen Walter Döring Details aus Ermittlungen gegen ihn verraten haben.

“Bild” veröffentlichte noch ganz andere Vorwürfe gegen Frau Werwigk-Hertneck. Sie soll Döring “vor einer Razzia der Staatsanwaltschaft gewarnt” haben, schrieb die Zeitung am 16. Februar 2005. Anscheinend zu unrecht. Die Staatsanwaltschaft wirft der Politikerin dies jedenfalls laut der Nachrichtenagentur dpa nicht vor. “Bild” hat bereits eine Unterlassungserklärung abgegeben, diese Behauptung nicht zu wiederholen. Öffentlich widerrufen wollte das Blatt seine Meldung allerdings nicht.

Nun hat das Landgericht Stuttgart die Zeitung am Dienstag genau dazu verurteilt. Danach muss “Bild” den Widerruf im gleichen Teil der Zeitung und in gleicher Aufmachung und Schriftgröße wie den ursprünglichen Bericht abdrucken. Die Axel Springer AG will die schriftliche Urteilsbegründung abwarten, bevor sie über eine mögliche Berufung entscheidet.

Heute anonym

Bei Bild.de gibt es einen Artikel, in dem ein mutmaßlicher Betrüger nur gepixelt abgebildet ist. Klickt man auf den Link unter dem gepixelten Foto kommt man auf einen Artikel vom Vortag — und dasselbe Foto, ungepixelt.

Und jetzt fragen Sie uns nicht, ob die Anonymisierung von Menschen für Bild.de nur ein Witz oder ein Glücksspiel ist, ob sie von der Tagesform des zuständigen Redakteurs abhängt oder die Pixel bei Bild.de rationiert sind — und ob niemand bei Bild.de mal auf den eigenen Link klickt, um zu sehen, was sich dahinter verbirgt. Wir wissen es nicht, und Antworten auf Fragen bekommen wir von “Bild” seit einiger Zeit nicht.

Danke für die vielen Hinweise!

Nachtrag, 15. Februar. Bei Bild.de liest man anscheinend nicht Bild.de, aber BILDblog: Auch im älteren Artikel ist das Gesicht nun unkenntlich gemacht.

Wie “Bild” sich korrigiert

Vor ziemlich genau fünf Monaten erlitt der Fußballspieler Chavdar Yankov (Hannover 96) auf dem Spielfeld eine Verletzung. Die Haut an seinem Penis war eingerissen und musste mit mehreren Stichen genäht werden.

Wie berichtet, behauptete “Bild” damals mehrere Tage lang, der Spieler Benjamin Köhler (Eintracht Frankfurt) sei für die Verletzung verantwortlich gewesen. Und als sich herausstellte, dass es ganz offensichtlich nicht Köhler, sondern Köhlers Team-Kollege Christoph Spycher war, der Yankov verletzt hatte, berichtete “Bild” nicht mehr.

Zumindest bis gestern.

Allerdings (siehe Ausriss) ließ “Bild” die günstige Gelegenheit einer beiläufigen Korrektur nun leider ungenutzt verstreichen und schrieb stattdessen unter der Überschrift “Penis-Opfer hat wieder einen geilen Hammer” unverbesserlich:

“Im September hatte ihm der Stollen von Frankfurts Köhler den Penis aufgeschlitzt.”

Aber womöglich ist es ja das, was “Bild”-Chef Kai Diekmann meinte, als er mal davon sprach, auch seine Zeitung müsse “die ‘innere Wahrheit’ eines Sachverhalts (…) richtig wiedergeben”: Aus dem internen “Bild”-Archiv unkorrigierte Fehler abschreiben.

Mit Dank an Benjamin S. für den Hinweis.

Nicht Nichts

Bild.de (bzw. laut Bild.de auch “Bild”) berichtet ja heute, die “Big Brother”-Kandidatin Michelle Littbarski sei, nachdem die Zuschauer sie jüngst per Televoting aus der RTL2-Show gewählt haben, “am Ende”:

Vom Papa verstoßen, kein Job, kein Geld!

Pierre Littbarskis (45) schöne Tochter Michelle (18) steht seit gestern Abend vor dem Nichts. (…)”

Desweiteren erinnert der Bericht daran, dass ihr Vater die Unterhaltszahlungen von monatlich 766,94 Euro eingestellt habe, und schreibt: “Auch Mama Monika wird kaum helfen können.”

Und wir wissen nicht, wie Bild.de (oder “Bild”?) darauf kommt, dass “Mama Monika” ihrer Tochter “kaum helfen können” wird. (Schließlich hat Monika Littbarski die Frage nach “finanziellen Schwierigkeiten” noch gestern in der “Bild am Sonntag” ausdrücklich und unwidersprochen verneinen dürfen). Aber dafür wissen wir jetzt, was man im Hause “Bild” unter “Nichts” bzw. “kein Geld” versteht:

9166,80 Euro nämlich.

Denn eben diese auf der offiziellen “Big Brother”-Website (siehe Ausriss) unter dem Stichwort “Konto” vermerkte Summe, die immerhin knapp zwölf der o.g. monatlichen “Unterhaltszahlungen” entspricht, darf Littbarski nach ihrer Teilnahme an der Show behalten.

“Bild” macht Bohlen-Witze

Heute steht einer der lustigsten Sätze seit langem in der “Bild”-Zeitung. Er lautet:

RTL glaubt so fest an den Erfolg von Dieter Bohlen, daß der Sender den [Zeichentrick-Film über Bohlen] sogar als Gegenprogramm zu “Wetten, dass..?” mit Thomas Gottschalk (55) im ZDF zeigt.

Der ist gut.

Wenn “Wetten dass” läuft, guckt kein Schwein RTL. Deshalb lässt der Sender an diesen Samstagen sein Erfolgsprogramm “Wer wird Millionär” ausfallen. Deshalb lässt der Sender an diesen Samstagen sein Erfolgsprogramm “Deutschland sucht den Superstar” ausfallen. Deshalb wiederholt der Sender an diesen Samstagen fast immer irgendwelche alten Spielfilme.

Die naheliegende Erklärung, warum RTL “Dieter – der Film” gegen “Wetten dass” zeigt, wäre diese: Der Sender hält ihn für einen hoffnungslosen Fall.

Aber Dieter Bohlen ist ein Freund der “Bild”-Zeitung, und für Freunde tut man schon mal etwas. Man schreibt über einen der unmöglichsten Sendeplätze (nämlich parallel zur meistgesehenen Sendung im deutschen Fernsehen), es handele sich um die “beste Sendezeit”. Man zitiert Bohlen mit den Worten “Ich bin echt froh, daß der Film endlich fertig ist” und verschweigt, dass das Werk schon im Herbst 2004 ins Kino hätte kommen sollen, erst verschoben und schließlich, wie “Bild am Sonntag” im Juli 2005 schrieb, “von den Kinobossen” aus dem Programm geworfen wurde. Man jubelt: “Pop-Titan ist er schon. Jetzt wird er auch noch Filmstar!”, obwohl der Film doch gerade (trotz gegenteiliger Prognosen von “Bild”) das vorläufige Ende des Traums von einer Leinwandkarriere bedeutete.

Exklusiv: Bohlen als ComicSogar auf die Seite 1 hat die “Bild”-Zeitung ihren Freund gehoben (siehe Ausriss), und das Wort “exklusiv” darin ist vielleicht der zweitbeste Witz in “Bild” seit langem. Die Zeitung hat die Bilder nämlich einfach von der RTL-Presseseite heruntergeladen, wo sie ganz offiziell und genau für diesen Zweck seit zwei Tagen herumliegen. Anderswo im Netz waren die Screenshots schon vorher zu finden. Und dass die Bilder trotzdem halbwegs “exklusiv” wirken, liegt nur daran, dass andere Medien kein Interesse hatten, auf einen Film, der offensichtlich zu schlecht fürs Kino war, drei Wochen vor der Ausstrahlung im Fernsehen groß hinzuweisen.

In eigener Sache

BILDblog-Leser wissen mehr. Anders als die durchschnittlich über elf Millionen “Bild”– und abertausend Bild.de-Leser wissen sie nämlich nicht nur, dass Charlotte Roche am Mittwochabend als Gast in der “Harald Schmidt”-Show “vor 920 000 Zuschauern plötzlich mit klaffender Zahnlücke in die Kamera” schaute, sondern beispielsweise auch, was über Roches Auftritt bei Schmidt im “Berliner Kurier” steht. Dort heißt es heute nämlich in einer kleinen Meldung:

“Ex-Viva-Girl und TV-Moderatorin Charlotte Roche (…) war ARD-Talkgast bei Harald Schmidt. Dabei glänzte sie nicht nur durch ihre freche Klappe, sondern auch mit ihrer Aufschrift am T-Shirt: BILDblog.de – einem Internet-Forum, das der Bild-Zeitung Paroli bietet.”

Und so sah das aus:

Was weder in “Bild” noch im “Kurier” steht, ist, wie überrascht wir selber von Roches Auftritt waren – und wie sehr wir uns darüber gefreut haben. Das steht nämlich nur hier.

Symbolfoto XXVII

Offenbar mag die Berliner “Bild”-Redaktion nebenstehendes Fahndungsfoto eines (seit heute übrigens nicht mehr unbekannten) Jugendlichen, der Ende Januar in der Berliner U-Bahnlinie 8 einen Fahrgast durch einen Messerstich verletzt hatte und dabei von einer Überwachungskamera in der U-Bahn gefilmt wurde.

In der Berlin-Brandenburg-Ausgabe der “Bild”-Zeitung erschien das obige Foto am 4. und 6. Februar sowie abermals am gestrigen Dienstag unter der Überschrift: “Warum verpfeift niemand den Berliner Messerstecher?”

Aber auch heute hat die Berliner “Bild” das Foto aus der U-Bahn wieder im Blatt. Zwar berichtet “Bild” dieses Mal über eine andere Polizeimeldung, bei der zwei Fahrgäste der Berliner Buslinie 148 von zwei Jugendlichen beleidigt und angegriffen wurden, was “Bild” im Übrigen mit den sinnentstellenden Worten wiedergibt: “Im Bus 148 (…) attackieren fünf Jugendliche andere Fahrgäste.” Aber zur Erläuterung dessen, was auf dem Foto zu sehen sei, hat “Bild” nun geschrieben:

“Messer-Attacke auf der Linie 148. In so einem älteren Bus ohne Kamera passierte es”

Und diese Sätze ergeben bei genauerer Betrachtung nicht nur keinen Sinn, sie sind abgesehen davon auch schlicht falsch.

Mit Dank an Cay D. für den Hinweis.

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