Archiv für Vermischtes

Bild.de-Leser haben entschieden — aber wie?

“Unsere Leser haben entschieden” schreibt Bild.de über den Text zum Bild.de-Voting-Ergebnis, wer der oder die tollste Soap- und/oder Telenovela-Darsteller oder Darstellerin sei. Da wäre es natürlich sinnvoll gewesen, wenn man als Grundlage für diesen Text das Votingergebnis genommen hätte, das Bild.de nur einen Klick entfernt präsentiert. Oder — wahlweise — die Präsentation des Voting-Ergebnisses entsprechend angepasst hätte. Nur, um keine Verwirrung aufkommen zu lassen.

Denn, wer vermag nun schon zu beurteilen, ob “Soap-König” Daniel Fehlow 16,8 Prozent der Stimmen bekommen hat, wie im Text steht, oder 16,7, wie auf der Ergebnis-Seite zu lesen ist? Kam Alexander Solti auf 14,4 Prozent der Stimmen (Ergebnis-Seite) oder doch auf 14,9 (Text)? Ist Henriette Richter-Röhl tatsächlich mit 12,6 Prozent die “beliebteste Soap-Lady” (Text) oder ist sie bloß die zweitbeliebteste mit 12,1 Prozent und stattdessen Janin Reinhardt mit 12,3 Prozent die beliebteste Frau (Ergebnis-Seite)? Was wiederum die Frage aufwirft, auf welchem Platz Susanne Gärtner landete: Auf Platz 4 als zweitbeliebteste Frau mit 12,3 Prozent (Text) oder doch eher mit 11,5 Prozent als drittbeliebteste Frau auf Platz fünf (Ergebnis-Seite)? Außerdem: Landete Tanja Szewczenko nun auf dem letzten Platz, wie es im Text heißt, oder auf dem Vorletzten, wie auf der Ergebnis-Seite steht? Und wie egal genau ist den Bild.de-Mitarbeitern eigentlich, wie ihre Leser wirklich entschieden haben?

Mit Dank an Heike W. und Carsten R. für den sachdienlichen Hinweis.

Nachtrag, 15.14 Uhr: Und, schwupps, hat man sich bei Bild.de entschieden, dass die Angaben auf der Ergebnis-Seite richtig sind und den Text entsprechend angepasst.

“Bild” verleumdet Sozialarbeiterin (3)

Am 7. Juni dieses Jahres schrieb “Bild” über die Sozialarbeiterin Fatma Celik:

"Sozialarbeiterin verhöhnt verprügelte Lehrerin!"

Das war unwahr. Celik hatte die “verprügelte Lehrerin” nicht verhöhnt, sondern “Bild” hatte sinnentstellend aus einem Interview mit Celik in der “taz” zitiert. Und aus dem sinnentstellenden und verkürzten Zitat schlussfolgerte “Bild” dann die falsche Überschrift und einen “neuen Skandal um Schulhofschläger Mohamed O.”, weil Celik dem “Prügelkind scheinbar recht” gegeben habe. Entsprechend muss “Bild” (wie kürzlich übrigens auch schon der “Tagesspiegel”) heute die bereits angekündigte Gegendarstellung veröffentlichen. Darin heißt es:

In der Bildzeitung (…) verbreiten Sie unter der Überschrift “Sozialarbeiterin verhöhnt verprügelte Lehrerin” auf S. 5 über mich ein unvollständiges und damit sinnentstelltes Zitat: (…)

Das hätte auch “Bild” natürlich schon bei Veröffentlichung des Artikels klar sein müssen. Und insofern haben wir dem nicht mehr hinzuzufügen als “Bild” der Gegendarstellung:

Fatma Celik hat recht,
die Redaktion

“Bild” animiert zum Ehebruch

Das US-Magazin “Forbes” hat kürzlich eine Liste veröffentlicht: “The Hottest Billionaire Heiresses” (“Die heißesten Milliardärs-Erbinnen”). Und woran denken “Bild”-Redakteure wohl zuerst, wenn sie so eine Liste sehen? Offenbar daran, was für eine gute Partie diese Erbinnen wären, klar:

"Hier lächeln 18 Milliarden Euro. 10 reiche Töchter -- und alle sind noch zu haben"

Und wir fragen uns, ob man bei “Bild” nicht etwas zu sehr vom Reichtum geblendet war. Davon, dass alle “noch zu haben!” seien, ist nämlich im “Forbes”-Magazin, auf das “Bild” sich ausdrücklich bezieht und aus dem so ziemlich alle anderen Infos über die Erbinnen zu stammen scheinen, überhaupt nicht die Rede. Zu Recht. Aerin Lauder beispielsweise ist offenbar seit 1996 mit Eric Zinterhofer verheiratet und hat zwei Kinder (was übrigens auch “Bild” schreibt). Und Julia LouisDreyfus hat ebenfalls zwei Kinder und ist sogar schon seit 1987 mit Brad Hall verheiratet.

Mit Dank an Julia L. für den sachdienlichen Hinweis.

Auch die Letzten werden wieder die Ersten sein

1. Supermarkt für Rentner

(…) In Leipzig hat der erste Supermarkt für Senioren aufgemacht.

So stand es am Freitag bundesweit in “Bild”.

Und das ist doch merkwürdig, denn bereits im März 2005 berichtete der Bayerische Rundfunk über einen Senioren-Supermarkt in Bad Füssing. Und schon Ende 2004 wurde ein Senioren-Supermarkt in Chemnitz eröffnet.

Und wer berichtete damals, genau gesagt: am 12. Dezember 2004, auch darüber? “Bild am Sonntag”.

Unter der Überschrift:

“Deutschlands erster SENIOREN-SUPERMARKT”.

Danke an Daniel F. für den Hinweis!

Kurz korrigiert (249 – 250 251 252)

“Big Big World” sang nicht “Amelia”, sondern Emilia. Und der “Nacktsängerin Jazmin Jennewein” hatte sogar der Ziehungsbeamte von “Bild” vor drei Wochen schon mal das (anscheinend zutreffende) Alter 27 zugelost.

Vielleicht sollte “Bild” doch Hilfe von außen annehmen?

Nachtrag, 6. August, 1.40 Uhr. Unser Leser Johannes M. hat sich den kleinen Ausriss oben angesehen und mit der Hilfeseite für “Bild” verglichen und so einen weiteren Fehler gefunden: Auch Dieter Bohlens Alter kennt “Bild” nicht. Er ist längst 52.

Nachtrag, 10.55 Uhr. Bild.de hat die drei Fehler korrigiert. Aber auch das Alter von Heinz Henn hat “Bild” falsch angegeben. Er ist 51 Jahre alt. — Das wird eine eindrucksvolle Korrekturspalte morgen in der Zeitung.

Nachtrag, 14.35 Uhr. Hoppla: Aus “Amelia” hat Bild.de “Emelia” gemacht. Richtig wäre: Emilia.

Nachtrag, 16.40 Uhr. So, nun stimmt die Emilia, aber das Alter von Heinz Henn noch nicht.

Danke an Eva K., Sabine B., MrB., Micka und die vielen anderen!

Nachtrag, 7. August:

Sie können noch jemanden anrufen!

Das Verhältnis zwischen der “Bild”-Zeitung und Günther Jauch ist eingermaßen zerrüttet. Mit Dieter Bohlen ist “Bild” dagegen bestens befreundet. Insofern kommt die heutige Bild.de-Schlagzeile vielleicht nicht ganz überraschend:

Pop-Titan Dieter Bohlen verdrängt
Quiz-König Günther Jauch

Und es stimmt ja: In der kommenden Fernsehsaison soll die Samstagsausgabe von “Wer wird Millionär” häufiger ausfallen — sowohl für Eventshows, als auch während der vier Monate, in denen “Deutschland sucht den Superstar” läuft. So ähnlich steht das auch bei Bild.de, nur steht dahinter die Frage:

4 Monate Zwangspause für Jauch?

— was doch eine erstaunliche Formulierung ist, wenn man bedenkt, dass Jauch während dieser Zeit montags und freitags “Wer wird Millionär” und mittwochs “Stern-TV” moderiert.

Weiter schreibt Bild.de:

Ein anderer Grund [für die Verschiebung] könnte die Einschaltquote der Quizshow sein: Mit rund sieben Millionen Zuschauern am Samstagabend ist die Quote zwar immer noch gut, dennoch hat sich die einstige Zuschauerzahl der Sendung fast halbiert.

Rechnen wir das einmal nach: Wenn die Show jetzt samstags rund sieben Millionen Zuschauer hat und das fast einer Halbierung gegenüber früher entspricht, müsste sie früher samstags im Schnitt etwa 13 Millionen Zuschauer gehabt haben.

Keine einzige Samstags-Sendung von “Wer wird Millionär” erreichte je 13 Millionen Zuschauer. Von den 169 Samstags-Sendungen in der “Wer wird Millionär”-Geschichte erreichten nur sechs 11 Millionen Zuschauer. Die meisten Zuschauer hatte “Wer wird Millionär” in der Saison 2000/2001: damals sahen samstags im Schnitt 9,09 Millionen Menschen die Show. In der aktuellen Saison waren es bisher 6,65 Millionen. Das entspricht einem Rückgang von gut einem Viertel.

Die mit Abstand meistgesehene Samstags-Sendung von “Wer wird Millionär” hatte 12,3 Millionen Zuschauer. Sie lief am 2. Dezember 2000 und war keine ganz typische Sendung. Am Morgen dieses Tages hatte “Bild” mit einer Schlagzeile aufgemacht, die vorab verriet, was am Abend zu sehen sein würde:

Jauchs erster Millionär

Vielen Dank an den Popkulturjunkie für die Zahlen!

“Bild” entdeckt Honis Jesus-Latschen wieder

Honis Jesus-Latschen wiederentdeckt

Das, was “Bild” lustig “Jesus-Latschen” nennt, sind riesige Schuhe, mit denen man übers Wasser laufen kann. 1985 entwickelte sie der DDR-Betrieb “Wiking” für das Ausland. Für den Verkauf im eigenen Land erschien den DDR-Oberen die Möglichkeit, damit flugs Elbe oder Ostsee überqueren zu können, ein bisschen riskant. Nicht verkaufte Exemplare mussten vernichtet werden. Oder, wie “Bild” heute schreibt:

Sie blieben verboten und verschollen -- bis einige Exemplare jetzt in einer Scheune in Mecklenburg-Vorpommern gefunden wurden!

“Jetzt”? Aber nein! Der Bootsbauer Frank-Uwe Groth, der basierend auf der alten Idee ein neues Patent entwickelt hat, datiert den Fund in der Scheune auf das Jahr 2003.

Die Nachrichtenagentur dpa schrieb schon am 26. Juli 2005 ausführlich über Groth. Anlässlich der “Human-Powered-Boats-Weltmeisterschaft 2005” widmete die Financial Times Deutschland der Erfindung am 19. August 2005 einen längeren Text. Und am 29. August 2005 berichtete bereits der MDR über das, was angeblich “jetzt” erst geschah.

“Bild” ist also nur ein bisschen spät dran und versucht dies (wie so oft) durch leichtes Drehen am Raum-Zeit-Kontinuum zu verschleiern. Und macht bei der Gelegenheit fälschlicherweise aus dem Mann, der die Schwimmschuhe tatsächlich jetzt in Dresden verleiht, gleich den Produzenten der Dinger.

Vielen Dank an Sascha E. für den sachdienlichen Hinweis!

Reingefallen

"Kahns Verena fiel auf einen Liebes-Schwindler rein"
“Bild”-Titelseite vom 4. August 2006

Tja. Offenbar fiel auf den “Liebes-Schwindler” nicht nur Kahns Verena rein:

"Reicher Grieche will Olli Kahns Verena"
“Bild”-Titelseite vom 3. August 2006

Mit Dank an René W. für die Anregung.

Der heißeste Spaziergang der Welt

Ground control to major tom
Take your protein pills and put your helmet on

— “Space Oddity”, David Bowie, 1969

"Der coolste Spaziergang der Welt"

Die “Bild”-Zeitung schreibt heute über den deutschen Astronauten Thomas Reiter und dessen Einsatz außerhalb der ISS. Sie findet, das sei “der coolste Spaziergang der Welt” (siehe Ausriss). Und wir fragen uns, wie “Bild” darauf kommt, dass Reiter ausgerechnet bei “-250 Grad im All” rumschwebt. Wusste etwa jemand, dass die Temperatur im Weltraum minus 270 Grad Celsius beträgt und hat sich dann gedacht, “na, ganz so kalt kann’s ja gerade nicht sein, weil der Mars so weit weg ist”? Oder hat eine Umfrage in der Redaktion einen Durchschnittswert von minus 250 Grad ergeben?

Auf der Internetseite des Fernsehsenders Phoenix jedenfalls wird die Temperatur auf der Schattenseite der ISS mit minus 70 Grad angegeben, während auf der Sonnenseite “eine Temperatur von mehr als 150 Grad” herrsche. Und die NASA, die es ja eigentlich wissen müsste, spricht in etwas allgemeinerem Zusammenhang von Temperaturen zwischen minus 148 und plus 248 Grad Fahrenheit. Das entspricht minus 100 bis plus 120 Grad Celsius.

Aber vielleicht meint “Bild” die “gefühlte Temperatur”. Schließlich schreibt sie ja auch:

Eisige minus 250 Grad umwehen die Männer im All.

Hervorhebung und Link von uns.

Major Tom denkt sich
“Wenn die wüssten,
mich führt hier ein Licht
durch das All.
Das kennt ihr noch nicht.
Ich komme bald;
Mir wird kalt …”

— “Major Tom (Völlig losgelöst)”, Peter Schilling, 1982

Mit Dank an Stephan M., Christoph O., Malte K., Michael K., Max K. und Hubert E. für die sachdienlichen Hinweise.

Nachtrag, 23.15 Uhr. “Bild” hat den eigenen Fehler korrigiert: “Auf der Schattenseite der ISS herrschen ‘nur’ etwa minus 70 Grad Celsius.” Und auch bei Bild.de stieg die Temperatur inzwischen unauffällig um 180 Grad.

Das geht noch better!

Bestimmt arbeiten auch bei “Bild” Leute, die des Englischen mächtig sind. In der Buchhaltung zum Beispiel. Oder im Layout. Vielleicht sogar in der Anzeigenabteilung. Aber es scheint ein ungeschriebenes (und sehr streng befolgtes) Gesetz zu geben, diese Menschen von allen Artikeln fernzuhalten, in denen “Bild” Englischkenntnisse gebrauchen könnte. Artikeln, zum Beispiel, in denen die Zeitung anderen die englische Sprache erklären will.

Okay, diese Sätze haben wir schon mal aufgeschrieben, aber erstens ist gerade Sommer und zweitens hat sich ja nichts geändert.

Bis auf ein Detail: Diesmal hat “Bild” immerhin nicht selbst versucht, Michael Ballack Englisch-Nachhilfe zu geben, sondern einen Experten gefragt, den Anglisten Dr. Sascha Feuchert.

Und so heißt es heute in “Bild”:

So gut spricht Ballack Englisch ... Ballack über einen gemeinsamen Abend mit den Spielern: "I drunk one beer – that is enough." Feuchert: "Er meint wohl: Ich habe ein Bier getrunken -- das war genug. Er hat es zeitlich falsch formuliert. Richtig müsste es heißen: I drunk one beer -- that was enough."

Und das ist natürlich Unsinn, denn richtig müsste es vor allem heißen: “I drank one beer”. So habe er es “Bild” gegenüber auch gesagt, erklärt uns Feuchert auf Nachfrage, aber durchs Telefon hätten die das wohl falsch verstanden.

Und in der Redaktion (die am Ende über Ballacks Englisch urteilte: “Das geht noch better, Ballack! Schul-Note: 3”) hat es niemand, niemand gemerkt. I drunk one beer.

Und wenn “Bild” vielleicht einfach ganz aufhören würde, anderen Leuten Englisch-Nachhilfe geben zu wollen? Please*?

*) engl. für “bitte”

Danke an Fabian B. und Simon K.!

Blättern:  1 ... 73 74 75 ... 146