An manchen Stellen wirkt die Angewohnheit von “Bild”, hinter jeden Namen in Klammern das Alter zu schreiben, dann doch ein bisschen übertrieben:
Archiv für Vermischtes
Supi, beim Nachbarn brennt’s!
Unter der Überschrift “Leser glücklich – Mein Video steht schon bei Bild.de” dokumentiert Bild.de schon mal die Wirkung der jüngsten, großen “Bild”-Verkaufsaktion:
(Anonymisierungen von uns.)
Nachtrag, 9.12.2008: Bild.de hat die überglückliche “Video-Reporterin” aus dem Artikel entfernt.
Kurz korrigiert (487)
Vor nicht allzu langer Zeit nannte Bild.de den ehemaligen Football-Star O.J. Simpson mal einen…
Heute weiß Bild.de das natürlich besser*:
Mit Dank an Julian P., FKTozz, Sebastian P., gambit, Mark L. und Eric H.
Nachtrag, 6.12.2008: Tatsächlich muss Simpson offenbar mindestens 9 und maximal 33 Jahren ins Gefängnis. Verschiedene Nachrichtenagenturen und Medien hatten gestern jedoch zunächst gemeldet, er sei zu 15 oder 16 Jahren Haft verurteilt worden.
Grisselgeschichten aus Mumbai
Michelangelo Antonioni hat schon vor mehr als vierzig Jahren einen großartigen Film darüber gedreht, dass beim Vergrößern von Vergrößerungen von ohnehin unscharfen Fotodetails (engl.: blowup) am Ende kaum mehr übrig bleibt als ein grobkörniges Nichts.
Und wenn beispielsweise die Nachrichtenagentur AFP anlässlich der Terroranschläge in Mumbai ein vom Fernsehbildschirm reproduziertes Bild verbreitet, das zeigt, wie der britische Sender Sky News ein vom indischen Sender NDTV gezeigtes Foto eines Terroristen zeigt (siehe rechts) – dann hat man am Ende mit Glück noch einen vagen Eindruck (junger Mann mit T-Shirt, Rucksack und Gewehr).
Außer natürlich bei Journalismusattrappen wie RP-Online oder Bild.de. Dort erkennt die Redaktion nämlich, dass die Augen des jungen Mannes “weit geöffnet” sind (RP-Online, Bild Nr. 2) bzw.: “Aufgerissene Augen” und “geweitete Pupillen” sowie ein “diabolisches Grinsen” (Bild.de). Und das mag dann zwar geradezu perfekt zur Nachrichtenlage passen (“Vollgepumpt mit LSD und Kokain – Terroristen töteten im Drogenrausch”), ist aber ganz offensichtlich keine Beobachtung, sondern Boulevardprosa.
Auf einer anderen, von der Nachrichtenagentur AP verbreiteten (und womöglich von AFP nur – via Sky News – via NDTV – übernommenen) etwas weniger grisseligen Version desselben Fotos kann man nach irgendwelchen “geweiteten Pupillen” jedenfalls lange suchen:
Mit Dank an Jan D. für den Hinweis.
Geht immer schief: “Bild” und Aids
Man darf die Hoffnung nicht aufgeben. Irgendwann wird auch der Letzte, also die “Bild”-Zeitung, verstanden haben, dass es einen Unterschied zwischen einer HIV-Infektion und einer Aids-Erkrankung gibt. Aber noch ist es nicht so weit.
Heute schafft es “Bild” in einem Artikel zum gestrigen Welt-Aids-Tag, beide Begriffe wieder munter so zu verwenden, als wären sie synonym, und sie in der Schlagzeile gleich ganz zu verschmelzen:
Grundlage für den Bericht ist eine Pressemitteilung des Robert-Koch-Institutes (RKI) vom 24. November, die die “Bild”-Zeitung auch eine Woche später noch nicht verstanden hat. Dass nach wie vor rund jeder siebte HIV-Infizierte in Deutschland in Berlin lebt, nennt sie eine “Schock-Zahl” und schreibt weiter:
2008 steckten sich vermutlich 500 Menschen in Berlin neu mit dem HI-Virus an — 88 mehr als im Jahr zuvor.
Die Warnung des RKI:
Die vom RKI zusammengestellten Eckdaten zur Abschätzung der Zahl der HIV-Neuinfektionen (…) erfolgt in jedem Jahr neu auf der Grundlage aller zur Verfügung stehenden Daten und Informationen und stellen keine automatische Fortschreibung früher publizierter Daten dar. Durch zusätzliche Daten und Informationen sowie durch Anpassung der Methodik können sich die Ergebnisse der Berechnungen von Jahr zu Jahr verändern und liefern jedes Jahr eine aktualisierte Einschätzung des gesamten bisherigen Verlaufs der HIV-Epidemie. Die jeweils angegebenen Zahlenwerte können daher nicht direkt mit früher publizierten Schätzungen verglichen werden.
Es hat also nichts genützt, dass das Robert-Koch-Institut den Hinweis, dass diese Zahlen nicht mit denen des Vorjahres vergleichbar sind (siehe Kasten rechts), in seinen Veröffentlichungen [pdf] gleichzeitig fett, kursiv und unterstrichen hervorgehoben hat. “Bild” vergleicht sie trotzdem.
Und das auch noch falsch: Das Institut unterscheidet zwischen den Neudiagnosen eines Jahres (nach dem Zeitpunkt, zu dem jemand positiv auf HIV getestet wird) und den Neuinfektionen eines Jahres (nach dem geschätzten, oft viel früher liegenden Zeitpunkt, zu dem er sich infiziert hat). Wie uns eine Sprecherin des RKI auf Anfrage bestätigt, vergleicht “Bild” offenbar die gemeldeten Neudiagnosen 2007 mit den geschätzten Neuinfektionen 2008.
Vielleicht ist die “Bild”-Rechnung selbst in der Tendenz falsch. Zwar gibt das Robert-Koch-Institut für einzelne Bundesländer keine Vergleichszahlen über Neuinfektionen aus den Vorjahren an. Für die gesamte Bundesrepublik aber schätzt es, dass die Zahl 2008 erstmals seit längerer Zeit gegenüber dem Vorjahr nicht zugenommen hat, sondern stagniert.
Mit Dank an Holger W.!
Nicolaus Fest verzockt sich
“Zockerschutz auf Staatskosten” lautet die Überschrift der aktuellen Bild.de-Kolumne von Dr. Nicolaus Fest. Scharf kritisiert er darin, dass die Bundesregierung “die Anlagen deutscher Sparer bei der isländischen Kaupthing-Bank mit einem Millionenkredit sichern” wolle.
Und scharf kritisiert Fest in seiner Kolumne auch die Sparer, die Geld bei der isländischen Kaupthing-Bank angelegt haben. Für ihn sind das “Zocker”, die sich “von hohen Zinsversprechen anlocken ließen”. Auf “Spekulationsgeschäfte” hätten sie sich eingelassen. Die Kreditsicherung durch die Bundesregierung sei eine “Abwälzung des Zockerrisikos von Privatleuten auf den Steuerzahler”. Der Staat würde damit “300 Millionen Euro für den Schutz von spekulativen Anlagen locker (…) machen”.
Über all das könnte man diskutieren – aber nicht mit Fest.
Denn abgesehen davon, dass Tages- und Festgeld-Anlagen (und um solche geht es in erster Linie bei Kaupthing), anders als Fest behauptet, grundsätzlich nicht als spekulativ gelten, hatte die Stiftung Warentest zwar bereits im Mai dieses Jahres speziell bei Kaupthing Edge eindringlich “zur Vorsicht” geraten (und auch “Welt”, “Frankfurter Neue Presse” und boerse.ard.de hatten etwas später deutlich auf die Risiken hingewiesen).
Die Zeitung jedoch, für die Fest arbeitet, war damals weniger hilfreich: Noch Mitte September dieses Jahres hatte “Bild” unter der Überschrift “Wo lege ich mein Geld gut und sicher an?” die Angebote der Kaupthing Bank besonders hervorgehoben. Unter den “besten” Tages- und Festgeld-Angeboten belegte Kaupthing in einer “Bild”-Liste Platz eins und Platz zwei (wir berichteten).
Fragt sich also, warum der Bild.de-Kolumnist Nicolaus Fest – im Hauptberuf immerhin Mitglied der “Bild”-Chefredaktion – die damaligen “Bild”-Artikel, die “Spekulationsgeschäfte” (Fest) und Geldanlagen für “Zocker” (Fest) als “gut und sicher” (“Bild”) verkauften, nicht einfach verhindert hat.
Kurz korrigiert (486)
Von der “Bild”-Zeitung, die sich bekanntlich wie kaum ein anderes Medium regelmäßig an Geschichte und Gegenwart der RAF abarbeitet, sollte man doch eigentlich erwarten können, dass sie wenigstens die groben Eckdaten des Deutschen Herbstes kennt. Auch in ihrem Online-Angebot. Zumal gestern mit “Mogadischu” ein “bewegender Teil” dieser Geschichte “im TV gezeigt” wurde. Oder?
Ulrike Meinhof war zum Zeitpunkt der Entführung der Landshut schon seit fast anderthalb Jahren tot.
Mit Dank an R. B. und Philip M. für den sachdienlichen Hinweis.
Nachtrag, 21.50 Uhr. Bild.de hat Ulrike Meinhof aus dem Artikel entfernt, hält aber an der Schreibweise “Enslin” für Ensslin fest.
Nachtrag, 2.12.2008: Inzwischen weiß Bild.de auch wieder, wie man Gudrun Ensslin schreibt.
Was unterscheidet Stars von “Bild”-Artikeln?
Antwort: “Bild”-Artikeln sieht man ihr Alter nicht an.
“Bild”, 21. September 2005:
Mit Dank an Michael D.!
Nachhilfe für Franz Josef Wagner
“Ein schlechter Schüler”, sei er gewesen, und “nie bei der Sache”, schreibt “Bild”-Kolumnist Franz Josef Wagner heute anlässlich der PISA-Ergebnisse an die “lieben klugen Sachsenschüler”, und wer möchte das bezweifeln?
Herr Wagner, wir haben eine gute und eine schlechte Nachricht.
Die schlechte: Auch mit der gestrigen Kolumne wäre Ihre Versetzung wieder gefährdet. Bei aller Euphorie, in die Sie sich angesichts der vielen sächsischen Erfindungen schreiben — die erste Lokomotive der Welt wurde nicht 1839 in Sachsen gebaut, wie Sie behaupten, sondern schon 35 Jahre zuvor in Großbritannien. Und den ersten modernen Büstenhalter ließ 1889 Herminie Cadolle patentieren — nicht in Sachsen, sondern in Frankreich.
Die gute: Sie sind aus der Schule raus, Sie dürfen spicken! Lassen Sie sich erklären, was ein Nachschlagewerk ist, oder suchen Sie sich eine Zeitung, die noch einmal über die Texte drüberguckt, die Sie schreiben. Doch, das ist erlaubt, und es tut gar nicht weh.
PS: Ist nicht schlimm, dass Sie “Klugscheißer” hassen. Wir mögen Sie auch nicht.
Mit Dank an Peter K. und — für den Nachtrag mit dem BH — Daniel, JMM, Yannick S. und Pawel S.!
Das Eier-Babel von Mönchengladbach
Haben die “Bild”-Redakteure etwa am Wochenende ein kühles Corona zu viel getrunken?
Nee, im Ernst: Über die Englisch-Kenntnisse bei “Bild” wissen wir hinlänglich Bescheid.
Über die Spanisch-Kenntnisse des im französisch-sprachigen Côte d’Ivoire geborenen und in Frankreich aufgewachsenen Fußballspielers Steve Gohouri hingegen wissen wir nichts. Doch mal abgesehen von der Frage, warum ein französisch-sprachiger Fußballer (Gohouri) einen portugiesisch-sprachigen Fußballer (Lucio) nach dessen mutmaßlicher Schwalbe ausgerechnet auf Spanisch beleidigen wollen sollte (siehe Ausriss):
Vulgärspanische Hoden heißen anders.
Mit Dank an Christian H., Linus K., Oliver M., Stefan H. & José-Antonio G.