Archiv für Vermischtes

“Bild” mit überhöhter Geschwindigkeit erwischt

"Mann rast mit 240 km/h bei Frost über A23"

Eine seltsame Überschrift für eine kurze Nachricht über einen Autofahrer, der laut Polizeimeldung “mit einer vorwerfbaren Geschwindigkeit von 168 km/h” geblitzt wurde, finden Sie nicht? Zumal die Polizeimeldung selbst den Titel trägt:

"Mit 168 km/h unterwegs- Punkte in Flensburg und Fahrverbot"

Und wer “raste bei Frost mit 240 km/h über die A23”?! Auch das steht in der Polizeimeldung: der Fahrer der zivilen Videostreife nämlich, der “beim Aufholen zum Audi (…) teilweise 240 km/h gefahren” sei.

Und nun zum Vergleich noch ein paar Überschriften anderer Medien: “Polizei holt Raser mit 240 km/h ein” (“Hamburger Abendblatt”), “Polizei stoppt Raser auf A 23 nur mit Mühe” (NDR.de), “A 23: Raser konnte nur mit Mühe gestoppt werden” (Krabbenpost.de), “A23: Raser war 68 km/h zu schnell” (HL-Live.de).

Mit Dank an Sascha S. für den Hinweis und seinen Vater für den Scan.

Ein Kreuz mit dem Hakenkreuz

Wie die “Bild”-Redaktion ihre “Leser-Reporter” so bei Laune hält, ist natürlich ihre Sache. Und im Grunde kann man ja schon froh sein, wenn sie es nicht mehr ganz so vehement auf Promi-Busen, Großbrände oder Unfälle abgesehen hat — sondern auf Keksdosen, Christbaumschmuck oder, wie heute, auf Hakenkreuze.

"Warum verbietet niemand diese Hakenkreuze?"Aber bitte, liebe “Bild”-Redaktion, wenn ihr schon die Frage stellt, “Warum verbietet niemand diese Hakenkreuze?” (siehe Ausriss), warum beantwortet ihr sie dann nicht so, dass der Leser noch was dabei lernt? Die Erklärung des in “Bild” zitierten Oberstaatsanwalts weist doch schon in die richtige Richtung:

“Das Hakenkreuz wird nur dann strafrechtlich verfolgt, wenn es mit einem rechtsradikalen Symbolgehalt in Verbindung steht.”

Aber dass die Nazis das Hakenkreuz keineswegs erfunden haben, steht nicht in “Bild”. Auch nicht, dass es sich als religiöses Symbol beinahe weltweit in den unterschiedlichsten Kulturen findet. In China, Griechenland, bei den Kelten, den Germanen und nordamerikanischen Indianern. “Bild” schreibt nicht, dass das Hakenkreuz häufig das Sonnenrad symbolisierte oder für das Leben schlechthin stand. Ebensowenig, dass die “Svastika” in Teilen der altindischen Mythologie als Symbol des vollkommenen Lebens galt und die vier Arme, ausgehend vom Lebenszentrum, die Möglichkeiten menschlicher Entwicklung symbolisierten*.

Wenn ihr also, liebe “Bild”-Redaktion, nur ein kleines Bisschen über die Vorgeschichte des Hakenkreuzes erzählt hättet, würden die Leser vielleicht auch verstehen, wieso ein Teppich-Importeur aus “Versehen” einen indischen Läufer mit Hakenkreuzen importieren konnte.

Mit Dank an Christian K., Carsten Z., Linda E., Michael S., Thomas M. und Takuro K. für den Hinweis.

*) Alle Informationen stammen von der Seite Shoa.de, einer gemeinnützigen Initiative, die sich der “wissenschaftlich-didaktischen Auseinandersetzung mit den Themen Drittes Reich, Antisemitismus und Holocaust sowie ihren Nachwirkungen bis in die Gegenwart widmet.”

Mehr dazu hier.

Die Welt ist eine Killerkeksdose

“Bild” hat in den vergangenen Tagen in Keksdosen, an Christbäumen und auf Filmplakaten potentielle geheime Botschaften der Terroristen entdeckt, die den Anschlag auf das World Trade Center verübt haben. Wir können mit freundlicher Unterstützung unserer Leser eine kleine Auswahl dessen zeigen, was “Bild” sonst noch fälschlicherweise für solche geheimen Botschaften halten müsste.

Wir haben (genau wie “Bild”) die Echtheit der Objekte nicht überprüft.

Post vom Presserat (2)

In der “Bild”-Zeitung vom 7. August 2006 hieß es in der redaktionellen Rubrik “Blieswoods Lebensregeln” zum Thema “Sagen Sie ja!”:

Ja zum Gefühl Fußball! Ist Ihr Herz noch rund von der WM? Zeit, dass sich die Bundesliga dreht (nur noch 4-mal aufwachen!). Schenken Sie sich ein TV-Abo von “Arena”! Noch nie war Fußball so billig (14,90 Euro/Monat). Schwarz-Rot-Geil: Wir machen weiter! Olé, Olé, Olé!

Wir hielten das schon damals für Schleichwerbung — einen Verstoß gegen Ziffer 7 des Pressekodexes also, wonach Verleger und Redakteure “auf eine klare Trennung zwischen redaktionellem Text und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken achten” — und beschwerten uns deshalb beim Presserat (Originaldokument rechts).

Heute nun teilte uns der Presserat mit, dass er unsere Ansicht teilt:

Der Beschwerdeausschuss hält den Verstoß gegen Ziffer 7 des Pressekodexes für so schwerwiegend, dass er (…) die Maßnahme der Missbilligung wählt.

Soweit das. (Eine “Missbilligung” ist für die Zeitung leider folgenlos).

Interessanter an der “Entscheidung des Beschwerdeausschusses 1 in der Beschwerdesache BK1-217/06” (Originaldokument rechts) ist, wie “Bild” beim Presserat auf unsere Beschwerde reagierte. Statt sich inhaltlich mit dem Schleichwerbevorwurf auseinanderzusetzten, beantragte die Rechtsabteilung der Axel Springer AG unsere Beschwerde “wegen offensichtlichen Missbrauchs nicht zu behandeln und zurückzuweisen”, weil BILDblog damit “journalistische Berichterstattung manipuliere”:

Man inszeniere die Wirklichkeit, die man zum Gegenstand der journalistischen Berichterstattung mache, und verstoße damit gegen journalistische Grundsätze wie Wahrhaftigkeit und Glaubwürdigkeit. (…) Eine ernsthafte Absicht, mit den Beschwerden Antworten auf offene Fragen der Berufsethik zu erhalten, die der Klärung bedürften, liege nicht vor.

Dergleichen ist für uns nichts Neues — zumal sich der Presserat auch dieses Mal wieder nicht der Springer-Auffassung anschließen wollte. Nur der Springer-Vorwurf, dass wir “den Presserat mit einer Flut von kommerziell, also sachfremd, motivierten Beschwerden anriefen”, irritiert uns nachhaltig: In den zweieinhalb Jahren BILDblog waren es ungefähr acht.

Themawechsel: Wir suchen übrigens noch Leute, die sich bei Bedarf beim Presserat über “Bild” beschweren.

Killerkeksdosen gesucht!

Zum dritten Mal präsentiert “Bild” heute ein Ding, das Flugzeuge über dem World Trade Center zeigt, und in dem die Zeitung deshalb eine mögliche “versteckte frühe Botschaft” der Attentäter des 11. September 2001 vermutet. Diesmal ist es ein Filmplakat (Ausriss rechts), das für einen 1995 entstandenen Film wirbt.

Wir wissen nicht, ob “Bild” es ernst damit ist, hinter all diesen Aufnahmen Terroristen zu vermuten. Oder ob “Bild” die Anschläge, bei denen fast 3000 Menschen ums Leben gekommen sind, einfach für eine lustige Witze-Serie nutzt.

In jedem Fall finden wir, dass die Aufnahmen bei uns besser aufgehoben wären. Weil wir aus ihnen keine Verschwörungstheorien ableiten und uns mit ihnen nicht über den 11. September, sondern über “Bild” lustig machen würden.

Deshalb fragen wir: Wer hat Aufnahmen von Keksdosen, Christbaumschmuck, Filmplakaten oder sonstigen Gegenständen, auf denen Flugzeuge in der Nähe des World Trade Centers zu sehen sind, die ebenfalls nichts mit den Attentaten zu tun haben? Schickt sie uns an [email protected], damit wir sie zeigen können und sie so hoffentlich davor bewahren, von “Bild” “unheimlich” gefunden und mit terroristischen Anschlägen in Verbindung gebracht zu werden. 500 Euro zahlen wir dafür natürlich nicht.

Zur Inspiration zeigen wir die Entdeckung von BILDblog-Leser Werner V. Im “Spiegel” vom 11.05.1981 fand er eine ganzseitige Anzeige, die mit der Ansicht des World Trade Center für einen Flug “mit einem schönen, großen Jetliner von Boeing” wirbt. Der letzte Satz der Anzeige lautet:

Bevor sich Ihre Träume eines Tages in Nichts auflösen.

Post vom Presserat (1)

Wenn Sie in der Zeitung lesen, dass die Polizei “ohne Vorwarnung ein Tempo-80-Schild” aufgestellt und dann mit einer Radarfalle “ohne jede Schonfrist” Autofahrer “abkassiert” hat — was glauben Sie, ist passiert?

(a) Die Polizei hat eine neue Geschwindigkeitsbegrenzung erlassen, sofort eine Radarfalle aufgestellt und alle Autofahrer zur Kasse gebeten, die schneller waren als das neue Tempolimit.

(b) Die Polizei hat eine neue Geschwindigkeitsbegrenzung erlassen, nach einer Schonfrist von vier Wochen eine Radarfalle aufgestellt und nur die Autofahrer zur Kasse gebeten, die schneller waren als das vorher schon herrschende Tempolimit.

Nach Ansicht des Deutschen Presserates sind beide Interpretationen möglich. Er wies eine Beschwerde von uns gegen einen “Bild”-Artikel zurück, der den Sachverhalt (b) (Schonfrist, Vorwarnung) mit den eingangs geschilderten Worten (“ohne Schonfrist”, “ohne jede Vorwarnung”) kommentierte. Die Rechtsabteilung von Axel Springer hatte dem Presserat mitgeteilt,

dass man für den Kommentar Meinungsäußerungsfreiheit in Anspruch nehme, vor allem das Recht, ein Thema zu überspitzen und plakativ zu überzeichnen.

Mit sieben Ja-Stimmen bei einer Enthaltung gab der Beschwerdeausschuss “Bild” Recht (Originaldokument rechts):

[Die Aussagen des Kommentars] behaupten keine falschen Tatsachen im Sinne der Ziffer 2 des Pressekodex.

Saddam-Video, Director’s Cut

“Spiegel Online” hat gestern in einem Artikel versucht, die letzten Minuten im Leben von Saddam Hussein zu dokumentieren. Als Grundlage dient das inzwischen berüchtigte Video von seiner Hinrichtung, das offenbar mit einem Mobiltelefon aufgenommen wurde und nach übereinstimmenden Berichten gut zweieinhalb Minuten lang ist. Allerdings fügt der Autor hinzu:

Die “Bild”-Zeitung berichtete, es gebe auch ein zehn Minuten langes Video.

Liegen der “Bild”-Zeitung also weitgehend unbekannte, viel längere Aufnahmen von der Hinrichtung Saddam Husseins vor? Immerhin hatte sie ihren Aufmacher über das “neue Schock-Video” am Dienstag auf Seite 1 mit folgenden Worten begonnen:

ES IST BARBARISCH! Saddams (+ 69) Tod am Galgen — einer der Henker hat ihn heimlich mit dem Handy gefilmt! Grauenvolle 10 Minuten! Das Video zeigt, wie ihn seine Henker beschimpfen, wie Saddam zurückpöbelt und am Strick stirbt.

Der Inhalt des Zehn-Minuten-Videos, wie ihn die “Bild”-Zeitung wiedergibt, scheint jedoch nicht wesentlich über das hinauszugehen, was auch auf dem Zweieinhalb-Minuten-Video zu sehen ist. Vielleicht gibt es also gar keine längere Version. Vielleicht hat “Spiegel Online” den Fehler gemacht, “Bild” beim Wort zu nehmen. Vielleicht hat sich “Bild” einfach vertan.

Das ließe sich natürlich leicht aufklären. Und deshalb haben wir bei “Bild” nachgefragt, ob der Zeitung “exklusiv eine andere Fassung des Videos vorliegt”, es also “weitere, bisher nicht bekannte Szenen von der Hinrichtung Saddam Husseins” gibt.

Ein “Bild”-Sprecher teilte uns daraufhin mit, dass “das Handyvideo, auf dem die Hinrichtung vollständig zu sehen ist, auf Bild.-T.Online definitiv weder gezeigt noch verlinkt” werden wird — eine Information, nach der wir gar nicht gefragt hatten. Er fügte hinzu:

“Darüber hinaus gibt es von unserer Seite aus dazu nichts Weiteres zu sagen.”

Schade.

Die Rückkehr der Killerkeksdose

Ist diesen Terroristen denn gar nichts heilig?

Erst vergangene Woche deckte “Bild” den Fall einer “unheimlichen Keksdose” aus dem Jahr 1999 auf, die neben dem World Trade Center (WTC) ein Flugzeug zeigt — was “Bild” vermuten ließ, dass sich die Terroristen des 11. September 2001 auf diesem Weg “geheime Botschaften” mitteilten (wir berichteten).

Nun ist “schon wieder so ein unheimlicher Fund” aufgetaucht — und diesmal ist es keine Keksdose, sondern ein Anhänger für den Christbaum! Eine “Bild”-Leser-Reporterin hat ihn 2000 “ausgerechnet auf der Aussichtsplattform des WTC” gekauft! Und er zeigt: “Ein Flugzeug, das über den Türmen des World Trade Centers kreist”! Angeboten als Weihnachtsbaum-Schmuck! “Bild” zahlt ihr dankbar 500 Euro und fragt:

Terror-Botschaft im Christbaum-Schmuck

Dann wäre das Ding allerdings eine Sensation. Wir lesen aus der Darstellung (Ausriss links) nämlich die versteckte Terroristen-Botschaft: Vergesst den Keksdosen-Plan, wir greifen die Freiheitsstatue an!

Vielen Dank an Frank B.!

Es muss nicht immer Frischfleisch sein

Wir schreiben den 3. Januar 2007, und die Tageszeitung “Bild” berichtet in ihrer heutigen Ausgabe über einen Steinadler, der “sich in Finnlands Süden über einen Fuchs hermachte” (siehe Ausriss).

Wörter wie “jetzt”, “jüngst”, “unlängst” oder “vorgestern” sucht man in der “Bild”-Meldung vergeblich. Zu Recht. Denn das Foto ist dort, wo “Bild” es jetzt her hat, auf den 22. Februar 2006 datiert.

ZWEITENS schreibt “Bild”:

“Der Adler hatte den Fuchs in seinen Krallen, als der sich noch einmal losriss und entkam. Doch der Raubvogel (…) stürzte sich wieder auf den Fuchs — und erlegte ihn.”

Auf den finnischen Originalfotos ist jedoch von einer zweiten, tödlichen Attacke nichts zu sehen. Stattdessen sieht man dort nicht nur Adler und Fuchs, sondern auch ein großes Stück Aas im Bildvordergrund, was die Vermutung nahelegt, dass es sich beim Fuchs nicht um “eine fette Beute” (“Bild”) handelt, sondern bloß um einen Rivalen — was dann natürlich bedeuten würde, dass “Bild” hier also nicht nur irgendein altes Foto betextet, sondern das alte Foto außerdem auch falsch betextet hätte…

Naja, vielleicht kennt ja der Fotograf die Antwort. Wir haben ihm jedenfalls einfach mal eine Mail geschickt und sind gespannt.

Die Korrektur des Jahres (nicht von “Bild”)

Die amerikanische Internetseite “Regret the Error”, die sich auf Berichtigungen in den Medien spezialisiert hat, wählt in ihrem Jahresrückblick immer die “Korrektur des Jahres”. Gewinner in diesem Jahr ist die britische Zeitung “The Sun” mit folgender Klarstellung und Entschuldigung:

Nach unserem Artikel über die Geburtstagsfeiern von Prinzessin Eugenie sind wir gebeten worden, darauf hinzuweisen, dass die Party die ganze Zeit von Erwachsenen beaufsichtigt wurde und dass zwar ein bisschen Unordnung am Ende des Abends weggeräumt wurde, es aber keine Schäden an Möbeln gab, keine Zecher in die Schlafzimmer hechteten, um betrunken miteinander rumzumachen, und es unkorrekt war, das Haus als verwüstet zu beschreiben.

Wir freuen uns, dies klarstellen zu können, und bedauern jedweden Kummer, den unser Bericht verursacht hat.

(Übersetzung von uns.)

Dabei war der ursprüngliche Artikel durchaus detailliert und farbenfroh und beschrieb, wie minderjährige Gäste besoffen ohnmächtig wurden, alles vollkotzten und Zigaretten auf den Möbel ausdrückten.

Schöne Korrektur in der “Sun” jedenfalls. Und warum steht das hier alles? Ach ja.

Blättern:  1 ... 57 58 59 ... 146