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Bart Simpson ist in Wahrheit eine Zeichentrickfigur

Okay, der Einfachheit halber hätte “Bild” heute natürlich auch wieder behaupten können, der Kinofilm “Die Simpsons” sei beliebter als der aktuelle “Harry Potter”-Film, weil “Die Simpsons” in den deutschen Cinemaxx-Kinos am vergangenen Wochenende mehr als 74.000 Zuschauer hatte und “Harry Potter” nur knapp 44.000. Aber das wäre dann ja bloß wieder genauso irreführend und falsch gewesen wie vor einer Woche (weil “Harry Potter” doch schon in der vierten Woche läuft, “Die Simpsons” aber erst in der zweiten — und “Harry Potter” es in der zweiten Woche immerhin noch auf 128.000 Zuschauer brachte).

Stattdessen hat sich “Bild” heute, eine Woche nach dem letzten großen “Simpsons”-Artikel, für eine andere “Simpsons”-Enthüllung entschieden, denn:

"Was kaum einer über den frechen Kino-Star wusste: Bart Simpson ist in Wahrheit eine Frau"

Und mal abgesehen davon, dass Bart Simpson aller Wahrscheinlichkeit nach in Wahrheit keine Frau ist, sondern sowohl im US-amerikanischen Original als auch in der deutschen Synchronfassung bloß von einer Frau gesprochen wird, hält sich der Neuigkeitswert dieser Information, nun ja, in Grenzen. Schließlich ist das sowohl in den USA als auch hierzulande seit der ersten Folge so.*

Und bekannt ist es auch. Dass die Schauspielerin Sandra Schwittau Bart Simpson synchronisiert, stand — um nur eines von zahllosen Beispielen aus den vergangenen Jahren zu nennen — bereits 1999 in der “Rheinischen Post” (damals übrigens unter der Überschrift “Bart ist eine Frau” und illustriert mit demselben Schwittau-Foto, das auch “Bild” heute, fast acht Jahre später, druckt). Stern.de hatte Schwittau zusammen mit den anderen deutschen Simpsons-Stimmen 2003 interviewt und DWDL.de ohne die anderen im vergangenen Januar, auf “Spiegel Online” findet sich seit zwei Wochen ein Video, auf dem man sieht, wie Schwittau inzwischen aussieht — und in der “Bild am Sonntag” (und auf Bild.de) heißt es immerhin seit vorletztem Sonntag:

"Was ist das Besondere an Barts deutscher Synchronstimme? Der Junge (10 Jahre) wird von einer Frau gesprochen: Sandra Schwittau."

Gut möglich also, dass das, wie “Bild” heute schreibt, irgendwann mal wirklich “kaum einer (…) wusste”.

*) Anders als “Bild” behauptet, leiht Schwittau dem “Kino-Star” übrigens nicht “seit 18 Jahren” ihre Stimme, sondern seit dem deutschen Serienstart 1991.

Mit Dank an Gregor G. für die Anregung.

Kurz korrigiert (431-433)

Bereits am vergangenen Donnerstag schrieb Franz Josef Wagner an den deutschen in Afghanistan entführten Ingenieur. Und wie schon so oft, hat sich offenbar mal wieder niemand bei “Bild” die Mühe gemacht, Wagners Text auch nur oberflächlich zu prüfen. Denn während “Bild” den Mann in einem anderen Text korrekt Rudolf B. nennt, sieht die Überschrift (!) von Wagners Text so aus:

"Lieber Rüdiger B., Geisel am Hindukusch"
Eine andere (kürzlich getötete) Geisel hieß übrigens Rüdiger D.

Am vergangenen Freitag druckte “Bild” ein großes Foto, das angeblich die Opernregisseurin Katharina Wagner mit dem Sänger Endrik Wottrich zeigt:

"Katharina Wagner und Endrik Wottrich"

Tatsächlich ist auf dem Foto jedoch der Sänger Alexander Marco-Buhrmester zu sehen. Endrik Wottrich sieht anders aus.

Und in der heutigen “Bild” wird Nicolas Sarkozy einfach mal als “Frankreichs Premier” bezeichnet:

"Paddel-Boot statt Jacht: Frankreichs Premier hat dazugelernt!"

Dabei ist Sarkozy natürlich der französische Staatspräsident. Frankreichs Premier(minister) ist François Fillon.

Mit Dank an Gordon, Daniel L. und Matthias S. auch für den Scan.

Nachtrag, 7.8.2007: “Bild” berichtigt den “Premier” heute in ihrer Korrekturspalte.

Betr.: Wiederholungsterror

Es ist wieder so weit! Wir schreiben den 3. August 2007 und auf Seite 4 der “Bild” heißt es:

"Gebühren-Skandal: 865 Minuten Wiederholungen am Wochenende"

Wie gut, dass die Meteorologen fürs Wochenende besseres Wetter vorausgesagt haben! Denn im Fernsehen erwartet uns nur Langeweile…

Die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF präsentieren den TV-Zuschauern von heute bis Sonntag in der Hauptsendezeit geschlagene 865 Minuten Wiederholungen!

Im Klartext: Mehr als 14 Stunden Gähn-TV! (…)

Und wir nutzen erneut die Gelegenheit für einen Blick ins “Bild”- und “BamS”-Archiv der vergangenen zehn Jahre:

1997:

Fernsehen fällt drei Monate in Sommerschlaf

Nur noch Wiederholungen — Frechheit! Noch 21 Tage bis zum Sommeranfang! Doch das Fernsehen geht schon jetzt in Urlaub, fällt in einen dreimonatigen Tiefschlaf. Sommerzeit, Wiederholungszeit! Der Blick ins TV-Programm wird zum Ärgernis. Wohin man auch zappt — fast alles schon gesehen. (…)
(“Bild am Sonntag” vom 1.6.1997)

1999:

Das Fernsehen fällt in den Sommerschlaf

Ab Juni fast nur noch Wiederholungen. (…) Das Fernsehen macht Sommerpause, fällt vom Juni an für über drei Monate in den Tiefschlaf. Der Blick ins sogenannte Programm — ein Dauerärgernis. (…) Gähn-TV in den schönsten Monaten des Jahres. (…)
(“Bild am Sonntag” vom 30.5.1999)

2000:

Der trostlose TV-Sommer — Noch nie sendete das Fernsehen so viele Wiederholungen wie in den kommenden Wochen

Auf die Gebührenzahler kommt ein trostloser TV-Sommer zu — noch nie griff das Fernsehen so tief in die Mottenkiste, wie es in den kommenden Wochen der Fall sein wird. (…) Gähn-TV! Sogar an den Talkshows und Comedy-Sendungen, die bei Gags und Gästen ja eigentlich von der Aktualität leben, geht der Sommerschlaf nicht vorbei. (…)
(“Bild am Sonntag” vom 2.7.2000)

2001:

Gähn-TV: Wofür zahlen wir im Sommer eigentlich Gebühren? (…) Politiker fordern weniger Gebühren wegen Gähn-TV
(“Bild am Sonntag” vom 28.7.2001)

Gähn-TV immer schlimmer: Das Sommer-Gähn-TV. Nur Wiederholungen, fast alle Show- und Talkmaster im Urlaub.
(“Bild am Sonntag” vom 3.8.2001)

2002:

Wiederholungsterror im Fernsehen — Politiker fordert: TV-Gebühren im Sommer halbieren!

Jeden Sommer der gleiche Ärger über Wiederholungen im TV.
(“Bild am Sonntag” vom 14.7.2002)

2003:

Zum Gähnen! Der TV-Sommer der Wiederwiederwiederholungen

TV-GÄHN! Egal, wohin man zappt — fast nur noch Wiederholungen. Gähnende TV-Langeweile. Bei dem Programm droht akute Einschlafgefahr! Falls Sie sich z. B. heute auf einen tollen Fernsehabend freuen, ein gutgemeinter Tipp: Verabreden Sie sich lieber zu einer Grillparty. Denn im TV verpassen Sie nichts! (…) Wofür zahlen wir eigentlich noch TV-Gebühren!
(“Bild” vom 16.7.2003)

2004:

Schlimmste Fernseh-Woche… Wiederholung, Wiederholung, Wiederholung…
(“Bild” vom 23.6.2004)

Weniger Gebühren für Gähn-TV im Sommer
(“Bild” vom 8.7.2004)

2005:

Das ist der Gipfel aller TV-Unverschämtheiten!

Dieses Wochenende über 44 Stunden Wiederholungen Und dafür zahlen wir auch noch TV-Gebühren! Erst im April wurden die Gebühren fürs öffentlich-rechtliche Fernsehen um 88 Cent auf monatlich 17,03 Euro erhöht. Und jetzt bekommen wir von ARD und ZDF trotzdem einen TV-Sommer voller Wiederholungen. Allein an diesem Wochenende bringen es die beiden Anstalten fertig, an drei Tagen 2669 Minuten aus dem Altfilm-Lager zu füllen. Das sind 44 Stunden und 29 Minuten!
(“Bild” vom 30.7.2005)

Immerhin: Es gibt Unterschiede. Viele Jahre lang schimpften “Bild” und “BamS” auch über Pro7, Sat.1 und RTL, errechneten ominöse Prozentanteile, ließen sich von unterschiedlichen Sendersprechern die Gründe (Urlaubszeit) erläutern usw. Vor zwei Jahren* hatte “Bild” zumindest noch das gesamte ARD- und ZDF-Programm “durchleuchtet” — statt, wie in diesem Jahr, nur irgendeine (nicht näher benannte) “Hauptsendezeit”. Wer, bitte schön, käme da auf die aberwitzige Idee, von “Wiederholungsterror” zu sprechen?

*) 2006 waren “Bild” und “BamS” offenbar zu “schwarz-rot-geil” für “Gähn-TV”. Ob (und wenn ja, warum) auch 1998 die Empörung ausblieb, wissen wir nicht.

Nachtrag in eigener Sache: Auch das BILDblog fällt bis Sonntag ins Sommerloch. Wir freuen uns trotzdem über Hinweise, wünschen bis dahin aber gute Unterhaltung.

“Bild” ruft die Polizei wegen Giulia Siegel… an

"Promille-Alarm! Polizei holt Giulia Siegel aus Bar"“Promille-Alarm! Polizei holt Giulia Siegel aus Bar” schrieb “Bild” gestern (siehe Ausriss). Siegel soll sich, wie der Betreiber der Bar “Bild” erzählt habe, “total daneben” benommen haben. Sie sei von der Bar als DJ engagiert worden und hätte einen anderen DJ angespuckt. Danach hätte sie sich, entgegen der Aufforderung des Betreibers, geweigert, die Bar zu verlassen. Kurz vor dem vereinbarten Ende ihres Auftritts, sei dann die Polizei gekommen und habe sie aus dem Lokal “geführt” (bei Bild.de, wo der Artikel inzwischen entfernt wurde, hieß es sogar “abgeführt”). “Bild” lässt Siegel die Vorwürfe bestreiten, druckt aber ein Foto, das belegt, dass die Polizei vor Ort war — und zitiert auch einen Polizeisprecher:

“Wir wurden gerufen, weil ein Randalierer die Bar nicht verlassen wollte. Wir haben die Dame dann hinausbegleitet.”

Der Betreiber der Bar bestätigt uns im Wesentlichen die “Bild”-Geschichte.

Giulia Siegel hingegen bestätigt uns zwar, dass sie von der Polizei gebeten worden sei, die Bar zu verlassen, bestreitet aber den Rest. In einer Stellungnahme auf ihrer Internetseite schreibt sie:

Hi an alle, was heute in der Bild Zeitung steht ist erstunken und erlogen !!! Weder hatte ich getrunken, noch habe ich mich daneben benommen. Ich kenne diesen Club Besitzer nicht und wurde für diesen Abend von Virtualnights, einem Partyinternetforum gebucht. Der Veranstalter von Virtualnights hat den ganzen Abend neben mir gestanden und hat auch der Bildzeitung bestätigt (…), dass alles von diesem Club Besitzer erlogen ist, um Werbung für sich selber zu machen. (…)

Das Gespräch zwischen dem Veranstalter und der “Bild”-Zeitung sei von “Bild” mitgeschnitten worden. Bei Virtualnights bestätigt man uns Siegels Darstellung.

Soweit also die Betroffenen. Und wir waren nicht dabei.

Ein Polizeisprecher sagt uns allerdings:

“Wir wurden in der Tat wegen eines Randalierers, dessen Personalien aufgenommen wurden, in die Bar gerufen.

Im Rahmen dieses Einsatzes hat uns der Betreiber dann gebeten, eine Dame, bei der es sich offenbar um Frau Siegel handelte, hinauszubegleiten. Aus polizeilicher Sicht gab es für uns keinen Grund gegen diese Dame vorzugehen.”

Und so, wie die Äußerungen von Siegel, Virtualnights und Polizei der “Bild”-Version widersprechen, ist es plötzlich gar nicht mehr erstaunlich, dass sich in dem Artikel diverse Formulierungen finden, die ungewöhnlich sind für “Bild”:

Peinlich, peinlich — was sich Giulia Siegel (32) da geleistet haben soll… Die Tochter von Musikproduzent Ralph Siegel (61) wurde morgens um 4 Uhr angeblich betrunken von der Polizei aus einem Lokal geführt. (…) soll sie die Musik bis zum Anschlag aufgedreht haben. (…) Der Gastronom bat Giulia Siegel zu gehen. Doch die soll sich geweigert haben (…)
(Hervorhebungen von uns)

Mit Dank an J.W. für den sachdienlichen Hinweis.

Nachtrag, 3.8.2007: Bild.de veröffentlicht heute eine Gegendarstellung von Giulia Siegel, in der sie feststellt: “Ich bin nicht von der Polizei abgeführt worden. Ich war auch nicht betrunken.”

Dummer August

Man kennt das von billigen Pullovern: Erst entdeckt man, dass irgendwo ein kleiner Faden raushängt, aber wenn man dran zieht, ribbelt sich das Ding komplett auf.

In Deutschland haben sie schon alles abgeräumt (u. a. Platin, Bambi), jetzt wollen sie die USA erobern: die deutsche Popband Juli ("Die perfekte Welle") mit Sängerin Eva Briegel (Foto). Zusammen mit der US-Band "Dashboard Confessional" brachte Juli ihre 1. Single "Stolen" (Deutsch: gestohlen) in den Staaten raus – und kam von 0 auf Platz 44 in die US-Charts. BILD meint: Rock the USA!Ungefähr so verhält es sich auch mit der heutigen “Gewinner des Tages”-Kür durch “Bild”. Angeblich ist die Sängerin der deutschen Band Juli mit der amerikanischen Band Dashboard Confessional und der Single “Stolen” von 0 auf 44 in die US-Charts eingestiegen. Das lässt sich leicht durch einen Blick auf die US-Charts widerlegen. Aber Juli ist nicht nur nicht auf Platz 44 in die US-Charts eingestiegen, sondern gar nicht. Und sie ist nicht nur gar nicht in die US-Charts eingestiegen, sondern konnte gar nicht in die US-Charts einsteigen: Die Single mit Juli wurde, wie uns die Plattenfirma Universal bestätigt, nur in Deutschland veröffentlicht. Weshalb auch die Aussage, Juli wollten jetzt die USA erobern, und der “Bild”-Schlachtruf “Rock the USA”… also, sagen wir so: Es geht nicht um die US-Karriere von Juli, sondern die Deutschland-Karriere von Dashboard Confessional.

Und wie kommt “Bild” auf den Platz 44? Man weiß es nicht. In Deutschland ist die Single erst am Freitag erschienen, deshalb gibt es noch keine endgültige Chart-Platzierung. In den USA aber haben Dashboard Confessional “Stolen” schon vor Monaten (und ohne Juli!) herausgebracht. Die Single stieg im April auf Platz 65 in die US-Charts ein, erreichte aber als Spitzenposition, ta-daa: Platz 44.

Vielen Dank an Mumu M. für den sachdienlichen Hinweis!

Nachtrag, 2.8.2007: “Bild” behauptet heute, dass ihr “in der Rubrik ‘Gewinner’ ein Fehler unterlaufen” sei. So kann man das natürlich auch formulieren.

Die Simpsons noch unbeliebter als Harry Potter

Offenbar spielt “Bild” heute auf der letzten Seite ein lustiges Spiel: Für wie dumm kann man den Leser verkaufen? Oder, um es mit “Bild” zu sagen:

Die Überschrift ist… groß — die dazugehörige Meldung wenig spektakulär: “Die Simpsons – der Film” war nach dem Start am vergangenen Donnerstag der meistgesehene Film in den deutschen Kinos der Kinokette Cinemaxx.

Knapp 200 000 Zuschauer meldet Kino-Gigant “CinemaxX” allein am ersten Wochenende nach dem Filmstart am Donnerstag.

Harry Potter sahen dagegen knapp 80 000 Fans.

Der Vergleich ist so unsinnig wie falsch: “Harry Potter und der Orden des Phönix” läuft bereits in der dritten Woche — vor tatsächlich 80.000 Cinemaxx-Zuschauern. In der Vorwoche sahen ihn dort 128.000 und zum Filmstart immerhin 201.000. Und weil das z.Zt. die einzig vergleichbare Zahl zum “Simpsons”-Film ist, muss man sagen: “Die Simpsons” sahen laut Cinemaxx 194.000 Zuschauer — also 7000 weniger als “Harry Potter”.

Aber immerhin hat es “Bild” geschafft, dass wir die Simpsons und Harry Potter in ein und derselben Überschrift unterbringen konnten!

Mit Dank an Martin G. und Martin K. für den Hinweis.

Kurz korrigiert (442)

Manchmal ist das Leben aber auch unverschämt kompliziert. Die fünfte Frau des heute gestorbenen Regisseurs Ingmar Bergman hieß zwar Ingrid. Sie ist aber nicht identisch mit der Schauspielerin Ingrid Bergman, mit der Bergman den Film “Herbstsonate” gedreht hat, und deshalb auch nicht die Frau auf diesem Foto, das Bild.de zeigt:

Vielen Dank an Ilona R. und Katja M. für die Hinweise!

Nachtrag, 19.40 Uhr. Nun ist die Schauspielerin Ingrid Bergman auch bei Bild.de nicht mehr Ingmar Bergmans Frau.

“Bild” macht sich nützlich

Das ist doch mal eine gute Sache. Die “Bild”-Zeitung berichtet seit einigen Tagen groß über den “Mücken-Terror”, der von den zahlreichen, in diesem Jahr angeblich besonders stichfreudigen Mücken ausgehe, und als Service lieferte sie dazu am Samstag einen Anwendungsvorschlag in eigener Sache, den man auch als schlagendes Argument für die Vorteile des Printjournalismus sehen kann:

Wir können diesen Gebrauchshinweis nur unterstützen, würden von kreativen Weiterentwicklungen, zum Beispiel im Einsatz gegen unerwünschte “Bild”-Leser-Reporter, aber abraten.

Vielen Dank für die vielen Hinweise!

Du sollst dich nicht an den Simpsons vergehen

Vermutlich war es schwer genug, überhaupt einen “Freiwilligen” in der Bild.de-Redaktion zu finden, um die 100-teilige Klickparade mit den “lustigsten Simpsons-Sprüchen” zu befüllen. Dass sich dann kein zweiter auftreiben ließ, der Lust hatte, das ganze Zeugs noch zu kontrollieren, kann man fast verstehen.

Dabei hätte es ein flüchtiger Blick getan.

Auf den Teil 76 von 100 zum Beispiel:

Die erste Verbesserung berücksichtigt nicht rülpsen.

Hö?

Das soll wohl einer der Sätze sein, die Bart im Vorspann fast jeder Folge an die Tafel schreibt. Im Original lautet er: “The First Amendment does not cover burping”. Und nun ist die Synchronisation der “Simpsons” zwar berüchtigt für Übersetzungsfehler, aber so schlimm ist es dann doch nicht. Auf deutsch sagt Bart: “Der erste Zusatzparagraph zur Verfassung beinhaltet nicht rülpsen.” (Der erste Zusatz zur US-Verfassung garantiert die freie Meinungsäußerung.)

Der nächste Spruch bei Bild.de geht so:

Die ganze Arbeit und ohne spielen macht aus Bart einen trüben Jungen.

Das klingt, als hätte jemand, der weder der englischen noch der deutschen Sprache mächtig ist, den Originalsatz “All work and no play makes Bart a dull boy” durch eine dieser unzuverlässigen Übersetzungsmaschinen geschickt. Tatsächlich sagt Bart auf deutsch: “Nur arbeiten und nie spielen macht Bart stumpfsinnig.”

Das hier ist auch schön:

Das hinzufügen von "nur ein Kind" rechtfertigt es nicht, den Direktor zu beleidigen.

Versuchen Sie mal zu erraten, was damit gemeint sein könnte.

Na?

Also: “Nur ein Kind” ist die falsche Übersetzung von “just kidding”. Der Originalspruch lautete “Adding ‘just kidding’ doesn’t make it okay to insult the principal” (“Der Zusatz ‘war nur ein Scherz’ macht eine Beleidigung des Rektors nicht ungeschehen”).

So geht das dutzendfach. Nur mit viel Glück lässt sich der ursprüngliche Sinn manchmal wenigstens erahnen. Bild.de schreibt: “Nicht brennbar ist keine Aufforderung!”, dabei heißt der Spruch natürlich: “Die Aufschrift ‘nicht brennbar’ ist keine Herausforderung”. Laut Bild.de verspricht Bart: “Ich werde mich nicht hinter dem 5. Gebot verstecken.” Das 5. Gebot lautet “Du sollst nicht töten” und eignet sich nur sehr bedingt als Versteck. Im Original geht es um den 5. Zusatzartikel zur amerikanischen Verfassung, der die Rechte von Angeklagten garantiert, und auf deutsch sagt Bart: “Ich darf mich nicht hinter dem 5. Verfassungszusatz verstecken.”

Bild.de hat all diesen Unfug offenkundig gedankenlos von zweifelhaften Quellen abgeschrieben. Wie gedankenlos? So gedankenlos:

Ein Schwamm ist kein Empfähngnissverhütungsmittel.

Die fiesen Schreibfehler hat Bild.de nämlich schätzungsweise nicht selbst gemacht, sondern fröhlich kopiert.

Auch dass der Satz “Frauen sind wie Toiletten: entweder beschissen oder besetzt” aus den “Simpsons” stammen soll, erscheint doch sehr abwegig — ein Großteil der 100 “lustigsten Simpsons-Sprüche” von Bild.de ist in irgendeiner Form falsch. So falsch wie die Bild.de-Behauptung, dass die “Simpsons” inzwischen “als langlebigsten [sic] TV-Serie aller Zeiten” gelten. Das ist die Seifenoper “Guiding Light”, die seit 1952 im amerikanischen Fernsehen läuft.

In Deutschland hieß sie lustigerweise “Springfield-Story”.

Mit Dank an Steffen B.!

Den Finger in die Wunder gelegt

“Bild” meldet heute:

Irrste Zeitung der Welt (…) wird nach 28 Jahren eingestellt

Nein, nicht was Sie jetzt denken…! (“Bild” ist ja auch schon 55.)

“Bild” berichtet heute bloß darüber, dass das US-Magazin “Weekly World News” (in dem “alles garantiert erfunden” sei) eingestellt werde. Und zum vermeintlichen “Aus und vorbei”* druckt “Bild” heute “noch einmal die besten Schlagzeilen der ‘WWN'”, also beispielsweise:

“Russen klonen 600 Hitlers!” — “Hitler war ein Vampir – darum war er tagsüber so unentspannt” — “Staubsauger saugt Deutschem das Gehirn raus!” — “Deutscher Erfinder kann aus Katzen Benzin machen – für eine Tankfüllung reichen 20 Miezen” — “UFO-Sekte will jetzt Hitler klonen!” — “Wird süßer Knut jetzt totgespritzt?” — HALT! STOPP! Die letzten drei Beispiele stammen ja gar nicht aus den “WWN” und sind uns hier leider irgendwie dazwischengerutscht…

Aber wo wir gerade schon bei irren Schlagzeilen sind, am 8.1.1996 beispielsweise berichtete “Bild”:

Nach Blitzschlag — Mann friert nie mehr
Elektriker Harold Deal wurde vom Blitz getroffen. So heftig, daß das Kleingeld in seiner Hosentasche zu einem Klumpen verschmolz. Nebenwirkung: Seitdem friert der Amerikaner nicht mehr. Der Handwerker aus South Carolina kann selbst bei minus 20 Grad Celsius mit Shorts und T-Shirt ins Freie gehen.

Am 27.8.1999 hieß es:

Nach einem Blitzschlag: Frau steht unter Strom
(…) Kein Witz! Flaminia Cima (29) aus Cremona (Norditalien) wurde von einem Blitz getroffen und überlebte. Seitdem sprechen Ärzte von ihr als “medizinisch höchstseltenen Fall”. Denn der Blitzschlag hat die Frau elektromagnetisch dermaßen aufgeladen, dass es ihr unerträglich ist, mit anderen Elektro-Abstrahlern in Berührung zu kommen. Sie darf kein Fernsehen mehr gucken, Computer, Telefone, Küchengeräte, sogar das Radio, von allem muss sie die Finger lassen. Inzwischen ist der Strom abgestellt, sie hat Kerzen aufgestellt.

Und am 14.7.2005:

Beim Knutschen von Blitz getroffen
Stockholm – Magnus (20) und Elin (19) aus Göteborg (Schweden) lernten sich am Strand kennen, küßten sich. Als ein Unwetter aufzog, suchten sie unter dem Dach einer Hütte Zuflucht. Beim Knutschen wurden sie plötzlich von einem Blitz getroffen! Beide bekamen einen starken Stromschlag ab. Das Wunder der Liebe: Sie wurden kaum verletzt.

Womit wir immerhin wieder bei der heutigen “Bild” angelangt wären. Denn heute berichtet “Bild” mit zwei Wochen Verspätung auf der Titelseite unter der Überschrift “1. Papst-Wunder?” (siehe Ausriss), dass ein italienischer Polizist einen Blitzeinschlag offenbar unbeschadet überlebt hat.

Das Fragezeichen ist angebracht — nicht nur, weil im Pressekodex steht: “Unbestätigte Meldungen, Gerüchte und Vermutungen sind als solche erkennbar zu machen.” Und auch nicht, weil beispielsweise ilGiornale.it schrieb: “Es wird kein Wunder gewesen sein…”

Nein, um das erste Papst-Wunder kann es sich schon deshalb nicht handeln, weil “BILD-Vatikan-Sonder-Korrespondent” Andreas Englisch, der die heutige Meldung verfasste, schließlich schon am 28. August vergangenen Jahres Zeuge eines Papst-Wunders geworden war — des legendären “Wunders von Castel Gandolfo”!

*) Dass die “Weekly World News” offenbar nur ihre Print-Ausgabe einstellt, um ausschließlich im Internet weiterzuarbeiten, verschweigt “Bild” ebenso wie die Tatsache, dass “Bild” selbst in der Vergangenheit nicht davor zurückschreckte, unter Berufung auf “die US-Zeitschrift ‘Weekly World News'” deren Fake-Meldungen (“Castro trained killer sharks to attack U.S.”) mehr oder weniger distanzlos (“Schickt Castro Hai-Guevaras nach USA?”) weiterzuverbreiten…

Mit Dank an Max M. für die Anregung sowie Silke und Mandy fürs Italienisch.

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