Fast eine ganze Seite hat “Bild” heute freigeräumt, um für eine Kampagne des Deutschen Turnerbundes zu werben, die Eltern und Kindern verdeutlichen soll, wie wichtig Sport ist. Die Aktion sei dringend nötig, erklärt “Bild”:
Denn mittlerweile ist jedes sechste Kind in Deutschland zu dick! Mitte der 90er-Jahre war es nur jedes dritte.
Unbekannt ist, ob die “Bild”-Formulierung bereits den Auftakt für eine weitere Kampagne darstellt, die Eltern und Kindern verdeutlichen soll, wie wichtig Mathematik ist.
Danke an H. und Demian K.!
Nachtrag, 1. September: Bei Bild.de ist der ganze Absatz gestrichen worden.
Angefangen hat die “Bunte”. Sie berichtet in ihrer aktuellen Ausgabe, Xavier Naidoo habe sich “heimlich” von seiner Lebensgefährtin getrennt.
Warum diese Information für einen ganzseitigen Artikel taugt, wird nicht ganz klar, denn die “Bunte” selbst bemerkt, dass der Sänger von seiner Partnerin “bereits seit Längerem getrennt” sei. Das Magazin müsste sogar grob wissen, was “seit Längerem” bedeutet, denn es zitiert aus einem Interview, in dem sich Naidoo über die Trennung äußert. Es ist (was die “Bunte” verschweigt) vom November 2005. Der ORF gab damals die Meldung heraus: “Xavier Naidoo trennt sich von Freundin / ‘Ja, ich habe mich nach 11 Jahren von meiner Freundin Steffi getrennt'” — soviel zum Thema “heimlich”.
Eine irreführende, alte, groß aufgeblasene Meldung über das Privatleben eines Prominenten, der eigentlich nicht über sein Privatleben reden will? Das ist doch unser Spezialgebiet, mag man sich bei der “Bild”-Zeitung gedacht haben, legt heute nach und lenkt von der dicken Schicht Staub auf der Nachricht durch die hübsche Formulierung ab:
Jetzt wurde bekannt: …
“Bild” verkürzt (aus unbekannten Gründen) die frühere Beziehung von mindestens elf auf fünf Jahre und suggeriert (aus naheliegenden Gründen), dass die Trennung nicht lange her sein kann, denn:
Lange allein war Xavier Naidoo nicht — er hat schon eine neue Freundin!
“Schon” hier also im Sinne von “nach nicht einmal zwei Jahren”. (Die “Bunte” hatte “längst” geschrieben.)
Danke an Annabell, Nicole, Ollewa B., Adrian J., Sascha G. und Michaela B. für die sachdienlichen Hinweise!
Holla, wie viele Mitglieder hat denn heutzutage so eine Nationalmannschaft? Wie viele Fußballspieler, Trainer, Betreuer in diversen Mannschaften des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) müssen da mit dreistreifigen Trikots, Schuhen und Taschen ausgestattet werden, dass 3000 Adidas-Mitarbeitern davon ein Auskommen haben? Oder sind die 3000 Leute dafür zuständig, all die Fans zu versorgen, die sich Ausrüstungen im Stil der Deutschen Fußballnationalmannschaft, also auch ab 2011 weiterhin von Adidas kaufen werden? Aber wären das nicht im Zweifelsfall eher Arbeitsplätze in China oder Indonesien als in Deutschland?
Bekannt ist das Gerücht, dass jeder siebte Arbeitsplatz in Deutschland vom Auto abhängt. Kann es sein, dass jeder zehntausendste von der Ausrüstung der Deutschen Fußballnationalmannschaft abhängt?
Kaum. Denn “Adidas-Boss” Herber Hainer hat im “Bild”-Interview über den DFB-Vertrag bloß gesagt:
“Das steigert unsere Umsätze, unseren Börsenkurs und hilft dabei, unsere mehr als 3000 Arbeitsplätze in Deutschland zu sichern.”
Mehr Arbeitsplätze als die genannten 3000 hat Adidas in Deutschland gar nicht, und im Sinne des Unternehmens ist zu hoffen, dass sie nicht sämtlich davon abhängen, dass die Firma den DFB ausstattet.
Für “Bild” hat es trotzdem gereicht, Hainer den Titel “Gewinner” des Tages zu verleihen. Denn:
[…] der Millionenvertrag mit dem DFB sichert mehr als 3000 Arbeitsplätze in Deutschland.
Am Samstag war die Meldung noch vergleichsweise klein (siehe Ausriss): Im anstehenden “Tatort”, so “Bild”, gehe es unter anderem um ein Mädchen, für dessen Leukämie-Tod “die Strahlen der Sendemasten einer Mobilfunk-Firma (…) verantwortlich sein” sollten. Die “Bild”-Zeitung berichtete deshalb von einem “Wirbel um den ersten ‘Tatort’ nach der Sommerpause” — zitierte dann aber eigentlich doch nur den Mobilfunk-Lobbyisten Uwe Kullnick mit den Worten:
“Die Mobilfunk-Branche erleidet einen erheblichen Image-Schaden. Es ist unnötig, eine diffuse Angst vor Strahlen zu schüren. Keine Studie belegt, dass die Funk-Einheiten Leukämie oder andere tödliche Krankheiten verursachen!”
Was das Schüren der diffusen Angst vor Strahlen anbelangt, dürfte Kullnick auch mit der heutigen “Bild”-Schlagzeile (siehe Ausriss)nicht glücklich sein. Zu Wort kommt der Lobbyist heute gar nicht mehr, dafür aber Jiri Silny. Zur einer “Bild”-Frage nach der Schädlichkeit von Sendemasten heißt es nämlich:
Sie strahlen deutlich weniger als Handys. “Die meisten Menschen wissen nicht, dass die abgestrahlten Energien von Mobiltelefonen im Vergleich zu Sendemasten um den Faktor 1000 bis 10000 höher liegen”, sagt Professor Dr. Jiri Silny vom Universitätsklinikum der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen. “Das Telefonieren mit dem Handy birgt somit ein größeres potenzielles Gesundheitsrisiko als ein Sendemast in der Nachbarschaft.” (…)
Roman Wienert, ein Kollege Silnys am Aachener Forschungszentrum für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit, hält das Zitat im “Bild”-Kontext für irreführend: “Gemeint ist die Strahlung, die beim Nutzer ankommt.” Die Sendeleistung einer Basisstation betrage maximal 20 Watt. “Dass die Sendeleistung eines Handys höher ist,” so Wienert auf Nachfrage von uns, “stimmt natürlich nicht.”
Wienert hält es zudem für unwahrscheinlich, dass “Bild” mit seinem Kollegen gesprochen hat. Schließlich sei Silny gerade im Urlaub. Und überraschenderweise finden sich die Silny-Zitate aus der heutigen “Bild” nahezu wortgleich (und genau so irreführend) in einem Artikel der “Berliner Zeitung” vom 14. Mai 2003. Genauer gesagt, hieß es da vor vier Jahren:
“Viele Menschen wissen nicht, dass die abgestrahlten Energien von Mobiltelefonen im Vergleich zu den Sendemasten um den Faktor 1 000 bis 10 000 höher liegen”, sagte Jiri Silny vom Forschungszentrum für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit des Universitätsklinikums der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen am Montag auf dem Deutschen Ärztekongress in Berlin. “Das Telefonieren mit dem Handy birgt somit ein größeres potenzielles Gesundheitsrisiko als ein Sendemast in der Nachbarschaft.” (…)
“Bild” schreibt heute:
“Millionen fragen sich jetzt: Wie gefährlich sind Handys und Sendemasten wirklich? BILD beantwortet die wichtigsten Fragen.”
Da wäre es natürlich schön gewesen, wenn “Bild” zur Beantwortung tatsächlich recherchiert und nicht einfach irgendwo irgendwas ungeprüft abgeschrieben hätte.
Mit Dank an die vielen Hinweisgeber für die Anregung.
Mit viel nackter Haut und 30 knappen Zeilen Text widmet sich die “Bild am Sonntag” heute (auch online) der gestrigen Loveparade in Essen. (Voll) dagewesen ist die “BamS” aber offensichtlich nicht. Man kenntdas ja. Und so heißt es heute in der “BamS”:
Höhepunkt des 2,5-Kilometer-Rundkurses war das Abschlussfest auf dem Berliner Platz, wo Techno-Größen wie ATB, Moby und Westbam auf einer 23 Meter hohen Bühne auftraten.
Dass bei der Loveparade “Techno-Größen wie ATB, Moby und Westbam” auftraten, ist zwar grundsätzlich richtig. Tatsächlich aber musste die Abschlussparty, wie z.B. die Nachrichtenagentur dpa berichtet, “ohne ihren Top-Star Moby (…) auskommen”. Er hatte in Newark sein Flugzeug verpasst.
Mit Dank an Björn K., Sandra, Stephan S. und Marvin S. für den Hinweis
Nachdem der umstrittene Musiker Bushido vorhin einen nichtminderumstrittenen Konzertauftritt u.a. mit derben Worten (“Lest Ihr ‘B.Z.’? Lest Ihr ‘Bild’? Ich nicht! (…) Ich scheiß’ auf die ‘B.Z.’, ich scheiß’ auf die ‘Bild’!”) absolviert und damit auch eine Frage aus der heutigen “Bild”-Zeitung (siehe Ausriss) beantwortet hat, vielleicht noch kurz Folgendes:
Vor knapp zwei Wochen, als “Bild” berichtete, dass Bushido mit einer jungen Frau zu Mittag gegessen hatte, stand am Artikelende:
Und Bushido? Der wollte sich auf BILD-Anfrage nicht dazu äußern.
Einen Tag später, als “Bild” berichtete, dass die junge Frau schwanger von Bushido sei, stand am Artikelende über ihn:
Auf BILD-Anfrage motzte er nur Skandal-Rapper-mäßig: “Schreibt doch, was ihr wollt!”
Und als “Bild” gestern berichtete, dass ein Fotograf behauptet, Bushido habe ihn tätlich angegriffen, hieß es:
Bushido knapp zu BILD: “Ich gebe dazu keinen Kommentar ab.”
Heute allerdings — mitten in ihrem inzwischen überholten Rätselraten um Bushidos Auftritt — hat sich die “Bild”-Zeitung etwas anderes ausgedacht. Mit einer Stellungnahme, einem aussagekräftigen oder überhaupt irgendeinem Bushido-O-Ton konnte das Blatt zwar auch wieder nicht aufwarten. Aber dafür heißt es:
Im BILD-Gespräch ließ es der Rapper gestern offen, ob er heute (…) auftreten will! (Hervorhebung von uns.)
Gespräch? Der Volksmund sagt dazu wohl eher Monolog.
Wenn “Bild” schon die Gelegenheit bekam, aus den neuen Regeln der RTL-Show “Wer wird Millionär?” noch schnell eine riesige Titelschlagzeile für den heutigen Samstag zu machen, bevor die neuen Regeln am Samstagmorgen auch offiziell vom Sender RTL bekanntgegeben wurden, dann wäre es doch schön gewesen, wenn “alle spannenden Details”, die “RTL vor dem Sendestart nicht verraten” wollte, aber “BILD enthüllt”, auch wenigstens stimmen würden.
Doch “Bild” behauptet über den neuen “‘Risiko’-Joker”:
Jauch stellt die Frage ans Publikum im Studio. Wer die richtige Antwort kennt, steht auf. Von diesen Personen wählt der Kandidat einen. Vertrackt, denn diese Antwort MUSS genommen werden. Will der Kandidat das nicht, scheidet er aus.
Der Kandidat kann sich nun einen Zuschauer aussuchen, dem er die richtige Antwort zutraut. Der Moderator fragt den Zuschauer nach seiner Antwort. Jetzt kann sich der Kandidat entscheiden, ob er die Antwort annimmt oder nicht.
Und eine RTL-Sprecherin präzisierte auf unsere Nachfrage hin: “Wenn sich der Kandidat gegen die Antwort des Zuschauers entscheidet, scheidet er nicht aus. Insofern ist das, was über den neuen Zusatzjoker in ‘Bild’ steht, falsch.”
Mit Dank an Dennis S. für den Hinweis — und an Torsten W., weil er die neuen Regeln schon spätestens um 9.34 Uhr bei RTL.de entdeckt hat.
Nachtrag, 17.09 Uhr: Und nachdem die Nachrichtenagenturen ddp (seit heute Vormittag) und AP (seit heute Nachmittag) die neuen Regeln lieber unter Berufung auf “Bild” weiterverbreiten, statt selbst mal bei RTL nachzufragen oder auf RTL.de nachzuschauen, steht die falsche Regel inzwischen beispielsweise auch bei “Spiegel Online”.
Nachtrag, 18.20 Uhr: Auf Bild.de, wo man die “Bild”-Enthüllung zunächst im Wortlaut übernommen hatte, wurde der Fehler inzwischen korrigiert. Dort heißt es nun: “Jauch stellt die Frage ans Publikum im Studio. Wer die richtige Antwort kennt, steht auf. Von diesen Personen wählt der Kandidat einen, dem er die richtige Antwort zutraut. Jauch fragt den Zuschauer nach seiner Antwort. Jetzt kann sich der Kandidat entscheiden, ob er die Antwort annimmt oder nicht.”
Auch “Spiegel Online” hat nachgebessert und schreibt jetzt: “Der Kandidat wählt dann einen der Zuschauer aus, der ihm bei der Beantwortung der Frage helfen darf.”
Nachtrag, 27.8.2007: “Bild” berichtigt den Fehler heute in der Korrekturspalte. Und AP hat die vorschnelle Übernahme des “Bild”-Fehlers gestern in einer zweiten Zusammenfassung (mit dem Zusatz: “neu: RTL, stellt Vorgehen bei Risiko-Joker klar”) unter Verweis auf die “RTL-Homepage” verschleiert korrigiert.
“Bild” vermeldet heute überregional eine Neuigkeit*:
Neu im Supermarkt!
Bezahlen mit Fingerabdruck
Bargeldlos bezahlen ohne Kredit- oder EC-Karte? Ein Edeka-Markt in Bocholt (NRW) macht das jetzt möglich! Der Fingerabdruck genügt …
Is’ ja ‘n Ding — vor allem, wenn man bedenkt, dass “Bild” bereits am 12. März 2005, also vor ungefähr zweieinhalb Jahren, auf der Titelseite Folgendes zu berichten wusste:
Im Edeka-Markt in Rülzheim (Rheinland-Pfalz) können Kunden jetzt in einer Testphase per Fingerabdruck bezahlen.
Und die “Süddeutsche Zeitung” [pdf] berichtete bereits im vergangenen Januar — wenngleich eher so nebenbei:
In Straubing, Ingolstadt, Saaldorf und Bergen kann man bei Edeka per Fingerabdruck bezahlen.
Noch eindrucksvoller aber wirkt das heutige “Ein Edeka-Markt (…) macht das jetzt möglich!” der “Bild”-Zeitung nach einem Blick auf die Website des Fingerabdruckscannerfabrikanten, wonach biometrisches Bezahlen u.a. beim Edeka in Albbruck, Altdorf, Armorbach, Aulendorf, Baden-Baden Lichtental, Dahn, Dogern, Dossenheim, Dunningen, Eisingen, Erbach, Filderstadt/Bonlanden, Freiburg, Fürth, Großen-Buseck, Großsachsenheim, Görwihl, Hauenstein, Heubach, Iggingen-Brainkofen, Kirchzarten, Kleinglattbach, Konstanz, Neresheim, Neu-Anspach, Newel-Butzweiler, Oberkirch/Zusenhofen, Ötisheim, Pirmasens-Ruhbank, Pliezhausen, Rastatt, Reichenbach, Rimbach, Rottweil, Rudersberg, Römerberg, Salmtal-Salmrohr, Schömberg, Staufen, Steinbach, Stutensee-Büchig, Trier-Ehrang, Trierweiler, Villingen-Schwenningen, Waldshut-Tiengen, Weilheim Teck, Weissach i.T., Weissenbach und Wiesbaden möglich ist — weshalb es auch auf der Edeka-Website heißt:
Im ganzen Einzugsgebiet der EDEKA Südwest kann man bereits in 50 Märkten per Fingerabdruck bezahlen. “Das ist ein richtiger Boom”, so Fitterer [ein Filialleiter].
Immerhin: Edeka hat bundesweit 8.581 Filialen (Stand 2006 [pdf]). Sollte sich der Fingerabdruck-“Boom” fortsetzen, ist bei “Bild” also mit weiteren 8.579 “Neu im Supermarkt”-Meldungen zu rechnen.
Mit Dank an Nahne J. für Hinweis und Scan!
*) Die eigentliche Neuigkeit besteht offenbar darin, dass der Edeka-Laden in Biemenhorst bei Bocholt als erster Lebensmittelmarkt in Nordrhein-Westfalen das Bezahlen per Fingerabdruck eingeführt hat. Die Lokalpresse berichtete darüber bereits vor zehn Tagen. Soviel dazu.