Archiv für Vermischtes

Alter Wodka in neuen Schläuchen

Dass “Bild” gestern (wie berichtet) ein Zechgelage des britischen Prinzen Harry zu einer Titelschlagzeile machte, unkundig betextete, als “exklusiv” ausgab und darauf hinwies, dass “alle Skandal-Fotos von Prinz Harry” auf Bild.de zu sehen seien, war “Bild” offenbar nicht genug.

Denn heute berichtet “Bild” einfach noch einmal.

Alles eine Frage der Präsentation
 
Wer hätte gedacht, dass diese beiden Artikel über ein und dieselbe Begebenheit berichten?
 

“Bild” zeigt ein paar Fotos, die seit gestern bereits auf Bild.de zu sehen sind und auf die “Bild” gestern bereits hingewiesen hatte (“Weitere Szenen, auf Video aufgenommen, zeigen Harry in Namibia auf Sauf-Safari.”).

“Bild” verwendet, wie gestern schon, Zitate aus einem Artikel der britischen Boulevardzeitung “News of the World”, verschweigt aber, wie gestern schon, die Quelle — und die Tatsache, dass die “Skandal-Fotos” bereits vorgestern und exklusiv in “News of the World” veröffentlicht worden waren. Und “Bild” verschweigt, wie gestern schon, dass sich der “Skandal” selbst laut “News of the World” schon vor über zehn Monaten ereignete.

Andererseits fehlt auch heute nicht der Hinweis, dass “alle Skandal-Fotos von Prinz Harry” auf Bild.de* zu sehen seien. Ja, wenn wir’s genau nehmen, fehlt heute eigentlich nur die gestrige Behauptung, die gezeigten “Skandal-Fotos” seien “exklusiv”.

*) Tatsächlich hat Bild.de heute eine neue Bildergalerie im Angebot. Der Unterschied zur Bildergalerie von gestern: Was gestern noch Bild 25 von 25 war, ist heute Bild 1 von 25.

Immerhin hat “Bild” die heutige Neufassung der gestrigen Meldung um das Zitat eines Suchtberaters angereichert, der “zu BILD” gesagt haben soll: “Durch das Schnupfen soll der Wodka direkt in die Blutbahn gelangen.” Und das legt den Schluss nahe, dass es sich womöglich gar nicht um eine Neufassung der gestrigen Meldung handelt, sondern bloß um deren Korrektur. Schließlich verwendet “Bild” heute das Wort “Blutbahn” und sagt dazu nicht mehr, wie gestern noch, “Blutumlaufbahn”.

Kontinent des Lächelns II

Heiteres Synonyme-Raten in der Kategorie “Länder” ist nicht die Stärke von “Bild”.

Vereinigte Staaten? — “Land der unbegrenzten Möglichkeiten.”
Österreich? — “Alpenrepublik.”
Japan? — “Land des Lächelns.” — *Möööp*

Okay, nochmal:

Vereinigte Staaten? — “Land der unbegrenzten Möglichkeiten.”
Österreich? — “Alpenrepublik.”
Japan? — *Möööp*

Die Übung “Aus Fehlern lernen” ist auch nicht die Stärke von “Bild”.

Mit Dank an Spießer A.!

Alexander von Tuten und Blasen

“Adels-Insider”

“Graf Alexander von Schönburg (38) schreibt ab heute jeden Montag für Sie „BILD Royal“ – Intimes und Internes aus der Welt der Adeligen! (…) Ab heute setzt er BILD die Krone auf.”
(Quelle: “Bild” vom 2.4.2007)

Schön, dass Alexander von Schönburg “Adels-Insider” ist. Schön jedenfalls für die “Bild”-Zeitung, weil sie dann immer “Adels-Insider” drunterschreiben kann, wenn sie mal wieder neben ihr “BILD Royal”-Logo einen Text von von Schönburg druckt.

Darüber hinaus ist die Info, dass von Schönburg “Adels-Insider” ist, quasi wertlos: Zumindest, was von Schönburg heute in “Bild” geschrieben hatte, hätte auch ein Prekariats-Insider geschafft — und womöglich besser. Nachdem offenbar ein Video aufgetaucht ist, das den britischen Prinzen Harry beim Trinkgelage und Wodka-Schniefen zeigt, hat von Schönburg nämlich bloß eine Meldung aus der gestern erschienenen britischen Boulevardzeitung “News of the World” übersetzt, paraphrasiert und — exklusiv für “Bild” — ein paar Fehler eingebaut: Nicht nur behauptet von Schönburg, durch die Nase konsumierter Alkohol gelange ohne Umwege in die — Achtung! — “Blutumlaufbahn”, nein, er weiß offenbar auch nichts über die “Exklusiv-Fotos”, die er für “Bild” betextet hat. Von Schönburg schreibt:

Lustvoll schleckt der Prinz die Brustwarzen eines Saufkumpans ab. (…) Weitere Szenen, auf Video aufgenommen, zeigen Harry in Namibia auf Sauf-Safari.

Dabei lässt “News of the World” keinen Zweifel daran, dass auch die Brustwarzen-Fotos den Prinzen in Namibia auf Sauf-Safari (Après-Sauf-Safari?) zeigen.

Neben Übersetzung, Paraphrase und Fehlern ist “Bild” und von Schönburg aber noch etwas anderes gelungen — eine wahre Tatsachenbehauptung: Angekündigt werden die Bilder heute auf der Titelseite (siehe Ausriss) ohne Quellenangabe, dafür aber als “Exklusiv-Fotos”. Und so ist es! Die Fotos sind exklusiv — im Sinne von: gestern exklusiv in “News of the World” erschienen.

Die Hurrikan-Sucht von “Bild”

Vielleicht ist es ja etwas Pathologisches, eine Sucht. So wie Alkoholiker kein Bier stehen und Kleptomanen keine Handtasche hängen lassen können, so kann “Bild” kein Unwetter vorüberziehen lassen, ohne Unsinn darüber zu schreiben.

Im März berichtete das Blatt über den Extremwetterkongress in Hamburg, schob dem Meteorologen und Hurrikan-Experten Thomas Sävert falsche Zitate über einen angeblichen “Hurrikan-Alarm auf Mallorca” unter und bebilderte den Hurrikan-Artikel auch noch mit einem Tornado (wir berichteten). Die Rechtsabteilung des Wetterdienstes Meteomedia, bei dem Sävert angestellt ist, hat sich nach seinen Worten damals massiv bei der “Bild”-Zeitung beschwert.

Im Juni rief “Bild” dann einen “Tornado-Alarm über Deutschland” aus und machte sich immerhin die Mühe, die dünne Geschichte wenigstens mit einem Tornado zu bebildern — wenn auch mit einem kanadischen (wir berichteten ebenfalls). Immerhin kam Sävert in dem Artikel nicht vor — wegen der Geschichte vom März, sagt er, habe er ein Interview mit “Bild” abgelehnt.

Am Donnerstag nun ereignete sich ein schweres Unwetter über Mallorca; die Insel wurde offenbar von einem oder mehreren Tornados getroffen.

Klima-Forscher warnen: Das war erst der Anfang / Tornados verwüsten Mallorca!Für die “Bild”-Zeitung bestätigt das Unwetter nun genau das, was sie schon im März herbeiphantasiert hatte. Sie macht heute mit dem Thema auf (siehe Ausriss), zeigt im Inneren noch einmal den falschen und falsch bebilderten Hurrikan-Artikel von damals und schreibt:

Schon beim Extremwetter-Kongress im März in Hamburg sprach Hurrikan-Forscher Thomas Sävert von gewaltigen Wirbelstürmen, die aufgrund des Klimawandels über dem Mittelmeer entstehen können: Pro Jahr ziehen bis zu 3 Hurrikane über die Mittelmeer-Region. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis einer Mallorca trifft (BILD berichtete). (…)

Experte Sävert: Die Hurrikane im Mittelmeer seien zwar nicht so gewaltig wie die in der Karibik. Aber der Klimawandel werde dafür sorgen, dass sie immer stärker werden.

Nein. Zur Veranschaulichung noch mal das, was uns Thomas Sävert damals erklärte:

“Ich bezog eindeutig Stellung, dass es zwar hurrikanähnliche Stürme im Mittelmeerraum gibt, die aber keinesfalls die Stärke der tropischen Hurrikane erreicht und daher auch nicht als solche bezeichnet werden sollten. Die Insel Mallorca habe ich mit keinem Wort erwähnt, und ich habe auch nicht davon gesprochen, dass diese ‘Hurrikane’ stärker werden sollen. Alle Zitate sind gefälscht. Ich bin eigentlich als seriöser Wissenschaftler bekannt, der solche Aussagen, wie sie in der ‘Bild’-Zeitung getroffen wurden, nie machen würde.”

Zum aktuellen Tornado über Mallorca erklärt er uns:

“Die jüngsten Unwetter haben mit einem Hurrikan so viel zu tun wie die berühmten Äpfel mit Birnen. Es waren Unwetter, aber eben definitiv kein Hurrikan, und die aktuellen Unwetter lassen keinerlei Schluss auf das zukünftige Wetter auf der Urlaubsinsel zu.”

Sävert klagt, sein Ruf als Meteorologe leide erheblich darunter, mit solchem Quatsch wie in “Bild” zitiert zu werden; er will gegen die Zeitung vorgehen. Ohne sein falsches Zitat fehlt der Zeitung übrigens auch jeder Beleg, dass Mallorca der “Klima-Kollaps droht”, wie sie in einer weiteren Überschrift behauptet.

Aber vielleicht ist es ja etwas Pathologisches, die Sache mit “Bild” und den Unwettern. Von Krankheiten wie Alkoholismus oder Spielsucht kann man übrigens nie ganz geheilt werden. Betroffene können nur lernen, der Versuchung zu widerstehen.

Der erste Schritt ist natürlich, es zu wollen.

Übrigens: Auch die “Welt” behauptet heute unter der Überschrift “Klimaforscher erwarten regelmäßige Tornados und Hurrikans im Mittelmeer”, dass Sävert im Mittelmeerraum künftig Hurrikans erwarte, ausgelöst “durch die zunehmend stärkeren Temperaturunterschiede”. Es scheint, als sei der “Welt”-Autor der falschen “Bild”-Berichterstattung im März aufgesessen. Nachdem sich Sävert auf “Welt Online” beschwerte, wurde der entsprechende Absatz des “Welt”-Artikels dort ohne Erklärung oder Hinweis gelöscht.

Wer “Bild” nicht liest, spart künftig mehr

ALLES TEURER! Rentner leiden am meistenSo titelte “Bild” am Dienstag, und es stimmt ja: Denn “Bild” kostet bald mehr. Vom kommenden Montag an zum Beispiel in Stuttgart 60 statt 50 Cent. Das entspricht einer Preissteigerung von zwanzig Prozent, was die vieldiskutierten Preiserhöhungen bei Brot und Milch vergleichsweise läppisch wirken lässt.

Gegenüber den Stuttgarter Einzelhändlern begründete der Verlag nach unseren Informationen die Preiserhöhung mit den allgemeinen Kostensteigerungen und den “umfangreichen Investitionen in das Blatt”. Der Schritt sei die “notwendige Folge der fortgesetzten Qualitätssteigerung des Titels”, denn “auch weiterhin” würden über 800 Journalisten jeden Tag für “exklusive Nachrichten, die besten Storys und die bewegendsten Fotos” sorgen.

Was 2007 alles teurer wird

“Bahn erhöht die Preise! … und Fliegen wird auch teurer” — “Autofahren immer teurer!” — “Schweinefleisch 30% teurer!” — “SCHLUCK! Bier wird teurer” — “PREIS-SCHOCK! Lebensmittel deutlich teurer” — “Apfelsaft 50 Prozent teurer” — “Strom wird noch teurer!” — “Immobilien werden teurer” — “Käse bald teurer” — “Milchprodukte teurer” — “Schuhe werden teurer” — “Süßigkeiten teurer” –“Heizöl sauberer und teurer” — “Margarine wird teurer” — “Möbel deutlich teurer”

(Seite-1-Überschriften aus “Bild”)

Da der Verlag sich offenbar nach eigenen Angaben zu Fragen der Preispolitik grundsätzlich nicht äußert (ebenso wie übrigens zu Personalfragen, juristischen Fragen, interessanten Fragen und unangenehmen Fragen), wissen wir nicht, an welchen Orten außer Stuttgart von Montag an der erhöhte Preis gilt.

Aber vielleicht kriegen wir das mit vereinten Kräften heraus. Fragen Sie einfach den Kioskbesitzer Ihres Vertrauens, schicken Sie uns eine Mail, und wir tragen die Ergebnisse zusammen.

Zwischenstand: Die Lage ist unübersichtlich. Die Preiserhöhung von 50 auf 60 Cent gilt außer für Stuttgart wohl auch für Hamburg, Frankfurt und die Bundesausgabe. In Chemnitz wurde der Preis offenbar von 30 auf 40 Cent erhöht. U.a. in Berlin, Aachen und Mecklenburg-Vorpommern scheint “Bild” nach wie vor 50 Cent zu kosten.

Mit Dank an Bastian D., M.P., Christiane H., Stephan F., Thomas C., Tim W., Michael H. und Heiner H.!

Mehr Schulden für alle!

Nein, das Lesen und Verstehen von Statistiken gehört wirklich nicht zu den Stärken von “Bild”. Wobei manchmal schon einfaches Textverständnis ausreichen würde, um Titelschlagzeilen wie die heutige zu verhindern:

"37 000 Euro pro Kopf: Immer mehr Deutsche in der Schuldenfalle!"

Das “pro Kopf” muss sich wohl auf die etwas diffuse Angabe “immer mehr Deutsche” beziehen. Und insofern kann man die Schlagzeile eigentlich nur so verstehen, wie das offenbar der “Bild”-Mitarbeiter getan hat, der in eine Fotounterzeile auf Seite 2 schrieb*:

Das sind 37 000 Euro in Geldscheinen -- so viel Schulden haben Verbraucher im Schnitt

Tatsächlich hat das Statistische Bundesamt, auf das “Bild” sich beruft, untersucht, wie hoch “Personen, die im Jahre 2006 von einer Schuldnerberatungsstelle betreut wurden” verschuldet waren. Deshalb heißt es in einer Pressemitteilung des Statistischen Bundesamts auch schon in der Überschrift:

Überschuldete Personen haben im Schnitt 37 000 Euro Schulden

*) Etwas näher an der Wahrheit ist übrigens der Text unter der irreführenden Titelschlagzeile. Da heißt es immerhin: “Laut Statistischem Bundesamt steckt jeder Schuldner im Schnitt mit 37 000 Euro in der Kreide.”

Mit Dank für den sachdienlichen Hinweis an Stefan S. und Andreas H.

Heino ist tot (Arbeitstitel)

Die “Bild”-Zeitung arbeitet anders als andere Medien, und manchmal erschrickt sie ein bisschen, wenn sie es selbst merkt.

Gestern hat “Bild”-Redakteur Mark Pittelkau offenbar zum ersten Mal erfahren, dass bei anderen Medien vorbereitete Nachrufe auf diverse noch sehr lebendige Persönlichkeiten bereit liegen, die sie bei einem unerwarteten Todesfall schnell veröffentlichen können. Das ist Alltag in vielen Redaktionen, auch bei der von ARD-aktuell, die die “Tagesschau” und die “Tagesthemen” produziert. Die Personen, die so wichtig sind, dass für sie ein Nachruf zu Lebzeiten produziert wird, stehen dort auf der “XY-Liste”. “X” steht für Leute, bei deren Tod das Programm sofort unterbrochen wird (Bundespräsident, Kanzler), “Y” für Menschen, die nach ihrem Tod in den “Tagesthemen” gewürdigt werden sollen. Geheim ist die Existenz dieser Liste nicht; der “Stern” hat 1978 schon mal alle 250 damals dort verzeichneten Namen veröffentlicht.

Jedenfalls gilt auch der Schlagersänger Heino der ARD als wichtig genug für einen Nachruf, wovon dessen Manager in diesen Tagen erfuhr. Und weil Heino, wie die “Bild”-Zeitung ausführlich berichtete, vor drei Wochen einen Zusammenbruch hatte, im Krankenhaus liegt und angeblich sogar “Todesangst” hatte, rührte Mark Pittelkau daraus schnell einen hübschen Aufreger über die “makabere” und womöglich “pietätlose” Praxis der ARD an:

KRANKER VOLKSMUSIK-STAR ENTSETZT: ARD arbeitet schon an Heinos Nachruf!

“Ganz offenbar hat die Nachruf-Produktion bei der ARD Methode”, schrieb Pittelkau zutreffend, aber erstaunlich erstaunt. Und weil der zuständige NDR-Sprecher “Bild” dazu offenbar nichts sagen wollte, zitierte Pittelkau stattdessen aus einem Eintrag von ARD-aktuell-Chefredakteur Kai Gniffke im Tagesschau-Blog vor ein paar Monaten, in dem der die Praxis ausführlich erläuterte. (Trotz der schriftlichen Vorlage schaffte Pittelkau es übrigens nicht, Namen und Funktion Gniffkes korrekt abzuschreiben.)

Dafür, dass Heino “entsetzt” ist, gibt es in “Bild” übrigens keine Anzeichen. Er sei im Giftschrank mit den anderen vorproduzierten Nachrufen doch in bester Gesellschaft: “Ganz offensichtlich kommen da ja nur Hochkaräter rein”, sagte er laut “Bild”.

Außer Heino befinden sich dort nach unseren Informationen u.a. Madonna, Jogi Löw und sämtliche Ministerpräsidenten.

Kai Diekmann ist nicht dabei.

(Auch das Online-Medienmagazin DWDL staunt ausführlich über diesen “journalistischen Totalausfall”.)

Widde-widde-wie sie mir gefällt

Bevor wir hier aus einem “FAZ”-Interview mit dem Fotografen Jaques Langevin zitieren, schauen wir doch mal in die gestrige “Bild” — zur Erinnerung quasi:

“Bild” hatte ja vorn auf der Titelseite und weiter hinten noch einmal (siehe Ausrisse) ein großes Foto gedruckt, auf dem (wenn man’s weiß) die 1997 tödlich verunglückte Lady Diana “Minuten vor dem Unfall” bzw. “wenige Minuten vor dem Drama im Pariser Alma-Tunnel” bzw. “wenige Minuten vor dem tödlichen Unfall” zu sehen ist, denn “Minuten später krachte der Mercedes im Tunnel gegen den 13. Pfeiler” — und “BILD beantwortet die wichtigsten Fragen dazu”.

Und einige der “Bild”-Fragen sind richtig gut:

    (1) “Wen sehen wir auf dem Bild?”
    (2) “Wo und wann ist das Foto entstanden?”
    (3) “Welche Situation dokumentiert das Foto?”

ad (1): “Bild” schreibt: “Den Wagen steuert Henri Paul. (…) Prinzessin Diana (…) ist deutlich (…) zu erkennen. Sie ist nicht angegurtet! Sie dreht sich von den Kameras weg, nach hinten, schaut über ihre linke Schulter aus dem Rückfenster. In der Scheibe spiegelt sich der Scheinwerfer eines Motorrads.”

ad (2): “Bild” schreibt: “Am 31. August, ca. 0.20 Uhr. Diana und Dodi verließen (…) das Ritz-Hotel in Paris. (…) Die Gruppe nahm den Hinterausgang. In 50 Meter Entfernung wartete der französische Fotograf Jacques Langevin auf der Straße. Als die Diana-Limousine vorbeiraste, drückte er auf den Auslöser.”

ad (3): “Bild” zitiert den einen Fotografen der britischen Boulevardzeitung “Sun”: “(…) Fahrer Henri Paul sieht aus, als habe er fast Spaß an der Situation, den Fotografen davonzurasen. Diana schaut sich nach den Fotografen um. Wahrscheinlich war sie besorgt, wollte sehen, wie nah die Verfolger schon sind.” Und “Bild” schreibt selbst: “Das letzte Foto vor dem Crash: Diana sitzt (…) auf der Rückbank (…), ist nicht angeschnallt. Sie guckt durch die Heckscheibe, ob sie verfolgt wird. (…) Wenige Minuten nach diesem Foto raste der Wagen gegen einen Tunnelpfeiler.”

Und nun vergleichen Sie bitte die Vorstellung, die Sie von der Situation im Kopf haben, mit dem folgenden Auszug aus dem FAZ-Interview mit dem Fotografen:*

Die Fotos habe ich am Hinterausgang des Hotels Ritz gemacht, in der Rue Cambon, kurz bevor der Mercedes losfuhr.
Der Wagen stand also noch?
Ja (…).

*) Nachtrag, 14.45 Uhr: In einem “Bild”-Infokasten (“Franzose schoss Sensations-Fotos”) finden sich zudem drei O-Töne des Fotografen Langevin , die er, so “Bild”, 1997 “gegenüber BILD” geäußert habe. Erstaunlicherweise können wir die “gegenüber BILD”-Zitate im “Bild”-Archiv nirgends finden, sondern nur sehr ähnlich klingende Langevin-Aussagen aus einem Interview der Zeitung “Liberation”, aus dem “Bild” am 4.9.1997 ausführlich zitierte.

In eigener Sache: Leserbefragung

BILDblog-LeserbefragungDie Kommunikationswissenschaftler der Uni Bamberg möchten gerne wissen, wer eigentlich BILDblog liest, wie oft und warum. Und wir natürlich auch.

Deshalb führen wir ab heute in Zusammenarbeit mit dem Team des Bamberger Lehrbereichs Kommunikationswissenschaft eine Leserbefragung durch.

Erfragt werden u.a. die Nutzungshäufigkeit und -weise des BILDblogs, mögliche Finanzierungsformen, aber auch, was Ihnen an unserer Arbeit gefällt und was nicht.

Die Beantwortung der Umfrage dauert etwa 10 bis 15 Minuten.

Über eine rege Teilnahme würden wir uns sehr freuen!*

*) Die verwendete Umfragesoftware erlaubt nur 100 zeitgleiche Zugriffe auf
den Fragebogen. Sollte eine Fehlermeldung wegen Überlastung des Servers
erscheinen, probieren Sie es bitte zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal.

Die Umfrage ist anonym. (Weitere Infos hier.) Die Auswertung erfolgt in aggregierter Form, d.h. es werden keine einzelnen Befragten identifizierbar sein. Die Daten werden von der Uni Bamberg für nicht-kommerzielle wissenschaftliche Zwecke verwendet, d.h. zum Beispiel bei Fachkonferenzen oder in wissenschaftlichen Aufsätzen. Die aufschlussreichsten und überraschendsten Ergebnisse werden aber natürlich auch hier vorgestellt.

Allein gegen die Mafia

Auf interessante Widersprüche stößt, wer den Fehler macht, sich auf Bild.de über die neuen Regeln beim Eurovision Song Contest informieren zu wollen. Einerseits heißt es da:

Gegen die Stimmen-Schacherei. (…)

Wird der Schlager-Grand-Prix endlich wieder ein fairer Wettbewerb? (…)

Weil sich die osteuropäischen Länder frech die Punkte zuschoben, landete unser Sänger Roger Cicero (36) in Helsinki nur auf Platz 19.

Die Stimmen-Mafia aus dem Osten soll jetzt mit neuen Regeln gestoppt werden.

Und andererseits steht im selben Artikel:

Massive, von unabhängigen Experten aber zurückgewiesene, Kritik kam aus westeuropäischen Ländern auch, weil der Wettbewerb angeblich durch das gegenseitige “Zuschanzen” von Punkten innerhalb der osteuropäischen Länder für die westeuropäischen Teilnehmer nicht mehr zu gewinnen sei.

(Alle Hervorhebungen von uns.)

Der Widerspruch lässt sich leicht erklären: Das zweite Zitat stammt wörtlich aus einer dpa-Meldung, die den Kern des Artikels bildet. Um daraus eine Bild.de-Meldung zu machen, haben die Autoren einfach den Unsinn vom unfairen Wettbewerb und einer Ost-“Mafia” dazu geschrieben.

An der Dominanz der osteuropäischen Länder in diesem Jahr hätte sich, wie berichtet, fast nichts geändert, wenn nur westeuropäische Länder hätten abstimmen dürfen. Und in den beiden Vorjahren hatten keine Länder des ehemaligen Ostblocks gewonnen.

Auch der letzte Satz des Bild.de-Artikels stammt nicht von den Agenturen. Er lautet:

Die neuen Regeln beim Grand Prix lassen nun hoffen, das auch wir endlich wieder eine faire Chance haben, den Wettbewerb zu gewinnen.

Lassen sie das? Die Änderungen betreffen fast ausschließlich die Qualifikation für das Finale. In diesem Jahr hatten sich dabei nur osteuropäische Länder durchsetzen können. NDR-Redakteur Manfred Witt erklärt die Änderungen deshalb so: “Das ist ein Versuch, das Finale ausgeglichener zu besetzen.” Deutschland ist aber ohnehin — wie bisher — für das Finale gesetzt. An “unseren” Chancen werden die neuen Regeln also vermutlich wenig ändern.

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