Weil im ersten Deutschen Wachsfigurenkabinett von Madame Tussauds, das morgen eröffnet, “Hitler in Berlin zur Schau gestellt” werde, sieht “Bild” sich malwiedergezwungen, Hitler heute selbst zur Schau zu stellen und über eine “Empörung in ganz Deutschland” zu berichten:
Hitler als Showman – wie kann man das den ermordeten, misshandelten Millionen von toten Seelen erklären (…). Kommt alle zur Eröffnung, um zu kotzen.
Michel Friedman spricht laut “Bild” von der “Banalisierung eines der brutalsten Massenmörder der Menschheitsgeschichte.”
Anmerkung: Die obigen Ausrisse stellen lediglich eine sehr kleine und sehr unvollständige Auswahl an Hitler-Schlagzeilen aus “Bild”-Ausgaben der letzten zwei Jahre dar, die nicht mal ansatzweise Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.
Mark Medlock, der letztjährige Gewinner von “Deutschland sucht den Superstar”, ist recht erfolgreich. Als Sänger wie als Schlagzeilenlieferant für die “Bild”-Zeitung. Wobei er im ersten Halbjahr dieses Jahres offenbar eher selten für die ganz großen Geschichten taugte.
Ende Juni jedoch konnte “Bild” über Medlock berichten, dass wegen Beleidigung gegen ihn ermittelt werde, weil er bei der Kofferkontrolle am Flughafen eine “Sicherheits-Mitarbeiterin bepöbelt” habe. Und vorgestern schrieb “Bild”, die Staatsanwaltschaft Berlin ermittele wegen “des Verdachts auf Körperverletzung” gegen Medlock, weil er in einer Sauna einen 52-Jährigen “blutig geschlagen” habe.
Gestern fand “Bild” Medlock dann sogar Titelseiten-würdig:
Und jetzt kommt auch noch raus: Die Berliner Justiz ermittelt in einem weiteren Fall (…). Das Opfer schildert den Tathergang so: “(…) Kurz darauf fasste [Medlock] mir von hinten mit der rechten Hand an meinen Penis. Er war dabei so energisch und ließ nicht los, dass ich ihn wegdrängen musste.”
Was “Bild” so groß und aufgeregt aufschreibt, klingt bei sueddeutsche.de schon wesentlich weniger dramatisch. Dort hat man, ebenso wie “Bild”, mit dem zuständigen Staatsanwalt gesprochen und zur Anzeige wegen sexueller Nötigung befragt, würdigt das jedoch ganz anders:
Auf sueddeutsche.de-Nachfrage formuliert der zuständige Berliner Staatsanwalt Michael Grunwald allerdings betont zurückhaltend: “Anzeigen kann jeder jeden. Es gilt die Unschuldsvermutung.”
Das klingt in der Tat zurückhaltend.
Zudem wurde die Anzeige wegen sexueller Nötigung, ebenso wie die wegen Körperverletzung, schon Ende letzten Jahres gestellt. “Bild” wusste also offenbar schon vor der Geschichte über die Körperverletzung davon, tut jedoch einen Tag später so, als wäre es eine Neuigkeit (“Und jetzt kommt auch noch raus”).
Und es ist durchaus fraglich, ob der Vorfall, wie ihn das “Opfer” in “Bild” schildert, überhaupt den Tatbestand der sexuellen Nötigung erfüllt. Nach unseren Informationen spricht jedenfalls vieles dafür, dass es wegen dieser Anzeige nicht zu einem Prozess kommt. Auch wenn “Bild” den Anwalt des vermeintlichen Opfers mit der gegenteiligen Annahme zitiert (“Wir gehen davon aus, dass es zu einem Prozess kommt”).
So gesehen taugt Medlock vielleicht doch nicht für die ganz großen Geschichten. Zumindest nicht an zwei Tagen hintereinander und nicht für eine Titelgeschichte am zweiten Tag – außer eben in “Bild”.*
Mit Dank an Christian K. für den Hinweis.
*) Beim Kölner Boulevard-Blatt “Express” sieht man das offenbar soähnlich wie bei der “Bild”-Zeitung.
Jeden Tag muss Bild.de irgendwelchen Klatsch & Tratsch weiterverbreiten und auf der Suche nach Content, den Bild.de-Leser fleißig klicken sollen, diverse Paparazzi-Websites absurfen, sich in anderen Klatsch-&-Tratsch-Ressorts herumtreiben und Geschichten auftreiben wie diese:
Beziehungsweise diese:
Und für alle, die’s jetzt trotzdem genauer wissen wollen: Doherty selbst schreibt auf seiner YouTube-Seite, über die Bild.de berichtet, zu dem Liebeslied: “song by [t]he wonderful Coco” (also, wie man auch hören kann, von seiner Freundin Coco Sumner). Und Spears trug, wie man auf zweiFotos, die Bild.de nicht zeigt, gut erkennen kann, ein weißes Höschen.
Mit Dank an Nina S., fish000r und Ralf D. für die Hinweise.
Als “Bild” vor 100 Tagen nach Berlin gezogen war, feierte sie sich mit dem “größten BILD-Logo aller Zeiten” selbst – und ließ sich feiern.
Heute, 100 Tage später, zeigen wir einige Aufnahmen des Fotografen Arndt Beck, der nicht am “Bild”-Wettbewerb “Wer macht das schönste Bild von BILD liebt Berlin?” teilnehmen wollte – aber auf die Frage “Und wie sehen Sie die Plakate?” ganz eigene Antworten fand:
Mit herzlichem Dank an Arndt Beck, dass wir seine Fotos hier zeigen dürfen.
Das ist alles, was bei Bild.de von einem Artikel übrig geblieben ist, der am vergangenen Freitag auch in der “Bild”-Zeitung stand. “Bild”-Reporter Daniel Cremer hatte darin unter der Überschrift “Charlotte Roche – Das ist ihr Feuchtgebieter” ohne aktuellen Anlass ein Paparazzi-Foto von Roche und ihrem Ehemann betextet, das “Bild” (wie berichtet) vor fünf Jahren mal heimlich und gegen den Willen der beiden gemacht und nun veröffentlicht hatte (obwohl die “Bild”-Redaktion schon damals darauf hingewiesen worden war, dass das Foto nie veröffentlicht werden dürfe).
Doch inzwischen hat, wie uns der Anwalt von Roches Ehemann auf Anfrage sagt, nicht nur Bild.de, sondern auch “Bild” eine Unterlassungserklärung abgeben müssen, das Foto, das sie ohnehin nicht hätten zeigen dürfen, zumindest in Zukunft nicht mehr zu zeigen.
P.S.: Nur auf unsere Frage, warum man bei “Bild” überhaupt geglaubt hat, das Foto zeigen zu dürfen, bleibt “Bild” weiterhin eine Antwort schuldig.
Für jemanden, der sich – wie Jacky Gombert für “Bild” – gewöhnlich mit Vermietern herumschlagen muss, die ihre Mieter aus Gier in den Tod sprengen (“Lebenslang für Deutschlands schlimmsten Vermieter: Aus Gier sprengte er 6 Mieter in den Tod”), mit Vätern, die ihre Töchter nach Bosnien entführen und der Mutter zum Muttertag bösartige Fotos schicken (“Der schrecklichste Muttertag: Vater entführt Tochter nach Bosnien und schickt der Mutter jetzt dieses Foto!”), mit erfrorenen Rentnerinnen (“Erfroren, weil im Altenheim niemand die Tür öffnete”) und vergewaltigten Goldfischen (“Frosch vergewaltigt und tötet Goldfisch”, wir berichteten)…
… für so jemanden ist der Fall der Rentnerin Sighild J. vermutlich ein Klacks: Das “Opfer eines bizarren Zahnarzt-Zoffs”, seit sieben Monaten “ohne Zähne”, lässt sich von “Bild” bereitwillig in den Mund fotografieren und rückt auch noch anstandslos ihren “Heil- und Kostenplan” raus, damit “Bild” ihn zeigen kann!
Doch obwohl es in dem Artikel darum geht, dass die Rentnerin “nicht zu viel Geld ausgeben” und ihre Zahnprothese deshalb von “einem Billiganbieter” hatte anfertigen lassen wollen, heißt’s in “Bild”:
“Kosten: 981 Euro, Eigenanteil 781 Euro.”(siehe auch Ausriss)
Na, logo: Steht ja auch da, die Summe: “780,39” – klar und deutlich (zumindest bei Bild.de) auf dem abgebildeten “Heil- und Kostenplan” unter Eigenanteil, ähm, Zuschussfestsetzung.
Und wir können nur hoffen, dass sich jemand wie Jacky Gombert bei verurteilten Vermietern und mutmaßlichen Töchterentführern mehr für die Fakten interessiert.
Mit Dank an Andreas R. und Dr. med. dent. Sabine R.
Kann man über Doof schreiben, ohne Dick auch nur eine Zeile zu widmen? Über Nanni berichten, ohne Hanni zu erwähnen? Geht Eva ohne Adam, Julia ohne Romeo, Bert ohne Ernie, Diekmann ohne Kohl?
Anders ausgedrückt: Lässt sich Moritz’ alleinige Übeltäterei überhaupt erfassen und bewerten?
“Bild” stellt heute ein “TV-Zeugnis” für viele Moderatoren und Kommentatoren aus, die einem während der Fußball-EM im Programm von ARD und ZDF häufiger begegnet sind. Also auch Leute wie Reinhold Beckmann, der zusammen mit Mehmet Scholl moderierte, oder Johannes B. Kerner, der mit Urs Meier und Jürgen Klopp die Spiele analysierte. Natürlich ist auch Günter Netzer dabei.
Günter Netzer, Sie wissen schon, der “Bild”-Kolumnist, der immer mit diesem ARD-Mann die Fußballspiele analysiert. “Bild” nannte ihn und diesen anderen da von der ARD im April “die ‘Max & Moritz’ der Fußball-Moderatoren!” “Bild”-Kolumnist Netzer bekommt von “Bild” eine glatte 1. Und dieser andere, mit dem er immer zusammen vor der Kamera rumsteht, dieser Schlaksige, der kriegt eine… Sekunde mal… …der bekommt die Note…
Nee, sorry, der wird in dem halbseitigen Artikel mit keinem Wort erwähnt.
Mit Dank an Thomas W. für seinen kurzen Hinweis.
Nachtrag, 27.6.2008: Bereits gestern reichte “Bild” die Note für Max Gerhard Delling, der wegen eines “technischen Versehens” gefehlt habe, in den “EM-News” nach: 3+.
Der arme kleine Conor: Da hatte ihm seine Mutter in den USA für 7000 Dollar bei einer Wohltätigkeitsauktion ein Treffen mit seinem Idol, dem Fußballer David Beckham, ersteigert — und dann das (siehe Ausriss)!
Bild.de hat die Geschichte vom versetzten Conor komplett aus der “New York Post” abgeschrieben — bzw. nicht komplett. Im letzten Absatz bei der “New York Post” steht nämlich etwas, das die Geschichte vom Herzensbrecher Beckham dann doch ein wenig anders aussehen lässt:
Beckham’s agent (…) says neither Beckham nor the Galaxy was even informed of the event. [… sowohl Beckham als auch sein Team hätten von dem Termin überhaupt nichts gewusst.]
Bei Bild.de aber (wo man sogar auf den Originalartikel verlinkt) hat man diese Info lieber weggelassen. Wie traurig!
Diese Studie wird Deutschland erschüttern: Das Kinderhilfsprojekt „Die Arche“ hat das Sex-Leben Jugendlicher aus sozial schwachem Umfeld in der Großstadt untersucht. Ergebnis: Die befragten Jungen und Mädchen von elf bis 18 Jahren treiben es beängstigend wild, vielfach gegen das Gesetz, ohne jeden gesundheitlichen Verstand – und sie lernen die Liebe nicht mehr.
Und damit wir uns nicht falsch verstehen: Die Beispiele, die Bild.de da heute aus der Studie (“nicht repräsentativ”) aufführt, sind wirklich beunruhigend.
Darunter:
Fassungslos berichtet Bild.de weiter, dass Gruppensex “üblich” sei und Partnerwechsel “wie Sport” praktiziert werde.
Im Interview mit Bild.de beklagt Wolfgang Büscher, einer der Autoren der Studie, dass den Kindern “ein vollkommen falsches Bild” vermittelt werde, und führt weiter aus:
Die Eltern dieser Kinder haben selbst ständig wechselnde Partner. Viele der Mütter schienen mir nahezu nymphoman. Wenn sie solche falschen Vorstellungen vorgelebt bekommen, lernen sie nicht, sie in einem normalen Umfeld zurechtzufinden.
Wo solche falschen Vorstellungen “vorgelebt” werden, erfährt der Leser bei Bild.de leider nicht.
Dabei liegt die Lösung mitunter so nahe:
Zum Beispiel bei Bild.de mit der 21-teiligen Klickstrecke “Das müssen Sie über Orgien wissen” am gestrigen Freitag.
Der Presserat hat aufgrund von Beschwerden von BILDblog zwei “Bild”-Berichte beanstandet.
“Bild” zeigte blutenden Tierpfleger
Am 13. Juli 2007 hatte die “Bild”-Zeitung unter der Überschrift “Löwe zerfleischt Pfleger” berichtet, dass ein Mann in Mashad im Iran Opfer eines Löwenangriffs geworden sei (siehe Ausriss) – und auf einer halben Zeitungsseite zum Teil blutige Bilder des Angriffs gezeigt, die aus einem mindestens drei Monate alten Privatvideo stammten (wir berichteten.). Eines der Fotos zeigte den am Boden liegenden Pfleger mit weit aufgerissenen Augen. In der Bildunterzeile hieß es: “Gerade noch rechtzeitig! Der schwer verletzte Pfleger kann vom Notarzt reanimiert werden.”
Der Presserates sah die gesamte “Bild”-Berichterstattung als “unangemessen sensationell” an. Er monierte insbesondere den Abdruck des Bildes mit dem schwer verletzt und blutend am Boden liegenden Pfleger, weil er so “zum Objekt, zu einem bloßen Mittel herabgewürdigt” wurde. Indem “Bild” das Foto abdruckte, sei über einen “körperlich oder seelisch leidenden Menschen in einer über das öffentliche Interesse und das Informationsinteresse der Leser hinausreichenden Art und Weise” berichtet worden, wie es in Richtlinie 11.1 des Pressekodex heißt.
Der Axel Springer Verlag hatte argumentiert, dass die Berichterstattung den Lesern die Gefährlichkeit von Raubtieren habe vor Augen führen sollen. Insbesondere, da “in den Medien” häufig der Eindruck erweckt würde, “Wildtiere wie Löwen, Eisbären etc.” seien “possierliche Weggefährten”.
Diese “grundsätzliche Thematik” allerdings konnte der Presserat nicht erkennen. Selbst wenn es “Bild” darum gegangen wäre, so der Beschwerdeausschuss, hätte “diese Art der Bebilderung” und insbesondere das Bild mit dem am Boden liegenden Pfleger nicht erscheinen müssen.
Der Presserat erkannte in der “Bild”-Veröffentlichung einen Verstoß gegen Ziffer 11 (Sensationsberichterstattung) des Pressekodex und sprach eine Missbilligung* aus.
“Bild” druckte Interview mit Marco W. in Untersuchungshaft
Laut Presserat hat die “Bild”-Zeitung unlautere Methoden angewandt, als sie am 26. und 27. Juni 2007 ein Interview mit dem 17-jährigen Marco W. abdruckte. Ein “Hurriyet”-Reporter hatte das in “Bild” veröffentlichte Gespräch – ohne Einverständnis seiner Eltern und seines Anwalts – geführt, als Marco W. wegen des Vorwurfs der sexuellen Belästigung einer 13-Jährigen in einem türkischen Gefängnis in Untersuchungshaft saß (wir berichteten). Laut Presserat habe sich Marco W. jedoch “in einer seelischen Extremsituation” befunden, und für “Bild” hätte sein Schutzbedürfnis “einem derart detaillierten Interview entgegen gestanden”. Der Presserat:
Gerade vor dem Hintergrund der politischen Dimension des Falles wäre eine erhöhte Sensibilität erforderlich gewesen. (…) Mit den Aussagen, die er in der Zeitung tätigte, konnte er nicht abschätzen, ob er sich vielleicht damit selbst belastet oder nicht.
Außerdem hätte “Bild” laut Presserat “die Pflicht gehabt, die Umstände, unter denen das Interview mit dem türkischen Medienkollegen entstand, sorgfältiger zu prüfen”.
Interessanterweise fühlt sich die “Bild”-Zeitung jedoch eigentlich gar nicht so richtig zuständig für das von ihr gedruckte Interview mit Marco. Schließlich hätte “Bild” in den Berichten doch “mehrfach deutlich herausgestellt”, dass das Interview von einem ‘Hürriyet’-Reporter geführt worden sei. Laut Presserat argumentierte die Axel Springer AG wie folgt:
Wäre es tatsächlich eine Initiative und ein ausdrücklicher Auftrag von BILD gewesen, dann hätte BILD dies deutlich gemacht und hätte nicht mehrfach darauf verwiesen, dass es sich um einen Journalisten der ‘Hürriyet’ handelt.
Deshalb sei es “unrichtig”, “dass das Interview mit Marco auf Veranlassung und im Auftrag von BILD geführt worden sei”.
Das allerdings lässt für uns nur einen Schluss zu:
A: Springer lügt.
B: Springer kann nicht lesen.
Oder C: “Bild” schreibt in einer Sprache, die nur so aussieht wie deutsch (siehe Ausriss).
Der Presserat erkannte in dem “Bild”-Interview eine Verletzung von Richtlinie 13.3. (Straftaten Jugendlicher) sowie einen Verstoß gegen Ziffer 4 (Grenzen der Recherche) des Pressekodex und sprach eine Missbilligung* aus.
*) Eine Missbilligung durch den Presserat ist für die missbilligte Zeitung folgenlos. Der Presserat “empfiehlt” den Zeitungen allerdings, die Missbilligungen abzudrucken — “als Ausdruck fairer Berichterstattung”. Die “Bild”-Zeitung verzichtet in der Regel auf diesen Ausdruck fairer Berichterstattung.